Erstellt am 10.07.2012 um 07:46 Uhr von DrUmnadrochit
Püppi,
von Ferne ist so etwas immer sehr schwer zu beurteilen, allerdings wird es in der Regel nicht so sein, dass "alles beim alten" bleibt, denn irgendein Ziel verfolgt der Arbeitgeber ja.
Auch die Tatsache in Zukunft in einem kleineren Unternehmen zu arbeiten kann übrigens ein Nachteil sein.
Wenn allerdings keine Nachteile erkennbar sind, dann wird es schwer, in einem Sozialplan noch Dinge herauszuhandeln die nicht auch im Interessensausgleich vereinbart worden sein können.
Erzwingbar ist der Sozialplan in Eurem Falle wohl kaum.
Irritieren tut mich Deine Frage nach der Unterschrift unter den Interessenausgleich: Habt Ihr den denn nicht verhandelt, sondern nur vorgesetzt bekommen?
Erstellt am 10.07.2012 um 08:20 Uhr von Püppi
Bisher haben wir den nur vorgesetzt bekommen.
Was könnte man denn an der Stelle vereinbaren? Da erstmal alles erhalten bleiben soll fällt mir da auf die schnelle nichts weiter ein.
Erstellt am 10.07.2012 um 08:30 Uhr von DrUmnadrochit
Es wäre natürlich gut zu verstehen was der Arbeitgeber vorhat. Warum spaltet er diesen Betriebsteil ab? Soll er in einen anderen (schlechteren) Tarifvertrag überführt werden? Oder geht es darum diesen Betriebsteil mittelfrsitig zu schließen? Oder stecken Verkaufsabsichten dahinter? Oder irgend etwas ganz anderes?
Zumindest könnte man so Themen wie Kündigungssperre oder langfristige Zusicherung bestimmter Sozialleistungen oder ähnliches ins Gespräch bringen.
Da das Wort "Interessenausgleich" den Begriff "Ausgleich" beinhaltet, müssen meines Erachtens immer zwei Seiten daran beteiligt sein.
Erstellt am 10.07.2012 um 09:04 Uhr von rkoch
Ein kleines Detail am Rande...
Bei §111 BetrVG geht es um die "Spaltung von Betrieben", nicht um die "Spaltung von Unternehmen". Kleiner, aber feiner Unterschied.
Mit der Spaltung von Betrieben ist der reale Vorgang einer organisatorischen Abspaltung gemeint: "Abteilung X wird organisatorisch komplett aus dem Betrieb abgegrenzt, es gibt keinerlei (!) Zusammenarbeit zwischen den beiden Betriebsteilen mehr". So lange die abgegrenzten Teile ihre alte Funktion für die anderen Teile im wesentlichen weiter ausüben findet diese Spaltung also nicht statt.
Die Zuordnung eines Betriebsteils zu einem anderen Unternehmen, ohne das sich an der betrieblichen Struktur sehr, sehr viel ändert, ist keine Spaltung eines Betriebes. Vielmehr entsteht nach §1 (2) 2. BetrVG (hier ist von Spaltung eine Unternehmens die Rede!) ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen. Der BETRIEB bleibt unverändert bestehen, wird also nicht gespalten. Man nennt diesen Teil des Gesetzes die "Vermutung" das durch diese "Unternehmensspaltung" der Betrieb nicht gespalten wird. Um also eine Spaltung zu erreichen muß diese "Vermutung" mit massiven Argumenten seitens des AG (ggf. in einem Verfahren vor dem AG) widerlegt werden. So lange die Vermutung nicht widerlegt wurde, keine Spaltung.
Das heißt nicht, das nicht §111 aus einem der anderen Gründe anwendbar wäre und es heißt auch nicht, dass nicht ein "freiwilliger" Interessenausgleich möglich wäre. Das was Du da argumentierst (außer der "Spaltung" passiert nichts) ist aber in diesem Sinne kein Interessenausgleich (welche Interessen von AG und AN wurden denn ausgeglichen?). Das einzige was darin Manifestiert wird, ist die SPALTUNG. Ein Schelm der schlimmes dabei denkt. Faktisch versucht der AG IMHO mit diesem "Interessenausgleich" einen Vertrag zu schaffen, der die Spaltung niederschreibt, also die Vermutung aus §1 (2) 2. BetrVG widerlegt.... Erst durch diesen Interessenausgleich wird überhaupt eine Spaltung geschaffen. Ohne diesen, keine Spaltung..... Ob der AG mit diesem Vertrag tatsächlich die Spaltung erreicht - wer weiß?
