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Neu in der JAV: Die ersten Schritte im Amt

Autor:
Ansgar F. Dittmar
8 Minuten Lesezeit

Warum JAV?

Betriebliche Mitbestimmung ist gerade in Zeiten von großer Veränderung und zunehmender Flexibilisierung immer wichtiger. Das bedeutet nicht nur die Mitbestimmung für die älteren Beschäftigten, sondern insbesondere für die Auszubildenden und für jüngere Beschäftigte. Diese müssen sich im Betrieb orientieren und brauchen eine auf sie fokussierte Gruppe, die deren Interessen vertritt und als Ansprechpartner fungiert. Die JAV. Insofern herzlichen Glückwunsch für eure Entscheidung, euch in der JAV zu engagieren!

In diesem Artikel erfahrt ihr alles Wissenswerte über die JAV.

Eine Frau ist neu in der JAV und freut sich über die ersten Schritte im Amt

Die konstituierende Sitzung: Wahl des Vorsitzenden

Die Geschäftsführung der JAV (§§ 60 ff. BetrVG) ist weitgehend in Anlehnung an die des Betriebsrats geregelt (§ 65 Abs. 1 BetrVG). Zunächst hat die JAV aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter zu wählen. Der Wahlvorstand muss dafür vor Ablauf einer Woche nach dem Wahltag die Mitglieder der JAV zur Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters zur konstituierenden Sitzung einberufen (§ 29 Abs. 1 BetrVG). Bis die JAV eines ihrer Mitglieder zum Vorsitzenden bestellt hat, leitet der Vorsitzende des Wahlvorstands die konstituierende Sitzung.

Der Vorsitzende - im Verhinderungsfall sein Stellvertreter - vertritt die JAV im Rahmen der von ihr gefassten Beschlüsse gegenüber dem Betriebsrat (§ 26 Abs. 2, § 29 Abs. 2 BetrVG). Der Vorsitzende ist darüber hinaus zur Entgegennahme von Erklärungen berechtigt, die der JAV gegenüber abzugeben sind. Außerdem hat er die Sitzungen der JAV einzuberufen, sie zu leiten und den Betriebsrat über die geplante Sitzung rechtzeitig zu unterrichten.

Wichtige Regelung: Festlegung der Geschäftsordnung

Gemäß § 65 i.V.m. § 36 BetrVG sollte die JAV eine schriftliche Geschäftsordnung festsetzen, die die Grundlage für ihre Arbeit bildet.

In dieser können unter anderem geregelt werden:

  • die Aufgabenverteilung innerhalb der JAV
  • das Anfertigen von Niederschriften
  • die Vertretung gegenüber dem Betriebsrat
  • die Durchführung von Jugend- und Auszubildendenversammlungen
  • Möglichkeit der Teilnahme an einer JAV-Sitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz.

Die Geschäftsordnung ist für alle Mitglieder der JAV verbindlich und gilt für ihre gesamte Amtszeit. Allerdings kann sie jederzeit durch einen Beschluss geändert oder ergänzt werden. Die neu gewählte JAV kann die Geschäftsordnung der bisherigen JAV übernehmen oder eine neue erstellen.

Durch die Erarbeitung, Diskussion und Verabschiedung einer Geschäftsordnung wird die Organisation und Arbeit der JAV für alle regulären Mitglieder und Ersatzmitglieder transparent. Darüber hinaus trägt sie zu einer höheren Verbindlichkeit und Verlässlichkeit der JAV-Arbeit bei.

Zu beachten ist, dass mit der Ausfertigung einer solchen Geschäftsordnung keine grundlegend neuen Kompetenzen geschaffen werden dürfen. Zulässig sind einzig Regelungen, die die gesetzlichen Vorgaben konkretisieren.

Ratgeber
Grund­la­gen für die Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung

In diesem Ratgeber erfahrt ihr, worauf ihr als JAV-Mitglieder achten solltet und welche Möglichkeiten ihr in eurem Amt habt. Jedes JAV-Mitglied erhält hier wertvolle Tipps für den Arbeitsalltag!

Ratgeber Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)

Gesetze und Vorschriften kennenlernen

Die Ausbildung und Beschäftigung von Jugendlichen und jungen Arbeitnehmern sind von einer Vielzahl von Gesetzen und Vorschriften geregelt. Eine Aufgabe der JAV ist es, darauf zu achten, dass diese von der Geschäftsleitung eingehalten werden. Zu beachten sind hierbei auch die Arbeitsverträge, Tarifverträge oder andere betriebliche Vereinbarungen, die die Jugendlichen und jungen Beschäftigten des Betriebs betreffen.

