Erstellt am 03.10.2021 um 16:17 Uhr von EDDFBR
Moin,
mir ist aus der aktuellen Rechtsprechung nur der Fall bekannt, dass eine AU angezweifelt wurde weil sie zeitlich exakt mit einer Kündigung übereinstimmte (BAG 5 AZR 149/21). Ansonsten ist das Anzweifeln einer AU sehr selten, weil eine AU-Bescheinigung vor dem Arbeitsgericht den Wert einer Urkunde hat.
Grenzwerte etc. gibt es hier nicht. Hier würde ich als BR auch strikt irgendwelche Zugeständnisse verweigern. Wenn der AG eine AU-Bescheinigung anzweifeln will, dann soll er das vor einem Arbeitsgericht tun.
Edit: Und ja, natürlich ergibt sich das Recht des BR, hier Zugeständnisse zu verweigern, aus besagtem §87 (1) 1. BetrVG.
Erstellt am 03.10.2021 um 22:11 Uhr von Catweazle
Die Mitbestimmung setzt grundsätzlich einen kollektiven Bezug voraus. In Einzelfällen kann der Arbeitgeber einen weiteren Nachweis mitbestimmungsfrei verlangen.
Erstellt am 03.10.2021 um 22:40 Uhr von Krambambuli
Wenn er aber mehr als bei einem AN einen Nachweis haben will, ist es kollektiv. Und dann wird es zur Ordnung im Betrieb. Aber natürlich würde ich die Hürde auch ganz hoch anlegen.
Erstellt am 03.10.2021 um 23:02 Uhr von Catweazle
Trotzdem sind es Einzelfälle. Wie soll die Mitbestimmung denn aussehen? Soll der Betriebsrat das Verlangen des Nachweises verhindern können wenn er nicht zustimmt? Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder ist das Verlangen berechtigt oder nicht. In beiden Fällen sehe ich keine Mitbestimmungsrechte. Entscheiden über die Berechtigung können nur Arbeitsrichter.
Erstellt am 04.10.2021 um 08:16 Uhr von Krambambuli
Ich würde es vergleichen mit der bestehenden Mitbestimmung beim gelben Schein. Nach dem 3. Tag oder früher. Einmal geht mitbestimmungsfrei. Bei mehrmals geht man von einer Regel aus. Also eine Frage der Ordnung und des Verhaltens.
Aber wer weiß, vielleicht triumphiert das AG-Lager zu früh.
Erstellt am 04.10.2021 um 09:34 Uhr von UdoWoe
Frage: Wie soll den der AN trotz Au seine Krankheit nachweisen?
Facharzt? Bei einer Erkältung wohl schwierig. Oder niesst und hustet der AN seinem Chef in die Armbeuge? Oder humpelt der AN mit gebrochenem Bein vor seinem Vorgesetzten. Für einen Brech-Durchfall möchte ich mir gar nichts vorstellen.
Der AG soll mal erklären welchen Nachweis er sich erwünscht?
Ich glaube das hier der AG über das Ziel hinausschiesst. Wenn er dem AN nicht glaubt, dann kann er den Betriebsarzt oder den Medizinischen Dienst einschalten.
Wie oben schon geschrieben, die AU ist eine Urkunde....
Erstellt am 04.10.2021 um 09:41 Uhr von Relfe
Wenn der AG der AU nicht glaubt, dann muss er die AU glaubhaft anzweifeln oder die KK einschalten, aber den AN zu einem anderen Arzt schicken, darf er erstmal nicht.
Und der Betriebsarzt ist dafür grundsätzlich auch nicht zuständig
Zu den Aufgaben der Betriebsärzte gehört es nicht, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen (§ 3 Abs. 3 ASiG).
https://www.haufe.de/recht/arbeits-sozialrecht/zweifel-an-der-arbeitsunfaehigkeit-eines-arbeitnehmers_218_533710.html
Erstellt am 04.10.2021 um 12:27 Uhr von §§reiter
Zitat von Hansipeter:
"In besonderen Fällen muss der AN trotz AU seine Krankheit nachweisen"
Welche "besonderen Fälle" sollten das denn sein?
