Eingruppierung in für den Betrieb geltende Gehaltsordnung

BAG 1 AZR 441/93 vom 23. Nov. 1993

Nicht amtlicher Leitsatz

1. Es entspricht der herrschenden Meinung im Schrifttum und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, daß die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften führt, die den Arbeitnehmer belasten.

2. Ist daher der Absenkungserlaß (Rundschreiben des BMI vom 27.12.1983 - D III/1 - 220 200/21) kein Teil der für den Arbeitnehmer geltenden Vergütungsordnung geworden, gilt für die im Betrieb arbeitenden Angestellten vielmehr nach wie vor die Gehaltsordnung der Anlage 1a zum BAT.

Tatbestand

Kläger und Beklagte streiten darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1. März 1988 bis 31. Dezember 1989 nach der VergGr. II a oder VergGr. III BAT zu bezahlen war.

Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 1. März 1988 bis 31. März 1990 als Assistenzarzt beschäftigt. Die Beklagte betreibt als Tochtergesellschaft der Max-Planck-Gesellschaft die K -Klinik in Bad N .

In dem Formulararbeitsvertrag vom 4. Januar 1988, den auf seiten der Beklagten der Direktor der K -Klinik, Prof. Dr. med. S , unterschrieb, vereinbarten die Parteien u.a.:

"§ 1

Herr Andreas P, geboren am 20.01.59 wird vom 01. März 1988 bis 28. Febr. 1991 an der K -Klinik, Bad N als Assistenzarzt angestellt.

§ 2

Für das Arbeitsverhältnis wird die Geltung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.2.1961 einschließlich der einschlägigen Sonderregelungen und der diesen ändernden und ergänzenden bzw. ersetzenden Tarifverträge vereinbart. Sämtliche in diesem Arbeitsvertrag vereinbarten Tarifbestimmungen finden in der Fassung für die Angestellten des Bundes Anwendung. Soweit im BAT auf die für die Beamten des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen verwiesen wird, finden die für Bundesbeamte geltenden Bestimmungen Anwendung.

§ 3

Nach der gesamten nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit wird Herr P in Vergütungsgruppe ... BAT eingruppiert. Die der Eingruppierung jeweils zugrunde liegende Fallgruppe der Anlage 1 a bzw. 1 b zum BAT ergibt sich aus besonderen Mitteilungen. Bis zum Wiederinkrafttreten einer Vergütungsordnung (Anlagen 1 a und 1 b) zum BAT bestimmt sich die Vergütung nach der Vergütungsordnung in der am 31.12.1983 geltenden Fassung mit den Maßgaben des Rundschreibens des Bundesministers des Innern vom 27.12.1983 - DIII/1-220 200/21 - in seiner jeweils geltenden Fassung."

Dieses Rundschreiben wird als sogenannter Absenkungserlaß bezeichnet. Er besagt u.a., daß dann, wenn nach dem 31. Dezember 1983 ein Angestelltenverhältnis begründet wird, die Anwendung der Vergütungsordnung in der am 31. Dezember 1983 geltenden Fassung arbeitsvertraglich mit folgenden Maßgaben zu vereinbaren ist:

"a) Erfüllt der Angestellte die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. II a, wird er in diese Vergütungsgruppe erst eingruppiert, wenn er bei der Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. II a vier Jahre als Angestellter im öffentlichen Dienst ... gestanden hat. Bis zum Ablauf dieser Frist wird er in die jeweils nächstniedrigere Vergütungsgruppe eingruppiert. Nächstniedrigere Vergütungsgruppe gegenüber der VergGr. II a ist die VergGr. III."

Als der sogenannte Absenkungserlaß in Kraft trat, war die Vergütungsordnung zum BAT, die Anlage 1 a und 1 b, deren Nachwirkung im Tarifvertrag ausgeschlossen war, vom Bundesminister des Innern und der TdL zum 31. Dezember 1983 gekündigt worden.

Mit Schreiben vom 9. März 1988 schrieb der Direktor der K -Klinik dem Kläger u.a.:

"Nach dem mit Ihnen geschlossenen Arbeitsvertrag werden Sie vom 01.03.88 an in die Vergütungsgruppe II a BAT eingruppiert. Aufgrund der gesamten von Ihnen nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit (§ 22 BAT) erfüllen Sie von diesem Tage an die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe II a Fallgruppe 4 Teil I Abschnitt -- Unterabschnitt -- der Anlage 1 a zum BAT. Wegen der Absenkungsregelung jedoch Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT."

