Keine höhere Sozialplanabfindung durch Schweigen des Arbeitgebers

LAG Düsseldorf Az. 1 Sa 991/21 vom 29. Juni 2022

Leitsatz

1. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen (BAG, Urteil vom 3. Juni 2020 - 3 AZR 730/19 - Rn. 50).

2. Schweigt der Arbeitgeber auf einer Betriebsversammlung zu einer Erklärung der Gewerkschaftsvertreterin, Mitglieder der Gewerkschaft würden - wie bereits in Jahren zuvor - eine um den Faktor von 0,1 erhöhte Sozialplanabfindung erhalten, liegt darin mangels eigener ausdrücklicher Willenserklärung keine Gesamtzusage.

3. Ob eine Gesamtzusage, die gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, gegenüber denjenigen, die sie begünstigt, wirksam ist, bleibt unentschieden.
 

Tenor

1. Die Berufungender Klägerin zu 1. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.09.2021 - 10 Ca 2167/21 -,des Klägers zu 2. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.10.2021 - 11 Ca 2168/21 -,der Klägerin zu 3. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.10.2021 - 11 Ca 2170/21 -,des Klägers zu 4. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.10.2021 - 11 Ca 2171/21 -,des Klägers zu 5. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.01.2022 - 6 Ca 1607/21 -,der Klägerin zu 6. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.10.2021 - 14 Ca 2454/21,der Klägerin zu 7. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.10.2021 - 14 Ca 2457/21 -,der Klägerin zu 8. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.11.2021 - 7 Ca 1612/21 -werden zurückgewiesen.2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1. zu 9,4 %, der Kläger zu 2. zu 15,6 %, die Klägerin zu 3. zu 8,3 %, der Kläger zu 4. zu 15,7 %, der Kläger zu 5. zu 14,4 %, die Klägerin zu 6. zu 14,5 %, die Klägerin zu 7. zu 11,3 % und die Klägerin zu 8. zu 10,8 %.3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob den Klägerinnen und Klägern aufgrund einer mündlichen Zusage als Mitglieder der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) eine um den Faktor von 0,1 erhöhte Sozialplanabfindung zusteht.

Die Beklagte ist eine Anbieterin von Airline-Catering und ein Unternehmen der h. group. Zu der Unternehmungsgruppe gehörte die H. GmbH West mit einem Betrieb am Düsseldorfer Flughafen. Sie wurde zum 01.10.2019 auf die Beklagte verschmolzen. Die Klägerinnen und Kläger waren bei der H. GmbH West beschäftigt. Ihre Arbeitsverhältnisse gingen mit der Verschmelzung auf die Beklagte über.

Durch die Insolvenz von Air C. und die Einstellung des gesamten Flugbetriebs im Jahr 2017 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage des Catering-Unternehmens am Standort Düsseldorf. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2017 eine Personalanpassung vorgenommen. Am 06.12.2017 schloss die H. GmbH West mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Sozialplan, in dem es auszugsweise wie folgt heißt:

"1. Geltungsbereich a. Dieser Sozialplan gilt sachlich für die im Projekt "Restrukturierung Air C. 2017" zusammengefasste Betriebsänderung. .... 4. Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes a. Jeder anspruchsberechtigte ausscheidende Mitarbeiter erhält eine Abfindung, die sich wie folgt berechnet: Betriebszugehörigkeit x Monatsbrutto x 0,9 ........ c. Bei dem Monatsbrutto ist abzustellen auf die individuelle monatliche Bruttovergütung des Monats September 2017. .... 10. Schlussbestimmungen Änderungen und Ergänzungen dieses Sozialplans bedürfen der Schriftform. .... 11. Sozialplan Laufzeit Dieser Sozialplan tritt mit Unterzeichnung in Kraft und endet am 31.12.2021."

Daneben vereinbarte die H. GmbH West mündlich mit der Gewerkschaft NGG, dass deren Mitglieder eine um den Faktor 0,1 erhöhte Abfindung erhalten, wenn sie keine Kündigungsschutzklage erheben. Die Zusage wurde in der Folgezeit umgesetzt.

Im Jahre 2019 sah sich die Beklagte zu einer weiteren Personalanpassung veranlasst.

