Erstellt am 26.06.2019 um 14:25 Uhr von Kratzbürste
Ein "ungeschriebenes" Gesetz kann nicht ein geschriebenes Gesetz aushebeln (BUrlG). Wenn es Höchstgrenzen geben soll, ist das ein mitbestimmungspflichtiger Urlaubsgrundsatz ' und die BV wäre auch schriftlich .....
.Ich finde max. 3 Wochen unter den von dir geschilderten Voraussetzungen alles andere als o.k.
Erstellt am 26.06.2019 um 15:58 Uhr von Milchknilch
Also sorry wenn ich hier etwas vielleicht falsch verstehe:
Ihr seid ohnehin schon am Limit mit den Aufträgen, es besteht die Gefahr, dass Kunden auf die Konkurrenz ausweichen und dann will noch die halbe Fertigungsabteilung zeitgleich 4 Wochen Urlaub?
Zeig mit bitte den Chef, der bei der Konstellation sagt: Ja klar, geht nur alle. Machen wir den Kram halt irgendwann anders.
In unserem Unternehmen wäre so etwas undenkbar. Dann könnten wir nämlich zusperren und dann haben alle Mitarbeiter erst mal ganz lange Urlaub.
Ich erwarte auch als Betriebsrat von den Mitarbeitern, dass sie vernünftig ihren Urlaub planen und sich miteinander absprechen. So vermeidet man die Probleme nämlich im vorraus und jeder ist zufrieden. Wenn 4 Wochen möglich sind ist es gut, wenn nicht dann nicht. Dazu gibt es bei uns auch eine entsprechende BV.
Ansonsten gilt halt das BUrlG und dessen Regelungen. Da steht genau drin was geht und was nicht.
P.S.: Wenn diese Problematik bei euch jedes Jahr entbrennt, wieso habt ihr das dann noch nicht in einer BV geregelt? Bring den Vorschlag doch mal im Gremium ein.
Erstellt am 26.06.2019 um 16:27 Uhr von Cyber99
Kommentar Milchknilch: "Ich erwarte auch als Betriebsrat von den Mitarbeitern, dass sie vernünftig ihren Urlaub planen und sich miteinander absprechen."
Im konkreten Fall haben sich die Mitarbeiter sogar abgesprochen, dass jeweils im jährlichen Wechsel die 4-Wochen-Urlaube beantragt werden. Unsere Produktion bricht wegen der fehlenden Mitarbeiter ja auch nicht zusammen, zumal die Mitarbeiter ja 3 Wochen Urlaub genehmigt bekommen und es lediglich um eine Woche Verlängerung geht. Wir machen deswegen keinen Cent weniger Umsatz. Umsatz und Lieferzeit verschieben sich maximal um eine Woche. Genau aus diesem Grund erschließt sich mir nicht, wo die dringenden betrieblichen Belange sein sollen. Bei anderen Voraussetzungen z.B. bei drohendem Kunden- oder Umsatzverlust würde ich das verstehen, im Moment haben wir aber die komfortable Situation, dass uns die Kunden regelrecht anbetteln um überhaupt was zu kriegen. Auch unser Mitbewerb ist nicht lieferfähig. Man könnte auch kritisieren, dass man die Wintermonate nicht genutzt hat um entsprechend auf Lager zu produzieren.
Kommentar Milchknilch: "Wenn diese Problematik bei euch jedes Jahr entbrennt, wieso habt ihr das dann noch nicht in einer BV geregelt? Bring den Vorschlag doch mal im Gremium ein."
Da hast Du absolut Recht, das gehört in einer BV geregelt. Leider sind uns Betriebsvereinbarungen völlig fremd. So was machen wir nicht.
Erstellt am 26.06.2019 um 16:59 Uhr von EDDFBR
Moin,
die grundsätzliche Regelung steht im Bundesurlaubsgesetz §7 (2):
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen
Die 12 Werktage beziehen sich auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen bei einer 6-Tage Woche, d.h. dass mind. 50% des Urlaubsanspruchs zusammenhängend gewährt werden müssen.
Ist arbeits- oder tarifvertraglich mehr Urlaub vereinbart, so vergrößert sich dieser Zeitraum leider nicht.
Ob 3 Wochen das maximale sind, was betrieblich machbar ist, hängt von der Größe der Abteilung und der minimal notwendigen Besetzung ab. Bei einem Team bei uns z.B. (Schichtsystem zwischen 0430h und 2130h) and 7 Tagen dürfen max. 5 Personen gleichzeitig im Urlaub sein. Wir haben dazu eine BV ...
