Erstellt am 31.07.2012 um 10:57 Uhr von petrus
> Der AG hat eine Kollegin aufgefordert den arbeitsmed. Dienst aufzusuchen um ihre Arbeitsfähigkeit
> überprüfen zu lassen.
Auf welcher rechtlichen Grundlage?
> Sie ist seit längeren immer wieder Langzeit AU.
Hat der ArbGeb Zweifel an der AU, kann er _die Krankenkasse_ bitten, dies zu überprüfen (§275(1) Nr. 3 SGB V).
> Sie hat mittlerweile zwei Termine ohne Begründung nicht wahrgenommen.
Mit welcher Begründung setzt (oder vereinbart?) der ArbGeb irgendwelche Termine bei irgendwelchen Ärzten?
Ansonsten fällt mir bei dem Thema noch der §84(2) SGB IX ein - wobei dort klipp und klar steht: "...mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person ..." Auch dort ist also nix mit "zum Arzt schicken"
Was die Kollegin allerdings machen kann, wenn sie tatsächlich gesundheitliche Einschränkungen hat: Antrag auf Schwerbehinderung stellen!
Erstellt am 31.07.2012 um 11:00 Uhr von Tulpe
Bei Begründung hat der AG das Recht einen Betriebsarzt einzuschalten und die Arbeitsfähigkeit Überprüfen zu lassen. Geht der MA nicht hin oder verweigert er dies kann er sogar Gekündigt werden. Der AG hat eine Fürsorgepflicht und dem AN wird zu viel zugemutet. Der Arzt gibt nur eine Empfehlung.
Erstellt am 31.07.2012 um 11:09 Uhr von blackjack
Tulpe,
bitte die Rechtsquelle.
Corpse,
die Vorladung zum MDK, trifft die KK.
Der Entgeltfortzahlungsanspruch des ArbN entfällt nicht zwangsläufig, wenn der Medizinische Dienst abweichend vom behandelnden Arzt seine Arbeitsfähigkeit feststellt. Dem ArbGeb steht weder nach § 7 EFZG noch nach § 273 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Das Gutachten hat nicht ohne weiteres einen höheren Beweiswert als die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes. Deren Beweiswert ist allerdings erschüttert, so dass der ArbN seine Arbeitsunfähigkeit nunmehr nachzuweisen hat . Gleiches gilt, wenn der ArbN die Untersuchung ohne triftigen Grund verweigert. Im Rechtsstreit wird die Frage idR nur über einen Sachverständigen geklärt werden können.
Quelle Küttner
Erstellt am 31.07.2012 um 11:11 Uhr von Corpse
Es ist wie Tulpe schildert. Der AG handelt im Rahmen seiner Fürsorgepflicht. Nach dem ersten geplatzten Termin war die MA bei einem Gespräch beim AG (BR hat teilgenommen). Hier wurden ihr die Gründe nochmals erklärt (Fürsorgepflicht etc.). Hier wurde der MA auch der neue Termin mitgeteilt und sie willigte ein diesen wahrzunehmen. In unsere BV ist die Möglichkeit gegeben eine solchen Termin zu veranlassen.
In der Kommentierung Fitting ist durchaus die Möglichkeit eingeräumt einen MA zum med. Dienst zu schicken. Wenn auch nur unter diversen Vorraussetzungen. Diese sind aber erfüllt, da wir in einem pfleg. Berufsfeld tätig sind und die UVV (Unfallverhütungsvorschriften) die Möglichkeit erlauben.
Der MDK (med. Dienst der Krankenkassen) ist hier nicht gemeint.
Erstellt am 31.07.2012 um 12:25 Uhr von petrus
@corpse:
Nochmal: Auf welcher rechtlichen Grundlage?
Aufgrund der Fürsorgepflicht kann der ArbGeb dem MA einen Arztbesuch _empfehlen_.
_Falls_ es Pflichtuntersucheungen (z.B. von der BG; Augenuntersuchung für Berufskraftfahrer, ...) gibt, muss er diese anbieten. Der MA kann diese trotzdem bei einem Arzt _seiner_ Wahl durchführen lassen.
Wenn es keine "andere Rechtsvorschrift" gibt, ist die Fürsorgepflicht nach §11 ArbSchG mit dem _Angebot_ einer Untersuchung erledigt.
Und weiter: Selbst _wenn_ die MAin zum Betriebsarzt geht, ist sie nicht verpflichtet, diesen von der Schweigepflicht zu entbinden. Der ArbGeb erfährt also keinerlei Ergebnisse. Und nun?
> In unsere BV ist die Möglichkeit gegeben eine solchen Termin zu veranlassen.
Welche Grundgesetzlichen Rechte versucht euer ArbGeb noch per BV auszuhebeln?
> Wenn auch nur unter diversen Vorraussetzungen.
Die da genau wären?
> da wir in einem pfleg. Berufsfeld tätig sind
so pauschal ist das definitiv keine Voraussetzung.
Beispiel: Die Lufthansa wird sicherlich MA zur "Flugtauglichkeitsuntersuchung" schicken dürfen. Aber eben definitiv nicht den Pförtner - und die Flugbegleiter auch nur eingeschränkt (Farbeblindheit spielt bei dem nämlich keine Rolle!).
> und die UVV (Unfallverhütungsvorschriften)
Wo kommen die her? BG? Oder hat sich der ArbGeb die selbst verordnet?
