Erstellt am 18.07.2022 um 20:46 Uhr von Kampfschwein
Zitat : Der Geschäftsführer hält sich weder an geltende Betriebsvereinbarungen noch an ArbZG.
Habt Ihr den Geschäftsführer schon mal darauf angesprochen ? Wenn ja, wie hat er sich geäußert ?
Zitat : Welche rechlich einwandfreie Möglichkeiten hat der Betriebsrat um den GF entweder zu ermahnen oder ihm eine Abmahnung zu erteilen ?
Ihr solltet ggf einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beauftragen. Die Kosten hierfür hat der AG gemäß §40 BetrVG zu tragen. Neben dem Verfahren nach §23 BetrVG besteht ggf die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung.
§ 23 BetrVG - Verletzung gesetzlicher Pflichten -
(1) ...........
(2) ...........
(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.
Zitat : Zudem sorgt er mit Personalentscheidungen dafür, das der Betriebsfrieden massiv gestört ist.
Um welche Personalentscheidungen geht es denn genau ?
Erstellt am 19.07.2022 um 08:23 Uhr von Pickel
Einfache Antwort: Der BR ist nicht befugt, den AG abzumahnen.
Erstellt am 19.07.2022 um 08:30 Uhr von Muschelschubser
Verstöße gegen Betriebsvereinbarungen oder gegen das ArbZG sind schonmal Dinge, die man ggf. konkret benennen kann. Ist das nachweislich der Fall, könnte man vom 23er Gebrauch machen, wie von Kampfschwein zitiert.
Die Störung des Betriebsfriedens ist allerdings eine Begrifflichkeit, die oft vorschnell in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen wird. Dazu gehören schon konkrete Vorfälle wie Mobbing, Beleidigung oder Diskriminierung. Führen unpopuläre Personalentscheidungen zu Unmut, gehört das leider rein rechtlich noch nicht dazu, bzw. erst dann, wenn sie in Verbindung mit rechtswidrigen Handlungen vorgenommen werden.
Erstellt am 19.07.2022 um 09:01 Uhr von Relfe
für "Störung des Betriebsfriedens" bedarf es keiner rechtswidrigen Handlungen, wozu auch?
Die rechtswidrige Handlung an sich wäre doch schon ausreichend um dagegen vorzugehen, oder nicht?
Betriebsfrieden ist etwas, was nicht per Gesetz genau definiert werden kann, weil es etwas "subjektives" darstellt.
https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/wer-den-betriebsfrieden-stoert-kann-gekuendigt-werden_76_197264.html
"Häufig wird der Betriebsfrieden durch ehrverletzende und sonstige provokante Äußerungen gestört, wobei bei der Beurteilung das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu berücksichtigen ist oder auch durch illoyales Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber."
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unabhängig davon stimmt es natürlich, das Personalentscheidungen an sich den Betriebsfrieden nicht deshalb stören weil sie "unpopulär" sind. In dem Fall sind es dann häufig die betroffenen Kollegen die im Anschluß an die Personalentscheidung den betriebsfrieden stören, weil sie die Entscheidung nicht akzeptieren und sich falsch verhalten.
Nicht zu vergessen, das solche Enstcheidungen oft bereits vom BR mitbestimmt wurden, somit die AN-Vertreter diese Personalentscheidung bereits "kommentiert" haben.
Erstellt am 19.07.2022 um 09:15 Uhr von Muschelschubser
@Relfe
Ja, rechtswidriges Verhalten ist vielleicht in der Formulierung daneben gegriffen.
Aber wenn man gegen eine Störung des Betriebsfriedens vorgehen möchte, muss man eben auch etwas griffiges zum Verwerten haben. Und da geht es sehr schnell um Verstöße gegen geltendes Recht, wie im Falle von Beleidigung, Rassismus, Diskriminierung, körperliche Gewalt - selbst Mobbing kann unter Umständen sogar ein Straftatbestand sein.
Bei Personalentscheidungen gilt es eben entsprechend zu prüfen, ob sie z.B. in Verbindung mit Benachteiligung oder Diskriminierung getroffen wurde, oder ob sie lediglich im Einzelfall gekränkte Eitelkeit der Nichtberücksichtigten auslöst. In dem Zusammenhang wäre zu hinterfragen, ob der BR seinen Job hier akribisch genug ausgeübt hat. Aber das hast Du ja bereits mit anderen Worten angedeutet.
Richtig ist, dass eine konkrete juristische Definition darüber fehlt, was Betriebsfrieden eigentlich bedeutet. Leider.
Erstellt am 19.07.2022 um 11:21 Uhr von lolium
hier aus Auszug aus einemArtikel beim Bund-Online Verlag zum Thema:
"Aber auch Betriebsrat darf abmahnen
Der Betriebsrat kann das Instrument der »betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung«
entsprechend nutzen. Die Dokumentationsfunktion, die eine Abmahnung besitzt, ist zur
Vorbereitung eines Verfahrens nach § 23 Abs. 3 BetrVG wichtig. Daher sind die Verstöße
des Arbeitgebers gegen seine Pflichten aus dem BetrVG detailliert zu beschreiben.
