Annahmeverzug - Leistungsunwilligkeit - tatsächliches Angebot

LAG 4 Sa 62/17 vom 8. Sep. 2017

1. Im ungekündigten Arbeitsverhältnis ist die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich im Sinne des § 294 BGB anzubieten. Ein wörtliches Angebot kann ein tatsächliches Angebot nicht ersetzen, auch wenn es mehrfach wiederholt wird.

2. Ist der Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Kündigung leistungsunwillig, hat er einen etwa wieder gefassten Leistungswillen durch ein tatsächliches Arbeitsangebot zu dokumentieren. Ein wörtliches Angebot ist dann auch nach Ausspruch einer Kündigung regelmäßig nicht ausreichend (vgl. BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 -, Rn. 27).

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.11.2016 (ArbG Köln 1 Ca 2209/16) wird zurückgewiesen.


2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.


3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand


Die Parteien streiten über Verzugslohn.

Der Kläger war als Maler zunächst bei einem Personaldienstleistungsunternehmen, der Firma i GmbH, beschäftigt. Ab dem 03.08.2015 war er von dort an den Beklagten, der Malermeister ist, verliehen. Der Beklagte setzte den Kläger auf verschiedenen Baustellen ein.

Die Parteien schlossen Mitte August einen - undatierten - bis zum 30.08.2016 befristeten Arbeitsvertrag, nach dessen § 1 der Beklagte den Kläger ab dem 01.09.2015 als Maler- und Lackierergeselle in K einstellte. In § 4 des Arbeitsvertrages ist ein Stundenlohn in Höhe von € 15,50 brutto geregelt, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden gemäß § 3. Nach den in § 10 geregelten Ausschlussfristen sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten schriftlich geltend zu machen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 4 bis 6 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21.08.2015 erklärte der Kläger die Kündigung seines mit der i GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31.08.2015.

Am 24.08.2015 wurde der Kläger von einer Radfahrerin angefahren und befand sich danach vier Tage im Krankenhaus.

Für den Beklagten erbrachte der Kläger ab dem 01.09.2015 keine Arbeitsleistungen. In einem Schreiben der damals beauftragten Rechtsanwälte des Klägers an den Beklagten vom 14.09.2015 heißt es auszugsweise wie folgt:

"Gegenstand unserer Mandatierung ist das zwischen Ihnen und unserem Mandanten zum 01.09.2015 begründete Arbeitsverhältnis. Unser Mandant hat uns darum gebeten, in Kontakt zu Ihnen zu treten, nachdem hier offenbar von Seiten der Firma i GmbH als ehemaligem Verleiher unseres Mandanten Ansprüche gegen Sie geltend gemacht werden. Wie uns unser Mandant mitteilt, spricht hier einiges dafür, dass diese Ansprüche zu Unrecht geltend gemacht werden. Zu diesem Zweck können Sie uns gerne den zwischen Ihnen und der Firma i n GmbH abgeschlossenen Vertrag zur Verfügung stellen. Für unseren Mandanten ist die Situation äußerst misslich. Er ist fest davon überzeugt, dass der Wechsel zu Ihnen richtig war und hat weiterhin ein hohes Interesse daran, das Arbeitsverhältnis seinerseits zu erfüllen. Insoweit bleibt die hoffentlich baldige Genesung des Mandanten abzuwarten. Für eine kurze Rückantwort wären wir dankbar. Für Rückfragen stehen wird gerne und jederzeit zur Verfügung."


Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 14.09.2015 wird auf Blatt 50 und 51 der Gerichtsakte Bezug genommen.

