Erstellt am 09.07.2019 um 09:02 Uhr von Deichläufer
Moin Iolium,
ich kann mich nicht daran erinnern dass das BAG irgendwann einmal in einem Urteil Überstundenzuschläge für verbindlich erklärt hat. Hättest Du bitte einmal ein Aktenzeichen da?
Erstellt am 09.07.2019 um 09:22 Uhr von Cyber99
Eine gesetzliche Grundlage für Überstundenzuschläge gibt es ja nicht, drum wäre es interessant zu wissen, was das von Dir zitierte Urteil dazu sagt. Zunächst kommt es einmal darauf an was ggf. im Tarifvertrag, in einer BV oder im Arbeitsvertrag zum Thema Überstunden geregelt ist. Als Gremium seid ihr hier auf jeden Fall in der Pflicht und auch in der Mitbestimmung. Überstundenzuschläge fallen ja nur an, wenn Überstunden geleistet werden und diese müssen ja dann auch angeordnet werden. Und genau da ist der BR gem. §87 Abs.3 BetrVG in der Mitbestimmung. Wenn der AG bei der Bezahlung der Zuschläge rumzickt, würde ich als BR meine Zustimmung verweigern, wenn es um die Anordnung von Überstunden geht. Da habt ihr ein Druckmittel und könnt notfalls dann auch in die Einigungsstelle gehen. Ihr könnt den Arbeitgeber auch zu Verhandlungen über eine BV zum Thema Überstunden auffordern und dort eine saubere Regelung herbeiführen. Das Schlimmste was ein BR tun kann, ist wenn er sich in dieser Frage passiv verhält, dann bleibt dem Arbeitnehmer tatsächlich nur die Möglichkeit, seine Ansprüche, sofern sich aus Gesetzt oder BAG-Urteil welche ergeben, individualrechtlich durchzusetzen.
Erstellt am 09.07.2019 um 09:37 Uhr von celestro
"Das Schlimmste was ein BR tun kann, ist wenn er sich in dieser Frage passiv verhält, dann bleibt dem Arbeitnehmer tatsächlich nur die Möglichkeit, seine Ansprüche, sofern sich aus Gesetzt oder BAG-Urteil welche ergeben, individualrechtlich durchzusetzen."
Darauf dürfte es vermutlich auch hinauslaufen, wenn der BR sich aktiv einbringt. Denn der AG wird das in vielen Fällen trotzdem nicht bezahlen und dann müssen die AN eh zum Anwalt.
Erstellt am 09.07.2019 um 09:51 Uhr von lolium
Ich beziehe mich auf das Urteil vom 23.03.2017 - 6 AZR 161/16. Es geht darin um Zuschläge bei ungeplanten Überstunden. (TVÖD-K)
Das Problem ist die ungeplante Überschreitung der tägl. Arbeitszeit.
Überstunden, die bereits in der Vorplanung geplant werden, werden auch mit dem Überstundenzuschlag vergütet.
Unsere BV zu Übersunden stammt aus der Zeit vor diesem Urteil. Da steht z.B. drin, dass Überstunden bei Teilzeitbeschäftigten erst entstehen, wenn sie den Stundenumfang einer Vollzeitkraft erreicht hat. Das BAG sagt dazu jetzt: jede Überschreitung der vorgesehenen AZ ist eine Überstunde und muss mit dem Überstundenzuschlag vergütet werden. Unabhängig ob Vollzeit oder Teilzeit.
Erstellt am 09.07.2019 um 11:19 Uhr von galaxy
@lolium
das von dir zitierte Urteil erwirkt nicht automatisch einen kollektivrechtlichen Bezug für den BR, so wie es auch celestro beschreibt. Wenn der AG die Zahlung nicht leistet, dann muss halt jeder AN individualrechtlich seinen Anspruch geltend machen. Für Vollzeit war das schon immer der Fall, für Teilzeit ist es jetzt auch so entschieden worden. Wenn der TVöD-K bei euch angewendet wird dann denk daran, dass solche Zahlungen zeitversetzt 2 Monate später geleistet werden und der betroffenen AN eine Ausschlussfrist von 6 Monaten hat, für die er diese Zahlungen einfordern kann.
Gruß
Galaxy
Erstellt am 09.07.2019 um 11:27 Uhr von Krambambuli
Das BAG hat ja in jüngster Zeit mehrere Urteile gefällt, die genau genommen dem AG viel Geld kosten können.
Der AG reagiert zur Zeit darauf oft störrisch und sagt:"Ich zahle nicht - möge der AN es einklagen - es ist ja ein individueller Anspruch ".
