Rückumschlag ohne Absenderangabe macht SBV-Wahl anfechtbar

LAG Berlin-Brandenburg Az. 7 TaBV 1697/21 vom 3. Mai 2022

Tenor:

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 10. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 05. November 2021 - 56 BV 9772/20 - wird zurückgewiesen.II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.

Die Beteiligten zu 3. - 8. sind bei dem Beteiligten zu 11. (im Folgenden: Arbeitgeber) beschäftigte Arbeitnehmer. Sie sind schwerbehinderte Menschen bzw. diesen gleichgestellt. Der (frühere) Beteiligte zu 1. war Wahlbewerber, aber kein schwerbehinderter Mensch und einem solchen auch nicht gleichgestellt. Der Beteiligte zu 10. ist die gemäß Bekanntmachung vom 17. Juli 2020 gewählte Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.

Nachdem die frühere Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen sowie die beiden Stellvertreterinnen von ihrem Amt zurückgetreten waren, wurde für die neue außerplanmäßige Wahl ein Wahlvorstand mit fünf Mitgliedern bestellt. Dieser beschloss die generelle schriftliche Stimmabgabe und übersandte den Wahlberechtigten am 30. Juni 2020 und am 1. Juli 2020 die Briefwahlunterlagen. Ob alle 127 Wahlberechtigten diese Unterlagen erhalten haben, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die den Briefwahlunterlagen beigefügten Rückumschläge waren nicht mit den Namen und Anschriften der wahlberechtigten Personen versehen. Dies bemerkte der Wahlvorstand am 3. Juli 2020 und übersandte noch am gleichen Tag mit Dienstpost an die Wohnanschrift der Wahlberechtigten neue Rückumschläge, die diesmal mit dem Namen und der Anschrift versehen waren, sowie ein Begleitschreiben (Bl. 150 d.A.), in dem darauf hingewiesen wurde, dass die zuvor versendeten Rückumschläge aufgrund eines Druckfehlers nicht zu verwenden seien und die Wahlberechtigten gebeten wurden, den Rückumschlag aus diesem Schreiben zu verwenden. Für die Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 150 d.A. Bezug genommen.

Die zurückgesandten Umschläge wurden nach Eingang auf der Wache der WSP-Ost dem Wahlvorstand übergeben, der sie ungeöffnet in die bereitstehende versiegelte Wahlurne warf. Der Eingang der Rückumschläge wurde nicht dokumentiert. Bei den eingegangenen Rückumschlägen waren auch solche ohne Absenderangaben darunter.

Am 17. Juli 2020 fand die Wahl der Schwerbehindertenvertretung in der Direktion E/V statt. Bei der Auszählung wurden die Rückumschläge ohne Absender zunächst aussortiert. Später wurden diese Umschläge geöffnet und nachgesehen, ob die Unterschrift auf der persönlichen Erklärung (Anlage B1, Bl. 149 d.A.) einem Wähler/einer Wählerin der Wählerliste zugeordnet werden konnte. Bei neun dieser Rückbriefe war aus Sicht des Wahlvorstandes eine Zuordnung nicht möglich. Diese Stimmen wurden für ungültig erklärt. Die Auszählung der gültigen Stimmen für die Wahl zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen ergab eine Stimmengleichheit für den (früheren) Beteiligten zu 1. und dem Beteiligten zu 10. Per Losentscheid wurde der Beteiligte zu 10. zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt. Zur ersten Stellvertreterin wurde Frau B. und zur zweiten Stellvertreterin Frau N. gewählt.

