Berufsbildung
Marc Hadyk
Die berufliche Aus- und Fortbildung soll jedem einzelnen Mitarbeiter die Möglichkeit geben, seine Kenntnisse und Fertigkeiten im bisherigen Berufsfeld zu erhalten und zu erweitern. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, die eigene Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen.
Erfahren Sie im Nachfolgenden was Sie zum Thema Berufsausbildung und berufliche Fortbildung wissen müssen.
Berufsausbildung und berufliche Fortbildung
Die Berufsbildung im Sinne der §§ 96 bis 98 BetrVG umfasst die Berufsausbildung (§ 96 BetrVG), die Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung (§ 97 BetrVG) sowie die Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen (§ 98 BetrVG); dieser eigenständige Unterabschnitt im Rahmend der personellen Angelegenheiten im Betriebsverfassungsgesetz manifestiert die Wichtigkeit dieser Themen.
Es sind somit nicht nur Maßnahmen gemeint, die auf die Berufsausbildung eines Arbeitnehmers abstellen, sondern auch Maßnahmen, die die von ihm ausgeübte Tätigkeit betreffen, z.B. Erhalt und Verbesserung von Qualifikation und Erwerben neuer Qualifikationen. Dies belegt und unterstreicht, dass die Berufsbildung nicht nur für die Mitarbeiter dienlich und in deren Interesse stehen sollte, sondern auch die Bedeutung und das Interesse der Unternehmer. Deswegen haben der Arbeitgeber und Betriebsrat im Rahmen der betrieblichen Personalplanung und in Zusammenarbeit mit den für die Berufsbildung und den für die Förderung der Berufsbildung zuständigen Stellen die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern.
Auf Verlangen des Betriebsrats hat der Arbeitgeber den Berufsbildungsbedarf zu ermitteln, Fragen der Berufsbildung der Arbeitnehmer des Betriebs mit dem Betriebsrat zu beraten und Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen (§ 96 Abs. 1 S. 2 BetrVG).
Einzelne Arbeitsanweisungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen der vertraglich geschuldeten Tätigkeit erteilt, sind mitbestimmungsfrei.
Hat der Arbeitgeber Einfluss auf die Gestaltung, den Inhalt, den Teilnehmerkreis usw., so hat er den Betriebsrat nach § 96 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen. Die Beteiligung ist kraft gesetzlicher Regelung dergestalt, dass er über die Einführung von innerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen mit dem Betriebsrat zu beraten hat; konkret steht dem Betriebsrat damit ein Mitwirkungsrecht zu. Dies gilt auch für außerbetriebliche Bildungsmaßnahmen gemäß § 97 Abs. 1 BetrVG. Plant oder hat der Arbeitgeber Maßnahmen durchgeführt, die dazu führen, dass sich die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer ändert und ihre beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht mehr ausreichen, so hat der Betriebsrat bei der Einführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. Bei Nichteinigung entscheidet die Einigungsstelle (§ 97 Abs. 2 S. 2 BetrVG).
Beratungen mit dem Betriebsrat
Verlangt der Betriebsrat Beratungen nach §§ 96 f. BetrVG, so kommen insbesondere folgende Inhalte in Betracht:
- Einführung, Errichtung und Ausstattung von betrieblichen Einrichtungen zur Berufsbildung,
- Regelungen über die Teilnahme an außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen, siehe auch § 97 BetrVG,
Der Betriebsrat kann entsprechende Vorschläge in die Beratung einbringen. Er hat insoweit ein Initiativrecht. Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat die Vorschläge zu beraten, beachte § 97 Abs. 2 BetrVG.
Mitbestimmungsrecht bei der Bestellung einer Person für Fortbildungsmaßnahmen
Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen nach §§ 96 und 97 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht. Dies betrifft die Durchführung von betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen, die Bestellung von Ausbildern und die Auswahl der Arbeitnehmer, die an Berufsbildungsmaßnahmen teilnehmen sollen.
Die Berufsausbildung ist durch das Berufsbildungsgesetz und die nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung erlassenen Ausbildungsverordnungen geregelt. Das Mitbestimmungsrecht beschränkt sich somit auf die Anpassung an die betrieblichen Verhältnisse (BAG 24.8.2004 – 1 ABR 28/03, NZA 2005, 371).
