Betriebsvereinbarung zum Thema Sucht am Arbeitsplatz

Zwischen der Firma […]

und

dem Betriebsrat der Firma […]

wird folgende Betriebsvereinbarung geschlossen::

Bezüglich der Handhabung von Suchtproblemen in der Firma haben sich die Geschäftsführung und der Gesamtbetriebsrat auf das nachstehende Verfahren geeinigt:

§ 1

Dieses Verfahren gilt für alle Beschäftigten der Firma im Inland. Für die entsandten Beschäftigten im Ausland müssen individuelle Regelungen gefunden werden, die sich inhaltlich soweit wie möglich an das im Inland geltende Verfahren anlehnen.

§ 2

Sucht im Sinne dieses Verfahrens ist in erster Linie die Gefährdung durch die Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten und Drogen.

§ 3

Ziele dieses Verfahrens sind insbesondere:

  • die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten,
  • Suchtgefährdeten und -kranken möglichst frühzeitig ein Hilfsangebot zu unterbreiten,
  • dem Suchtmittelmissbrauch entgegenzuwirken,
  • die Gleichbehandlung der Betroffenen sicherzustellen,
  • die Durchführung präventiver Maßnahmen für Mitarbeiter der Firma.

§ 4

Das Anbieten alkoholhaltiger Getränke, Nahrungs- und Genussmittel unterbleibt. Beschäftigte dürfen sich nach § …… der Unfallverhütungsvorschriften nicht durch Alkoholgenuss, Medikamente oder Drogen in einen Zustand versetzen, durch die sie sich selbst oder andere gefährden können.

§ 5

Suchterkrankungen sind von Fachleuten zu behandeln. In der Regel wird …… als Betriebssozialdienst und Beratungsstelle für die Firma im Rahmen präventiver Maßnahmen tätig. Die individuelle Fallbehandlung erfolgt in den Einrichtungen der vorgenannten Stelle. Zu den präventiven Maßnahmen, die diese durchzuführen hat, gehört insbesondere, dass sämtliche Vorgesetzten und der Betriebsrat systematisch über Abhängigkeitserkrankungen zu schulen sind. Diese Schulung ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil das Thema Sucht enttabuisiert werden muss und vor allem die Vorgesetzten und der Betriebsrat immer wieder sachbezogene Gespräche mit Betroffenen führen müssen.

