Erstellt am 03.04.2008 um 07:07 Uhr von Nordman
Bist Du Betriebsrat?
Hat der AG schon eine Anhörung des BR gemacht.
Falls ja innerhalb der Frist widersprechen und begründen. Die Gründe hast Du ja schon erkannt.
Erstellt am 03.04.2008 um 07:10 Uhr von Angi1
Guten Morgen Kami West,
ihr müßt nach § 102 BetrVG gehört werden und der Kündigung zustimmen bzw begründet widersprechen.
Also nach § 102 Abs. 3 Punkt 3 ( oder einem anderen Punkt) widersprechen. Der AG muß dann bei Kündigung dem AN eine Abschrift der Stellungnahme überreichen.
Der gekündigte Arbeitnehmer muß innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.
Wenn beides eingeleitet ist muß der Arbeitgeber den Gekündigten auf dessen Verlangen nach Abschluss der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreiks bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen.
Also beratet euren Kollegen entsprechend.
MfG
Angi1
Erstellt am 03.04.2008 um 07:17 Uhr von klinik
@Kami.West,
euer MBR des BR bestimmt sich nach § 87 Abs.1 Nr.7 BetrVG. Im Fitting unter § 87 Rz. 279 BetrVG (Fitting Handkommentar) erfolgt eine detaillierte Aufzählung eurer MBR. Dabei hat der BR ein MBR auch bei personellen Maßnahmen die der AG unternimmt wenn diese aus einem AU resultiert. Habt Ihr einen Arbeitsschutzausschuss? Berufsgenossenschaft die zuständig ist für den AU? § 3 ArbSchG regelt dass der AG alle Maßnahmen treffen muß und Ihre Abhilfe herbeiführendie die Sicherheit und die Gesundheit der AN gefährden können.
Habt Ihr bei Euch Maßnahmen zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement geregelt? Dazu ist der AG nach dem SGB IX § 84 gestzlich verpflichtet.
Anbei noch ein paar urteile zu krankheitsbedingten Kündigungen.
Krankheitsbedingte Kündigung eines chronisch kranken Arbeitnehmers
Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen einer Langzeiterkrankung oder häufigen Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers ist nach einer dreistufigen Prüfung erst dann gerechtfertigt, wenn eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorliegt (erste Stufe), eine darauf beruhende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen festzustellen ist (zweite Stufe) und eine Interessenabwägung ergibt, dass die betriebliche Beeinträchtigung zu einer unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führt (dritte Stufe).
An einer negativen Prognose hinsichtlich der weiteren Entwicklung kann es trotz außergewöhnlich häufiger Krankheitszeiten auch bei einem langjährig chronisch kranken Arbeitnehmer fehlen, wenn er gerade mit Erfolg an einer Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen hat.
Urteil des LAG Berlin vom 25.01.2007
6 Sa 1245/06
Pressemitteilung des LAG Berlin
Krankheitsbedingte Kündigung: positive Krankheitsentwicklung
Eine wirksame krankheitsbedingte Kündigung setzt unter anderem voraus, dass bei Ausspruch der Kündigung hinsichtlich der künftigen Entwicklung eine negative Prognose objektiv begründet ist. Dies soll nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz der Fall sein, wenn eine vom Arbeitgeber veranlasste amtsärztliche Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, dass auf nicht absehbare Zeit Arbeitsunfähigkeit besteht und von einer dauerhaften Erwerbsunfähigkeit auszugehen ist.
Da es bei der Beurteilung grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ankommt, ändert an der negativen Prognose auch nichts, dass in einem späteren vor dem Sozialgericht geführten Rechtsstreit um die Erwerbsunfähigkeitsrente ein Gutachter zu dem Ergebnis kommt, dem Arbeitnehmer sei eine vollschichtige berufliche Tätigkeit durchaus zuzumuten. Die spätere positive Entwicklung des Krankheitsverlaufs ist insoweit also grundsätzlich unbeachtlich. Sie kann nur dann erheblich werden, wenn der Arbeitgeber sie voraussehen oder zumindest nicht für ganz unwahrscheinlich halten konnte.
Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 16.11.2001
3 Sa 651/01)
NJW Heft 23/2002, Seite X
Krankheitsbedingte Kündigung: Streit über Gesundheitsprognose
Voraussetzung einer krankheitsbedingten Kündigung ist u. a. eine für den Arbeitnehmer ungünstige Gesundheitsprognose. Im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses kann der Gekündigte die vom Arbeitgeber behauptete und unter Beweis gestellte ungünstige Gesundheitsprognose auch dann mit vorgelegten Attesten und Gutachten widerlegen, wenn er sich vorprozessual geweigert hat, die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu befreien.
Urteil des BAG vom 12.04.2002
2 AZR 148/01
ZAP EN-Nr. 697/2002
NWB 2002, 2999
Solltet Ihr dennoch Bedenken haben informiert Euch bei Eurer Gewerkschaft oder nehmt Euch einen Rechtsbeistand als Betriebsrat.
Erstellt am 03.04.2008 um 15:34 Uhr von BRMagdeburg
hallo,
grundsätzlich gilt; wie hier schon häufiger erwähnt wurde; dass der BR gehört werden muss.
Eurem AG scheint es sicher darum zu gehen, den AN loszuwerden. Von daher müsst ihr euch nicht mit Gerichtsurteilen zu krankheitsbedingten Kündigungen übermäßig herumschlagen, sondern entsprechend reagieren.
Das wichtigste ist, den zu kündigenden AN einen hieb- und stichfesten Widerspruch; bitte mit Begründungen aus dem Gesetzestext, zu schreiben.
Leider muss sich der AN dann bei Gericht selbst darum kümmern.
Aber......mit einem Widerspruch des BR und dem zeitgerechten Eingang der Kündigungsschutzklage bei Gericht löst der BR das sogenannte "Betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsrecht" aus. D.h. egal, wie lange der Gerichtsstreit um die Weiterbeschäftigung dauert, der gekündigte AN wird trotzdem weiter bezahlt. und zwar vom AG.
Was ihr leider nicht schreibt, ob der AN schwerbehindert ist. Denn dann würde nur ein Sonderkündigungsverfahren in Frage kommen, das der AG in jedem Falle zu beachten hat und er die entsprechenden Ämter beteiligen muss.
Viel Glück! BR Magdeburg
Erstellt am 03.04.2008 um 17:29 Uhr von betriebliche trübung
bitte aber nicht nur aus die entsprechenden §§ abschreiben (das reicht nicht!), sondern detailliert auf den sachverhalt eingehen. je mehr drin steht, desto besser für den kollegen.
Erstellt am 03.04.2008 um 17:42 Uhr von Lotte
Kami.West,
gibt es bei Euch ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 (2) SGB IX? Was sagt denn die BG? Der von Kündigung bedrohte AN soll sich umgehend mit der für Euch zuständigen BG in Verbindung setzen, falls er dies noch nicht getan hat.
Hat er einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung gestellt?
Erstellt am 03.04.2008 um 23:03 Uhr von Kami.West
Dank erstmal für die Antworten. Der AN ist nicht schwerbehindert oder hat darauf keinen antrag gestellt.
Leider ist das Eingliederungsmanagement nicht das große thema seitens des Betriebsrates oder der Geschäftsführung.
Habe es schon häufiger angesprochen, aber bin bis jetzt immer auf desintresse gestoßen.
Nicht aufregen, dies ist MIST. Aber wenn man überstimmt wird, ist man fast machtlos.
Werde dieses aber wieder morgen bei nachsten BR-Sitzung zur sprache bringen.