Betriebsvereinbarung zum Thema EDV und neue Technologien

Zwischen der Firma […]

und

dem Betriebsrat der Firma […]

wird folgende Betriebsvereinbarung geschlossen:

Präambel:

Betriebsrat und Geschäftsleitung stimmen darin überein, dass zur Erhaltung, Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen der Einsatz EDV-gestützter Informationstechniken notwendig ist.

Weiterhin herrscht Einigkeit darüber, dass bei Anwendung dieser Techniken der Datenschutz für alle Arbeitnehmer in jeder Hinsicht gewährleistet ist, und Arbeitnehmerrechte nicht negativ berührt werden.

1. Gegenstand der Rahmenbetriebsvereinbarung

Diese Rahmenbetriebsvereinbarung regelt die Einführungs- und Nutzungsgrundsätze von computergesteuerten Anwendungssystemen. Sie enthält Öffnungsklauseln, die eine weitere Regelung im Sinne der festgelegten Grundsätze zu Einzelsystemen und deren betrieblichen Nutzung festlegen.

2. Geltungsbereich

Die Rahmenbetriebsvereinbarung gilt:

  • persönlich für alle Arbeitnehmer (einschließlich Auszubildende), soweit sie nicht leitende Angestellte im Sinne von 5 Abs. 3 BetrVG sind.

3. Begriffsbestimmung

  1. Computergesteuerte Anwendungssysteme im Sinne dieser Vereinbarung sind alle Systeme, die geeignet sind, Daten aus den Produktions- und Verwaltungsprozessen zu erfassen, zu verarbeiten und auszuwerten bzw. zu nutzen, soweit in diesem System gleichzeitig personenbezogene Daten der Beschäftigten mitverarbeitet werden.
  2. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (3 Abs. 1 BDSG).
  3. Verarbeiten ist das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen personenbezogener Daten (3 Abs. 5 BDSG).
  4. Nutzen ist jede Anwendung personenbezogener Daten, soweit es sich nicht um Verarbeitung handelt ( 3 Abs. 6 BDSG).

4. Beteiligungsrechte des Betriebsrates

  1. Der Betriebsrat wird rechtzeitig und umfassend in verständlicher Form anhand von schriftlichen Unterlagen über alle Planungsvorhaben unterrichtet. Die Unterrichtung erfolgt insbesondere in folgenden Phasen:
    • Planungsphase
    • Systemauswahl
    • Systemeinführung
    • Systemänderung
    • Erweiterung des Systems
  2. Er ist insbesondere zu unterrichten über:
    • Ziel, Art, Umfang und Einsatzzeiträume des Vorhabens;
    • die sich aus dem Vorhaben ergebenen Maßnahmen mit ihren personellen Auswirkungen;
    • Auswirkungen und Arbeitsinhalte, Arbeitsumfang, Arbeitsverfahren und Arbeitsmethoden;
    • Auswirkungen auf technische Anlagen und Arbeitsplätze, kurz-, mittel-, und langfristige Qualifikationsveränderungen;
    • vorgesehene Einsatzfelder
    • technische-, organisatorische Rationalisierungsmaßnahmen.
  3. Die Unterrichtung über die Vor- und Nachteile verschiedener in Frage kommender Systeme - insbesondere technische, wirtschaftliche, personelle und qualifikationsbezogene Fragen - wird so rechtzeitig vor Abschluss des Kaufvertrages vorgenommen, dass der Betriebsrat Stellung nehmen kann.

5. Beteiligung der Betroffenen und der Interessenvertretung

  1. Die betroffenen Arbeitnehmer werden rechtzeitig vor Systemeinführung sowie bei Änderungen während der Einführungsphase, unter Hinzuziehung des Betriebsrates über die künftigen Tätigkeiten und Arbeitsabläufe unterrichtet. Die Arbeitnehmer sind berechtigt, zu den mit der Einführung und Ausgestaltung des jeweiligen Systems verbundenen, sie betreffenden Maßnahmen Stellung zu nehmen, sowie Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufes zu machen. Hierzu werden unter Beteiligung des Betriebsrates Projektgruppen gebildet, die während der Arbeitszeit tätig sind. Die Arbeitnehmer können verlangen, dass mit ihnen die Möglichkeit ihrer beruflichen Entwicklung im Betrieb unter den veränderten Bedingungen erörtert wird.
  2. Jeder betroffene Arbeitnehmer, der sich insbesondere durch:
    • Arbeitsbelastung und -beanspruchung;
    • Arbeitsinhalte;
    • Arbeitsplatzgestaltung;
    • Arbeitsverfahren;
    • Arbeitsmethode;
    • Arbeitsablauf
    beeinträchtigt oder benachteiligt fühlt, kann den Betriebsrat bitten, beim Arbeitgeber auf Abhilfe einzuwirken, wenn dies im direkt Kontakt mit der Fachabteilung nicht realisiert werden kann.
  3. Die § 81-84 BetrVG und § 33-35 BDSG bleiben unberührt.