Die neuen JAV-Mitglieder müssen sich zunächst mit diesen Regelungen und Vereinbarungen vertraut machen und lernen, wie die Gesetze und Vorschriften in der Praxis anzuwenden sind. Deshalb empfiehlt sich vor allem für Einsteiger der zeitnahe Besuch von Schulungen. Aber auch wiedergewählte JAVler haben die Möglichkeit mit dem Besuch von Seminaren ihr Wissen aufzufrischen. Hierzu hat der Gesetzgeber in § 37 Abs. 6 i.V.m. § 65 Abs. 1 BetrVG einen Schulungsanspruch für alle JAV-Mitglieder festgesetzt. Der Schulungsanspruch gilt dabei auch für die Ersatzmitglieder der JAV. Die Voraussetzung dabei ist allerdings, dass das teilnehmende Mitglied bereits mehrfach zur JAV-Arbeit eingesetzt wurde und auch zukünftig noch eingesetzt wird.

Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat

Die JAV und der Betriebsrat sind Interessensvertretungen der Arbeitnehmer eines Betriebs und sind auf eine enge Zusammenarbeit angewiesen. Während sich die JAV für die Jugendlichen und Auszubildenden und ihren erfolgreichen Start ins Berufsleben einsetzt, setzt sich der Betriebsrat für alle anderen Beschäftigten im Betrieb und deren erfolgreichen und zufriedenen Weg durchs Berufsleben ein. So begünstigen ähnliche Fragestelllungen, Ziele und Probleme die vertrauensvolle Kooperation zwischen der JAV und dem Betriebsrat. Dadurch können sie von den jeweiligen Fortschritten und Ergebnissen des anderen profitieren und organisatorische und inhaltliche Geschlossenheit demonstrieren. Hierfür kann die JAV regelmäßig ihr Initiativrecht nutzen und gemeinsam mit dem Betriebsrat Impulse im Betrieb setzen.

Der Betriebsrat muss dabei die JAV nicht nur zu jeder Betriebsratssitzung einladen (§§ 29 Abs. 2 i.V.m. 67 BetrVG) , er muss sie darüber hinaus auch zu allen Besprechungen mit dem Arbeitgeber hinzuziehen (§ 68 BetrVG). Des Weiteren ist der Betriebsrat dazu verpflichtet, die JAV rechtzeitig und umfassend zu informieren, damit diese ihre Aufgaben pflichtgemäß erfüllen kann. Das Zauberwort ist auch hier: Transparenz. So muss der BR auf Verlangen der JAV Unterlagen bereitstellen, wenn diese sie zur Erledigung ihrer Aufgaben benötigt. Die JAV kann weiterhin Beschlüsse des Betriebsrats aussetzen.

Teilnahmerecht der JAV an Sitzungen des Betriebsrats

Die Teilnahme an den Sitzungen des Betriebsrats ist ein entscheidendes Mittel der betrieblichen Mitbestimmung der JAV.
Gemäß § 67 BetrVG ist der Betriebsrat dazu verpflichtet, die JAV zu jeder seiner Sitzungen einzuladen. Die JAV ist allerdings nicht verpflichtet an den Betriebsratssitzungen teilzunehmen.
Nimmt sie an einer Sitzung des Betriebsrats teil, ist sie jedoch nicht automatisch stimmberechtigt. Ihr Teilnahmerecht ist zunächst auf eine beratende Teilnahme beschränkt.

Die Einladung der JAV muss zeitgleich mit der Einladung der BR-Mitglieder erfolgen. Hierbei muss nach § 29 BetrVG auch über die Tagesordnungspunkte der jeweiligen Sitzung informiert werden. Dadurch wird den Mitgliedern der JAV im Vorfeld eine hinreichende Vorbereitung ermöglicht. Die Entscheidung, welches ihrer Mitglieder die JAV in den Sitzungen des Betriebsrats vertreten soll, bleibt ihr selbst überlassen.

Besonderes Teilnahmerecht der JAV

In Sitzungen des Betriebsrats, in denen Belange behandelt werden, die die Jugendlichen und Auszubildenden des Betriebs oder der Dienststelle besonders betreffen, hat zur Besprechung dieser Tagesordnungspunkte die gesamte JAV ein Teilnahmerecht,§ 67 Abs. 1 BetrVG.

Beispiele für Angelegenheiten, die die jugendlichen und auszubildenden Arbeitnehmer in besonderem Maße betreffen, sind die Berufsausbildung, das Jugendarbeitsschutzgesetz, oder wenn es um Maßnahmen bezüglich der Tätigkeit der JAV an sich geht. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass von der zu beratenden Angelegenheit hauptsächlich oder ausschließlich jugendliche oder sich in der Ausbildung befindende Arbeitnehmer betroffen sind.

Uneinigkeit besteht darüber, ob das besondere Teilnahmerecht der JAV auch bei Besprechungen von personellen Einzelmaßnahmen gegenüber Auszubildenden besteht. Eine besondere Betroffenheit und somit ein besonderes Teilnahmerecht der JAV kann in diesem Sinne gegeben sein, wenn die vorliegende Einzelfallentscheidung für die von der JAV vertretenen Personen für zukünftige Regelungen von Bedeutung ist oder wenn bei der jeweiligen Einzelfallentscheidung jugend- oder ausbildungsspezifische Aspekte im Vordergrund stehen.

