Keine Pflicht zum Hinweis auf Urlaubsverfall bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern

ArbG Köln Az. 8 Ca 2545/21 vom 30. Sep. 2021

Der Fall: 

Der Arbeitnehmer war in der Zeit vom 24. Juli 2017 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 28. Februar 2021 arbeitsunfähig erkrankt. Nun verlangte er eine Urlaubsabgeltung für die Jahre 2017 bis 2021. Er war der Ansicht, der Urlaubsanspruch sei nicht verfallen, da die Arbeitgeberin ihre arbeitgeberseitige Mitwirkungs- und Hinweispflicht hinsichtlich des Verfalls des Urlaubsanspruchs nicht erfüllt habe. Er wollte auf jeden Fall noch eine Urlaubsabgeltung für die Kalenderjahre 2017 und 2018 haben. Die Arbeitgeberin meinte jedoch, nach Rechtsprechung von BAG und EuGH zur Begrenzung der Übertragbarkeit des Urlaubs auf 15 Monate bei einer Langzeiterkrankung des Arbeitnehmers sei ein Anspruch für die Jahre 2017 und 2018 verfallen.

Die Entscheidung des Gerichts: 

Die Zahlungsklage war unbegründet. Das Gericht verwies auf die Rechtsprechung von BAG und EuGH zum Verfall der Urlaubsabgeltungsansprüche. Dabei musste es sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer nicht auf den Verfall hätte hinweisen müssen und deswegen vielleicht doch kein Verfall eingetreten sein könnte. Nach Auffassung des Gerichts gelten die Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers jedoch nur für einen arbeitsfähigen, nicht jedoch für einen langzeitarbeitsunfähigen Arbeitnehmer. Denn der langzeitarbeitsunfähige Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber nicht „in die Lage versetzt werden, seinen Urlaub zu nehmen". Nur einem Arbeitnehmer, der ansonsten zur Arbeitsleistung verpflichtet wäre, kann Urlaub gewährt werden. Ist ein Arbeitnehmer demgegenüber bereits aufgrund bestehender Arbeitsunfähigkeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet, kann er auch nicht durch Urlaubsgewährung seitens des Arbeitgebers von einer Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit werden, weil diese ohnehin nicht besteht. Eine Obliegenheit, etwas tatsächlich und rechtlich Unmögliches zu verlangen, sieht die Rechtsordnung nicht vor.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: 

Der Betriebsrat kann natürlich langzeiterkrankte Arbeitnehmer trotzdem darauf hinweisen, dass ein Urlaubsverfall droht. Denn eins berücksichtigt das Urteil nicht: Theoretisch könnte der Arbeitnehmer nach dem Hinweis des Arbeitgebers auf den Urlaubsverfall wieder gesund werden, und sei es vielleicht nur in der letzten Woche des Jahres oder des Übertragungszeitraums.