Erstellt am 26.01.2010 um 08:39 Uhr von Lupus
@Minolta
Warum hast du dagegen bedenken?
Erstellt am 26.01.2010 um 08:53 Uhr von Minolta
@Lupus
Mein Geschäftsführer ist ein strikter Befürworter der Vertrauensarbeitszeit. Er wünscht sich die totale Flexibilität - zu Lasten der Mitarbeiter. Er will dies gnadenlos durchsetzen, so gut kenne ich ihn inzwischen.
Wenn nun die Arbeitszeiterfassung über den Abteilungsleiter kontrolliert werden soll, wird es die Diskussionen geben, ob wirklich alle Stunden notwendig waren oder nicht. Das führt dazu, dass Mitarbeiter nicht mehr alle Stunden aufschreiben werden, um dem Druck durch die Abteilungsleiter zu entgehen. Die Manipulationsmöglichkeiten sind halt größer als über das elektronische Zeiterfassungssystem.
Es gilt hier eine Grenze zu setzen. Wenn ich mir meine Kollegen derzeit ansehe, sehe ich schon viele, die an der Grenze zum Burnout stehen. Einen stressbedingten längerfristigen Krankheitsfall haben wir schon.
Erstellt am 26.01.2010 um 09:31 Uhr von Lupus
@Minolta
ernste Sache, versuchs damit
Mitbestimmung
§ 80 BetrVG Abs. 1 Nr. 1 (§ 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG)
Überwachung der Arbeitsgesetze
Unterrichtung durch Arbeitgeber - Wer hat wann, wie viel
gearbeitet?
§ 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG (§ 75 Abs. 3 Nr. 1BPersVG)
Lage, Pausen und Verteilung der Arbeitszeit
Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden und Festsetzung
von Kurzarbeit
Erstellt am 26.01.2010 um 09:44 Uhr von Minolta
@Lupus
Vielen Dank!
Ich habe gerade noch etwas recherchiert und (leider) eine Passage im BAG-Urteil vom 6.5.2003 (1 ABR 13/02) gefunden. Dort heißt es: "Lediglich die Wahl der dafür geeigneten Mittel liegt in der Organisations- und Leitungsmacht des Arbeitgebers, nicht dagegen die Entscheidung, auf eine Kenntnisnahme der tatsächlichen Arbeitszeiten der Beschäftigten bewußt zu verzichten."
So wie ich das interpretiere, bedeutet das, dass der Arbeitgeber natürlich die Arbeitszeiten erfassen lassen muss. Ob das aber über ein elektronisches Zeiterfassungssystem oder eine andere Art und Weise erfolgt, kann der Arbeitgeber selber bestimmen.
Zwei andere Ansatzpunkte sind mir noch eingefallen. Hierzu bräuchte ich Euren Rat.
Wir haben erst seit knapp einem Jahr einen Betriebsrat. Insofern gibt es noch keine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitregelung.
Es gibt aber eine (alte) Dienstanweisung aus der betriebsratslosen Zeit. Darin ist ein Passus enthalten, dass ein automatisches Zeiterfassungssystem benutzt werden soll. Kann ich mich darauf berufen und behaupten (ich weiß - schwaches Argument), dass eine Änderung nur mit dem Betriebsrat möglich sei.
Der zweite Ansatzpunkt ist, dass die Verhandlungen über die Regelungen zur Arbeitszeit im Februar begonnen werden sollen. Dies war schon mit dem Arbeitgeber abgestimmt. Nun könnte ich in die BV ja aufnehmen, dass die Zeiterfassung über ein elektronisches Zeiterfassungssystem zu erfolgen hat. Da der Arbeitgeber dies ablehnen wird, kommt es zu einem Einigungsstellenverfahren. Und hier gilt ja wieder: auf hoher See und vor der Einigungsstelle ...
Ich denke, dass sind die Alternativen, die ich habe. Wenn ihr mit noch weitere aufzeigen könnte, wäre ich Euch sehr dankbar!
