Verzicht auf Arbeitszeiterfassung befreit nicht von Informationspflichten

LAG München Az. 4 TaBV 9/22 vom 11. Juli 2022

Der Fall: 

In einem Unternehmen arbeiteten fast 500 Beschäftigte, viele davon im Außendienst. Für sie galt nach einer Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) Vertrauensarbeitszeit. Demnach teilten sie sich die Arbeitszeiten selbst ein und der Arbeitgeber nahm keine Arbeitszeiterfassung vor. Nun forderte der Betriebsrat vom Arbeitgeber Informationen über die genauen Arbeitszeiten der Außendienstler.

Die Entscheidung des Gerichts: 

Der Betriebsrat bekam vor Gericht Recht. Demnach durfte er trotz vereinbarter Vertrauensarbeit Informationen zur Arbeitszeit einfordern. Denn der Betriebsrat muss im Rahmen seiner Überwachungsaufgabe aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze überprüfen. Dazu gehört das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das auch bei Vertrauensarbeitszeit gilt.

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat aus § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG rechtzeitig und umfassend zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben zu unterrichten. Dies gilt auch, wenn er die notwendigen Daten nur deshalb nicht hat, weil er sie nicht erheben will, aber unschwer erhalten kann. Denn in der GBV war vereinbart, dass eine Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitgeber nicht erfolgt, die Mitarbeiter waren aber zumindest zur Aufschreibung derjenigen Arbeitstage verpflichtet, an denen sie mehr als acht Stunden gearbeitet hatten.

Ausdrücklich sagten die Richter, dass auch bei Vertrauensarbeitszeit eine Arbeitszeiterfassung erfolgen muss. Denn schon immer musste der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die geltenden Arbeitsgesetze eingehalten werden. Zudem galt nach § 16 Abs. 2 ArbZG, dass Überstunden aufzuzeichnen sind.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: 

Der Verzicht auf die eigene Erfassung von Arbeitszeiten ist nur ein Zugeständnis des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten. Das kann aber nicht das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis zum Betriebsrat beeinflussen. Denn die Informationen sind jedenfalls bei den Arbeitnehmern vorhanden und vom Arbeitgeber leicht zu beschaffen. Darüber hinaus zeigt diese Entscheidung, dass es auch bei der Vertrauensarbeitszeit Möglichkeiten der Arbeitszeiterfassung gibt. Das könne beispielsweise dadurch erfolgen, dass die Beschäftigten die Arbeitszeiten selbst dokumentieren.