In einem Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 05.04.2016 heißt es unter anderem:

"[...] nachdem im Spätsommer letzten Jahres die Übernahme Ihrer Person in unser Unternehmen geplant war, kam es zu Widrigkeiten mit der Leiharbeitsfirma für die Sie tätig waren. In mannigfaltigen Gesprächen sind wir übereingekommen, dass Sie das für den 1. September 2015 beabsichtigte Arbeitsverhältnis nicht antreten. Aus diesem Grunde sind Sie nicht mehr zur Arbeit erschienen und haben die Schlüssel der von Ihnen zuvor betreuten Baustelle noch im August 2015 an uns zurückgegeben. Ein Arbeitsverhältnis existiert demnach nicht, Ihr Ansinnen nach nunmehr gut 8 Monaten ist ebenso überraschend wie verwunderlich. Äußerst vorsorglich kündigen wir daher ein Arbeitsverhältnis zum nächstzulässigen Zeitpunkt und stellen klar, dass wir seit Ende des vergangenen Jahres weder Verwendung für Sie hatten noch haben."


Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 05.04.2016 wird auf Blatt 27 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 09.05.2016 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis "vorsorglich nochmals fristlos".

Mit seiner Klage am 23.03.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den Beklagten zuletzt auf Zahlung von 9.911,16 EUR netto in Anspruch genommen.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe ihn kurz vor dem 01.09.2015 angerufen und ihm mitgeteilt, dass er den Arbeitsvertrag nicht erfüllen und ihn nicht beschäftigen werde, weil er von der Firma i GmbH aufgefordert worden sei, eine Ablösesumme in Höhe von € 12.000,00 zu zahlen. Er, der Kläger, habe dem Beklagten wiederholt und immer wieder telefonisch, per Email und per Telefax seine Arbeitsleistung angeboten. Der Kläger hat Einzelverbindungsnachweise und Abschriften von Faxschreiben zur Akte gereicht. Diese Angebote habe der Beklagte trotz des bestehenden Vertrags stets abgelehnt, wodurch ihm, dem Kläger, ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, für die Monate September 2015 bis einschließlich August 2016 habe ihm ein monatliches Einkommen in Höhe von durchschnittlich 1.764,90 EUR netto zugestanden. Hiervon abzuziehen seien jeweils 978,30 EUR Arbeitslosengeld. Aus dem verbleibenden Betrag in Höhe von 786,60 EUR netto errechne sich für zwölf Monate ein Gesamtbetrag in Höhe von 9.439,20 EUR. Hinzu kämen Zinsen von jährlich 5 Prozent seit dem 01.09.2015, was einen Betrag in Höhe von 471,96 EUR ausmache. Aus der Addition der beiden letztgenannten Beträge errechne sich eine Gesamtforderung in Höhe von 9.911,16 EUR netto, die ihm seiner Ansicht nach gegen den Beklagten zustehe.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 9.911,16 EUR netto zu zahlen.


Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.


Der Beklagte hat behauptet, der Arbeitsvertrag sei nach Rücksprache mit dem Kläger nicht gelebt und insoweit einvernehmlich aufgehoben worden. Der Kläger habe am 25.08.2015 - nach seinem Unfall - seine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer der i GmbH auf einer seiner Baustellen beendet und die ihm überlassenen Schlüssel des Objekts noch im August 2015 zurückgegeben. Ab dem 01.09.2015 habe der Kläger weder seine Arbeitsleistung angeboten noch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht. Im Übrigen habe der Kläger die Kündigungen vom 05.04.2016 und 09.05.2016 nicht gerichtlich angegriffen, so dass das Arbeitsverhältnis wirksam beendet worden sei und dem Kläger für die Folgezeit keine Vergütungsansprüche zustünden. Auch habe der Kläger die Ausschlussfrist in § 10 des Arbeitsvertrags nicht gewahrt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 25.11.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers nicht in Verzug geraten sei. Der Kläger habe seine Arbeitsleistung ab dem 01.09.2015 nicht angeboten. Ein tatsächliches Angebot habe der darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht vorgetragen. Soweit er ausgeführt habe, er habe seine Arbeitsleistung immer wieder angeboten, erschließe sich aus diesem Vorbringen nicht, wann das tatsächliche Arbeitsangebot erfolgt sein solle. Ein wörtliches Angebot sei nicht ausreichend gewesen, denn der Beklagte habe die Annahme der Arbeitsleistung des Klägers nicht abgelehnt. Soweit der, auch insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger behauptet habe, der Beklagte habe "kurz vor" dem 01.09.2015 angerufen und mitgeteilt, dass er den Arbeitsvertrag nicht erfüllen werde, habe der Kläger nicht hinreichend vorgetragen, wann dieser Anruf erfolgt sein solle. Unabhängig davon stünden dem Kläger für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist gemäß der mit Schreiben vom 05.04.2016 ausgesprochenen Kündigung bzw. nach Zugang der Kündigung vom 09.05.2015 keine finanziellen Ansprüche gegen den Beklagten zu, da diese Kündigungen, die der Kläger nicht innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang gerichtlich angegriffen habe - als von Anfang an rechtswirksam gölten. Es könne daher dahinstehen, ob die Ansprüche des Klägers gemäß § 10 des Arbeitsvertrages verfallen seien.