In der Betriebsratssitzung am 18.09.2019, die u.a. in Anwesenheit der Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG, Frau U., stattfand, informierte der Geschäftsführer der Beklagten, Herr T., darüber, dass die Sanierungsversuche gescheitert seien. Nach der Verschmelzung der H. West auf die Beklagte solle der Betrieb in E. bis Ende 2019 in eine "Last Mile United" umgebaut werden und nur die Abteilung Transport fortgeführt werden. Der vor zwei Jahren geschlossene Sozialplan werde auch für diese Maßnahme gelten. In dem Protokoll über die Sitzung hielt der Betriebsrat unter Top 5 fest, dass der Arbeitgeber über den Sachstand und die Planungen für die Zukunft informiert habe und die Sitzung mit ihm anschließend beendet gewesen sei, unter Top 6, dass die interne Beratung mit dem Sachverständigen ohne Arbeitgeber stattgefunden habe, und unter Top 7, dass der Termin für die nächste Betriebsversammlung abgestimmt worden sei zur Information der Belegschaft über das Vorhaben der Geschäftsleitung.

Die nächste Betriebsversammlung fand wenige Tage später am 23.09.2019 statt in Anwesenheit von Herrn T. und Frau U.. Auf der Betriebsversammlung erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, es gebe einen gültigen Sozialplan bis zum 31.12.2021 und der werde auch für die jetzige Personalanpassungsmaßnahme angewendet.

Unter dem 10.12.2019 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich, in dem es unter der zweiten Ziffer 4 wie folgt heißt:

"4. Sozialplan Das Unternehmen und der Betriebsrat haben am 06.12.2017 einen Sozialplan abgeschlossen, der auch für diese Maßnahme Anwendung findet. Darüber hinaus findet die Ergänzung zum Sozialplan vom 10.12.2019 Anwendung".

In der genannten Ergänzung zum Sozialplan heißt es auszugsweise wie folgt:

"1. Ziffer 4. c) findet keine Anwendung. Maßgebliche Grundlage für die Ermittlung des Monatsbrutto ist das individuelle Septembergehalt 2019 zuzüglich 1/12 des Weihnachtsgeldes...."

Zusätzlich vereinbarten die Betriebspartner in einer Betriebsvereinbarung Kündigungsabwicklung vom 10.12.2019, eine über die Sozialplanabfindung hinausgehende Abfindung in Höhe von 5.000,00 € für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten.

Die Klägerinnen und Kläger wurden im Zuge des erneuten Personalabbaus betriebsbedingt gekündigt und erhoben keine Kündigungsschutzklage. Die Beklagte zahlte an sie unter Beachtung der Betriebsvereinbarung Kündigungsabwicklung Abfindungen auf der Basis eines Faktors von 0,9.

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung begehren die Klägerinnen und Kläger mit ihren Klagen eine zusätzliche Abfindungszahlung auf der Basis eines Faktors von insgesamt 1,0.

Sie sind der Auffassung, ihnen stünde aus einer kollektiv-rechtlichen Absprache bzw. aus einer Gesamtzusage der Beklagten ein erhöhter Abfindungsanspruch zu. Sie haben im Wesentlichen behauptet:

Sie seien Mitglieder der Gewerkschaft NGG. In der Betriebsratssitzung am 18.09.2019 habe Herr T. gegenüber dem Betriebsrat, den Sachverständigen und der Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG, Frau U., mitgeteilt, dass der vor zwei Jahren abgeschlossene Sozialplan so umgesetzt werde wie im Jahr 2017. Er habe explizit erwähnt, dass Mitglieder der Gewerkschaft NGG einen höheren Abfindungsfaktor (1,0 statt 0,9) erhalten sollten. Auf der Betriebsversammlung am 23.09.2019 habe Frau U. die Belegschaft über diese Zusage informiert und die anwesenden Vertreter der Beklagten, insbesondere der Geschäftsführer T., hätten dazu geschwiegen.

Erstinstanzlich haben beantragt,

die Klägerin zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.940,22 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2020 zu zahlen, der Kläger zu 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.565,19 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2020 zu zahlen, die Klägerin zu 3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.472,19 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2020 zu zahlen, der Kläger zu 4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.584,54 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2020 zu zahlen, der Kläger zu 5., der sich auch im Übrigen gegen die Berechnung seiner Abfindung gewendet und die Zahlung eines anteiligen Urlaubsgeldes für das Jahr 2020 begehrt hat, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.568,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.08.2020 zu zahlen, die Klägerin zu 6. die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.105,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2020 zu zahlen, die Klägerin zu 7. die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.735,21 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2020 zu zahlen, die Klägerin zu 8. die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.531,32 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2020 zu zahlen.

