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Urteile zur Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten

Initiatorin einer Betriebsratswahl gekündigt

ArbG Düsseldorf, Az. 10 Ca 4119/21, § 31 BGB, § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG, § 66 Abs. I S. 1 ArbGG, §§ 64 Abs. VI ArbGG, 222 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB, §§ 280 Abs. 1, 282 BGB, § 69 Abs. 2 ArbGG, § 241 Abs. 2 BGB, § 249 BGB, § 254 BGB, § 97 ZPO, § 72 Abs. II Nr. 1 ArbGG, § 72 a ArbGG, vom 22.02.2022

Der Fall:

Ein Arbeitgeber hatte einer Arbeitnehmerin gleich dreimal gekündigt.

Mitte August 2021 hatte die Arbeitnehmerin gemeinsam mit zwei Kolleginnen zu einer Betriebsversammlung eingeladen. Ziel der Versammlung war es, einen Wahlvorstand für eine Betriebsratswahl zu wählen. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin der Arbeitnehmerin fristlos, hilfsweise fristgerecht wegen wiederholten Zuspätkommens trotz einschlägiger Abmahnung. Die Beschäftigte wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage.

Zu der Betriebsversammlung, in der der Wahlvorstand gewählt werden sollte, erschienen rund 15 Beschäftigte. Sie passten allerdings wegen der geltenden Corona-Vorschriften nicht alle in den zu diesem Zweck gemieteten Raum. Die Arbeitgeberin hatte zwar kurzfristig andere Räume angeboten, die Arbeitnehmerin dieses Angebot jedoch abgelehnt. Die Betriebsversammlung fand deshalb nicht statt. Deshalb erhielt die Arbeitnehmerin eine weitere Kündigung, zumal die Arbeitgeberin die Absicht unterstellte, die Wahl durch die Anmietung eines zu kleinen Raumes ohnehin nicht an diesem Tag stattfinden zu lassen, sondern sich stattdessen durch das Arbeitsgericht als Wahlvorstand einsetzen zu lassen.

Im Dezember 2021 hängte die Arbeitnehmerin ohne vorherige Absprache mit der Arbeitgeberin im Back-Office der Filiale eine neue Einladung zu einer Wahlversammlung aus. Hierauf reagierte die Arbeitgeberin erneut mit einer fristlosen Kündigung. Diese begründete sie damit, dass die Arbeitnehmerin das der vorherigen Kündigungen innewohnende Hausverbot missachtet und damit Hausfriedensbruch begangen habe.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Arbeitsgericht hielt die erste fristlose Klage für unwirksam, da Verspätungen grundsätzlich keine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das Gericht entschied zudem, dass auch die hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung unwirksam war, weil die Arbeitnehmerin als Initiatorin der Betriebsratswahl besonderen Kündigungsschutz genoss.

Auch die zweite Kündigung scheiterte vor dem Arbeitsgericht. Maßgeblich dafür war, dass die Arbeitgeberin keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die behaupteten Absichten der Arbeitnehmerin vorbringen konnte.

Die dritte Kündigung wegen vermeintlichem Verstoß gegen ein verhängtes Hausverbot scheiterte ebenfalls vor dem Arbeitsgericht. Das Gericht ging zwar von einer Verletzung des Hausrechts aus. Diese war aber nicht so schwerwiegend, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Mit einer Abmahnung als milderes Mittel wäre das Verhalten vielmehr ausreichend sanktioniert gewesen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie:

Mitglieder des Wahlvorstands einer Betriebsratswahl genießen besonderen Kündigungsschutz. Ignoriert der Arbeitgeber diesen Sonderkündigungsschutz, können und sollten betroffene Arbeitnehmer gegen die Kündigung klagen.