§ 6

  1. Fällt ein Mitarbeiter wegen suchtbedingter Verletzungen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten auf und entsteht der Eindruck, dass er suchtgefährdet ist, so führt der unmittelbare Vorgesetzte mit ihm ein vertrauliches Gespräch. Dieser Vorgesetzte hat im Gespräch mit dem Betroffenen Wege zur Hilfe aufzuzeigen, z. B. die in § 5 bezeichnete Stelle.
    Über das Gespräch mit dem Betroffenen wird Stillschweigen bewahrt. Es werden keine Aufzeichnungen gefertigt. Von dem Vorgesetzten wird der Zeitpunkt des Gesprächs festgehalten.
  2. Ist im Verhalten des Betroffenen in überschaubarer Zeit (ca. sechs Wochen) keine positive Veränderung festzustellen und verletzt der Betroffene weiterhin seine arbeitsvertraglichen Pflichten, so ist auf Veranlassung des unmittelbaren Vorgesetzten ein weiteres Gespräch zu führen. Das Gespräch hat keine personellen Konsequenzen. Der Betroffene wird auf den weiteren Fortgang des Verfahrens laut Gesprächsprotokoll hingewiesen. Ihm werden erneut Wege zur Hilfe aufgezeigt. Der Zeitpunkt des Gesprächs wird von dem Vorgesetzten festgehalten.
  3. Ändert sich das Verhalten des Betroffenen in der nächsten Zeit (ca. weitere vier bis sechs Wochen) nicht, führen Abteilungsleitung und Betriebsrat ein gemeinsames Gespräch mit ihm.
    Dem Betroffenen wird noch einmal eindringlich geraten, das Hilfsangebot in Form der Beratungsstelle anzunehmen. Er wird auf das weitere Verfahren laut Gesprächsprotokoll hingewiesen, das die Einschaltung der Personalabteilung im nächsten Schritt beinhaltet.
  4. Ist in dem Verhalten des Betroffenen in einem überschaubaren Zeitraum (mindestens weitere vier Wochen) noch immer keine positive Veränderung festzustellen, so findet auf Veranlassung der Abteilungsleitung ein neues Gespräch statt, an dem neben dem Personenkreis gem. Punkt 3 auch der Leiter der Personalabteilung teilnimmt. Der Betroffene erhält eine mündliche Verwarnung und die Auflage, ein konkretes Hilfsangebot in einem Zeitraum von zwei Wochen wahrzunehmen. Im Gespräch stellt der Leiter der Personalabteilung klar, dass bei Ablehnung des Hilfsangebots unmittelbar nach der Bedenkzeit von zwei Wochen arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen werden: Umwandlung der mündlichen Verwarnung in eine schriftliche Abmahnung.
  5. Verletzt der Kranke danach weiterhin seine arbeitsvertraglichen Pflichten und lehnt er immer noch eine ambulante bzw. therapeutische Maßnahme ab, so führt der Leiter der Personal-abteilung mit ihm ein weiteres Gespräch unter Beteiligung der Abteilungsleitung und des Betriebsrates. In dem Gespräch erteilt der Personalleiter eine schriftliche Abmahnung und kündigt eine zweite schriftliche Abmahnung bei einem weiteren Verstoß gegen arbeits-vertragliche Pflichten an.
  6. Tritt keine Veränderung im Verhalten ein und ist der Kranke nach ca. zwei weiteren Wochen nicht bereit, eine ambulante Behandlung bzw. therapeutische Maßnahme anzunehmen, wird seitens der Personalabteilung die zweite schriftliche Abmahnung ausgesprochen und damit die Kündigung angedroht. Dem Betroffenen wird ein erneutes Hilfsangebot gemacht, mit der Verpflichtung, die Beratungsstelle dem Personalleiter gegenüber von der Schweigepflicht über die Häufigkeit der Kontakte, nicht über Inhalte, zu entbinden.
  7. Verstößt der Betroffene weiterhin gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten und ist er nicht bereit, eine ambulante Behandlung bzw. therapeutische Maßnahme anzunehmen, wird nach einer Bedenkzeit von einer Woche eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen. Der Leiter der Personalabteilung weist darauf hin, dass frühestens nach einem Jahr über eine Wiedereinstellung gesprochen werden kann.

§ 7

  1. Bricht der Betroffene die individuelle ambulante Behandlung bzw. Therapie ab oder wird er nach erfolgreicher Behandlung bzw. Therapie rückfällig und verstößt gegen arbeitsrechtliche Pflichten, spricht der Personalleiter eine schriftliche Abmahnung aus. In dem Gespräch wird der Betroffene eindringlich darauf hingewiesen, die Behandlung wieder aufzunehmen. Der Betroffene wird davon in Kenntnis gesetzt, dass bei einem erneuten Abbruch der Behandlung bzw. Therapie und einem weiteren Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten die fristgerechte Kündigung ausgesprochen wird.
  2. Bricht der Betroffene ein zweites Mal die individuelle ambulante Behandlung bzw. Therapie ab oder wird er nach zweiter erfolgreicher Behandlung bzw. Therapie rückfällig und verstößt gegen arbeitsrechtliche Pflichten, erhält er die fristgerechte Kündigung.

§ 8

Die in dem Interventionsplan (§§ 6, 7) vorgesehenen Schritte können immer nur als Richtwerte und Richtzeiten angesehen werden und müssen im Einzelfall individuell und indikationsbedingt definiert und festgelegt werden. Hieran wirken Personalabteilung, Betriebsrat und behandelnder Therapeut einvernehmlich mit.

§ 9

Bei Rückkehr eines Suchtkranken, vor allem nach einer stationären Langzeittherapie, wird ihm nach Möglichkeit der bisherige Arbeitsplatz oder eine andere gleichwertige Stelle angeboten. Der Mitarbeiter muss einen Nachweis seitens der Beratungs- und Behandlungsinstitutionen vorlegen, dass er an allen erforderlichen Therapiemaßnahmen teilgenommen hat.

§ 10

Neben diesen von der Firma in die Wege geleiteten Hilfsmaßnahmen hat selbstverständlich jeder Betroffene die Möglichkeit, sich persönlich und direkt außerhalb des Betriebes an die Beratungsstelle oder an andere ähnliche Einrichtungen zu wenden.