6. Arbeitsgestaltung

Die von der Einführung der unter 3.1 genannten Systeme betroffenen Arbeitsplätze einschließlich deren Arbeitsumgebung müssen dem Stand arbeitsphysiologischer, arbeitsmedizinischer und ergonomischer Erkenntnisse entsprechen, die sich aus den Sicherheitsregeln für Büro- Arbeitsplätze, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft, Sicherheitsregelungen für Bildschirmarbeitsplätze, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft und Arbeitsstättenverordnung und -richtlinien, sowie alle anderen gesetzlichen und tariflichen Vorschriften und Betriebsvereinbarungen zum Schutz der Beschäftigten ergeben.

  1. Die anfallenden Tätigkeiten werden unter Berücksichtigung der betrieblichen Möglichkeiten, der persönlichen Fähigkeiten und wirtschaftlichen Zweckmäßigkeiten so verteilt, dass die den Arbeitnehmern übertragenen Aufgaben ganzheitlich bearbeitet werden können, d.h. dass ein Höchstmaß an Arbeitsinhalten und Qualifikationen beim einzelnen Arbeitnehmer liegt.

7. Schutz der Persönlichkeitsrechte

  1. Daten, die für Informationsverarbeitungen genutzt werden, sind grundsätzlich in anonymisierter Form zu verwenden. Alle Ausnahmen sind mit dem Betriebsrat vorher zu vereinbaren.
  2. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Systeme nicht zum Zwecke der Leistungs- und Verhaltenskontrolle angewandt werden dürfen. Ausnahmen bedürfen der ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrates. Die Zustimmung des Betriebsrates kann nicht durch die Einigungsstelle gem. § 76 BetrVG ersetzt werden.
  3. Rückverfolgen anonymer Auswertungen auf Einzelpersonen oder Gruppen dürfen weder in eigener Zuständigkeit, noch auf Anweisung durch Vorgesetzte oder deren Beauftragte erfolgen.
  4. Der einzelne Arbeitnehmer hat gem. den gesetzlichen Bestimmungen das Recht auf Einsicht und Erläuterungen erfasster und ausgewerteter Daten, die seine Person betreffen.

8. Programmbasis

Alle in den Systemen ablauffähigen Anwenderprogramme mit personenbezogenen Daten werden mit ihren Zielsetzungen und ihrer verwendeten Datenbasis als Anlage zu jeder Einzelvereinbarung aufgeführt. Diese Anlagen enthalten mindestens folgende Aussagen:

  1. Ziel und Grundsätze dieses Systems:
    • betriebsorganisatorische Zwecke;
    • welche Abteilung (Standort) nutzt das System;
    • welche arbeitnehmerbeziehbaren oder arbeitnehmerbezogenen Daten werden verarbeitet.
  2. Struktur des Systems
    • integriert / gegliedert / autonom;
    • Konfiguration (Hard- und Software);
    • Zugriffssicherung (Datenschutzmodul);
    • Zugriffskontrolle.
  3. Dateien
    • Dateibeschreibung;
    • Datenspeicherung;
    • Passwortschutz;
    • Zugriffsberechtigung (funktionsbezogen);
    • Datensicherung;
    • Datentransfer (Schnittstellen zu anderen Dateien).

Sobald entsprechende Systeme im Betrieb installiert sind, hat der betriebliche Datenschutzbeauftragte gem. § 37 Abs. 2 BDSG entsprechende Übersichten vorzuhalten.

9. Änderung bestehender Programme

Bei geplanter Änderung und/oder Einführung neuer Anwendungsprogramme gem. Ziffer 8, sind die gesetzlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte einzuhalten.

10. Zustimmungsverfahren

In allen Fällen, in denen es nach dieser Rahmenbetriebsvereinbarung zu Meinungsverschiedenheiten aus der Durchführung kommt oder die Zustimmung des Betriebsrates oder eine Vereinbarung erforderlich ist, gilt folgendes:

  1. Erteilt der Betriebsrat die Zustimmung nicht innerhalb von 10 Arbeitstagen nach Empfang des Vorschlages des Arbeitgebers oder erteilt der Arbeitgeber die Zustimmung nicht innerhalb von 10 Arbeitstagen nach Empfang des Vorschlages des Betriebsrates, so ist ein vom Arbeitgeber und Betriebsrat paritätisch zu besetzender Koordinierungsausschuss zu bilden.
  2. Nach der Benennung von je 3 Mitgliedern durch Arbeitgeber und Betriebsrat hat das Gremium eine Lösung innerhalb von 10 Arbeitstagen zu erarbeiten. Kommt es zu keiner Einigung, so kann in den Fällen der erzwingbaren Mitbestimmung eine Einigungsstelle gem. § 76 BetrVG angerufen werden. Die Einigungsstelle entscheidet verbindlich.
  3. Für einen Beschluss des Ausschusses reicht die einfache Mehrheit der Ausschussmitglieder.