Zur Durchführung von betrieblichen Bildungsmaßnahmen gehören sämtliche Maßnahmen, die für einen geordneten Ablauf der Maßnahmen erforderlich sind.
Nach § 98 Abs. 2, 5 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bzgl. der Bestellung oder Abberufung einer mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person. Dies gilt auch für Ausbilder nach dem Berufsbildungsgesetz.
Der Betriebsrat hat dabei die Rechte der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu beachten.
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bzgl. der Teilnehmerauswahl. Dies betrifft grundsätzlich nicht die Anzahl der Teilnehmenden, sondern den in Aussicht zu nehmenden Personenkreis. Der Betriebsrat hat insbesondere darauf zu achten, dass die Chancengleichheit der Arbeitnehmer gewahrt wird. So sind u. a. die Belange von älteren Arbeitnehmern zu berücksichtigen. Gleiches gilt für Teilzeitbeschäftigte und befristet beschäftigte Arbeitnehmer, siehe Teilzeit- und Befristungsgesetz §§ 10 und 19 TzBfG.
Kommt eine Einigung über die Durchführung von betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen oder über die Auswahl der Teilnehmer zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle (§ 98 Abs. 4 S. 1 BetrVG).
Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat über die Bestellung oder die Abberufung einer für die betriebliche Berufsbildung verantwortlichen Person nicht einigen, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen die Bestellung zu unterlassen oder die Abberufung durchzuführen, § 98 Abs. 5 S. 1 BetrVG.
Rückzahlungsklauseln
Trägt der Arbeitgeber die Kosten der beruflichen Aus- und Weiterbildung, kann für den Fall der Arbeitnehmerkündigung eine Rückzahlungsklausel vereinbart werden. Dies gilt nicht für Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen einer Berufsausbildung.
Hat der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungs- und Direktionsrechts eine Weiterbildung angeordnet, so ist eine Rückzahlungsvereinbarung unzulässig.
Man kann von folgenden Kriterien ausgehen:
Fortbildungsdauer | Bindungsdauer |
bis zu 2 Monate | bis zu 12 Monate |
3 bis 4 Monate | bis zu 12 Monate |
6 bis 12 Monate | bis zu 36 Monate |
über 24 Monate | bis zu 60 Monaten |
Für Fortbildungsmaßnahmen von wenigen Wochen (ca. 3) kann grundsätzlich keine Rückzahlung vereinbart werden.
Grundsätzlich kommt es auch darauf an, ob der Arbeitgeber einen Bedarf an der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers hat und ob der Arbeitnehmer schwerwiegende Gründe für ein vorzeitiges Ausscheiden hat.
Die Erstattungspflicht des Arbeitnehmers muss sich um jeden Monat, den er nach der Fortbildung im Betrieb bleibt, anteilig vermindern. Die Rückzahlung muss vor oder zu Beginn der Fortbildungsmaßnahme vereinbart werden.
Praxis-Tipp
Im Rahmen der Personalplanung sollte der Betriebsrat nach § 92 Abs. 2 BetrVG Vorschläge zu innerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen einbringen.
Bei Einführung von z.B. neuen Fertigungsverfahren oder neuen Arbeitsabläufen, § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, sollten evtl. notwendige Bildungsmaßnahmen ebenfalls Bestandteil der Beratungen sein. Sollten im Betrieb des Öfteren betriebliche Bildungsmaßnahmen erforderlich sein, so ist der Abschluss einer Rahmenbetriebsvereinbarung zu empfehlen.
Diese kann u. a. folgende Inhalte berücksichtigen:
- Art, Inhalt und Umfang der betrieblichen Berufsbildung unter Berücksichtigung der jeweiligen Erforderlichkeiten,
- Wichtigkeit für den Betrieb oder das Unternehmen,
- Wichtigkeit für die berufliche Entwicklung der Arbeitnehmer,
- zeitliche Lage und Dauer von Maßnahmen der innerbetrieblichen Berufsbildung,
- Freistellung der Arbeitnehmer, vor allem bei außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen,
- Ausgleichsmaßnahmen, falls die Teilnahme an betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen die persönliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer überschreitet
- und sonstige für den Betrieb und die Arbeitnehmer wichtige Aspekte.