Arbeitszeit offen halten - Warum das nur begrenzt möglich ist - Widerrufsvor-behalt im ArbV
Frage: Eine Teilzeitkraft möchte gern mehr arbeiten. Das kommt uns derzeit auch entgegen, aber wir können noch nicht abschätzen, wie lange das so sein wird. Deshalb liegt es in unserem Interesse, die Dauer der Arbeitszeit möglichst offen zu halten, damit wir den Mitarbeiter nach Bedarf auch (wieder) weniger einsetzen können. Geht das?
Antwort: Rechtlich sind Ihre Möglichkeiten hier sehr begrenzt. Denn wenn Sie mit der Dauer der Ar-beitszeit die Vergütung ändern, greifen Sie in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses ein. Und die-sen dürfen Sie nicht ohne Weiteres einseitig ändern.
Naheliegend, aber riskant: der Widerrufsvorbehalt
Die Lösung für das Problem liegt scheinbar auf der Hand: Sie behalten sich im Arbeitsvertrag vor, die Arbeitszeit zu reduzieren, wenn bestimmte (beispielsweise wirtschaftliche) Voraussetzungen erfüllt sind. Ein solcher Widerrufsvorbehalt in Bezug auf die Arbeitszeit wurde von den Gerichten in der Ver-gangenheit jedoch regelmäßig als unzulässig und damit unwirksam verworfen (z. B. BAG, 31.1.1985, 2 AZR 393/83). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, das würde heute anders entschieden. Denn das BAG billigt inzwischen sogar Widerrufsvorbehalte in Bezug auf die Vergütung, sofern das Kürzungsvolumen höchstens 25 bis 30 % der Gesamtvergütung beträgt und die Gründe, die zur Kür-zung berechtigen, im Widerrufsvorbehalt genannt sind (BAG, 12.1.2005, 5 AZR 364/04).
Andererseits hat das Gericht in genau diesem Urteil ausgeführt, dass durch einen Widerrufsvorbehalt der Schutz gegenüber Änderungskündigungen nicht umgangen werden darf. Von daher sollten Sie sich auf einen Widerrufsvorbehalt zur Änderung der Arbeitszeit eher nicht verlassen.
Mindestarbeitszeit: 25 %-Grenze beachten
Eine zulässige Lösung sieht so aus, dass Sie mit dem Mitarbeiter eine bestimmte wöchentliche Min-destarbeitszeit vereinbaren (z. B. 35 Std.) und dass er sich verpflichtet, darüber hinaus auf Anforde-rung eine bestimmte Anzahl Stunden zusätzlich zu leisten. Eine solche Regelung gilt als Vereinbarung von Abrufarbeit. Sie ist wirksam, sofern das Zusatzvolumen höchstens 25 % der Mindestarbeitszeit beträgt – bei 35 Std. Mindestarbeitszeit sind das höchstens 8,75 Std. zusätzlich (BAG, 7.12.2005, 5 AZR 535/04). Nur wenn Sie diese Grenze einhalten, dürfen Sie jederzeit zur vereinbarten Mindestar-beitszeit zurückgehen.
Befristete Arbeitszeitregelung nur mit sachlichem Grund
Eine Alternative könnte auch eine Befristung der Arbeitszeitregelung sein (z.B. für 1 Jahr 40 Std./Woche, danach 35 Std./Woche). Diese Befristungsvereinbarung darf den Mitarbeiter aber nicht unangemessen benachteiligen (BAG, 8.8.2007, 7 AZR 855/06). Wenn ein Vertretungsfall oder ein zeitlich begrenztes Projekt das höhere Arbeitsvolumen begründet, ist die Befristung sicher möglich. Eine Befristung wegen unsicherer Auftragslage dürfte jedoch unwirksam sein. Der Mitarbeiter kann dann verlangen, dauerhaft mit der höheren Arbeitszeit beschäftigt zu werden.
Tipp: Verkürzung der Arbeitszeit durch Änderungskündigung
Wenn Aufträge dauerhaft wegfallen oder das Arbeitsvolumen durch organisatorische Maßnahmen sinkt, können Sie die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter durch betriebsbedingte Änderungskündigung redu-zieren. Das heißt, Sie kündigen das bestehende Arbeitsverhältnis und bieten gleichzeitig einen neuen Arbeitsvertrag mit reduzierter Arbeitszeit an.
Dabei gilt:
Die Änderungskündigung muss – wie eine Beendigungskündigung – schriftlich erfolgen. Vorher müs-sen Sie zudem eine Sozialauswahl unter den betroffenen Mitarbeitern vornehmen und den Betriebsrat anhören. Die verkürzte Arbeitszeit greift dann nach Ablauf der Kündigungsfrist.
Achtung:
Sie müssen dem Mitarbeiter mindestens 3 Wochen Zeit zum Überlegen lassen. Er kann die Änderung dann ablehnen, annehmen oder unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung annehmen.
Sie dürfen den Arbeitsvertrag nur insoweit ändern, wie das unbedingt erforderlich ist. Zusätzliche Än-derungen (z.B. zur Vereinheitlichung der Arbeitsverträge) würden die Änderungskündigung unwirksam machen.
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Weiter wäre hier gegen das Teilzeit und Befristungsgesetz zu prüfen und dann ob ggf. eine Entfristungsklage Chancen hat.
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Ständige Mehrarbeit kann zu einem Vollzeitvertrag führen
Beschäftigen Sie eine Teilzeitkraft und leistet diese über einen längeren Zeitraum hinweg mit Ihrem Einverständnis bzw. auf Ihren Wunsch hin ständige Mehrarbeit, kann darin unter Umständen eine stillschweigende Vertragsänderung gesehen werden. Die Folge der ständigen Mehrarbeit: Sie beschäftigen plötzlich statt einer Teilzeit- eine Vollzeitkraft.
Ständige Mehrarbeit vor Gericht
Wie oben beschrieben erging es einer Arbeitgeberin vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (Urteil vom 04. Mai 2006, Az.: 8 Sa 2046/05).