Erstellt am 28.10.2013 um 09:48 Uhr von metallica
Ihr seid neu und das sieht schon recht anspruchsvoll aus. Ich tendiere dazu zu sagen, dass Ihr euch zeitnah Rechtsbeistand holt.
Zu 1: Die Änderung lässt sich nur aus dem Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag ableiten, beides würde ich für unwahrscheinlich halten. Vermutlich handelt es sich rechtlich um eine Änderungskündigung für die ich dem AN rechtlichen Beistand empfehlen würde. 3 Wochen Frist beachten.
Zu 2: Stellungnahme schreiben zu den Akten legen und abwarten.
Zu 3: Kein schöner Stil vom AG, trotzdem kann er auf der Bescheinigung bestehen. Im Zweifel soll der einen Widerspruch schreiben, soviel wie möglich Papier von Ärzten und KH beschaffen und als Kopie zur Personalakte und zu seinen unterlagen gehen. Wenn möglich ein Schreiben des KH, dass es nicht eher ging. Ihr schreibt basierend auf dem Kenntnisstand ebenfalls eine Stellungnahme mit dem konkreten Verlauf (Wann ins Krankenhaus, wem Bescheid gesagt, wie lange, wann wiederholt, usw. ) notfalls als Gedächtnisprotokoll.
Sieht insgesamt danach aus, dass den AG irgendwas am Verhalten nervt, wie gesagt sollte man solche Fälle eher Profis überlassen.
Erstellt am 28.10.2013 um 09:58 Uhr von azrael
zu punkt 3: ein abmahnfähiges verhalten setzt voraus, dass der abgemahnte sich anders verhalten hätte müssen und können.. deine frage zu diesem punkt beinhaltet daher schon die antwort. also gegendarstellung zur abmahnung schreiben und mit in die personalakte aufnehmen lassen.
zu punkt 2: die schriftliche ermahnung hat arbeitsrechtlich keine konsequenzen. dein AG scheint das auch zu wissen, denn eine verpflichtung zu solch einem verhalten gibt es schlichtweg nicht. der mitarbeiter wurde ja auch nur "gebeten" dies zu tun. selbstverständlich kann man trotzdem genau so handeln wie bei punkt 3.
Erstellt am 28.10.2013 um 10:09 Uhr von BetriebsratST
Vielen vielen Dank schonmal für die Antworten.
Macht eine außerordentliche Sitzung, um mit den anderen BR-Mitgliedern zu beraten jetzt zeitnah Sinn?
Wie gehe ich dann weiter vor? Teile ich meiner Chefin mit, dass es eine Beschwerde gibt und wir bereits darüber beraten haben bzw. es einen Beschluss gibt? Sollte die Chefin im BR angehört werden? Wo hole ich mir Rechtsbeistand oder sollte sich lieber der betroffene MA welchen holen?
Nochmal zu Punkt 1: Wir haben fast alle Arbeitsverträge mit Abrufarbeit, d.h. es ist arbeitsvertraglich geregelt. Es ist eher die Frage, ob es rückwirkend geht?!
Erstellt am 28.10.2013 um 10:32 Uhr von azrael
als BR solltet ihr den AG auffordern bzw. ihn "bescheid geben" dass er es zu unterlassen hat, dienstpläne rückwirkend (bzw. überhaupt und einseitig) zu ändern. ich hoffe doch, ihr seit als BR schon dabei diese zu genehmigen. eine änderung ist also nur mit eurer zustimmung möglich.
alles andere muss der betroffene AN selbst erledigen, wobei ihr ihm natürlich beratend zur seite stehen dürft.
Erstellt am 28.10.2013 um 10:41 Uhr von Kulum
Könnte einer von euch beiden, oder auch beide, mal deutlich machen welchen Vorteil es haben soll eine Gegendarstellung in die Personalakte aufnehmen zu lassen? Spielt ihr Schach? Verratet ihr euren nächsten Zug wenn ihr dran seid oder auch immer schon vorher. Um es kurz zu machen, eine Gegendarstellung kommt nie nie nie in die Personalakte. Das macht man einfach nicht. Sowas hebt man sich zuhause auf, für den Fall, dass es mal relevant wird. Niemals verrät man schon Monate vorher, wie man im Falle eines Prozesses die Abmahnung anzugreifen gedenkt.
Wenn beide Seiten einverstanden sind, kann man auch rückwirkend ändern. Andernfalls wird eine Änderung frühestens mit Unterschrift wirksam oder aber, da ein Vertrag immer eine beiderseitige Willensbekundung ist, gar nicht.
Erstellt am 28.10.2013 um 10:44 Uhr von Pjöööng
Zu 1)
Hier handelt es sich offensichtlich um eine Änderungskündigung zu der der BR gehört werden muss. Da es sich um ein BRM handelt ist zudem die ausdrückliche Zustimmung des Gremiums notwendig, die hier nicht vorzuliegen scheint. Von daher ist die Änderungskündigung unwirksam. Dem betroffenen BRM würde ich anraten umgehend eine Klage beim Arbeitsgericht einzulegen.