Die Beklagte hat in allen Fällen Klageabweisung beantragt und zur Begründung vorgetragen:

Zu keinem Zeitpunkt im Jahre 2019 sei seitens ihrer Geschäftsführung eine erhöhte Abfindung für NGG-Mitglieder zugesichert worden. Auch die Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG, Frau U., habe dazu auf der Betriebsversammlung keine Erklärung abgegeben. Eine solche Zusage hätte auch keinen Sinn ergeben, da mittlerweile die Gewerkschaft ver.di stärker in ihrem Betrieb vertreten sei.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat sämtliche Klagen, soweit mit ihnen der erhöhte Abfindungsbetrag wegen der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft NGG geltend gemacht wurde, abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Es fehle für die erhobenen Zahlungsansprüche an einer Rechtsgrundlage. Eine kollektiv-rechtliche mündliche Vereinbarung könne mangels Einhaltung des erforderlichen Schriftformerfordernisses keine einzelvertraglichen Ansprüche begründen und eine Gesamtzusage der Beklagten auf der Betriebsversammlung am 23.09.2019 lasse sich nicht aus einem Schweigen der Geschäftsführung herleiten.

Hiergegen haben die Klägerinnen und Kläger Berufung eingelegt:

Die Klägerin zu 1., der das erstinstanzliche Urteil vom 30.09.2021 am 05.10.2021 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 02.11.2021, eingegangen am selben Tag, die begründet wurde mit dem am 02.12.2021 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 29.11.2021,

der Kläger zu 2., dem das erstinstanzliche Urteil vom 01.10.2021 am 13.10.2021 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 11.11.2021, eingegangen am selben Tag, die begründet wurde mit dem am 07.12.2021 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 07.12.2021,

die Klägerin zu 3., der das erstinstanzliche Urteil vom 01.10.2021 am 14.10.2021 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 11.11.2021, eingegangen am selben Tag, die begründet wurde mit dem am 07.12.2021 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 07.12.2021,

der Kläger zu 4.,dem das erstinstanzliche Urteil vom 01.10.2021 am 13.10.2021 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 11.11.2021, eingegangen am selben Tag, die begründet wurde mit dem am 07.12.2021 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 07.12.2021,

der Kläger zu 5., dem das erstinstanzliche Urteil vom 10.01.2022 am 14.01.2022 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 07.02.2022, eingegangen am selben Tag, die begründet wurde mit dem am 11.02.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 11.02.2022,

die Klägerin zu 6., der das erstinstanzliche Urteil vom 20.10.2021 am 17.11.2021 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 16.12.2021, eingegangen am 17.12.2021, die begründet wurde mit dem am 13.01.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 13.01.2022,

die Klägerin zu 7., der das erstinstanzliche Urteil vom 20.10.2021 am 17.11.2021 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 16.12.2021, eingegangen am 17.12.2021, die begründet wurde mit dem am 13.01.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 13.01.2022,

die Klägerin zu 8., der das erstinstanzliche Urteil vom 19.11.2021 am 03.12.2021 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 03.01.2022, eingegangen am 03.01.2022, die - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.04.2022 - begründet wurde mit dem am 15.02.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 15.02.2022.

Die Klägerinnen und Kläger führen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen aus:

Mit der expliziten Zusage des Geschäftsführers der Beklagten T. in der Betriebsratssitzung am 18.09.2019, dass NGG-Mitglieder einen höheren Abfindungsfaktor von insgesamt 1,0 erhalten würden, sei eine "Zusage eigener Art" gegenüber Frau U. als Vertreterin der Gewerkschaft und deren Mitglieder abgegeben worden. Auf die fehlende Schriftform komme es nicht an, da auch im Jahr 2017 der erhöhte Abfindungsbetrag für NGG-Mitglieder nur mündlich zugesagt, aber dennoch umgesetzt worden sei. Das Arbeitsgericht habe auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Erklärungen am 18.09.2019 und die in der Betriebsversammlung am 23.09.2019 als einheitliches Geschehen zu bewerten seien. In der Betriebsratssitzung sei nämlich beschlossen worden, kurzfristig eine Betriebsversammlung durchzuführen, bei der die Entscheidungen der Beklagten kundgetan werden sollten. Frau U. habe deshalb die in der Betriebsratssitzung gegebene Zusage auf der Betriebsversammlung lediglich betriebsöffentlich gemacht und damit als Botin fungiert. Das Schweigen des Geschäftsführers der Beklagten habe vor diesem Hintergrund als beredtes Schweigen Erklärungswert. Herr T. habe im Übrigen bei der Betriebsversammlung betont, dass alle Regelungen aus 2017 auch für 2019 gelten würden. Auch aus dieser Erklärung lasse sich die Zusage einer höheren Abfindung für Gewerkschaftsmitglieder ableiten.