Am 31. Juli 2020 ging beim Arbeitsgericht eine "Wahlanfechtungsklage" ein, mit der die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der vorgenannten Wahl geltend gemacht wurde. Für die Einzelheiten wird auf die Antragsschrift (Bl. 1 - 8 d.A.) Bezug genommen. In dieser wurde gerügt, dass der Wahlvorstand aus fünf Mitgliedern und nicht drei Mitgliedern zusammengesetzt war, die Wahlausschreiben fehlerhaft ausgehängt worden seien, die Liste der Wahlberechtigten nicht an einer geeigneten Stelle ausgehangen worden sei und das Wahlverfahren bei schriftlicher Stimmabgabe fehlerhaft gewesen wäre.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 5. November 2021 die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung, der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen, bei der Direktion Einsatz und Verkehr (Dir.E/V) vom 17. Juli 2020 für unwirksam erklärt und im Übrigen die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt - soweit für das Beschwerdeverfahren relevant - die Wahl sei zwar nicht nichtig, die Wahlanfechtung gleichwohl begründet. Die Wahl sei innerhalb der Anfechtungsfrist von zwei Wochen von den Antragstellern zu 3. - 8. formgerecht angefochten worden. Diese hätten sich dabei nicht von dem ursprünglichen Antragsteller zu 1. vertreten lassen, sondern den Antrag selbst gestellt, wie sich bereits aus ihrer Unterschrift unter diesem Antrag ergebe. Die Anfechtung sei mit dem Eingang 31. Juli 2020 fristgerecht, da der frühestens denkbare Zeitpunkt für den Aushang des Wahlergebnisses der 17. Juli 2020 sei. Die Wahl sei bereits deshalb anfechtbar, weil der Wahlvorstand an die Wahlberechtigten am 30. Juni/1. Juli 2020 fehlerhafte Wahlunterlagen versandt habe, denen kein ordnungsgemäßer Freiumschlag beigefügt gewesen sei und diesen Fehler zwar relativ schnell bemerkt, mit der Übersendung neuer Freiumschläge jedoch nicht hinreichend korrigiert habe. Unstreitig seien zahlreiche Frei-/Rückumschläge mit den Wahlunterlagen zurückgekommen, die nicht als Absender den Namen und die Anschrift der wahlberechtigten Personen enthalten hätten. Da der Eingang der Frei-/Rückumschläge (ohne Absender) beim Wahlvorstand nicht dokumentiert worden sei, lasse sich nicht ausschließen, dass wahlberechtigte Mitarbeiter ihre Briefwahlunterlagen bereits abgeschickt hatten, als ihnen der neue Rück-/Freiumschlag mit dem Anschreiben zugegangen sei. Diese Mitarbeiter aber hätten nicht erneut an der Briefwahl teilnehmen können, weil ihnen zwar ein den Vorschriften des § 11 Abs. 1 Nr. 4 SchwbVWO entsprechender Rückumschlag zugegangen sei, sie aber nicht erneut die übrigen Wahlunterlagen erhalten hätten. Dieser Verstoß habe auch das Wahlergebnis beeinflussen können. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis anders ausgefallen wäre, wenn der Wahlvorstand von vornherein den Briefwahlunterlagen einen mit Absender versehenen Freiumschlag beigefügt oder den Eingang der zurückgesandten Freiumschläge kontrolliert und ggf. gänzlich neue Wahlunterlagen an die Wahlberechtigten verschickt oder die Wahl abgebrochen und einen neuen Wahltermin festgesetzt hätte. Unstreitig sei es bei neun Briefen unmöglich gewesen, die Unterschrift auf der persönlichen Erklärung einem Wahlberechtigten zuzuordnen, mit der Folge, dass diese Stimmen für unwirksam erklärt worden seien. Der Antrag des Beteiligten zu 1 sei unzulässig, da er nicht wahlberechtigt sei.

Gegen diesen dem Beteiligten zu 10. am 1. Dezember 2021 zugestellten Beschluss richtet sich seine Beschwerde, die er mit einem beim Landesarbeitsgericht am 20. Dezember 2021 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 1. März 2022 - am 1. März 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Beteiligte zu 10. hält die Anfechtung bereits für unzulässig, weil die Anfechtungsfrist nicht gewahrt sei. Die Beteiligten zu 3. - 8. hätten die Anträge nicht selbst gestellt, sondern sich durch den Antragsteller zu 1. unwirksam vertreten lassen. Außerdem sei die Anfechtung isoliert auf die Vertrauensperson bezogen, und umfasse nicht die Stellvertreter. Die Wahl sei aber auch fehlerfrei erfolgt. Der Wahlvorstand habe den Fehler der Übersendung von Rückumschlägen ohne Absenderangaben korrigiert und zwar so rechtzeitig, dass dies für eine ordnungsgemäße Wahl als ausreichend anzusehen sei. Sofern Arbeitnehmer dann Rückumschläge verwendet hätten, die keine Absenderangaben getragen hätten, sei dies einem fehlerhaften Ausfüllen des Wahlzettels vergleichbar, dass gerade nicht zur Anfechtbarkeit führe. Im Hinblick auf die schnelle Übersendung der neuen Umschläge könne nicht davon ausgegangen werden, dass Wahlberechtigte ihre Briefwahlunterlagen bereits abgeschickt hatten, als ihnen der neue Rück-/Freiumschlag mit dem Anschreiben zugegangen sei. Kein Wahlberechtigten habe sich darüber beschwert, dass es zu einem solchen Fall gekommen wäre.

