Nicoline hat zu dem Thema mal Erschöpfendes aus dem DKK zitiert :
3. Zusätzliche Freistellungen
Eine generelle Freistellung weiterer BR-Mitglieder ist zulässig (ausdrücklich BAG 26. 6. 96, NZA 97, 58; Busch, DB 96, 326; Gillen/Vahle, BB 06, 2749; a. A. GK-Weber, Rn. 19 die für weitere Freistellungen § 37 Abs. 2 als allein einschlägig ansehen). Dies ist keine Frage der Geschäftsordnung des BR, sondern Gegenstand einer Vereinbarung mit dem AG (BAG 16. 1. 79, AP Nr. 5 zu § 38 BetrVG 1972; vgl. aber Lichtenstein, BetrR 87, 49, der eine Beschlussfassung durch den BR als ausreichend ansieht). Außerdem ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut, dass eine Erhöhung der Zahl der Freistellungen durch TV oder durch eine freiwillige, nicht durch Anrufen der ESt. erzwingbare BV erfolgen kann (Fitting, Rn. 18; GK-Weber, Rn. 31 ff.; ergänzend Rn. 12). Zusätzliche Freistellungen können auch geboten sein, wenn nach dem AÜG beschäftigte LeihAN als betriebszugehörig anzusehen sind (vgl. hierzu § 5 Rn. 72 ff.). In diesen Fällen rechtfertigen sich zusätzliche Freistellungen aus dem erhöhten Arbeitsaufwand des BR (vgl. aber Rn. 9).
Zusätzliche Freistellungen können, sofern diese für die BR-Arbeit erforderlich sind, durch ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren erzwungen werden, wenn der AG nicht zustimmt (BAG 26. 7. 89, NZA 90, 621 = AuR 90, 232; 12. 2. 97, NZA 97, 728; 9. 7. 97, NZA 98, 164; LAG Rheinland-Pfalz 19. 12. 03 – 8 TaBV 558/03, juris; Fitting, Rn. 20; GK-Weber, Rn. 22 m. w. N.; Richardi-Thüsing, Rn. 17; ErfK-Eisemann, Rn. 2; a. A. HSWG, Rn. 15). Das nach Abs. 2 vorgesehene ESt.-Verfahren ist nach Auffassung des BAG (25. 5. 73, AP Nr. 2 zu § 38 BetrVG 1972) nicht anzuwenden. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Sie ist mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen (ArbG Darmstadt 5. 10. 78 – 2 BV 11/78). Das BAG räumt selbst ein, dass der Wortlaut der Vorschrift für sich betrachtet die gegenteilige Meinung nicht ausschließt (BAG, a. a. O.). Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig (GK-Weber, a. a. O.; SWS, Rn. 7; ErfK-Eisemann, Rn. 3; Richardi-Thüsing, Rn. 42).
Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Freistellung über die Mindeststaffel hinaus können keine Richtwerte bzw. Erfahrungswerte zugrunde gelegt werden (BAG 21. 11. 78, AP Nr. 34 zu § 37 BetrVG 1972; GK-Weber, Rn. 21, 24; Weber, AiB 99, 71 f.). Wie bei § 37 Abs. 2 ist maßgebend, ob zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der BR-Aufgaben zusätzliche Freistellungen erforderlich sind (vgl. § 37 Rn. 26 ff.; im Übrigen BAG 22. 5. 73, AP Nrn. 1, 2 zu § 38 BetrVG 1972; 12. 2. 97, AuR 97, 252, Ls.; LAG Niedersachsen 6. 9. 88 – 11 TaBV 46/88). Maßgebende Kriterien können z. B. sein: erhöhter Arbeitsanfall (LAG Köln 2. 8. 88, AiB 89, 165); Mehrbelastung des BR durch vom Regelfall abweichende Besonderheiten der betrieblichen Organisation (ArbG Frankfurt 4. 1. 90, AiB 90, 256 mit Anm. Hartwig); Freistellungszeiten von nicht freigestellten BR-Mitgliedern (ArbG Frankfurt, a. a. O.); außergewöhnliche Maßnahmen wie Betriebsänderungen, Einführung von EDV-Systemen; Betriebsgröße knapp unter der nächsten Stufe der Mindeststaffel; weitverzweigte Betriebsstätten (LAG Düsseldorf 29. 