Langzeiterkrankung in der Ausbildung
Jeden erwischt mal eine fiese Erkältung – das ist klar! Doch was passiert, wenn schwerwiegende Erkrankungen in der Ausbildung auftreten und Auszubildende über einige Wochen hinweg daran hindern, an der Ausbildung im regulären Sinn teilzunehmen?
Rechtliche Rahmenbedingungen
Kann dem Azubi eine krankheitsbedingte Kündigung drohen? Grundsätzlich sind krankheitsbedingte Fehlzeiten während der Ausbildung kein Kündigungsgrund. Nach der Probezeit kann der Ausbildende das Ausbildungsverhältnis nur aus wichtigem Grund kündigen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG).
Wiederholte Kurzerkrankungen rechtfertigen eine Kündigung nur, wenn eine negative Gesundheitsprognose besteht und das Ausbildungsziel dadurch ernsthaft gefährdet wird. Die häufig genannte Schwelle von 45 bis 60 Krankheitstagen in zwei Jahren ist kein Gesetz, sondern ein Richtwert aus der Rechtsprechung zum Arbeitsrecht. Dieser ist bei Auszubildenden nicht direkt übertragbar.
Auszubildende können wegen längerer Krankheit nicht ohne weiteres gekündigt werden. Nach der Probezeit ist eine Kündigung nur aus wichtigem Grund möglich (§ 22 Abs. 2 BBiG), etwa wenn aufgrund dauerhafter Krankheit eine weitere Ausbildung unmöglich wird. Solche Fälle sind jedoch selten. Die häufig genannte „10 %-Grenze“ der Fehlzeiten (66 Tage bei 3 Jahren) ist keine gesetzliche Vorschrift, sondern ein Orientierungswert vieler Kammern (z. B. IHK, HWK) oder Berufsschulen zur Beurteilung, ob das Ausbildungsziel noch erreicht werden kann.
Für die Zulassung zur Abschlussprüfung gilt: Bei übermäßig vielen Fehlzeiten kann die Kammer den Nachweis verlangen, dass die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt wurden (§ 43 BBiG). Wird die Zulassung verweigert, kann die Prüfung in der Regel ein halbes Jahr später nachgeholt werden, sobald die fehlenden Inhalte aufgeholt wurden.
Ursachen von Langzeiterkrankungen
Krankheiten können in jedem Alter und in unterschiedlichen Formen auftreten. Psychische Belastungen, chronische Krankheiten oder Arbeitsunfälle können mögliche Ursachen für eine Langzeiterkrankung sein. Hier gilt: Es ist wichtig, dass Auszubildende sich frühzeitig Hilfe suchen und ihre Ausbilder informieren, wenn sie merken, dass gesundheitliche Probleme ihre Ausbildung beeinträchtigen könnten. Um schnell gemeinsam Lösungen zu finden und gegebenenfalls notwendige Anpassungen im Ausbildungsablauf zu treffen, spielt Kommunikation eine entscheidende Rolle.
Fortzahlung der Vergütung
Jeder Auszubildende, der aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig wird, hat Anspruch auf Fortzahlung seiner Vergütung durch den Arbeitgeber für die Dauer von bis zu sechs Wochen (§ 3 Abs. 1 EntgFG i. V. m. § 17 BBiG). Gut zu wissen: Die sechs Wochen Grenze hat nur Bedeutung für die Entgeltfortzahlung, nicht für die Kündigungsprüfung.
Nach Ablauf dieser Frist besteht ein Anspruch auf Krankengeld von der Krankenkasse für höchstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren wegen derselben Krankheit (§ 44 ff. SGB V). Das Krankengeld beträgt 70 % des regelmäßigen Bruttoarbeitsentgelts, aber höchstens 90 % des Nettoarbeitsentgelts (§ 47 SGB V).
Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, wenn der Auszubildende seine Arbeitsunfähigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst verschuldet hat, etwa durch einen groben Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften, betriebliche Sicherheitsregeln oder Verkehrsregeln (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG).
Unser Tipp
Im Zulassungsverfahren zur Abschlussprüfung muss der Ausbilder gegenüber der zuständigen Kammer bestätigen, dass die Ausbildungszeit ordnungsgemäß abgeleistet und das Berichtsheft geführt wurde (§ 43 BBiG). Ausbilder sind verpflichtet, die Ausbildungs- und Fehlzeiten sorgfältig zu dokumentieren (§ 14 BBiG), da diese Unterlagen Grundlage für die Prüfung der Zulassung sein können. Du als Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung kannst hier also nochmal genau hinschauen, ob diese Pflichten erfüllt und die Auszubildenden korrekt behandelt werden (§ 70 BetrVG).