...also grundsätzlich, seine "Krankheit" muss ein AN sicher niemals nachweisen, wenn überhaupt seine Arbeitsunfähigkeit und um diese nachzuweisen gibt es ein definiertes Mittel: Die vom Arzt unterschriebene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Mir sind keine "besonderen Fälle" bekannt, in denen der AG berechtigt wäre weitere Nachweise zu verlangen. (Außer der Möglichkeit des AG die AU anzuzweifeln, aber das wurde ja schon beschrieben).
Erstellt am 05.10.2021 um 07:53 Uhr von fantil
@§§Reiter
Zitat von Hansipeter:
"In besonderen Fällen muss der AN trotz AU seine Krankheit nachweisen"
ich lese dort nichts von "trotz AU-Bescheinigung" und habe es so verstanden, das die 3 Tage-Regelung gilt und sich der MA arbeitsunfähig (au) gemeldet hat.
Und der AG jetzt aber eine Au-Bescheinigung (gelben Schein) verlangt.
Und Hansipeter möchte wissen, ab wann darf er das.
Erstellt am 05.10.2021 um 08:56 Uhr von xyz68
In meinen Augen muss der Arbeitgeber, wenn er Zweifel an der vorliegenden AU-Bescheinigung hat, dies bei der Krankenkasse äußern, oder er geht den Weg des Arbeitgebers im kürzlich entschiedenen Fall.
BAG, 08.09.2021 - 5 AZR 149/21
Hierzu muss man wissen, dass die Arbeitnehmerin vor dem LAG noch Recht bekam. Erst das BAG entschied zu Gunsten des Arbeitgebers, da die Arbeitnehmerin ihre Arbeitsunfähigkeit nicht durch zusätzlichen Beweis darlegte. Dazu hätte die Anhörung ihres Arztes vor Gericht ausgereicht.
Für die Mitbestimmung sehe ich hier keinen Anlass: Weder sind wir Richter noch sind wir Ärzte. Wenn der Arbeitgeber wirklich die Krankschreibung anzweifelt, muss er üblicherweise die Krankenkasse informieren.
Sollte er jetzt allerdings bei jedem oder zumindest bei einem großen Teil) die AU anzweifeln, dann sollte man ein offenes Wort reden.
Erstellt am 05.10.2021 um 10:27 Uhr von §§reiter
Zitat von fantil:
ich lese dort nichts von "trotz AU-Bescheinigung"
...dann lies nochmal richtig ;-)
"In besonderen Fällen muss der AN trotz AU seine Krankheit nachweisen" ist ein wörtliches Zitat aus der Frage von Hansipeter.
Erstellt am 05.10.2021 um 11:57 Uhr von fantil
Hallo §§reiter,
die Betonung liegt auf "Bescheinigung"!
Hansipeter schreibt nur etwas von AU.
Denn trotz einer Au-Bescheinigung die Krankheit nachweisen zu müssen ist doch nicht Sache des AN. Zweifelt der AG die Au-Bescheinigung an, muss er sich an eine andere Stelle wenden.
Beispiel: Ich melde mich bei meinem AG arbeitsunfähig (Au), ab dem 3.Tag musss ich eine Au-Bescheinigung vorlegen.
Wenn ich dies zu häufig mache, kann mein AG diese Au-Bescheinigung auch ab dem ersten Tag verlangen.
Ich verstehe es so, das Hansipeter fragt, ab wievieler Au-Meldungen (inerhalb eines Zeitraumes) kann der AG die Au-Bescheinigung ab dem ersten Tag verlangen.
Erstellt am 05.10.2021 um 12:08 Uhr von Relfe
@fantil
Zitat Eingangsthread:
In besonderen Fällen muss der AN trotz AU seine Krankheit nachweisen.
Auch bei Deiner Interpretation der Frage, wäre nicht die Krankheit nachzuweisen, sondern die Arbeitsunfähigkeit.
Der einzige Fall, in dem ein AN seine Krankheit nachweisen muss, entsteht wenn der AG die AU / AU-Bescheingung erfolgreich anzweifelt.
Erstellt am 05.10.2021 um 12:51 Uhr von fantil
o.k. dann habe ich es falsch verstanden.