Erstellt am 26.06.2019 um 18:03 Uhr von Krambambuli
Ich erwarte vom Arbeitgeber, dass er genügend Personal vorhält. Urlaub ist alle Jahre wieder. Es kann nicht sein, dass der Arbeitgeber stets und ständig seine verfehlte Planung zu Lasten der Arbeitnehmer macht. Da sollten die Betriebsräte sich mal selbst etwas mehr ins Zeug liegen und die hausgemachten Probleme nicht als höhere Gewalt sehen.
Erstellt am 27.06.2019 um 07:50 Uhr von Cyber99
Vielen Dank für Eure Antworten. Man sieht, die Meinungen gehen da schon auseinander. Knackpunkt bei der Angelegenheit ist die Frage nach den dringenden betrieblichen Belangen. Ich vermute, dass der Laie früher dringende betriebliche Belange zu erkennen glaubt, als es ein Arbeitsrichter tun wurde. Mein Gremium sieht eben diese Belange, das ist aber auch nicht verwunderlich, da unser BRV der Leiter genau dieser betroffenen Fertigungsabteilung und ein weiteres BR-Mitglied der einzige Vertriebsmitarbeiter ist der ausschließlich die Produkte verkauft, die in dieser Abteilung gefertigt werden. Ich bin da schon bei Krambambuli. Urlaub ist tatsächlich alle Jahre und darauf kann man sich einstellen und nicht Jahr für Jahr mit denselben dringenden betrieblichen Belangen argumentieren.
Mir bleibt mal wieder nichts anderes übrig, als den betroffenen Kollegen mein Bedauern auszudrücken.
Erstellt am 27.06.2019 um 09:45 Uhr von Pjöööng
Die betrieblichen Belange müssen in jedem Einzelfalle geprüft werden und können nicht ein pauschales "maximal 3 Wochen" ergeben. Eine Betriebsvereinbarung die das festlegt wäre meines Erachtens unwirksam. Auch die gesetzliche 12 Tage Mindestregelung gilt nur wenn die Teilung des Urlaubs ERFORDERLICH ist, sonst hat die zusammenhängende Gewährung (und das können 6 Wochen sein) Vorrang.
Ob hier eine verfehlte Planung vorliegt kann ich an Hand der dürren Fakten nicht feststellen, ich würde das auch nicht als allererstes Argument beim Arbeitgeber anbringen, da es diesen in eine Verteidigungsposition bringen kann in der dann eine vernünftige Einigung kaum noch möglich ist.
Die Auftragslage alleine kann meines Erachtens in der Regel auch kein Argument sein, da Aufträge auch angenommen werden müssen, also auch in der Einflusssphäre des Arbeitgebers liegen.
Erstellt am 27.06.2019 um 10:38 Uhr von Cyber99
@Pjöööng Zitat: "Die Auftragslage alleine kann meines Erachtens in der Regel auch kein Argument sein, da Aufträge auch angenommen werden müssen, also auch in der Einflusssphäre des Arbeitgebers liegen."
Diese Aussage habe ich leider nicht ganz verstanden. Bist Du der Meinung, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf die Urlaubswünsche der Mitarbeiter ggf. auch Aufträge ablehnen müsste oder diese ggf. mit längerer Lieferzeit annehmen müsste?
Erstellt am 27.06.2019 um 10:57 Uhr von BRHamburg
@ Cyber99 Ja warum soll es den nicht möglich sein, das ein AG bei den Verhandlung zu einem Auftrag solche Dinge anspricht?
Erstellt am 27.06.2019 um 11:24 Uhr von §§Reiter
Hallo Cyber,
da Du i.d.R. sowieso als Einzelkämpfer unterwegs bist und von Deinem Karnevalsverein von Gremium keine Hilfe erwarten kannst, beantrage doch mal Deinen kompletten Jahresurlaub am Stück. Wenn der dann abgelehnt wird nimmst Du Dir einen Anwalt. Dann wird sich herausstellen, wie dringend die betrieblichen Gründe wirklich sind.