6. 88, AiB 89, 80; BAG 22. 5. 73, AP Nr. 1 zu § 38 BetrVG 1972; ErfK-Eisemann, Rn. 2; Fitting, Rn. 28); Drei- bzw. Mehrschichtbetrieb (BAG, a. a. O.); die zeitweilige Verhinderung eines freigestellten Mitgliedes auf Grund Tätigkeit als GBR-Vorsitzender (BAG 12. 2. 97, NZA 97, 782; Fitting, Rn. 23; vgl. Rn. 17: regelmäßige Beschäftigung von Leih-AN im Betrieb (ArbG Berlin 31. 1. 01, AiB 01, 541 mit Anm. Manske; BAG 22. 10. 03, NZA 04, 1052, das aber auf die konkrete Arbeitsbelastung abstellt; Fitting, Rn. 23; zur zusätzlichen Arbeitsbelastung für den BR vgl. Ratayczak, AiB 04, 212). Auch eine große Zahl von Telearbeitsplätzen kann wegen des hiermit verbundenen größeren Betreuungsaufwands (vgl. Wedde, S. 142 f.) eine Erhöhung rechtfertigen. Entsprechendes gilt für eine verhältnismäßig große Zahl von Leiharbeitnehmern, wenn aus deren notwendiger Repräsentation im Betrieb für den BR ein erhöhter Arbeitsaufwand folgt (vgl. in BAG 22. 10. 03, DB 04, 939; ähnlich Fitting, Rn. 23).
Der BR muss die Erforderlichkeit zusätzlicher Freistellungen in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren darlegen (BAG 25. 5. 73, 9. 10. 73, 16. 1. 79, AP Nrn. 1, 2, 3, 5 zu § 38 BetrVG 1972; Fitting, Rn. 20 ff.; GK-Weber, Rn. 22). Begehrt er die Freistellung eines zusätzlichen BR-Mitglieds für den Rest der Wahlperiode, muss er darlegen, dass diese Freistellung für die gesamte restliche Wahlperiode erforderlich ist und die notwendigen BR-Arbeiten nicht durch sonstige personelle Möglichkeiten (§ 37 Abs. 2) verrichtet werden können (BAG 26. 7. 89, AP Nr. 10 zu § 38 BetrVG 1972). Die Tatsachengerichte (ArbG und LAG) haben bei der Prüfung der Frage der Erforderlichkeit einen gewissen Beurteilungsspielraum (BAG 9. 10. 73, AP Nr. 3 zu § 38 BetrVG 1972). Entsprechendes gilt für den BR (LAG Nürnberg 19. 11. 85 – 5 TaBV 7/84). Stimmt ein AG einer zusätzlichen Freistellung bis zum Ende der regelmäßigen Amtszeit zu, wird diese Zusage nicht mit dem vorzeitigen Ende der Amtszeit des amtierenden Betriebsrats wegen Rücktritts und der Konstituierung eines neu gewählten Betriebsrats während der laufenden Amtsperiode hinfällig (ArbG Köln 21. 2. 08, BB 08, 945).
In Betrieben mit weniger als 200 AN kann eine Freistellung oder teilweise Freistellung in Betracht kommen, wenn diese zur ordnungsgemäßen Durchführung der BR-Aufgaben erforderlich ist und regelmäßig BR-Tätigkeit in einem bestimmten, einer Pauschalierung zugänglichen Mindestumfang anfällt (BAG 13. 11. 91, NZA 92, 414, 2. 4. 74, AP Nr. 10 zu § 37 BetrVG 1972; ErfK-Eisemann, Rn. 2; Fitting, Rn. 25; vgl. auch GK-Weber, Rn. 24; Richardi-Thüsing, Rn. 15; a. A. HSWG, Rn. 17 f.). Der Anspruch leitet sich nach Auffassung des BAG aus § 37 Abs. 2 ab, sofern keine anderweitige Regelung durch TV oder BV getroffen wurde (BAG, a. a. O.; Richardi-Thüsing, a. a. O.). Da es auf die konkreten Umstände des einzelnen Betriebs ankommt, lassen sich keine Richt- bzw. Erfahrungswerte zugrunde legen (vgl. Rn. 13).
Antwort 1 Erstellt am 20.07.2009 um 21:24 Uhr von nicoline