Der Betriebsrat verweigerte die beantragte Zustimmung zur Eingruppierung des Klägers in die VergGr. III BAT. Die Beklagte beantragte deshalb beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung. Mit Rücksicht auf einen solchen Rechtsstreit hatte der Direktor der K -Klinik dem Kläger unter dem 4. Januar 1988 geschrieben:

"Sofern der Ausgang der Musterverfahren dazu führt, daß eine höhere Vergütung vereinbart werden muß, erhalten Sie die Vergütungsdifferenz ab Vertragsbeginn nachgezahlt. Vor Rechtskraft der maßgeblichen Grundsatzentscheidung wird sich die MPG weder auf die tarifliche Ausschlußfrist noch auf den Eintritt der Verjährung berufen."

Das Arbeitsgericht wies den Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers zurück. Mit Beschluß vom 12. Dezember 1989 wies das Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts zurück und ließ die Rechtsbeschwerde nicht zu (4 TaBV 203/88). Das Landesarbeitsgericht sah in der allgemeinen Vereinbarung und Anwendung des Absenkungserlasses einen allgemeinen Entlohnungsgrundsatz gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, der mangels erforderlicher Mitbestimmung des Betriebsrats unwirksam sei. Dieser Beschluß wurde den Beteiligten am 11. April 1990 zugestellt; eine Nichtzulassungsbeschwerde wurde nicht eingelegt. Der Beschluß wurde damit am 11. Mai 1990 rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 5. Mai 1990 schrieb u.a. der Kläger der Beklagten:

"Sehr geehrter Herr N ,

die Absenkung der Eingangsbesoldung ist ab dem 1.1.90 endgültig aufgehoben. In dem Beschluß des Landesarbeitsgerichtes Frankfurt, vom 12.12.89 Aktenzeichen 4 TaBV 203/88 wurde die Beschwerde über den Beschluß des Arbeitsgerichts Gießen abgelehnt. Bei unserer Einstellung allerdings stimmten wir der Absenkung nur unter der Bedingung zu, daß, falls dies durch Arbeitsgerichtsbeschluß als unzulässig beschieden wird, der Differenzbetrag zu BAT II a, Fallgruppe 4 Teil 1 rückwirkend vom Einstellungstermin an nachgezahlt wird.

Hiermit machen wir nun unsere Ansprüche geltend und bitten Sie um baldigen Bescheid und um Überweisung des Differenzbetrages für den Zeitraum von:

1.3.88 - 31.12.89 für Herrn Dr. Andreas P ."

Die Beklagte erwiderte unter dem 15. August 1990, daß der Antrag geprüft werde, was aber noch einige Zeit dauere. Mit der am 19. November 1990 eingegangenen Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige Vergütung für 1988 und 1989 in Höhe von 6.475,06 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich aus 2.940,14 DM ergebenden Nettobetrag seit 1. Januar 1989 sowie 4 % Zinsen aus dem sich aus 3.523,65 DM ergebenden Nettobetrag seit 1. Januar 1990 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Antrag sei nach § 70 BAT verfallen. Mit dem Schreiben vom 4. Januar 1988 des Direktors der K -Klinik sei allenfalls eine Selbstbindung bezüglich der Ausschlußfrist und der Verjährung für die Max-Planck-Gesellschaft begründet worden, nicht dagegen eine Bindung für die Beklagte, bei dieser handele es sich um ein rechtlich selbständiges Unternehmen.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zahlung eines Differenzbetrages. Das Landesarbeitsgericht habe ebenso wie das Arbeitsgericht zu Unrecht aus dem Schreiben vom 9. März 1988 in Verbindung mit dem Schreiben vom 4. Januar 1988 auf eine Vereinbarung einer Zahlung nach VergGr. II a BAT geschlossen. Der Kläger habe sich mit einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT einverstanden erklärt. Bei Inkrafttreten des Absenkungserlasses sei die Anlage 1 a zum BAT außer Kraft gewesen. Aus diesem Grunde könne aus der mitbestimmungswidrigen Einführung des Absenkungserlasses nicht auf einen Anspruch des Klägers auf Bezahlung nach VergGr. II a BAT geschlossen werden. Wenn der Absenkungserlaß für den Betrieb der Beklagten nicht gelte, könne der Kläger höchstens eine Vergütung nach § 612 BGB (eine angemessene Vergütung) verlangen, dies sei aber gerade wiederum eine Vergütung nach dem Absenkungserlaß. Für den Kläger bedeute das eine Vergütung nach VergGr. III BAT.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung des Antrages, während der Kläger um Zurückweisung der Revision bittet.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nicht begründet, da der Kläger auch in der Zeit vom 1. März 1988 bis 31. Dezember 1989 in die VergGr. II a BAT der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert ist.