Das Urteil vom 25.11.2016 ist dem Kläger am 21.12.2016 zugestellt worden. Mit Schriftsatz, der am 19.01.2017 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, hat der Kläger Berufung eingelegt und diese mit einem am 20.02.2017 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger meint, die Argumentation des Arbeitsgerichts, dass der Beklagte niemals in Annahmeverzug gewesen sei, sei nicht nachvollziehbar. Das Arbeitsgericht habe bei seinen mündlichen Arbeitsangeboten nicht berücksichtigt, dass diese immerhin mehrfach erfolgt seien. Ab Erhalt des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 05.04.2016 habe er seine Arbeitsleistung gar nicht mehr anbieten müssen, zumal auch der Bestellungsschriftsatz des Beklagten vom 07.04.2016, in dem er, der Kläger, nicht zur Beschäftigung aufgefordert worden sei, für jeden deutlich gemacht habe, dass der Beklagte an dem Arbeitsverhältnis nicht mehr festhalten wolle.

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast in unzulässiger Weise zu seinen Lasten verschoben. Denn eine Vereinbarung, wie sie der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen habe, nach der die Parteien übereingekommen seien, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis gar nicht erst antreten solle, sei mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam. Da ein Arbeitsvertrag also bestanden habe, habe das Gericht auch von einem Arbeitsangebot des Klägers ausgehen müssen, weil es der Beklagte sei, der sich auf eine abweichende Regelung berufe. In diesem Zusammenhang behauptet der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz, er sei auch in den Geschäftsräumen des Beklagten gewesen und zwar offensichtlich um zu arbeiten. Wenn der Beklagte dies bestreiten wolle, müsse er konkreter vortragen, wann das von ihm behauptete Gespräch stattgefunden habe.

Schließlich weist der Kläger darauf hin, dass er, anders als der Beklagte, in erster Instanz nicht anwaltlich vertreten war. Er ist der Auffassung, dass das Gericht erster Instanz ihm gegenüber gesteigerte Hinweispflichten gehabt habe und nicht ersichtlich sei, ob das Gericht diesen nachgekommen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.11.2016- 1 Ca 2209/16 - aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn, den Kläger, einen Betrag in Höhe von 9.911,16 EUR netto zu zahlen.


Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.


Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Insbesondere trage er nicht die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er nicht in Annahmeverzug geraten sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, die Sitzungsniederschriften beider Instanzen sowie sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet, §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.

B. Die Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln ist nicht wegen eines Verfahrensverstoßes rechtsunwirksam und das Arbeitsgericht Köln hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I. Das erstinstanzliche Urteil ist nicht wegen eines Verfahrensverstoßes als rechtsunwirksam anzusehen. Die in dem Vortrag des Klägers, es sei nicht ersichtlich, ob das erstinstanzliche Gericht seinen ihm gegenüber bestehenden Hinweispflichten nachgekommen sei, liegende Verfahrensrüge ist unzulässig.

Wird eine Verfahrensrüge erhoben, müssen in der Rechtsmittelbegründung gemäß § 66 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Bezieht sich die Rüge auf die verfahrensrechtswidrige Unterlassung eines gebotenen richterlichen Hinweises, muss der unterlassene Hinweis bezeichnet und angegeben werden, was auf einen entsprechenden Hinweis hin vorgetragen worden wäre (BAG, Urteil vom 24.02.2016 - 4 AZR 980/13 -, Rn. 25, BeckRS 70257; BGH, Urteil vom 27.01.2015 VI ZB 40/14 -, NJW-RR 2015, S. 511; Zöller-Greger, 30. Aufl. § 139 ZPO, Rn. 20).

Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Ausweislich des Protokolls der Gütesitzung vom 09.05.2016 hat das Gericht den Kläger zunächst darauf hingewiesen, dass es an hinreichend bestimmten Klageanträgen im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO fehlt. Auch wenn mangels entsprechender Dokumentation gemäß § 139 Abs. 4 ZPO davon ausgegangen werden muss, dass weitere Hinweise nicht erfolgt sind, lassen jedoch die Ausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung nicht erkennen, welche Hinweise aus seiner Sicht unterlassen worden sind und wie der Kläger sich auf (welche?) Hinweise verhalten hätte.

II. Die geltend gemachte Nettolohnklage ist zulässig. Sie ist dem Grunde nach hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die - im vorliegenden Fall fehlende - Darlegung der im Einzelnen zu berücksichtigenden Abzüge ist als Erfordernis der schlüssigen Begründung einer Nettolohnklage eine Frage der Begründetheit (BAG, Urteil vom 26.02.2003 - 5 AZR 223/02 -, Rn. 25, [...]; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2013 - 10 Sa 277/13 -, Rn. 25 f, [...]).

III. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat bereits dem Grunde nach keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von Annahmeverzugslohn aus dem Arbeitsvertrag der Parteien i.V.m. § 615 Satz 1 BGB. Der Kläger hat - wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat - seine Arbeitsleistung nicht tatsächlich angeboten und konnte den Beklagten mit wörtlichen Angeboten nicht in Annahmeverzug setzen. Dies gilt sowohl für die Zeit vor Ausspruch der ersten Kündigung am 05.04.2016 als auch für die Zeit danach.

1. Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug kommt. Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt (BAG, Urteil vom 29.06.2016 - 5 AZR 696/15 -, Rn. 15, [...]). Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt nur dann, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen, § 295 BGB. Nur für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich (BAG, Urteil vom 25. Februar 2015- 1 AZR 642/13 -, Rn. 41, [...]). Ein Angebot der Arbeitsleistung kann ausnahmsweise auch dann entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt (BAG, Urteil vom 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 -, Rn. 22, [...]).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat es dem Kläger oblegen, seine Arbeitsleistung ab Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien, also ab dem 01.09.2015, tatsächlich gemäß § 294 BGB anzubieten. Das Arbeitsverhältnis war zunächst bis zum 05.04.2016 ungekündigt. An einem tatsächlichen Angebot fehlt es im vorliegenden Fall (dazu unter a.). Ein wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB war nicht ausreichend. Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat nicht hinreichend konkret vorgetragen und auch nicht unter Beweis gestellt, dass der Beklagte erklärt habe, er werde eine Arbeitsleistung des Klägers nicht annehmen (dazu unter b.). Für die Zeit nach dem 05.04.2016 gilt nichts anderes (dazu unter c.).

a. Der Kläger hat seine Leistung nicht tatsächlich im Sinne des § 294 BGB angeboten. Nach § 294 BGB muss die Leistung so angeboten werden, wie sie zu bewirken ist, also am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise entsprechend dem Inhalt des Schuldverhältnisses (BAG, Urteil vom 28.09.2016 - 5 AZR 224/16 -, Rn. 25, [...]). Der Kläger hat erstmals in seiner Berufungsbegründungsschrift behauptet, er sei tatsächlich im Betrieb erschienen und zwar "offensichtlich um zu arbeiten". In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 08.09.2017 hat der Kläger sich wiederum dahingehend eingelassen, dass er sich nicht persönlich auf den Weg in die Firma des Beklagten gemacht habe, weil ihm der Weg zu weit gewesen sei. Der Vortrag des Klägers ist widersprüchlich und daher unbeachtlich. Schon deshalb hatte die Kammer davon auszugehen, dass der Kläger seine Leistung nicht tatsächlich im Sinne des § 294 BGB angeboten hat, weil er schon nicht am "rechten Ort", also im Betrieb des Beklagten gewesen ist.