Erstellt am 26.01.2010 um 10:43 Uhr von Lupus
@Minolta
Ein Fallbeispiel:
Der Arbeitgeber möchte in einem Betrieb, in dem ein Betriebsrat besteht, Vertrauensarbeitszeit einführen. Arbeitszeitregelungen unterliegen nach dem Betriebsverfassungsgesetz der Mitbestimmung des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber diese Maßnahme nur mit Zustimmung des Betriebsrats einführen kann und der Betriebsrat ein durchsetzbares Vor-schlagsrecht hat. Beide Seiten müssen über die vom Arbeitgeber vorgeschlagene neue Regelung verhandeln und sich über den Inhalt einer entsprechenden Betriebs-vereinbarung einigen. Das unternehmerische Ziel des Arbeitgebers ist wahrscheinlich, mit der Einführung der Vertrauensarbeitszeit die Arbeit noch rationeller zu gestalten und damit Kosten zu sparen. Das kann zulasten der Arbeitnehmer gehen. Dem Betriebsrat muss deshalb daran gelegen sein, dass die Vorteile der Vertrau-ensarbeitszeit für die Arbeitnehmer nicht mit unangemessenen Belastungen der Mitarbeiter bezahlt werden. Er wird vor allem nicht hinnehmen, dass durch die frei-zügige Gestaltung der Arbeitszeit der gesetzliche Arbeitszeitschutz unterlaufen und die Arbeitnehmer unter Druck gesetzt werden. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen, die die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (§ 87 Abs. 2 BetrVG). Zur Erklärung: Die Einigungsstelle ist eine von Betriebsrat und Arbeitgeberseite gebildete innerbetriebliche Schlichtungs- und Entscheidungsstelle, die in mitbestimmungspflichtigen Streitfällen angerufen werden kann. Sie besteht aus gleich vielen Beisitzern von jeder Seite und einem unparteiischen Vorsitzenden.
Erstellt am 26.01.2010 um 10:47 Uhr von erwin
@Minolta
das führen von Arbeitszeitnachweisen mittels Excelliste unterliegt der MB, da hier ein elektronische System (EDV) genutzt wird. Also MB, § 87 Abs. 1, Satz 6, einfordern und ggf. klagen bzw. Einigungsstelle. Verhaltens- und Leistungskontrolle sind hier auch im Spiel.
Also die "dickste" Art der MB!!!
>> Mein Geschäftsführer ist ein strikter Befürworter der Vertrauensarbeitszeit
Ja, dass wollen viele AG, aber leide nicht zum Wohle der Beschäftigten, sondern nur zu ihrem Nutzen. Denn sie hoffen so aus den Themen "Mehrarbeit und tägl. / wöchtl.
Höchstarbeitszeiten, also ArbZG" zu mindest etwas heraus zu kommen.
Also, Sondersitzung BR und notwenige Beschlüsse fassen!! Ggf. auch mit Hilfe der Gewerkschaft und/oder RA
Erstellt am 26.01.2010 um 11:17 Uhr von Minolta
@Erwin
"das führen von Arbeitszeitnachweisen mittels Excelliste unterliegt der MB, da hier ein elektronische System (EDV) genutzt wird. Also MB, § 87 Abs. 1, Satz 6, einfordern und ggf. klagen bzw. Einigungsstelle"
Das finde ich einen cleveren Gedanken. Ich führe das mal auf die Spitze.
Wir brauchen uns nicht daürber zu unterhalten, dass aufgrund von BetrVG und ArbZG eine Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat.
Jetzt geht es nur noch um die Frage, wie. Wir haben derzeit eine elektronische Zeiterfassung, mit der ich kein Problem habe. Wenn dieses System nun nicht mehr eingesetzt werden soll, dann muss eine andere Erfassung stattfinden. Wenn dies über eine Excelliste erfolgen soll, dann muss ich dem nach § 87 Abs. 1 Satz BetrVG zustimmen. Ich stimme dem nicht zu, so dass es entweder zum vorherigen Zustand kommt oder der Arbeitgeber die Einigungsstelle anruft, die dann entscheidet.