Erstellt am 27.06.2019 um 11:55 Uhr von Cyber99
@§§Reiter
Jetzt machst Du die Karnelvalsvereine aber ganz schön runter - die einfach mit meinem Gremium vergleichen zu wollen. Ich bin selbst Mitglied in so einem Verein. Da geht´s gesetzlich und seriös zu. :-)
Ich hatte gerade eine interessante Auseinandersetzung mit unserem Betriebsleiter, die ihm die Zornesröte ins Gesicht trieb und ich befürchten musste, dass er mir bei diesen Temperaturen gleich kollabiert. Leider ein absoluter Hardliner. Er kommuniziert gegenüber den Mitarbeitern, dass maximal 3 Wochen Urlaub drin sind, und dass das schon eine äußerst kulante Regelung wäre. Außerdem müsste er laut Gesetz ja auch nur 2 Wochen gewähren. Er erklärte mir, dass ihn das Thema nervt und dass er für den Fall, dass weiter darüber diskutiert wird einfach nur noch 2 Wochen Urlaub genehmigen würde.
Die gesetzliche Regelung in §7 Abs.2 BUrlG führt irrtümlicherweise immer wieder dazu, dass Arbeitgeber sich krampfhaft auf diese mindestens 12 aufeinanderfolgenden Werktage berufen und den Rest des Gesetzes einfach vergessen. Er versprach mir, dass er, für den Fall, dass wir zu diesem Thema eine BV abzuschließen gedenken, diese 2 Wochen schon durchsetzen werde. Das Schlimme dran ist, dass das tatsächlich passieren könnte.
Wie will man mit so bornierten Menschen auf einen grünen Zweig kommen?
Erstellt am 27.06.2019 um 12:11 Uhr von Pjöööng
Zitat (Cyber99):
"Bist Du der Meinung, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf die Urlaubswünsche der Mitarbeiter ggf. auch Aufträge ablehnen müsste oder diese ggf. mit längerer Lieferzeit annehmen müsste?"
Ja selbstverständlich! Das ist doch nichts ungewöhnliches. Automobilfirmen machen im Sommer das ganze Werk für mehrere Wochen zu (Werksferien) und das führt letztendlich auch dazu dass bestellte Autos eine längere Lieferfrist haben. Wie oft haben wir denn schon von irgendwelchen Firmen gehört "Während der Ferien dauert es etwas länger!"?
Erstellt am 27.06.2019 um 12:59 Uhr von Milchknilch
Es gibt hier einfach keine allgemeingültige richtige Antwort. denn wie so häufig kommt es auf die Branche und den einzelnen Betrieb an.
Unser Betrieb stellt Lebensmittel für einen einzigen großen Abnehmer als Handelsmarke her. Da kann man nicht einfach mal Lieferzeiten nicht einhalten. Da ist man dann nämlich ganz schnell weg vom Fenster in einem Bereich, in dem die Konkurrenz sehr stark ist.
Ich bin als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht tätig. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass die allermeisten Gesetze nicht so klar sind, wie sie erscheinen. Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass diese immer Zugunsten der Arbeitnehmer ausgelegt werden.
Deshalb ist es sinnvoller, nicht mit einem Gesetzbuch zu winken, sondern vernünftige, innerbetriebliche Regelungen durch Betriebsvereinbarungen festzulegen. Das ist für alle Parteien in der Regel die beste Lösung. Wenn eine Betriebsrat keinerlei Betriebsvereinbarungen auf den Weg bringt stelle ich mir schon die Frage, wozu es den Betriebsrat dann überhaupt braucht...
Erstellt am 27.06.2019 um 13:24 Uhr von Cyber99
Zitat Milchknilch: Es gibt hier einfach keine allgemeingültige richtige Antwort. denn wie so häufig kommt es auf die Branche und den einzelnen Betrieb an.
Das ist mir bewusst, dass es keine allgemeingültige Antwort auf die Frage gibt. Ich wäre auch der Letzte, der irgendwelchen Regelungen zustimmen würde, die dem Unternehmen schaden. Ich sehe meine Aufgabe darin die geltenden Gesetze zu beachten und mir ein möglichst objektives Bild über die möglichen negativen Auswirkungen zu machen, welche die Gewährung von 4 Wochen Urlaub hätte. Aus meiner Perspektive gibt es aber keine - es werden keine höheren Kosten verursacht, es geht auch kein Umsatz verloren. Wenn sich dann ein Betriebsleiter in Zeiten des Personalmangels auch noch zu der Aussage hinreissen lässt: "Wenn es denen nicht passt, dann sollen die halt woanders hingehen!", dann frage ich mich schon ob diese Person die erforderliche Qualifikation aufweist.
Erstellt am 28.06.2019 um 09:30 Uhr von rtjum
Zitat Cyber99: dann frage ich mich schon ob diese Person die erforderliche Qualifikation aufweist.
sehe es positiv: es ist bei euch also nicht nur der Großteil des BR der keine Ahnung hat