Der Beteiligte zu 10 beantragt,

Die Beteiligten zu 3. - 8. beantragen,

Die Beteiligten zu 3. - 8. verteidigen die arbeitsgerichtliche Entscheidung mit Ausführungen zur zulässigen Antragstellung und zu den aus ihrer Sicht vorliegenden Fehlern im Wahlverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

2. Die Beschwerde des Beteiligten zu 10. ist zulässig, indes unbegründet.

2.1 Der Beteiligte zu 1 war im Beschwerdeverfahren nicht mehr zu beteiligen, nachdem das Arbeitsgericht seinen Antrag zu Recht und rechtskräftig zurückgewiesen hat.

Dem Anhörungserfordernis des Arbeitgebers wurde genüge getan. Dass er selbst keinen Antrag gestellt und sich nicht am Verfahren beteiligt hat, ist unschädlich.

2.2 Die Beschwerde des Beteiligten zu 10. ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde (§ 87 Abs. 2 S. 1, § 66 Abs. 1 S. 1, § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG).

2.3 Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung zu Recht die Wahl der Schwerbehindertenvertretung für unwirksam erklärt.

2.3.1 Der Antrag ist nach § 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX iVm. § 19 BetrVG zulässig.

Die Antragsteller zu 3. - 8. sind nach § 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 S. 1 Alternative 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt. Sie sind in dem Betrieb wahlberechtigte schwerbehinderte Menschen iSd. § 177 Abs. 2 SGB IX.

2.3.2 Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist rechtzeitig binnen zwei Wochen angefochten worden, nachdem das endgültige Wahlergebnis durch Aushang bekanntgemacht worden ist. Frühester Zeitpunkt des Aushangs war - wie das Arbeitsgericht ausgeführt hat - der 17. Juli 2020, der Antrag ist eingegangen beim Arbeitsgericht am 31. Juli 2020 und damit innerhalb dieser zwei Wochen.

Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 10. ist die Antragsfrist auch nicht deshalb versäumt, weil sich die Beteiligten zu 3. - 8. unwirksam von dem früheren Beteiligten zu 1. vertreten gelassen hätten. Dies ist nicht der Fall, worauf das Arbeitsgericht bereits abgestellt hat. Aus der Antragsschrift ergibt sich, dass die Antragsteller sich nicht durch den unterlegenen Wahlbewerber haben vertreten lassen. Sie haben selbstständig die Antragsschrift unterzeichnet und damit - auch wenn ihre Unterschriften nicht unter dem Begriff "Antragsteller" aufgeführt waren, sondern unter dem Begriff "Unterschriften der weiteren Wahlberechtigten" zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst auch Antragsteller sind. Bei einer Vertretung durch den unterlegenen Wahlbewerber hätte es einer solchen Unterschrift nicht bedurft. Der Antrag ist auch eindeutig. Die Beteiligten zu 3. und 8. haben ausdrücklich erklärt, dass die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung der Direktion Einsatz und Verkehr, hier der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen vom 17. Juli 2020 für nichtig und hilfsweise für unwirksam zu erklären ist. Damit haben sie innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist gegenüber dem Gericht eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Wahl angefochten werden soll. Auch die Überschrift "Wahlanfechtungsklage" lässt keine Zweifel an der Wahlanfechtung zu. Soweit der Beteiligte zu 10. vermutet, die Beteiligten zu 3. - 8. hätten sich "vor den Karren spannen lassen", macht dies ihren Antrag nicht unzulässig. Die Motivation für die Wahlanfechtung ist irrelevant, sofern die Beteiligten zu 3. - 8. eindeutig zum Ausdruck gebracht haben, dass sie die Wahl anfechten wollen, was hier der Fall ist.