Teilnahmerecht mit Stimmrecht der JAV

Werden in einer Betriebsratssitzung Tagesordnungspunkte behandelt, die sogar überwiegend jugendliche Arbeitnehmer und Auszubildende betreffen, sind in der jeweiligen Sitzung alle anwesenden Mitglieder der JAV stimmberechtigt (§ 67 Abs. 1 und 2 BetrVG). Sie haben dabei gemäß § 33 Abs. 3 BetrVG ein gleichgewichtiges Stimmrecht wie auch die Mitglieder des Betriebsrats.

Wirkt eine Maßnahme nur gegenüber einem Jugendlichen oder Auszubildenden als sogenannte personelle Einzelmaßnahme, kann das Stimmrecht ausnahmsweise ausgeübt werden, wenn jugend- oder ausbildungsspezifische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, beispielsweise wenn es um die Teilnahme der JAV Mitglieder an einer Schulungsveranstaltung geht.

Der Betriebsrat stimmt darüber ab, ob ein Tagesordnungspunkt überwiegend jugendliche Arbeitnehmer und Auszubildende betrifft.

Mitgestaltung der Tagesordnung einer BR-Sitzung durch die JAV

Die JAV kann gemäß § 67 Abs. 3 BetrVG beantragen, dass Themen, die die von ihr vertretene Personengruppe betreffen, auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung genommen werden. Die Themen sollten dabei im Voraus von der JAV bereits diskutiert worden sein. Einer abschließenden Meinungsfindung oder Beschlussfassung der JAV bedarf es jedoch nicht. Der Betriebsrat ist verpflichtet den beantragten Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen, soweit der Antrag rechtzeitig eingegangen ist. Ist dies nicht der Fall, muss er spätestens in die Tagesordnung der übernächsten Sitzung aufgenommen werden.

Einspruchsrecht der JAV

Die JAV hat ein Einspruchsrecht gegen Entscheidungen des Betriebsrats, wenn sie in ihr eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden sieht, § 66 Abs. 1 BetrVG. Der Betriebsrat muss den Beschluss daraufhin für eine Woche aussetzen. Während der Aussetzung des Beschlusses sind die JAV und der Betriebsrat dazu angehalten sich gegenseitig zu verständigen. Gegebenenfalls können hierbei auch die im Betrieb vertretenen Gesellschaften hinzugezogen werden.
Kann in dieser Zeit keine Einigung erzielt werden, muss der Betriebsrat erneut über das umstrittene Thema abstimmen. Schließt die erneute Abstimmung mit demselben Ergebnis oder wird der ursprüngliche Beschluss nur geringfügig verändert, kann der Antrag auf Aussetzung gemäß § 66 Abs. 2 BetrVG jedoch nicht wiederholt werden.

Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber

Der Betriebsrat hat die JAV zu Besprechungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beizuziehen, wenn Angelegenheiten behandelt werden, die besonders die Interessen von Jugendlichen und sich in der Ausbildung befindlichen Arbeitnehmer behandelt werden (§ 68 BetrVG). Der Begriff „besonders“ ist hier qualitativ, nicht quantitativ zu verstehen. Beizuziehen zu solchen Besprechungen ist die gesamte JAV. Das Teilnahmerecht besteht allerdings nur solange, als auch jugend- und ausbildungsspezifische Angelegenheiten besprochen werden. Für die Besprechungen anderer Themen besteht kein Teilnahmerecht, es sei denn, die Besprechung findet im Rahmen einer allgemeinen Betriebsratssitzung statt, dann hat ein Vertreter der JAV ein Teilnahmerecht.

Mehr Know-how für die JAV

Wissen bedeutet Vorsprung. Nur mit dem richtigen Wissen kannst du das herausholen, was in dir steckt. Kein neugewählter JAVler weiß alles - deshalb sind Seminare für die JAV eine optimale Plattform für dich, um gut in dein Amt zu starten. Wir wünschen dir viel Erfolg!

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Autor: Ansgar F. Dittmar

Ansgar F. Dittmar ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und berät seit zwei Jahrzehnten in arbeitsrechtlichen, tarifrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Er leitet die Frankfurter Arbeitsrechtsboutique LAW UNIQ Arbeitsrecht und ist bundesweit in allen Facetten des individuellen als auch kollektiven Arbeitsrechts als Anwalt tätig. Als Wirtschaftsmediator bearbeitet Ansgar Dittmar innerbetriebliche Konflikte mit dem Ziel, gemeinsame dauerhafte Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus begleitet und coacht er Verhandlungsteams bei Tarif- und Sozialplanverhandlungen. Betriebsräte schult und berät er betriebsverfassungsrechtlich überdies begleitet er sie im Beschlussverfahren sowie vor der Einigungsstelle. Für die W.A.F. ist er Referent für Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht sowohl in Präsenz-Seminaren als auch in Webinaren tätig. Ferner hat er einen Lehrauftrag für kollektives Arbeitsrecht an der Hochschule Fulda und referiert für die University of Labour in Frankfurt am Main. Er veröffentlicht regelmäßig in arbeitsrechtlichen Fachzeitschriften.
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