Vermittlungspflicht beachten – sonst droht Gefahr nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz
BAG, Az. 8 AZR 123/24, vom 26.03.2025
Der Fall
Eine schwerbehinderte Person bewarb sich bei einem IT-Sicherheitsunternehmen. Das Unternehmen entschied sich jedoch für einen Mitbewerber und der schwerbehinderte Bewerber erhielt eine Absage. Der schwerbehinderte Bewerber sah sich durch die Absage diskriminiert und berief sich darauf, dass der Arbeitgeber keine Vermittlung über die Arbeitsagentur gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX angestrengt hatte. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, „frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit“ aufzunehmen, wenn sie freie Stellen besetzen.
Die Entscheidung des Gerichts
Das BAG hat unmissverständlich festgestellt, dass diese „Verbindungsaufnahme“ eine aktive Handlung erfordert: Arbeitgeber müssen einen formellen Vermittlungsauftrag gegenüber der dafür bei der Agentur vorgesehenen Stelle erteilen. Konkret müsse der von der Bundesagentur dafür vorgesehene Kommunikationsweg genutzt werden. Das bloße Einstellen eines Stellenangebots in die Jobbörse erfüllt die gesetzliche Pflicht danach nicht. Diese Verpflichtung gilt für öffentliche Arbeitgeber und wird nunmehr noch einmal entsprechend auch auf den Bereich der privaten Arbeitgeber übertragen. Ohne einen solchen aktiven Vermittlungsauftrag werde gemäß § 22 AGG eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermutet, mit der Folge, dass nunmehr der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass allein objektive, leistungsbezogene Kriterien zur Ablehnung geführt haben.
Das bedeutet die Entscheidung für Sie
Die Entscheidung des BAG beseitigt letzte Unklarheiten. Die Pflicht zur frühzeitigen Kontaktaufnahme mit der Bundesagentur erfordert zwingend einen aktiven Vermittlungsauftrag – auch für private Arbeitgeber. Wird diese Pflicht nicht erfüllt, kann das als Diskriminierungsindiz gewertet werden. Sie als SBV sollten auf diese Pflicht hinwirken und auf Bewerbungsverfahren achten, um Benachteiligungen frühzeitig zu erkennen. Tipp: Neben Entschädigungsansprüchen nach dem AGG droht ansonsten auch ein Veto des Betriebsrats gegen die Einstellung eines anderen Bewerbers gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen eines Gesetzesverstoßes.