Unwirksame SBV-Wahl durch unzulässige Wahlwerbung

LAG Hessen Az. 16 TaBV 116/19 vom 15. Juni 2022

Der Fall: 

Drei Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber hatten die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung angefochten. Als Anfechtungsgrund wurde darauf verwiesen, dass zwei der Kandidaten Wahlwerbung an die privaten Postadressen der Wahlberechtigten gesandt hatten. Die Anfechtenden meinten nun, dieses würde den Grundsatz der Chancengleichheit der Wahl verletzen.

Die Entscheidung des Gerichts: 

Das Gericht erklärte die Wahl in der Tat für unwirksam und begründete dies mit der Unzulässigkeit, Wahlwerbung an die private Postadresse der Wahlberechtigten zu versenden. Dabei sei es unerheblich, in welcher Art und Weise der Kandidat an die entsprechenden Anschriften gelangt ist. Schon eine Verwendung dieser Daten zum Zwecke der Wahlwerbung sei aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig. Wahlberechtigte hätten ein überwiegendes Interesse daran selbst zu bestimmen, ob, wann und von wem sie außerhalb ihrer Berufstätigkeit, ihrer Arbeitsstätte beziehungsweise ihrer Arbeitszeit kontaktiert werden. Geschieht eine solche individuelle Werbung dennoch, so kann darin ein Verstoß gegen den ungeschriebenen Grundsatz der Chancengleichheit aller Wahlbewerber liegen, der zur wirksamen Anfechtung der Wahl führt.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: 

Eine fehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl, wie in diesem Fall.