I.1. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 611 BGB. In dem Beschlußverfahren 4 TaBV 203/88 hat das Landesarbeitsgericht durch Beschluß vom 12. Dezember 1989 festgestellt, daß der Betriebsrat der Eingruppierung von Arbeitnehmern seine Zustimmung mit der Begründung verweigern kann, die Eingruppierung entsprechend dem Rundschreiben des Bundesministers vom 27. Dezember 1983, modifiziert durch das Rundschreiben vom 19. Februar 1985, in eine "abgesenkte" Vergütungsgruppe sei unzulässig oder verstoße gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG und zugleich hat das Landesarbeitsgericht den Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers zurückgewiesen, mit dem dieser die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung von Herrn Dr. P. in die VergGr. III BAT ersetzen lassen wollte.

a) Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob eine zwischen den Betriebspartnern ergangene rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats auch gegenüber Arbeitnehmern wirkt, die individual-rechtlich entsprechende Ansprüche geltend machen wollen. Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Urteilsverfahren entschieden, daß eine rechtskräftige Entscheidung im Beschlußverfahren auch präjudizielle Wirkung im Individualverfahren haben kann. Dies gilt z.B. dann, wenn in einem Beschlußverfahren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat festgestellt wird, daß eine geplante Maßnahme des Arbeitgebers diesen nicht zum Versuch eines Interessenausgleichs verpflichtet. In diesem Fall kann das Gericht in einem Verfahren über einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG die Rechtsfrage nicht anders beurteilen. In einer weiteren Entscheidung hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts den Rechtssatz aufgestellt, eine zwischen den Betriebspartnern ergangene rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über den Inhalt einer Betriebsvereinbarung wirke auch gegenüber den Arbeitnehmern, die Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung geltend machen.

b) Inhalt und Ergebnis des Beschlußverfahrens zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber bezüglich insbesondere auch der Zustimmungsverweigerung zur beabsichtigten Eingruppierung des Herrn Dr. P. waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren sowohl vor dem Arbeits- als auch vor dem Landesarbeitsgericht. Beide Gerichte haben sich das Ergebnis des Beschlußverfahrens und dessen Begründung zu eigen gemacht.

Danach bestand in dem Betrieb der Beklagten keine Vergütungsordnung mit dem Inhalt, die Vergütung der Angestellten solle sich stets nach der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst, insbesondere des Bundes, richten, gleichgültig auf welcher Rechtsgrundlage diese Vergütung beruhe (Spiegelbildtheorie). Ein solcher Entlohnungsgrundsatz ist nach dem rechtskräftigen Beschluß in dem Verfahren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sowie den darauf aufbauenden Entscheidungen des Arbeitsgerichts und Landesarbeitsgerichts im vorliegenden Verfahren gerade nicht in dem Betrieb der Beklagten wirksam eingeführt. Vielmehr galt im Betrieb der Beklagten der Entlohnungsgrundsatz, die Eingruppierung der Angestellten solle sich nach der Anlage 1 a zum BAT richten.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Anordnung der Beklagten, den Absenkungserlaß der Eingruppierung von neu eingestellten Angestellten ab 1. Januar 1984 zugrunde zu legen, sei die Einführung eines neuen Entlohnungsgrundsatzes, der der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliege. Da die Beklagte hierbei den Betriebsrat nicht beteiligt hat, hat der neue Entlohnungsgrundsatz nicht wirksam eingeführt werden können. Es gilt nach wie vor die alte Vergütungsordnung, nach der Angestellte nach der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert sind. Dies entspricht den Fallgestaltungen, die den Entscheidungen des Senats vom 27. Januar 1987, vom 30. Januar 1990 und vom 8. August 1989 zugrunde lagen. In allen diesen Fällen hat der Senat ebenfalls entschieden, daß der bisherige Vergütungsgrundsatz auch nach dem 31. Dezember 1983 weitergalt.