2.3.3 Der Antrag ist auch begründet. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist nach § 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX iVm. § 22 PersVG Berlin unwirksam. Danach kann die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

2.3.3.1 Bei der Wahl wurde gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahren nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 SchwbVWO verstoßen. Entgegen dieser Vorschrift wurden den Wahlberechtigten für die schriftliche Stimmabgabe ein Freiumschlag beigefügt, auf dem der Name und die Anschrift der wahlberechtigten Person nicht als Absender vermerkt war. Dieser Vorgang selbst ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Bei den Vorschriften in § 11 Abs. 1 Nr. 4 SchwbVWO handelt es sich um wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren. Die Absenderabgaben, die der Wahlvorstand nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 anbringen muss, dienen dazu die Identität des Empfängers der Wahlpapiere und des Übersenders des den Stimmzettel enthaltenen Wahlumschlags mit dem zur schriftlichen Stimmabgabe ermächtigten Wähler zu gewährleisten, um dann einen ordnungsgemäßen Stimmabgabevermerk anbringen zu können. Es handelt sich bei der Regelung um eine wesentliche und zwingende Vorschrift, die zur Verhinderung von Manipulationen eng auszulegen ist (vgl. zuletzt VG Düsseldorf 10. Juli 2017 - 39 K 5778/16 PVB - juris - Rn 49, Hessisches Landesarbeitsgericht 15. Juni 2020 - 16 TaBV 116/19 - juris Rn 59).

2.3.3.2 Dieser Verstoß wurde nicht geheilt. Zwar hat der Wahlvorstand den Wahlberechtigten innerhalb kurzer Zeit weitere Umschläge übersandt, die die fehlenden Absenderangaben enthielten und in einem Begleitschreiben darauf hingewiesen, dass nur die neuen Umschläge zu verwenden seien. Eine Heilung ist jedoch nicht eingetreten, weil mindestens 9 Wahlberechtigte die ersten Umschläge verwendet haben. Deren Stimme wurde für ungültig erklärt, weil der Absender nicht festgestellt werden konnte. Der Fehler des Wahlvorstandes hat sich damit in der Wahl selbst fortgesetzt. Dies ist - entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 10. - auch nicht mit der Situation vergleichbar, in dem ein Wahlberechtigter den Stimmzettel falsch ausfüllt. Denn mit der Übersendung der ersten Umschläge hat der Wahlvorstand den Fehler veranlasst. Er hat die Umschläge auf den Weg gebracht, die von den Wahlberechtigten verwendet wurden. Aus dem Begleitschreiben lässt sich für die Wähler nicht entnehmen, dass die Verwendung des ersten Umschlages die Wirksamkeit ihrer Wahl beeinträchtigen könnte. Dieser Fehler war aber auch deshalb nicht heilbar, weil sich nicht feststellen lässt, ob nicht bereits bei Zugang der neuen Umschläge Wahlberechtigte schon ihre Stimme abgegeben und zurückgesandt hatten. Der Wahlvorstand selbst hat nicht kontrolliert, ob Umschläge ohne Absenderangaben eingingen und wann diese Umschläge eingegangen sind.

2.3.3.3 Das Arbeitsgericht hat weiterhin zu Recht ausgeführt, dass dieser Verfahrensverstoß auch geeignet war, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

Nach § 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX iVm. § 22 Abs. 1 letzter Halbsatz PersVG Berlin berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre (st. Rspr. vgl. etwa BAG 25. Oktober 2017 - 7 ABR 2/16 - juris Rn 43 mwN.).

Im vorliegenden Fall kann gerade nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis anders ausgefallen wäre, wenn der Wahlvorstand von vornherein den Briefwahlunterlagen einen mit Absender versehenen Freiumschlag beigefügt oder den Eingang der zurückgesandten Freiumschläge kontrolliert und ggf. gänzlich neue Wahlunterlagen an die Wahlberechtigten verschickt oder die Wahl abgebrochen und einen neuen Wahltermin festgesetzt hätte. Denn unstreitig konnten zumindest neun Wahlumschläge nicht anhand der Unterschrift auf der persönlichen Erklärung einem Wahlberechtigten zugeordnet werden, sodass diese Stimmzettel nicht geöffnet und die Stimmen für ungültig erklärt wurden. Dies wäre bei Umschlägen mit vorgegebenen Absendernamen nicht der Fall gewesen. Neun weitere Stimmen aber hätten das Wahlergebnis durchaus beeinflussen können, da zwischen dem gewählten Bewerber und dem nächsten Bewerber Stimmengleichheit vorlag und zuletzt ein Losentscheid durchgeführt wurde.

3. Aus diesen Gründen folgt, dass das Arbeitsgericht zu Recht die Wahl für unwirksam erklärt hat. Die Beschwerde des Beteiligten zu 10. war zurückzuweisen. Eine Entscheidung über die Kosten bedurfte es nicht, weil gerichtliche Gebühren und Auslagen nicht erhoben werden, § 2 Abs. 2 GKG.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

Verkündet am 03. Mai 2022