Zu 2)
Wenn die Einrichtungsleitung hier tatsächlich "gebeten" hat, dann ist das ein unverbindlicher Wunsch gewesen. Hat sie ihn hingegen aufgefordert, dann muss man trennen zwischen dem, was ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers ist (also weiterer zeitlicher Verlauf der Arbeitsunfähigkeit) und was nicht (direkte Weitergabe an Hausleitung und nicht an den Vertreter). Insofern ist diese Ermahnung eher ein Witz.
Zu 3)
Krankenhäuser stellen in der Tat keine AU-Bescheinigungen aus, sondern nur Aufenthaltsbescheinigungen. Das Entgeltfortzahlungsgesetz spricht aber auch gar nicht von AU-Bescheinigungen, sondern von "ärztlicher Bescehinigung" und das ist auch die Aufenthaltsbescheinigung! Insofern hat der AN seine Pflicht längst erfüllt und ich würde an seiner Stelle gar nicht erst weiter darauf eingahen, dass der AG etwas anderes will.
Zur Beschwerde:
Die Behandlung von Beschwerden durch den BR ist in § 85 BetrVG geregelt. Das Schöne an der dortigen Regelung ist, dass nicht Ihr viel tun müsst, sondern es quasi beim Arbeitgeber abladen könnt und dieser sich nach Herzenslust blamieren kann.
Ihr müsst die Beschwerde in der nächsten Sitzung behandeln (das betroffene BRM darf dabei nicht anwesend sein und es muss ein Ersatzmitglied geladen werden), dann fasst Ihr einen Beschluss dass die Beschwerde berechtigt ist und übermittelt daraufhin die Beschwerde an den Arbeitgeber mit der Auffoprderung, für Abhilfe zu sorgen.
Dann muss der Arbeitgeber tätig werden.
Möglicherweise müsst Ihr häufiger mal beim Arbeitgeber nachfassen.
Wenn er entweder eine unbefriedigende Antwort oder keine Antwort gibt, dann könnt Ihr beschließen, die Einigungsstelle einzuberufen und dann wird es lustig.
Erstellt am 28.10.2013 um 10:46 Uhr von metallica
Ein Sitzung macht natürlich Sinn, da A) Fristen laufen, B) man die Meinung der anderen Mitglieder hört und ihr C) einen Beschluss zur Ladung eines Rechtsbeistandes fassen könnt wenn ihr euch unsicher seid.
Ich glaube, ohne Details zu kennen, dass es sinnvoller ist, dass der AN direkt und zwar sofort selbst zum Anwalt geht. Ich lese dort keine Änderung des Dienstplanes wie Azrael meint, sondern eine Änderung der Wochenarbeitszeit (=weniger Lohn) was faktisch eine Änderung des AV wäre.
Erstellt am 28.10.2013 um 11:22 Uhr von BetriebsratST
Vielen Dank erneut für die zahlreichen Antworten.
Also in unseren Arbeitsverträgen steht eine Wochenarbeitszeit drin, z.B. 30 h mit Arbeit auf Abruf z.B. 40 h, da unsere Arbeitszeit Belegungsabhängig ist (wird sind eine Klinik). Der besagte Kollege hatte 40 h Arbeit auf Abruf gearbeitet und wurde rückwirkend auf 35 h runtergesetzt, d.h. es ist keine Änderungskündigun, da der SPeilraum ja im Arbeitsvertrag beschriben ist, oder?
Erstellt am 28.10.2013 um 12:25 Uhr von gironimo
Vertrag ist Vertrag. Der kann nicht einseitig geändert werden.
Wenn der Vetrag nicht so verfasst ist, dass der Spielraum besteht:
Daher - entweder der Kollege ist einverstanden und unterschreibt - dann geht auch rückwirkend. Oder er ist nicht einverstanden - dann bleibt es wie es ist.
Der AG kann dann den Weg über eine Änderungskündigung versuchen und so die Stunden ändern. Der BR ist dann natürlich zu beteiligen.
Natürlich kann der Kollege in diesem Punkt den BR um Vermittlung bitten; da es aber ein Individualrechtlicher Anspruch ist, muss er ihn selbst auf dem Rechtsweg klären, wenn der BR mit seinen Vermittlungen erfolglos bleibt.
Bei Punkt 2 und 3 würde ich gar nichts machen; jedenfalls nicht konkret auf den Fall bezogen.
Hier würde ich aber durchaus Handlungsbedarf für den BR sehen, den Punkt der Krankmeldungen und wie da die Abläufe sind grundsätzlich einmal mit dem AG zu klären.
Eine Sitzung müsst Ihr ja ohnehin machen, da der Kollege sich ja beschwert hat ( § 85 BetrVG) und der BR darüber befinden muss, ob er die Beschwerde für berechtigt ansieht. Wie ich die Frage verstehe, scheint das jedenfalls der Fall zu sein.