Unabhängig davon, fehlte es aber auch dann an einem tatsächlichen Angebot der Arbeitsleistung, wenn der Kläger - wie er schriftsätzlich vorgetragen hat - im Betrieb des Beklagten gewesen sein sollte. Soweit der Kläger hier ausführt, er sei dort gewesen, "offensichtlich um zu arbeiten", so trägt er gerade nicht vor, dass er am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise seine Arbeitsleistung angeboten hat. Weder lässt sich dem Vortrag des Klägers entnehmen, dass er sich zu Beginn der betriebsüblichen Arbeitszeit im Betrieb des Beklagten aufgehalten hat, noch benennt er sonstige Anhaltspunkt für ein ordnungsgemäßes Arbeitsangebot, etwa das Mitführen von Arbeitskleidung.

Ein ordnungsgemäßes Angebot der Arbeitsleistung setzt gemäß § 297 BGB zudem die Leistungsfähigkeit des Schuldners voraus. Der Kläger hat dem Beklagten durch Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 14.09.2015, also etwa zwei Wochen nach Beginn des Arbeitsverhältnisses, mitteilen lassen, seine Genesung bleibe abzuwarten. Auch dies lässt nicht den Schluss auf ein ordnungsgemäßes Arbeitsangebot zu. Da der eigene Vortrag des Klägers erhebliche Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit begründet, ist es im Streitfall unerheblich, dass grundsätzlich der Gläubiger, hier also der Beklagte, die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Leistungsfähigkeit des Schuldners trägt (vgl. Ernst in: MünchKomm, 7. Aufl., § 297 BGB Rn. 4).

Schließlich ist ein tatsächliches Angebot auch nicht in den "mehrfachen" mündlichen - vom Beklagten allerdings bestrittenen - Angeboten des Klägers per Telefon oder Telefax zu sehen. Die Arbeitsleistung ist am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise anzubieten. Der Kläger war ausweislich des Arbeitsvertrags der Parteien als Maler- und Lackierergeselle vom Beklagten eingestellt worden. Per Telefon oder Telefax konnte er ein tatsächliches Arbeitsangebot nicht erbringen. Die Häufigkeit von wörtlichen Angeboten führt - anders als der Kläger in seiner Berufungsbegründung meint - nicht zu einer anderen Bewertung. Ein wörtliches Angebot kann ein tatsächliches Angebot auch dann nicht ersetzen, wenn es mehrfach wiederholt wird (vgl. BGH, Urteil vom 07.11.1985 - VII ZR 45/85, Rn. 11, [...]).

b. Durch ein wörtliches Arbeitsangebot des Klägers konnte der Beklagte mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers nicht in Verzug geraten. Ein wörtliches Angebot ist gemäß § 295 Satz 1 BGB nur dann ausreichend, wenn der Gläubiger dem Schuldner erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen. Soweit der Kläger hierzu ausgeführt hat, der Beklagte habe ihn "kurz vor" dem 01.09.2015 angerufen und ihm mitgeteilt, dass er den Arbeitsvertrag nicht erfüllen werde, hat der Beklagte dies bestritten. Obwohl bereits das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, dass dieses Vorbringen nicht hinreichend konkret sei und der Kläger zudem keinen Beweis für seine diesbezügliche Behauptung angetreten habe, hat der Kläger diesen Vortrag im Berufungsverfahren nach wie vor nicht näher konkretisiert und nach wie vor keinen Beweis für seine Behauptung angetreten. Der Kläger, der sich auf diese für ihn günstige Tatsache beruft, trägt für diese die Darlegungs- und Beweislast.

c. Ein tatsächliches Angebot der Arbeitsleistung war auch ab dem Zugang des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 05.04.2016 beim Kläger nicht entbehrlich.

Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich (BAG, Urteil vom 25. Februar 2015 - 1 AZR 642/13 -, Rn. 41, [...]). Ein Angebot der Arbeitsleistung kann ausnahmsweise auch dann entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt (BAG, Urteil vom 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 -, Rn. 22, [...]). Demgegenüber bedarf es in Fällen, in denen das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien streitig ist zur Begründung des Annahmeverzugs eines tatsächlichen Angebots der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer (vgl. - für den Fall, dass das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrags zwischen den Parteien streitig ist - BAG, Urteil vom 07.12.2005 - 5 AZR 19/05 -, Rn. 17, [...]).

Im vorliegenden Fall ist durch das Kündigungsschreiben des Bevollmächtigten des Beklagten vom 05.04.2016 ein tatsächliches Arbeitsangebot des Klägers nicht entbehrlich geworden. Denn dadurch, dass der Kläger seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.09.2015 bis zum Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens des Beklagten vom 05.04.2016 seine Arbeitsleistung nicht in der geschuldeten Art und Weise angeboten hat, ist davon auszugehen, dass der Kläger leistungsunwillig war. Zwar kann grundsätzlich nicht allein aus dem fehlenden Anbieten der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer auf dessen fehlenden Leistungswillen geschlossen werden (vgl. BAG, Urteil vom 27.08.2008 - 5 AZR 16/08 -, Rn. 14, [...]; HWK/Krause, 7. Aufl., § 615 BGB Rn. 47). Der Kläger hat es im vorliegenden Fall jedoch nicht bloß unterlassen, seine Arbeitskraft tatsächlich anzubieten, sondern er hat dem Beklagten auch unter dem 14.09.2015 mitteilen lassen, dass im Hinblick auf die von ihm erstrebte Erfüllung des Arbeitsverhältnisses seine Genesung abzuwarten sei. Gleichwohl hat der Kläger später über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hinweg seine Arbeitskraft weder tatsächlich angeboten, noch seine Wiedergenesung angezeigt.

Da der Kläger somit vor Zugang des Schreibens des Beklagten vom 05.04.2016 nicht leistungswillig war, hätte er einen etwa wieder gefassten Leistungswillen durch ein tatsächliches Arbeitsangebot dokumentieren müssen. Ein Lippenbekenntnis reicht in derartigen Fällen nicht aus (vgl. BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 -, Rn. 27, [...]). Aus diesem Grund war ein tatsächliches Angebot der Arbeitsleistung auch nicht entbehrlich, nachdem sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten für diesen im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits bestellt hatte.

d. Selbst wenn man aber annehmen wollte, dass ein tatsächliches Arbeitsangebot des Klägers durch das Schreiben des Beklagten vom 05.04.2016 entbehrlich geworden wäre, stünde dem Kläger gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn zu. Denn der Arbeitnehmer hat für Zeiträume, in denen sich der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug befindet Anspruch auf Vergütung der infolge des Annahmeverzugs nicht geleisteten Arbeit. Damit ist der Anspruch aus § 615 Satz 1 BGB auf den Vergütungsanspruch gerichtet, den der Arbeitnehmer gehabt hätte, wenn der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug geraten wäre (Henssler, in: MünchKomm, 7. Aufl., § 615 BGB, Rn. 51; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 615 Rn. 3). Da der Kläger über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten seine Arbeitsleistung nicht in der erforderlichen Art und Weise, nämlich gemäß § 294 BGB durch ein tatsächlich angeboten hat, kann nicht unterstellt werden, dass ein - zugunsten des Klägers unterstellter - Annahmeverzug des Arbeitgebers für die Nichtleistung der Arbeit durch den Kläger ursächlich gewesen ist. Vielmehr muss - da gegenteilige Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind - angenommen werden, dass der Kläger auch ohne das Schreiben des Beklagten vom 05.04.2016 seiner Arbeitsleistung nicht erbracht hätte. Daher hätte er auch ohne dieses Schreiben keine Dienste geleistet und keinen Vergütungsanspruch erworben.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten eines erfolglos eingelegten Rechtsmittels hat die Partei zu tragen, die es eingelegt hat.

D. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 ArbGG. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind von der Rechtsprechung geklärt.