2. Es entspricht der herrschenden Meinung im Schrifttum und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, daß die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften führt, die den Arbeitnehmer belasten. Diese Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung ist entwickelt worden, um zu verhindern, daß der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht.

Dementsprechend war die Beklagte nicht nur außerstande, einseitig eine Änderung der Vergütungsordnung für die Angestellten ihres Betriebes einzuführen. Vielmehr folgt aus der Theorie der Unwirksamkeit, daß auch die Klausel in dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien, wonach bis zum Wiederinkrafttreten einer Vergütungsordnung zum BAT sich die Vergütung nach der am 31. Dezember 1983 geltenden Fassung mit den Maßgaben des Absenkungserlasses in seiner jeweils geltenden Fassung bestimmt, unwirksam ist. Ebenso entfaltet der Hinweis in dem Schreiben vom 9. März 1988 des Direktors der K -Klinik an den Kläger keine Wirkung, wegen der Absenkungsregelung erhalte er Vergütung nach der VergGr. III BAT, obwohl er die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. II a Fallgruppe 4 Teil 1 der Anlage 1 a zum BAT erfülle.

Nicht, wie das Landesarbeitsgericht meint, aus dem Arbeitsvertrag und den Schreiben vom 4. Januar 1988 und 9. März 1988, sondern gerade aus der Unwirksamkeit der den Kläger belastenden Klausel im Arbeitsvertrag vom 4. Januar 1988 sowie der rechtlichen Irrelevanz des Hinweises auf die Absenkungsregelung im Schreiben vom 9. März 1988 ergibt sich, daß der Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. II a BAT der Anlage 1 a zum BAT hat.

Unzutreffend ist der Einwand der Beklagten, wegen der Unwirksamkeit der Einführung des Entgeltgrundsatzes des Absenkungserlasses habe der Kläger nur einen Anspruch auf Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB. Danach ist dann, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Hierbei übersieht die Beklagte, daß im vorliegenden Falle die Höhe der Vergütung bestimmt ist durch die Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe der Anlage 1 a zum BAT. Ist der Absenkungserlaß kein Teil der für den Kläger geltenden Vergütungsordnung geworden, gilt für die im Betrieb der Beklagten beschäftigten Angestellten vielmehr nach wie vor die Gehaltsordnung der Anlage 1 a zum BAT, dann hat auch der Kläger nach dieser Vergütungsordnung eingruppiert zu werden. Der Kläger ist in die Vergütungsgruppe II a BAT eingruppiert.

Ausweislich des Schreibens vom 9. März 1988 ist die Beklagte der Auffassung gewesen, daß der Kläger die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. II a Fallgruppe 4 Teil 1 der Anlage 1 a zum BAT erfülle. Im vorliegenden Falle haben die Parteien auch nicht darüber gestritten, daß der Kläger die Voraussetzungen der VergGr. II a BAT erfüllt. Dementsprechend ist der Kläger auch seit dem 1. Januar 1990 (Außerkrafttreten des Absenkungserlasses) nach VergGr. II a BAT bezahlt worden. Dennoch hätte das Landesarbeitsgericht nicht dahingestellt sein lassen dürfen, ob der Kläger zu Recht in die Gehaltsgruppe II a BAT eingruppiert ist, denn nur in diesem Falle hat er einen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen VergGr. III BAT und II a BAT. Indessen bedarf es aus diesem Grunde keiner Zurückverweisung, weil nach der Anlage 1 a zum BAT die für Ärzte niedrigste Gehaltsgruppe die VerGr. II a BAT ist. Nach der VergGr. II a BAT Fallgruppe 4 werden "Ärzte" und nach der VergGr. I b BAT Fallgruppe 13 "Ärzte nach fünfjähriger ärztlicher Tätigkeit" vergütet. Damit stellen die Tarifvertragsparteien mit für die Gerichte bindender Wirkung klar, daß bei diesen tariflichen Tätigkeitsmerkmalen alle ärztlichen Tätigkeiten insgesamt einheitlich tarifrechtlich bewertet werden sollen und deswegen auch kraft rechtlichen Zwanges als ein Arbeitsvorgang anzusehen sind. Derartige tarifliche Regelungen sind nach Auffassung des hierfür zuständigen Vierten Senats unbedenklich rechtlich möglich. Dementsprechend hat der Vierte Senat entschieden, ein Arzt, der nach der Bundesärzteordnung noch nicht fünf Jahre ärztliche Tätigkeit ausgeübt hat, sei in die VergGr. II a BAT eingruppiert. Da auch der Kläger noch keine fünf Jahre ärztliche Tätigkeit ausgeübt hat, ist er in die VergGr. II a BAT eingruppiert.

3. Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Differenzbetrag in der vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Höhe zu. Die Revision hat zwar gerügt, die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte sei der Berechnung des Klägers nicht entgegengetreten, berücksichtige ihren Sachvortrag aus dem Schriftsatz vom 10. Oktober 1991 nicht. Diese Rüge ist unbegründet, da die Beklagte weder im Schriftsatz vom 10. Oktober 1991 noch in irgendeinem anderen Stadium des Verfahrens der Berechnung des Klägers entgegengetreten ist.

II. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verfallen. Nach § 70 BAT verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlußfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten schriftlich geltend gemacht werden. Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung des Differenzbetrages von II a BAT zu III BAT aus der Zeit vom 1. März 1988 bis 31. Dezember 1989 hat der Kläger erstmals im Mai 1990 schriftlich geltend gemacht, obwohl sie monatlich fällig geworden sind. Nach dem Wortlaut des § 70 BAT wären die Ansprüche daher bis zum November 1989 verfallen. Im vorliegenden Falle hat der Direktor der K -Klinik dem Kläger unter dem 4. Januar 1988 auf einem Bogen mit dem Briefkopf "K -Klinik, Direktor Prof. Dr. med. M. S " geschrieben:

"Sofern der Ausgang der Musterverfahren dazu führt, daß eine höhere Vergütung vereinbart werden muß, erhalten Sie die Vergütungsdifferenz ab Vertragsbeginn nachgezahlt. Vor Rechtskraft der maßgeblichen Grundsatzentscheidung wird sich die MPG weder auf die tarifliche Ausschlußfrist noch auf den Eintritt der Verjährung berufen."

Auf der Unterseite des Bogens ist, soweit vorliegend von Interesse, verzeichnet:

"Alleingesellschafter: Max-Planck-Gesellschaf zur Förderung der Wissenschaften e.V. Rechtsträger: Minerva Gesellschaft für die Forschung mbH."

Damit hat der Direktor der K -Klinik für die Beklagte darauf verzichtet, sich auf die Ausschlußfrist oder die Verjährung zu berufen. Zumindest ist die Berufung auf die Ausschlußfrist rechtsmißbräuchlich. Durch die Zusicherung des Direktors der K -Klinik, sich nicht auf die Ausschlußfrist zu berufen, ist der Kläger von der rechtzeitigen Geltendmachung der Teilbeträge abgehalten worden. Die Beklagte muß sich auch das Schreiben vom 4. Januar 1988 zurechnen lassen. Aus dem Briefkopf ergab sich, daß die Erklärung für die K -Klinik und damit für deren Rechtsträger, die Beklagte, hat abgegeben werden sollen. Der Kläger hat andererseits darauf vertrauen dürfen, daß der Direktor der K -Klinik auch befugt war, eine solche Willenserklärung abzugeben, denn der Direktor der K -Klinik hatte auch seinen Arbeitsvertrag mit der Beklagten unterschrieben. Der Hinweis der Revision, aus dem Schreiben ergebe sich nur ein Selbstbindungswille der Max-Planck-Gesellschaft, kann nicht nachvollzogen werden, da der Direktor der K -Klinik für deren Rechtsträger, die Minerva Gesellschaft für die Forschung mbH - wie auch aus dem Schreiben erkennbar - gehandelt hat. Wenn der Direktor der K -Klinik den Angestellten der K -Klinik ein Schreiben zusendet, in dem auf die Geltendmachung der tariflichen Ausschlußfrist und Eintritt der Verjährung bis zur rechtskräftigen Beendigung der Musterverfahren verzichtet wird, können die Angestellten davon ausgehen, daß ihr Arbeitgeber ihnen gegenüber auf die Geltendmachung der Ausschlußfrist verzichtet hat.