Informiert beispielsweise der Arbeitgeber bei der Einstellung von Arbeitnehmern entgegen
§ 99 BetrVG den Betriebsrat nicht rechtzeitig über Einstellungen, kann ein Schreiben, das
dem nachfolgenden Antrag im Beschlussverfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG beigefügt wird,
wie folgt lauten:
»Sie haben am (genaue Angaben von Daten und Personen) eingestellt, ohne den
Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG vorab zu informieren. Wir rügen dieses
Verhalten als Verstoß gegen § 99 Abs. 1 BetrVG und haben Sie aufzufordern, zukünftig die
Rechte des Betriebsrats bei Einstellungen zu beachten. Für den Fall, dass der Betriebsrat
einen weiteren Verstoß feststellen sollte, werden wir ein Verfahren nach § 23 Abs. 3
BetrVG einleiten.«
Tipp für die Praxis
Die »betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung« ist ein gutes Mittel für den Betriebsrat,
um auf Pflichtverstöße hinzuweisen und deutlich zu machen, dass der Betriebsrat nicht
weiter bereit ist, die Missachtung seiner Rechte durch den Arbeitgeber zu dulden. Auch ein
Betriebsrat, der feststellen musste, dass die vom BetrVG geforderte vertrauensvolle
Zusammenarbeit nur für ihn zu gelten scheint, sollte damit eine Änderung seiner
Herangehensweise verdeutlichen. Verschärft wird die Wirkung, wenn die Abmahnung auf
Grundlage eines ordnungsgemäßen Beschlusses durch Anwältinnen oder Anwälte
ausgesprochen wird. Der Vorteil der gleichzeitig zur Vorbereitung eines
Beschlussverfahrens nach § 23 Abs. 3 BetrVG dienenden Abmahnung ist, dem Arbeitgeber
die Leugnung des Pflichtverstoßes und/oder die Argumentation »es sei doch alles nicht so
schlimm und komme nicht wieder vor« zu nehmen und den erforderlichen Nachweis eines
groben Verstoßes zu ermöglichen. Ob eine oder mehrere Abmahnungen hierfür
erforderlich sind, ist im Einzelfall zu klären. Es wird daher angeraten, das Instrument der
betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung immer unter Einbeziehung der
Rechtsvertretung des Betriebsrats zu nutzen."
Quelle: https://www.bund-verlag.de/bundonline/asset/1726!31/150!108714/_
Erstellt am 19.07.2022 um 13:14 Uhr von Challenger
Zitat Muschelschubser : Aber wenn man gegen eine Störung des Betriebsfriedens vorgehen möchte, muss man eben auch etwas griffiges zum Verwerten haben.
Völlig richtig. Deshalb hat ja Kampfschwein die Frage gestellt, um welche Personalentscheidungen es denn genau geht. Personalentscheidungen können alles mögliche sein, wie Einstellungen und/oder Versetzungen, ohne Beteiligung des BR
Erstellt am 19.07.2022 um 16:55 Uhr von Querulant88
Hallo und vielen Dank für die ausfürhlichen Antworten.
Mit den Verstößen werde ich dem Gremium die Vorgehensweise wie von Iolium benannt mal vorschlagen. Ich hoffe das er dann Einsicht zeigt und sich zukünftig an geltendes Recht hält. Ansonsten bleibt wohl nur die Keule nach § 23 Abs. 3
BetrVG.
Das Thema mit dem Betriebsfrieden ist schwierig. Die von der GF bevorzugte Person mischt sich in Dinge ein, die ihn nichts angehen. Er rügt auch die Arbeitsleistung und Arbeitsausführung andere Mitarbeiter bei anderen Vorgestzten auf ziemlich miese Weise, ohne das er es in der Vergangenheit besser gemacht hätte. Es gab auch in der Vergangenheit den Vorfall, dass er eine Kollegin dermaßen von der Seite angepflaumt hat, das sie in Tränen ausgebrochen ist. Sämtliche Beschwerden aus der Belegschaft und auch vom BR haben bisher kein Gehör gefunden. Die Situation(en) werden dann immer heruntergespielt.
Aber alles in allem habt ihr mir sehr weiter geholfen. Vielen Dank erstmal.
Ich halte euch auf dem Laufenden, wie sich alles entwickelt (hat).
Erstellt am 19.07.2022 um 17:34 Uhr von ganther
das mit dem Betriebsfrieden wird dann wohl wirklich schwierig.
Ihr könnt auch gerne eine solche Abmahnung schreiben um den Unmut zu zeigen. Das ist aber schon die größte Wirkung dabei. Der Arbeitgeber ärgert sich wahrscheinlich über den BR und wird vielleicht vorsichtiger. Die genannte Dokumentation des Verhalten des AGs setzt aber noch etwas viel wichtigeres Voraus: Beweise sammeln! Also Dokumentation des Verhaltens, vielleicht mal ein Protokoll/Notiz eines Mitarbeiters über einen Vorfall machen lassen. Ansonsten stellt sich der AG hin und sagt einfach: so war das nicht. Und dann brauche ich etwas in der Hand. Da reicht die Abmahnung nicht
Erstellt am 20.07.2022 um 13:01 Uhr von Kampfschwein
@Querulant88 : Sämtliche Beschwerden aus der Belegschaft und auch vom BR haben bisher kein Gehör gefunden. Die Situation(en) werden dann immer heruntergespielt.