Die Klägerin zu 1. beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.09.2021 - 10 Ca 2167/21- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.940,22 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2020 zu zahlen.

Der Kläger zu 2. beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.10.2021 - 11 Ca 2168/21- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.565,19 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2020 zu zahlen.

Die Klägerin zu 3. beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.10.2021 - 11 Ca 2170/21- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.472,19 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2020 zu zahlen.

Der Kläger zu 4. beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.10.2021 - 11 Ca 2171/21- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.584,54 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2020 zu zahlen.

Der Kläger zu 5. beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.01.2022 - 6 Ca 1607/21- teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 6.042,65 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.08.2020 zu zahlen.

Die Klägerin zu 6. beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.10.2021 - 14 Ca 2454/21- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.105,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2020 zu zahlen.

Die Klägerin zu 7. beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.10.2021 - 14 Ca 2457/21- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.735,21 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2020 zu zahlen.

Die Klägerin zu 8. beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.11.2021 - 7 Ca 1612/21- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.531,32 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen der Klägerinnen und Kläger zu 1. bis 8. zurückzuweisen.

Sie hält die Berufungen mangels konkreter Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Entscheidungen schon für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet und verteidigt die angegriffenen Urteile.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die erkennende Kammer hat die Berufungsverfahren nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 05.04.2022 zu dem Verfahren mit dem niedrigsten Aktenzeichen (demjenigen der Klägerin zu 1.) verbunden.

Entscheidungsgründe

Die Berufungen der Klägerinnen und Kläger gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Düsseldorf sind zulässig, in der Sache indes ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klagen auf eine höhere Abfindung für Mitglieder der Gewerkschaft NGG abgewiesen. Denn für die geltend gemachten Ansprüche fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Kammer folgt den zutreffenden Begründungen der erstinstanzlichen Urteile (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf die Angriffe der Berufung ist zur Klarstellung und Ergänzung lediglich das Folgende veranlasst:

I. Die Berufungen der Klägerinnen und Kläger sind gemäß § 64 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b) ArbGG an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Sie weisen entgegen der Auffassung der Beklagten insbesondere die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erforderliche Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidungen auf.

1. Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung folgen soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie zwar keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Berufungsbegründung muss aber auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder es zu wiederholen (BAG 27.01.2021 - 10 AZR 512/18, NZA 2021, 811; BAG 10.12.2019 - 3 AZR 122/18, NZA 2020, 931 Rn. 27 m.w.N.).

2. Nach diesen Grundsätzen sind die Berufungen zulässig. Die Klägerinnen und Kläger setzen sich in den Berufungsbegründungen hinreichend mit dem angegriffenen Urteilen auseinander.

a) Die Klägerinnen und Kläger rügen, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die behauptete Zusage des Geschäftsführers der Beklagten T. in der Betriebsratssitzung am 18.09.2019 eine "Zusage eigener Art" gegenüber der Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG, Frau U., darstelle, die zugunsten der Mitglieder der Gewerkschaft Ansprüche begründe. Die geltend gemachten Ansprüche würden nicht an der fehlenden Schriftform der Zusage scheitern, weil die nur mündliche Zusicherung auch im Jahr 2017 umgesetzt worden sei. Soweit das Arbeitsgericht Indizien benannt habe, die gegen eine solche Zusage sprechen würden, habe eine unzulässige Beweiswürdigung stattgefunden, die die Nichtdurchführung der Zeugenvernehmung nicht rechtfertigen könne. Weiter machen die Klägerinnen und Kläger geltend, dass die vom Arbeitsgericht vorgenommene Würdigung der Erklärungen auf der Betriebsversammlung vom 23.09.2019 die nur wenige Tage vorher stattgefundene Betriebsratssitzung außer Acht lasse. Frau U. habe die dort getätigten Zusagen des Geschäftsführers der Beklagten als Botin an die Belegschaft kommuniziert. Es handele sich um ein einheitliches Geschehen, weil auf der Betriebsratssitzung beschlossen worden sei, die dort getroffenen Entscheidungen auf der Betriebsversammlung betriebsöffentlich zu machen.