Also: Anstatt mit viel Nachdenken über den "Interessenausgleich" Zeit zu verschwenden, solltet ihr erstmal klären ob der Betrieb überhaupt gespalten wurde! Falls nicht, bleibt für Euch als BR alles beim alten! Ansonsten müsstet ihr Neuwahlen nach §21a einleiten! Ich glaube nicht, dass es in Eurem Sinne ist, wenn der Betriebsrat gespalten wird, oder?
Erstellt am 10.07.2012 um 10:12 Uhr von gironimo
Ihr solltet mit dieser Angelegenheit auf jedem Fall einen Fachanwalt zu Rate ziehen, da - wie hier ja bereits gesagt - aus der Ferne schlecht zu sagen ist, was wirklich abgeht.
Erstellt am 10.07.2012 um 21:55 Uhr von DrUmnadrochit
Anderer Auffassung als rkoch ist übrigens der Fitting.
"Nach den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen liegt ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vor, wenn sie in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden UND DER EINSATZ DER MENSChLICHEN ARBEITSKRAFT VON EINEM EINHEITLICHEN LEITUNGSAPPARAT GESTEUERT WIRD.
Di einheitliche Leitung im Gemeinschaftsbetrieb muss sich - ebenso wie in einem Betrieb eines Unternehmens - auf die Entscheidungen des ArbGeb. im Bereich der personellen und sozialen Angelegenheiten des gemeinsamen Betriebes beziehen. (...)
Eine unternehmerische Zusammenarbeit allein reicht für die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebes nicht aus.
(...)
Werden die Betriebsmittel nicht gemeinsam eingesetzt, liegt selbst bei einer 'einheitlichen Leitung' kein gemeinsamer Betrieb vor."
Erstellt am 11.07.2012 um 08:51 Uhr von Rheinländer
Wir haben gerade einen Interessenausgleich hinter uns. Ich kann Dir nur den dringenden Rat geben, wie schon von gironimo erwähnt, einen Fachanwalt hinzuzuziehen.
Im Rahmen eines Interessenausgleichs sind eine Reihe von Feinheiten zu klären, die nur ein erfahrener Anwalt klären kann. Ich kenne euer Unternehmen nicht und weiß auch nicht wie das Verhältnis von Betriebsrat zu Geschäftsführung ist, aber ohne anwaltliche Kompetenz besteht die große Gefahr, dass ihr über den Tisch gezogen werdet.
Sollte die Frage "gemeinsamer Betrieb" von Interesse sein, kann ich euch nur raten, die verschiedenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts bzw. der diversen Landesarbeitsgerichte sorgfältig zu lesen. Da stehen sehr viele Hinweise drin, die man gut nutzen kann. Sie sorgen auch dafür, dass man sich nicht verrennt.
Erstellt am 11.07.2012 um 11:54 Uhr von rkoch
@DrUmnadrochit
Wenn Du Fitting schon zitierst, dann lies wenigstens den Teil des Kommentars, der sich auf meine Darstellung der Lage bezieht, nicht den, der sich auf §1 (2) 1. BetrVG bezieht.
Diesen Teil findest Du ab Rn. 92 (hoffe ich zumindest, mein Fitting ist veraltet..
Zitat:
Das Entstehen eines Gemeinschaftsbetriebes mehrerer Unternehen kann die Folge der Spaltung eines Unternehmens sein. Eine Unternehmensaufspaltung kann, muss aber nicht zu einer Betriebsaufspaltung führen. Häufig bleibt die betriebliche Einheit erhalten.
An diesen Tatbestand knüpft jetzt §1 Abs. 2 Nr. 2 an. Die Bestimmung stellt die Vermutung auf, dass der Betrieb von den an der Spaltung beteiligten Rechtsträgern gemeinsam geführt wird, sofern durch die Spaltung die Organisation des Betriebes nicht wesentlich geändert wird. (... usw.)
Zitat Ende.
Wesentlich ausführlicher zur Rechtsnatur von §1 (2) 2. DKK ab Randnummer 126.