Bei der nächsten Beschwerde, die mal wieder heruntergespielt wird, könnte das hier weiterhelfen :
§ 85:Behandlung von Beschwerden durch den Betriebsrat
(1) Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.
(2) Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt nicht, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist.
(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerde zu unterrichten. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.
Erstellt am 20.07.2022 um 16:16 Uhr von Querulant88
Hallo Kampfschwein,
ja, das war auch bereits im Gespräch. Teile des Gremiums sind aber bisher noch nicht bereit, schärfere Maßnahmen mitzugehen. Ich hoffe, das sich das in naher Zukunft ändert. Ich habe in einem Gespräch einem der Initiatoren nahegelegt, den BR explizit, falls möglich schriftlich, aufzufordern die Beschwerde weiter zu verfolgen.
Erstellt am 20.07.2022 um 16:40 Uhr von Challenger
Zitat Querulant88 : ......ja, das war auch bereits im Gespräch. Teile des Gremiums sind aber bisher noch nicht bereit, schärfere Maßnahmen mitzugehen. Ich hoffe, das sich das in naher Zukunft ändert.
Der BR sollte auf jeden Fall mal Zwischengas geben, denn sonst wird der AG Euch auch in Zukunft nicht für voll nehmen. Oft ist es auch hilfreich, mit der Einigungsstelle und/oder einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu kokettieren. Auf einem groben Klotz gehört auch schon mal ein grober Keil.
Erstellt am 21.07.2022 um 19:02 Uhr von Challenger
Hallo Querulant88,
halt uns bitte auf dem laufenden, wie es bei Euch weitergeht.
Erstellt am 22.07.2022 um 08:38 Uhr von Muschelschubser
Jetzt muss ich mal blöd fragen.
1.) Könnte nicht auch ein BRM in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer Beschwerde gem. §85 BetrVG einreichen?
2.) Wenn Verstöße gegen BV und ArbZG bestimmbar und nachweisbar sind, welche Handhabe hat der BR dann noch, diese Beschwerde als nicht berechtigt zu erachten?
Keine höheren Wellen schlagen zu wollen, kann doch kein Grund sein wenn konkrete wiederholte Verfehlungen im Raum stehen. Ich würd's durchziehen, und wenn die Einigungsstelle angerufen werden muss, dann ist das so.
Erstellt am 22.07.2022 um 13:38 Uhr von Challenger
Zitat Muschelschubser : Jetzt muss ich mal blöd fragen.
1.) Könnte nicht auch ein BRM in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer Beschwerde gem. §85 BetrVG einreichen?
Die Frage ist überhaupt nicht blöd. Denn nach Arbeitsvertrag bist Du ja in erster Linie Arbeitnehmer des Betriebs und damit gem. §85 BetrVG beschwerdeberechtigt. Da muss der eine oder andere erst mal drauf kommen.
Erstellt am 22.07.2022 um 13:55 Uhr von Relfe
@Muschelschubser
nur musst Du dann Bedenken, wenn das dann irgendwann als TOP auf der TO im BR liegt, dann muss erstmal geklärt werden, ob Du gesetzlich verhindert bist.
Verhindert bist Du nur, wenn es speziell nur Dich betrifft, wenn es eine Gruppe von AN oder alle betrifft, dann bist Du nicht verhindert.
Wie das in diesem Fall ist, wo Du das BRM eine Beschwerde einreicht, die aber im Grunde auf alle MA Auswirkung hat?
Erstellt am 22.07.2022 um 15:50 Uhr von lolium
bei Fittig steht: "ist ein Mitglied des BR selbst Beschwerdeführer, ist er wegen eigener Betroffenheit sowohl bei der Beschlussfassung der BR, als auch bei der Anrufung der E-Stelle und der Durchführung des E-Stellenverfahrens ausgeschlossen"
Ich würde mal sagen der Verhinderungsgrund ist gegeben, egal ob es nur den das BR-Mitlgied als Beschwerdeführer betrifft oder auch ander MA.
Querulant88 schreit: Teile des Gremiums sind aber bisher noch nicht bereit, schärfere Maßnahmen mitzugehen. Ich hoffe, das sich das in naher Zukunft ändert. Ich habe in einem Gespräch einem der Initiatoren nahegelegt, den BR explizit, falls möglich schriftlich, aufzufordern die Beschwerde weiter zu verfolgen.
Wenn Teile des BR Verstöße gegen BV oder Gesetzte einfach ignorien nützen wohl auch die Beschwerden nichts. Um dagegen vorzugehen braucht es keine Beschwerde.
Hier müsste wohl nur mal etwas der Popo einiger BR Mitglieder etwas aufgepustet werden.