b) Damit enthalten die Berufungsbegründungen neben der Wiederholung von erstinstanzlichem Vortrag eine auf die Streitfälle zugeschnittene Auseinandersetzung mit den angefochtenen Urteilen. Die Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidungen ergeben soll, werden dargestellt. Die Klägerinnen und Kläger setzen sich mit den rechtlichen Argumenten und der Würdigung des Arbeitsgerichts inhaltlich auseinander. Sie stellen die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, dass es mit den von ihnen behaupteten Erklärungen zu keiner verbindlichen Zusage der Beklagten im Jahr 2019 zugunsten der Mitglieder der Gewerkschaft NGG gekommen ist, zur Überprüfung und halten daran fest, dass es einer Sachaufklärung mittels Beweisaufnahme bedarf.

II. Die Berufungen sind unbegründet. Den Klägerinnen und Klägern steht der geltend gemachte erhöhte Abfindungsanspruch nicht zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sie Mitglieder der Gewerkschaft NGG sind und ob die von ihnen behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn T. und der Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG, Frau U., tatsächlich erfolgt sind. Es liegt jedenfalls keine die Klägerinnen und Kläger begünstigende Vereinbarung vor.

1. Der Anspruch auf eine erhöhte Sozialplanabfindung ergibt sich nicht aus einer unmittelbaren Anwendung der im Jahr 2017 mit der Gewerkschaft NGG mündlich getroffenen Zusatzvereinbarung für deren Mitglieder. Die damalige Zusatzvereinbarung bezog sich auf die erste Personalanpassungsmaßnahme im Jahr 2017. Das sehen auch die Parteien nicht anders, jedenfalls haben die Klägerinnen und Kläger nichts anderes geltend gemacht.

2. Für die Personalanpassungsmaßnahme im Jahr 2019 haben die Beklagte und der bei ihr gebildete Betriebsrat ausweislich der Regelung unter der zweiten Ziffer 4 des Interessenausgleichs vom 10.12.2019 die Geltung des Sozialplans vom 06.12.2017 vereinbart. Dieser sieht für die Berechnung der Abfindung unter Ziffer 4a einen Faktor von 0,9 vor und enthält keine Zusatzregelung für Gewerkschaftsmitglieder. Die im Jahr 2017 getroffene mündliche Abrede zur Begünstigung der Mitglieder der Gewerkschaft NGG ist auch nicht Bestandteil des Sozialplanes geworden. Dazu hätte es nach dessen Ziffer 10 und gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG der Schriftform bedurft. Die Zusatzvereinbarung ist - wie in der Berufungsverhandlung unstreitig geworden ist - seinerzeit bewusst mündlich getroffen worden. Sie sollte nicht Gegenstand des Sozialplans werden und quasi "im Unverbindlichen" bleiben, vermutlich, um keine Begehrlichkeiten der nicht organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu wecken.

3. Die Klageansprüche können mithin nur begründet sein, wenn die Beklagte neben dem Interessenausgleich vom 10.12.2019 erhöhte Abfindungszahlungen für Mitglieder der Gewerkschaft NGG in einer die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begünstigenden Weise zugesagt hätte. Dies war indes nicht der Fall. Eine solche Zusage ist weder in der Betriebsratssitzung am 18.09.2019 noch auf der Betriebsversammlung am 23.09.2019 erfolgt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Sachvortrag der Klägerinnen und Kläger zu den Erklärungen in der Betriebsratssitzung und auf der Betriebsversammlung zutreffend ist. Eine Zusage des Geschäftsführers T., den NGG-Mitgliedern eine höhere Abfindung zu zahlen, zumal eine um den Faktor 0,1 höhere Abfindung, wäre vor dem Hintergrund, dass mittlerweile die Gewerkschaft ver.di stärker im Betrieb vertreten ist und auch angesichts der später abgeschlossenen Betriebsvereinbarung Kündigungsabwicklung, die bei Klageverzicht eine zusätzliche Abfindungszahlung von 5.000,- Euro für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorsieht, eher unverständlich, aber nicht ausgeschlossen. Selbst bei unterstellter expliziter Zusage auf der Betriebsratssitzung und ausdrücklicher Information der Belegschaft darüber auf der Betriebsversammlung durch die Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG, Frau U., könnten die Klägerinnen und Kläger daraus für sich keine Ansprüche herleiten.