Natürlich sollte der BR aktiv werden und zumindest Öffentlichkeitsarbeit leisten und die AN beraten.
Nehmt auch Kontakt zur Gewerkschaft auf.
Erstellt am 09.07.2019 um 11:44 Uhr von Pjöööng
Zitat (Iolium):
"Da steht z.B. drin, dass Überstunden bei Teilzeitbeschäftigten erst entstehen, wenn sie den Stundenumfang einer Vollzeitkraft erreicht hat. Das BAG sagt dazu jetzt: jede Überschreitung der vorgesehenen AZ ist eine Überstunde und muss mit dem Überstundenzuschlag vergütet werden. Unabhängig ob Vollzeit oder Teilzeit."
Dann ist diese BV im Zweifel unwirksam und Ihr solltet sowieso eine neue verhandeln, notfalls in einer Einigungsstelle.
Erstellt am 09.07.2019 um 11:53 Uhr von Kjarrigan
AG auffordern die BV gem. des BAG Urteils anzupassen.
Weigert sich der AG - die BV kündigen und eine neue mit dem AG verhandeln.
Wenn der AG sich strikt weigert, dass Thema anzupacken - können in der Zwischenzeit natrülich ein paar "Teil- Zeitkräfte" (hier bieten sich wegen des besonderen Kündigungsschutzes BR mitglieder an) aber natürlich auch Gewerkschaftsmitglieder
individuell die Zuschläge einfordern und dann evtl. klagen - das erhöht den Druck auf den AG etwas.
Erstellt am 09.07.2019 um 12:13 Uhr von lolium
@galaxy:
schade eigentlich. Es betrifft ja eine große Gruppe von Beschäftigten bei uns. mein Hoffnung war --> das ist Kollektivrecht.
@ Kjarrigan
die Idee jemanden aus dem Gremium zu finden, der seinen Zuschläge einklagt kam uns auch schon. Aber die Hemmschwelle ist wohl doch zu hoch. Ich glaube das wird nix.
Bleibt für mich als Fazit: möglichst schnell ran an die BV
Erstellt am 09.07.2019 um 13:47 Uhr von Cyber99
Zitat lolium: "Aber die Hemmschwelle ist wohl doch zu hoch. Ich glaube das wird nix."
Obwohl ich durchaus Verständnis dafür habe, wenn Kollegen gewisse Ängste haben vertrete ich die Meinung, dass ein BR in dem Moment wo er die Wahl annimmt oder sogar schon in dem Moment wo er sich um das Amt bewirbt genau diese Angst ablegen sollte. "Tausche Hemmschwelle gegen Kündigungsschutz". Wer das nicht tut läuft Gefahr zum Opportunisten und zum Handlanger des Arbeitgebers abgestempelt zu werden - und das auch völlig zurecht.
Erstellt am 09.07.2019 um 14:10 Uhr von galaxy
@lolium
bei uns haben 3 Ver.di Mitglieder die Klage angestrebt und dementsprechende Unterstützung bekommen. Davor haben sie Ihre Ansprüche schriftlich geltend gemacht, dem AG ein Datum gesetzt, AG hat es verstreichen lassen, das nächste Schreiben kam dann vom Ver.di Sekretär mit Klageandrohung, auch das wurde belächelt, dann kam der anberaumte Gerichtstermin mit der dazugehörigen Klage und 2 Tage vor dem anberaumten Termin hatten die 3 die geltend gemachten Ansprüche auf ihrem Konto zuzüglich der Verzugspauschale von 40 Euro gemäß BGB § 288 (5). Der AG hat genau gewusst, das er sich diesen Termin sparen kann.
Das haben die 3 natürlich weiter erzählt, der BR hat in einem erneuten Informationsschreiben die AN auf das Urteil hingewiesen, Geltendmachungsformulare inklusive und seitdem ist "Ruhe im Karton", dafür braucht es keine BV, nur 3 Leute die "den Ar... in der Hose" hatten und das Ihnen zustehende eingefordert haben. Von den besagten 3 Kolleginnen sind 2 im BR und 1 nicht.
Seitdem wird anstandlos gezahlt, der AG erkennt im Zeitwirtschaftsprogramm die Zeiten, diese sind markiert und alle sind zufrieden.
Also kann man als BR was bewirken auch wenn es keinen kollektivrechtlichen Bezug für eine Klage gibt, unterstützt die Kollegen bei Ihren Anträgen und macht ihnen Mut diese zu stellen.
gruß
Galaxy