11. Kontrolle der Programmabläufe

  1. Die Kontrolle der Programmabläufe, in denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, wird in den ergänzenden Vereinbarungen zu den Einzelsystemen abschließend geregelt. Es gilt der Grundsatz der Zwangsprotokollierung, d.h. alle Auswertungen, Verarbeitungen, Änderungen, Abfragen und Weitergaben von Daten sind einschließlich der jeweiligen Benutzer soweit technisch möglich zu protokollieren. Die Protokolle werden aufgelistet, die Listen ständig aktualisiert und dem Betriebsrat ausgehändigt.
  2. Einzelprotokolle sind dem Betriebsrat auf Anforderung bis 10 Tage nach Erhalt der Liste zur Verfügung zu stellen.
  3. Zum Schutz vor unberechtigten Datenauswertungen dürfen Datenendgeräte nur dann in Verbindung zu anderen Systemen arbeiten, wenn die beschriebenen Sicherheitsbedingungen nach Punkt 8, 9 und 11 dieser Betriebsvereinbarung eingehalten werden. Werden arbeitnehmerbezogene Daten auf autonome (oder unternehmensfremde) Systeme übertragen, so gelten die in den Einzelvereinbarungen festzulegenden Datenverarbeitungs- und Ausgaberegeln.

12. Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen

Zur systematischen Vorbereitung der Arbeitnehmer für die neuen Tätigkeiten, die sich bei der Einführung und Anwendung computergestützter Anwendungssysteme ergeben, wird zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ein Bildungsmaßnahmenplan vereinbart. Der Bildungsmaßnahmenplan legt die Maßnahmen nach Art, Dauer, Inhalt, Methoden und die betroffenen Personen fest. Die Kosten für diese Qualifizierungs- und Bildungsmaßnahmen trägt das Unternehmen. Die Zeit, in der Bildungsmaßnahmen erfolgen, wird wie Arbeitszeit bezahlt. Die §§ 96 – 98 BetrVG gelten entsprechend.

13. Ausführung dieser Rahmenbetriebsvereinbarung

  1. Zur sachgerechten Ausführung der sich aus dieser Rahmenbetriebsvereinbarung ergebenden Aufgaben, haben Mitglieder des Betriebsrates das Recht, fachbezogene Seminare gem. 37 Abs. 6 und 7 BetrVG und gem. den Regeln des NBildUG, zu besuchen. Die Geschäftsleitung ermöglicht dem Betriebsrat, im Rahmen der Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben, Besuche artgleicher Betriebe, die dazu dienen sollen, sachbezogene Informationen zu erhalten, bzw. Erfahrungen auszutauschen. Dies gilt auch für die unter 1. genannten weiteren Regelungen.
  2. Zur sachgerechten Durchführung der sich aus dieser Rahmenbetriebsvereinbarung ergebenen Aufgaben, hat der Betriebsrat das Recht, gem. 80 Abs. 3 BetrVG einen Sachverständigen hinzuzuziehen. In Abweichung von 80 Abs. 3 BetrVG bleibt die Auswahl des Sachverständigen jedoch dem Betriebsrat vorbehalten.

14. Absicherung der Arbeitnehmer gegen negative soziale Folgen

  1. Geschäftsleitung und Betriebsrat sind sich darüber einig, dass durch die Einführung und Anwendung von computergestützten Anwendungssystemen keine negativen Folgen für die Arbeitnehmer entstehen.
  2. Sollten jedoch hierdurch Arbeitsplätze wegfallen oder einzelne Arbeitnehmer hiervon negativ betroffen sein, werden nach folgenden Kriterien sozialverträgliche Lösungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart:
  3. Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlieren, müssen bei voller Lohn- bzw. Gehaltssicherung entsprechend ihren Lohn- bzw. Gehaltsgruppen auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden. Sind entsprechende Arbeitsplätze nicht vorhanden, werden vom Arbeitgeber Umschulungsmaßnahmen durchgeführt, damit die Beschäftigten auf entsprechenden Arbeitsplätzen in anderen Betriebsbereichen eingesetzt werden können. Bei innerbetrieblichen Stellenausschreibungen sind die Betroffenen bevorzugt zu berücksichtigen.
  4. Die aufgrund der Einführung, Anwendung oder Änderung von EDV-Systemen unmittelbar von einem Arbeitsplatzwegfall betroffenen Arbeitnehmer können nicht betriebsbedingt gekündigt werden. Hier ist gem. § 111, 112 BetrVG zu verfahren. Vorher müssen allerdings alle Versetzungsmöglichkeiten ausgeschöpft sein.

15. Schlussbestimmungen

  1. Diese Rahmenbetriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft.
  2. Die Vereinbarung kann von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten frühestens zum […] gekündigt werden.
  3. Bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung bleiben die Bestimmungen dieser Vereinbarung gültig.
  4. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Nutzung der einzelnen Systeme hinsichtlich ihrer spezifischen Elemente in der Form von "ergänzenden Betriebsvereinbarungen" geregelt werden muss.