a) Eine Zusage des Geschäftsführers der Beklagten T. zu höheren Abfindungszahlungen an die Mitglieder der Gewerkschaft NGG in der Sitzung des Betriebsrats am 18.09.2019 hätte sich entweder an den Betriebsrat gerichtet, da dieser mit dem Arbeitgeber über die erneut erforderlich gewordenen Personalanpassungsmaßnahmen und deren Folgen verhandelte, oder - wie mit den Berufungen geltend gemacht wird - an Frau U. als "Zusage eigener Art". In keinem Fall wären damit Rechtsansprüche der Klägerinnen und Kläger begründet worden. Hätte sich die Zusage an den Betriebsrat gerichtet, hätte diese nur bei Einhaltung der Schriftform unmittelbare und zwingende Wirkung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BetrVG). Daran fehlt es. Im Ergebnis gilt nichts anderes, wenn es sich um eine Zusage gegenüber Frau U. als Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG gehandelt hätte, was inhaltlich näher läge. Auch eine Zusage gegenüber Frau U. hätte keine Rechte und Pflichten der Mitglieder der Gewerkschaft begründet. Als Geschäftsführerin vertritt Frau U. die Gewerkschaft NGG. Gemäß § 4 Abs. 1 TVG haben aber nur Rechtsnormen eines Tarifvertrages, der von der Gewerkschaft abgeschlossen wird, unmittelbare und zwingende Geltung für die Tarifgebundenen. Einen Tarifvertrag haben die handelnden Personen nicht abgeschlossen, zumal auch dieser gemäß § 1 Abs. 2 TVG der Schriftform bedurft hätte.

b) Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil auch die nur mündliche Zusage gegenüber der Gewerkschaft NGG im Jahre 2017 vom Arbeitgeber eingehalten wurde. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten auch damals mangels Schriftform keine Ansprüche aus der mündlichen Zusage einklagen können, wenn die Beklagte die Zahlungen nicht geleistet hätte. Den an der Regelung Beteiligten, die auf Vertrauen gesetzt haben, muss das klar gewesen ist. Nichtanders ist die Rechtslage bei der umstrittenen neuen Zusage im Jahr 2019, nur dass der Arbeitgeber die Leistungen nunmehr ablehnt vor dem Hintergrund der in Abrede gestellten Zusage. Der von den Klägerinnen und Klägern gesehene Widerspruch besteht nicht. Angesichts der "freiwilligen Zahlung" kam es damals auf die Rechtslage nicht an. Das stellt sich nunmehr anders dar.

c) Die Beklagte hat auch keine Gesamtzusage im Rahmen der Betriebsversammlung am 23.09.2019 abgegeben.

aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Das in der Zusage liegende Angebot wird gem. § 151 S. 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Dabei wird die Gesamtzusage bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart wird, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an (BAG 03.06.2020 - 3 AZR 730/19, NZA 2021, 347 Rn. 50,51; BAG 30.01.2019 - 5 AZR 450/17, NZA 2019, 1065 Rn. 46).Gesamtzusagen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von rechtsunkundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. (BAG 03.06.2020 - 3 AZR 730/19, NZA 2021, 347 Rn. 50,51; BAG 30.01.2019 - 5 AZR 450/17, NZA 2019, 1065 Rn. 47; BAG 11.10.2017 - 5 AZR 621/16, NZA 2017, 1598 Rn. 26).

bb) Für eine Gesamtzusage auf der Betriebsversammlung fehlt es bereits an einer ausdrücklichen Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten, eine höhere Abfindung an die Mitglieder der Gewerkschaft NGG leisten zu wollen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerinnen und Kläger hat Herr T. keine solche Zusage abgegeben, sondern auf entsprechende Erklärungen der Geschäftsführerin der Gewerkschaft nur geschwiegen.

(1) Herrn T. könnte auch eine Information der Belegschaft über eine entsprechende Zusage durch die Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG, Frau U., nicht gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB zugerechnet werden. Frau U. ist auf der Betriebsversammlung nicht als Vertreterin der Beklagten aufgetreten. Sie hat schon nicht im Namen der Beklagten gehandelt und auch nicht innerhalb einer ihr zustehenden Vollmacht. Soweit die Klägerinnen und Kläger erstinstanzlich etwas anderes geltend gemacht haben sollten, haben sie ihren Vortrag insoweit jedenfalls in der Berufungsinstanz nicht aufrechterhalten und selbst klargestellt, dass die Gewerkschaftsvertreterin nicht als Vertreterin der Beklagten gehandelt hat.