Habe ich Deinen Gedanken so richtig interpretiert?
Vertrauensarbeitszeit wollen meine Kollegen und ich nicht. Da werden wir uns mit Händen und Füßen wehren.
Erstellt am 26.01.2010 um 14:33 Uhr von DonJohnson
@all
Wieso habt ihr was gegen die Vertrauensarbeitszeit? Mit einer schönen BV ist die doch klasse ;-)
Erstellt am 26.01.2010 um 14:47 Uhr von cheetah
Die Vertrauensarbeitszeit heisst doch wohl nur deshalb so, weil der AG darauf vertraut, dass die MA solange bleiben bis die Arbeit erledigt ist.
Das Hauptproblem bei der Vertrauensarbeitzeit liegt doch in der Vertrauenswürdigkeit (oder vielleicht besser in der Menschlichkeit) des jeweiligen Vorgesetzten.
Da hilft auch keine BV.
Erstellt am 26.01.2010 um 14:55 Uhr von DonJohnson
@cheetah
So wird es meistens gelebt - aber eine BV könnte es doch prima regeln.
Jeder schreibt auf von wann bis wann er da war - selbstverständlich korrekt (alle vertrauen sich ja). Inklusiver Überstunden usw.
Das der AG hier eine andere Definition hat, ist klar. ABER es liegt am BR ihm bei dem Umlernprozess zu unterstützen ;-)
Aber ja, sehr viele AN legen diese Vertrauensarbeitszeit falsch oder zu ihrem Nachteil aus - das muß aber nciht so sein...
Erstellt am 26.01.2010 um 15:03 Uhr von cheetah
@DonJohnson
Ich kenne das Thema leider nur zu genau.
Wir haben in unserem Betrieb beide Vereinbarungen; allerdings für die Vertrauensarbeitszeit ohne Aufschreiben (ist logischerweise nicht unbedingt gesetzeskonform) und es wird von den meisten MA'n auch insgesamt mehr Arbeitszeit aufgewendet.
Der AG möchte möglichst viele aus der normalen Gleitzeit in die Vertrauensarbeitszeit und wir nicht.
Erstellt am 26.01.2010 um 15:11 Uhr von DonJohnson
@cheetah
Es ist echt überraschend, wie sehr sich die Einstellung der Gremien verändert hat ;-)
Also gesetzeskonform sehe ich es schon, da der AG seine Pflicht, die Überstunden der AN festzuhalten, an den AN weiter geben kann.
In deinem Fall würde ich beides machen - Gleitzeit mit Vertrauensarbeitszeit, allerdings auch nur dann, wenn die AN wirklich in der Lage sind sie richtig zu leben - ansonsten sehe auch ich hier probleme des Drucks auf den AN ("schaffst du deine Arbeit nicht..."). ABER das muß nciht so sein. Ich kenne durchaus betriebe, wo das super funktioniert und alle sind glücklich ;-))))
Erstellt am 26.01.2010 um 15:13 Uhr von cheetah
Dem Glücklichen schlägt halt keine (Arbeits)Stunde ;-))))
Erstellt am 27.01.2010 um 05:32 Uhr von rainerw
Auch würde ich hier noch §87 Abs 1 Nr1 in Erwägung ziehen das es auch das Verhalten und die Ordnung des Betriebes verändert.
Wendet euch doch als BR direkt an die Firma die das Zeiterfassungssystem erstellt und die Software dazu geliefert hat.
Erstellt am 28.01.2010 um 08:37 Uhr von Minolta
@rainerw
Wichtiger Hinweis, sich an die Firma zu wenden, die das Zeiterfassungssystem erstellt hat. Hier kann ich noch einige Details erfahren. Vielen Dank!
@Alle
Vielen Dank an Alle für die guten Antworten und hilfreichen Anregungen! Das hilft mir sehr!