Erstellt am 28.10.2013 um 12:40 Uhr von AlterMann
Hier ist ja schon ene Menge gesagt worden, deshalb von mir nur ein Nachtrag zum Thema Arbeit auf Abruf: Dies ist eine -leider erlaubte- Möglichkeit, einen guten Teil des Betriebsrisikos auf die AN abzuwälzen.
Wir als BR reagieren darauf mit der Aufforderung an alle Kollegen, Anträge auf Stundenerhöhungen zu schreiben, die regelmäßig vom AG abgelehnt werden. Will der AG dann aber eine in Tätigkeit und Eingruppierung vegleichbare Neueinstellung in der betreffenden Abteilung vornehmen, lehnen wir ab mit der Begründung, dass da ja noch ein Antrag offen ist...
Funktioniert reibungslos... ;-)
Erstellt am 28.10.2013 um 13:21 Uhr von azrael
@ kulum, für dich eine auflistung in welchem zusammenhang ich abmahnungen sehe. wenn du anderes wissen hast, lasse ich mich gern von deiner auffassung überzeugen.
abmahnungen sind einzig und allein für den AG von nutze wenn es zu einem kündigungsschutzprozess vor einem arbeitsgericht kommt. dort muss der AG beweisen, dass er dem AN die möglichkeit eingeräumt hat, sein verhalten zu verbessern. dazu nutzt der AG vor gericht belegte abmahnungen aus der personalakte um zu zeigen, dass er das verhalten, welches zur kündigung geführt, vorher schon bemängelt hat.
gegendarstellungen zur abmahnung geben dem richter die möglichkeit zu bewerten, ob die abmahnung überhaupt rechtmäßig erfolgte. allerdings muss auch der AG wissen, dass evtl. abmahnungen nicht rechtmäßig waren.. dazu nutzt eine gegendarstellung die ich zu hause im schrank habe wenig.
Erstellt am 28.10.2013 um 13:24 Uhr von Pjöööng
Zitat (BetriebsratSI):
"Also in unseren Arbeitsverträgen steht eine Wochenarbeitszeit drin, z.B. 30 h mit Arbeit auf Abruf z.B. 40 h, da unsere Arbeitszeit Belegungsabhängig ist (wird sind eine Klinik). "
Zitat (AlterMann):
"Dies ist eine -leider erlaubte- Möglichkeit, einen guten Teil des Betriebsrisikos auf die AN abzuwälzen."
Da bin ich anderer Meinung! Wenn hier (so wie ich den Beitrag interpretiere) eine Mindestarbeitszeit von 30 Stunden vereinbart wurde und bis zu 10 Stunden Abruf, dann hat der Arbeitgeber die zulässigen Grenzen überschritten. Bei 30 Stunden kann er maximla 7,5 Stunden auf Abruf vereinbaren.
Erstellt am 28.10.2013 um 13:41 Uhr von AlterMann
Stimmt, Pjöööng. Hatte ich jetzt gar nicht drauf geachtet.
Erstellt am 28.10.2013 um 13:47 Uhr von Oblatixx
> allerdings muss auch der AG wissen, dass evtl. abmahnungen nicht rechtmäßig waren..
Wozu?
Das wird ihm schon der Richter erklären. Und damit hat es sich dann.
Eine abgelegte Gegendarstellung in der Akte ist doch nur eine Hilfestellung für den AG, die nächste Abmahnung fehlerfrei zu erstellen, und dann nützt dir auch deine Gegendarstellung gar nichts mehr.
Also, eine schreiben und zu hause gut aufbewahren, für den Fall der Fälle. Soll sich doch der AG zum Kasper machen ...
Erstellt am 29.10.2013 um 09:20 Uhr von Kulum
@azrael
Oblatixx hat es im Grund auf den Punkt gebracht. Ich habe noch nie erlebt, dass ein AG eine Abmahnung aufgrund einer Gegendarstellung zurückgenommen hätte. Wenn überhaupt, hat er die ursprüngliche Abmahnung, nach erhaltener Gegendarstellung, nachgebessert und danach war diese dann tatsächlich gültig. In den Fällen wo nicht nachgebessert wurde, wusste der AG bzw. dessen Anwalt aber immerhin, wo der AN bzw. dessen Anwalt bei der Kündigungsschutzklage ansetzen wird und konnte entsprechende Argumentation vorbereiten.
Nichts davon wäre möglich gewesen, hätte der AN seine Gegendarstellung fein säuberlich zuhause weggehoften und einfach seinem Anwalt im Zuge der Kündigungsschutzklage zukommen lassen. Dann sehen sich AG und gegnerischer Anwalt Argumenten gegenüber, auf die sie sich eben nicht vorbereiten konnten. Und wie Oblatixx schon schrieb - der Richter wird es gegebenenfalls dem AG erklären.