(2) Soweit mit der Berufung geltend gemacht wird, Frau U. habe die entsprechende Willenserklärung des Geschäftsführers der Beklagten aus der Betriebsratssitzung als Botin übermittelt, verfängt auch dieses Argument nicht. Die Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG hat nach ihrem äußeren Auftreten auf der Betriebsversammlung, als sie nach dem Geschäftsführer der Beklagten das Wort ergriffen hat, eigene Erklärungen abgegeben und auch die Klägerinnen und Kläger haben nicht behauptet, dass sie angegeben habe, eine Erklärung von Herrn T. zu übermitteln, zumal dieser anwesend war. Sie hatte auch keinen Auftrag, etwaige in der Betriebsratssitzung getätigte Zusagen dort bekanntzugeben und betriebsöffentlich zu machen. Ausweislich des Protokolls zu der Betriebsratssitzung vom 18.09.2019 haben nämlich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht gemeinsam vereinbart, bestimmte Erklärungen oder Zusagen in der Betriebsversammlung zu verlautbaren. Erst nach Beendigung der Besprechung mit dem Arbeitgeber hat der Betriebsrat unter sich die Abrede getroffen, eine Betriebsversammlung durchzuführen. Von einer Absprache, bestimmte Erklärungen des Geschäftsführers von Frau U. übermitteln zu lassen, ist keine Rede.

cc) Eine Gesamtzusage läge auch dann nicht vor, wenn der Geschäftsführer der Beklagten auf der Betriebsversammlung erklärt hätte, alle Regelungen aus 2017 würden auch für 2019 gelten. Selbst bei dieser Erklärung fehlt es an einer ausdrücklichen Willenserklärung, für NGG-Mitglieder eine höhere Abfindung zahlen zu wollen. Die Erklärung müsste nämlich im Zusammenhang mit den anderen Mitteilungen des Geschäftsführers ausgelegt werden. Sie wäre im Kontext mit dem allgemeinen Hinweis gefallen, dass der noch bis zum 31.12.2021 geltende Sozialplan angewendet werde. Vor diesem Hintergrund war die genannte Erklärung, wenn sie denn gefallen ist, für diejenigen, die Hintergrundwissen hatten, allenfalls missverständlich. Mit dem Hinweis auf den Sozialplan und auf geltende Regelungen kann für die Belegschaft, von der nicht bekannt ist, inwieweit sie von der seinerzeitigen mündlichen Absprache mit der Gewerkschaft NGG überhaupt wusste, nicht klar gewesen sein, ob damit nur die schriftlichen Regelungen oder auch mündliche Absprachen gemeint waren. Das reicht aber für die Annahme einer Gesamtzusage nicht aus. Sie verlangt ein klares Bekenntnis zu einer konkreten Leistung. Das ist bei einem nur allgemein umschriebenen Leistungspaket, das im Hinblick auf eine bestimmte Leistung mehrdeutig ist, gerade nicht der Fall.

dd) Soweit die Berufungen beanstanden, bei dieser Bewertung werde nicht hinreichend gewürdigt, dass die Betriebsratssitzung am 18.09.2019 und die kurz darauf erfolgte Betriebsversammlung ein einheitliches Geschehen darstellen, übersehen die Klägerinnen und Kläger, dass die bei der Betriebsversammlung anwesenden Belegschaftsangehörigen nicht an der Betriebsratssitzung teilgenommen und mithin die dort erlangten Ergebnisse und etwaigen Zusagen nicht in die Bewertung der Erklärung haben einbeziehen können. Für die Frage, ob eine Gesamtzusage erfolgt ist, kam es mithin allein darauf an, welche ausdrücklichen Erklärungen während der Betriebsversammlung abgegeben wurden.

Mangels Gesamtzusage brauchte nach alledem nicht entschieden zu werden, ob diese ggf. wegen Verstoßes gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz insgesamt rechtsunwirksam oder ob das Rechtsgeschäft, soweit es Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer - wenn auch gleichheitswidrig - begünstigt, teilweise wirksam gewesen wäre (vgl. ErfK/Preis BGB § 611a Rn. 606).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 ZPO.

Die Revision zugunsten der Klägerinnen und Kläger war mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.