> die Möglichkeit erlauben.
Was _erlauben_ die (genauer Wortlaut!)?
Und am Ende landen wir wieder beim zweiten Satz des §8(1) ASiG: "Betriebsärzte ... haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten." Und beim Grundsatz der freien Arztwahl. Macht eine nette Kombination.
Falls es tatsächlich eine gesetzlich vorgesehene Untersuchungspflicht geben sollte, würde ich als BR der MAin empfehlen, sich von einem Arbeitsmediziner _ihrer Wahl_ bescheinigen zu lassen, dass sie sich bei ihm genau dieser Pflichtuntersuchung unterzogen hat. Punkt.
Den Wisch kann dann der ArbGeb im Rahmen seiner Fürsorgenpflicht in die Personalakte hängen, wenn ihn das glücklich macht.
Erstellt am 31.07.2012 um 12:38 Uhr von blackjack
#Der MDK (med. Dienst der Krankenkassen) ist hier nicht gemeint.#
Gibt es noch andere?
#In der Kommentierung Fitting ist durchaus die Möglichkeit eingeräumt einen MA zum med. Dienst zu schicken.#
Und dann wären wir wieder bei dem, den ihr nicht gemeint habt.
Erstellt am 31.07.2012 um 13:53 Uhr von BRMetall
Kann der Arbeitgeber verlangen, dass ein Betriebsarzt die Krankschreibung überprüft?
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich keine Möglichkeit, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes durch den Betriebsarzt "überprüfen" zu lassen. Betriebsärzte haben lediglich arbeitsmedizinische Untersuchungen vorzunehmen und die Arbeitgeber in Sicherheitsfragen zu beraten, aber nicht die Diagnosen niedergelassener Ärzte zu "überprüfen". Außerdem sind die Betriebsärzte auch gegenüber dem Arbeitgeber an ihre ärztliche Schweigepflicht gebunden. Es gibt keine Verpflichtung, behandelnde Ärzte oder Betriebsärzte gegenüber dem Arbeitgeber von der Schweigepflicht zu befreien.
Was kann der Arbeitgeber noch unternehmen, wenn er Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hat?
Er kann den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beauftragen, die Arbeitsunfähigkeit zu prüfen. Einer solchen Bitte kommen die Krankenkassen allerdings in der Regel nur nach, wenn ernste Zweifel an der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bestehen.
http://www.derwesten.de/gesundheit/wie-duerfen-chefs-mit-kranken-mitarbeitern-umgehen-id2294489.html
PS: Kein AN MUSS zum betriebsarzt. Auch hier herrscht freie Arztwahl. Für notwenige Pflichtuntersuchungen kann JEDER AN zu einem anderen/freien Arbeitsmediziner gehen. Nur, sofern der AG eine Betriebsarzt während der Arbeitszeit kostenfrei anbietet, der AN aber von seinem Recht der freien Arztwahl gebrauch macht, muss er dieses in der Freizeit und der AG muss diese Kosten dann nicht tragen. Denn er stelt ja alle kostenfrei bereit.
Erstellt am 31.07.2012 um 13:57 Uhr von Corpse
Wer zweifelt denn die AU oder die Diagnose an? Es geht um die Einsatzfähigkeit. Was mittzlerweile klar ist, dass dem AN keine Nachteile entstehen.
Erstellt am 31.07.2012 um 19:03 Uhr von Lernender
wenn er krank ist, ist er nicht einsatzfähig. Was willst du dann noch überprüfen.
Erstellt am 01.08.2012 um 02:33 Uhr von BRUTUS
während AU kann der AG niemanden irgendwohin schicken
Erstellt am 01.08.2012 um 09:30 Uhr von petrus
> Wer zweifelt denn die AU oder die Diagnose an? Es geht um die Einsatzfähigkeit.
Der MA sagt: Ich bin einsatzfähig; mein behandelnder Arzt sagt, ich bin nicht arbeits-(einsatz-)unfähig, denn sonst hätte er mir einen gelben Zettel gegeben.
Und wie BRMetall oben schon mit Quellenangabe geschrieben hat, ist es nicht die Aufgabe des Betriebsarztes (meinst Du den mit "arbeitsmed. Dienst?), die Diagnose eines anderen Arztes zu überprüfen.
Damit ist das Thema doch geklärt!
Und wenn ihr als BR der Meinung seid, es sei eurem armen ArbGeb nicht zuzumuten, dass manche MA immer wieder krank werden, dann ist der Weg aus dem Dilemma der §84(2) SGB IX - Stichwort betriebliches Eingliederungsmanagement. Und das beschränkt sich definitiv nicht darin, den MA zu irgendeinem Arzt zu schicken! Lasst Euch als BR zu diesem Thema schulen - und ihr werdet feststellen, dass da einiges an "Änderungspotential" auf euren ArbGeb zukommen könnte, weil z.B. gewisse Arbeitsumstände an den Erkrankungen "schuld" sind. Und dann hat der ArbGeb eben diese Umstände zu ändern, auch wenn ihn das viel Geld kostet! Eure Aufgabe ist es für vernünftige Arbeitsbedingungen für alle MA zu sorgen - und nicht dafür, dem ArbGeb Schützenhilfe für eine "krankheitsbedingte" Kündigung zu geben!