Einstellungsgespräch - Fragerecht des Arbeitgebers

Grundsätzlich

Das Recht des Arbeitgebers, an den Arbeitnehmer bestimmte Fragen zu richten, setzt ein berechtigtes, billigenwertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung einer bestimmten Frage voraus. Dabei ist zwischen dem betrieblichen Interesse des Arbeitgebers und dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers abzuwägen.

HIV-Infektion
  • Frage nicht zulässig und stellt sogar einen Verstoß gegen AGG dar (BAG, Urt. v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12)
    • Menschen mit HIV sind durch die erfolgreiche HIV Behandlung leistungsfähig und haben eine normale Lebenserwartung. Eine Ansteckungsgefahr im Arbeitsalltag besteht nicht.
    • Ausnahmsweise zulässig ist die Frage bei Chirurginnen und Chirurgen mit verletzungsträchtigen Tätigkeiten. Sie müssen mit der Viruslast unter der Nachweisgrenze sein, was dank der HIV Therapie bei fast allen behandelten Menschen der Fall ist.
Beruflicher Werdegang
  • Frage zulässig nach
    • bisherigem beruflichem Werdegang
    • Erwartungen des Arbeitnehmers in Bezug auf den neuen Arbeitsplatz und der beruflichen Weiterentwicklung.
Weitere Beschäftigungsverhältnisse
  • Frage zulässig
    Grund: Tätigkeit bei Konkurrenz, Zusammenrechnen von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen
Laufendes Ermittlungsverfahren
  • Frage nicht zulässig
    Grund: Unschuldsvermutung bis zur Verurteilung
    Ausnahme: Wenn allein die Tatsache des Ermittlungsverfahrens Zweifel an der Eignung des Arbeitnehmers entstehen lässt (z.B. Verdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindergartenkindern bei Kindergärtnern).
Familiäre Bindungen
  • Zulässigkeit der Frage umstritten
    Jedenfalls unzulässig, wenn nach bestehenden Heiratsabsichten oder Kinderwunsch gefragt wird.
Gesundheitszustand
  • Frage nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen zulässig, soweit sie die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers für den konkreten Arbeitsplatz betrifft und nach chronischen Erkrankungen gefragt wird (auch in der Vergangenheit).
  • Frage nach (körperlichen) Behinderungen in gleichem Umfang zulässig.
  • Frage nach genetischen Veranlagungen nicht zulässig.
    Grund: Eingriff in Persönlichkeitsrecht
Gewerkschaftszugehörigkeit
  • Frage nicht zulässig
    Ausnahme:
    • Leitende Angestellte
    • Verbandsmitglieder des Arbeitgebers
      Grund: Überprüfung der Tarifbindung
      (umstritten, Fragerecht auf jeden Fall nach Einstellung)
Haftantritt
  • Frage zulässig
Krankenhausaufenthalt/Kurantritt
  • Frage nach bevorstehendem Krankenhausaufenthalt bzw. bevorstehender Kur zulässig
Lohn-/Gehaltspfändungen
  • Zulässigkeit der Frage umstritten
    Nach BAG nur, wenn Gefährdung von Arbeitgeberinteressen, d.h. Vielzahl von Pfändungen
Parteizugehörigkeit
  • Frage nicht zulässig
    Ausnahme:
    • Arbeitgeber ist parteipolitische Institution
    • Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
      • bei Einstellung im öffentlichen Dienst
      • evtl. auch bei Einstellung durch privaten Arbeitgeber
Religionszugehörigkeit
  • Frage nicht zulässig
    Ausnahme:
    • Arbeitgeber ist religiöse Institution
    • Mitgliedschaft bei Scientology (soweit Vertrauensposition)
Schulden
  • Frage nicht zulässig
    Ausnahme:
    • Leitende Angestellte
    • Arbeitnehmer in besonderen Vertrauenspositionen
    • Berechtigtes Informationsinteresse des Arbeitgebers
Schwangerschaft
  • Frage nicht zulässig
    • bisherigem beruflichem Werdegang
    • Erwartungen des Arbeitnehmers in Bezug auf den neuen Arbeitsplatz und der beruflichen Weiterentwicklung.
Schwerbehinderung
  • Frage nicht zulässig
    Grund: Neufassung des Schwerbehindertenrechts – Benachteiligungsverbot des § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX
Vorherige Vergütung
  • Zulässigkeit der Frage umstritten.
    Nach BAG nur zulässig, wenn
    • Bisherige Vergütung für neue Tätigkeit aussagekräftig ist oder
    • Bewerber vorherige Vergütung als Mindestbezahlung fordert
Vorstrafen
  • Frage nur zulässig, wenn dies für die Art der zu besetzenden Stelle erforderlich ist (z.B. Vermögensdelikte bei Kassierern oder Verkehrsdelikte bei Kraftfahrern).
Wehr- und Ersatzdienst
  • Frage nach herrschender Meinung nicht zulässig
    Grund: Diskriminierung des Geschlechts