Ich habe auch nicht gesagt, dass dadurch zwingend ein gemeinsamer Betrieb entsteht! Der AG kann die im G vorgesehene Vermutung der Entstehung dieses gemeinsamen Betriebes nach der von Dir zitierten Beweisführung gerne widerlegen. (Wie ich auch geschrieben habe) Aber er muss es auch tun!
Das ist quasi eine Beweislastumkehr zu Gunsten des BR. vgl. DKK Rn. 127 zu §1 BetrVG:
Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es Ziel der gesetzlichen Vermutungsregelung, für die betriebliche Praxis den Anlass zu Streitigkeiten über das Vorliegen oder Nichtbestehen des gemB dadurch zu verringern, dass vor allem den WV und BR eine entsprechende Nachweiserleichterung verschafft wird.
Nach dem was Püppi hier aber über die Konsequenzen dieser Unternehmensspaltung schreibt (für die AN ändert sich nichts!), sollte dem AG die Beweisführung aber schwer fallen, es sei denn, die betroffenen Strukturen waren bislang bereits weitestgehend autark und die endgültige Trennung wurde durch diesen Schritt nur vollzogen.
Erstellt am 11.07.2012 um 23:33 Uhr von DrUmnadrochit
@rkoch:
Denkst Du wirklich ich hätte das im Fitting nicht gelesen?
Vorab: Fitting ist doch der der seine Rnn sauber häklt und mit a, b, c arbeitet. Deshalb hängen seine Rn nicht von der Auflage ab. Däubler hingegen ist der der mit jeder Neuauflage seine RNn neu verteilt.
Letztendlich helfen diese Ausführungen doch nur bei der Darlegungslast. Der WV kann also in der Regel bei einem gespaltenen Betrieb erst einmal einen Gemeinschaftsbetrieb postulieren und der AG hat ihn zu widerlegen. Wenn er aber darlegt, dass es keinen eiheitlichen Leitungsapparat mehr gibt, oder die Betriebsmittel nicht gemeinsam benutzt werden, dann war es das mit dem Gemeinschaftsbetrieb.
Das ist erheblich weniger als Dein Beitrag nahe legt:
"organisatorisch komplett aus dem Betrieb abgegrenzt, es gibt keinerlei (!) Zusammenarbeit zwischen den beiden Betriebsteilen mehr"
"ohne das sich an der betrieblichen Struktur sehr, sehr viel ändert" (Ok, "sehr sehr viel" ist natürlich eine Interpretationssache)
Ich will es mal an einem Beispiel klar machen warum ich Deinem Beitrag widersprochen habe:
Wir nehmen einen Verlag der seinen Versand abspaltet. Der Versand bleibt weiterhin im Erdgeschoss des Verlagshauses, bekommt aber einen eigenen Leitungsapparat.
Was ändert sich für die betroffenen Arbeitnehmer? Eigentlich nichts, außer dass auf den Lohnabrechnungen jetzt ein anderer Absender steht.
Was ändert sich für die AN des Verlages? Eigentlich nichts, sie gehen weiterhin ins Erdgeschoß, geben ihr Päckle ab und sagen "Jupp, das muss bis morgen Mittag da und da sein." Einziger Unterschied ist, dass Jupp jetzt nicht nur "Jo, das geht schon klar!" sagt, sondern auch noch "Dann musst Du mir hier aber auch einen Expressauftrag unterschreiben!"
Aber: Kein gemeinsamer Leitungsapparat, keine gemeinsame Nutzung der Betriebsmittel, also kein Gemeinschaftsbetrieb, obwohl sich an der Organisation aus Sicht der AN nicht viel geändert hat, obwohl die Zusammenarbeit gleich geblieben ist. Und die Vermutung des WV ist blitzschnell widerlegt.
Erstellt am 12.07.2012 um 09:43 Uhr von rkoch
Das wäre dann der klassische Fall den ich eben gemeint habe: Die Versandabteilung war eigentlich schon immer autark (ähnliche Beispiele gibt es aus dem Bereich "Fuhrpark" der dann zum Logistikdienstleister wird) und die Abtrennung wird nur noch vollzogen. Aber Du hast trotzdem auch den Finger in die Wunde gelegt:
> Jupp jetzt nicht nur "Jo, das geht schon klar!" sagt, sondern auch noch "Dann musst Du
> mir hier aber auch einen Expressauftrag unterschreiben!"
Was wäre, wenn Jupp immer noch sagen würde: "Jo, das geht schon klar!" ?????
Aber mir ging es eben darum darzulegen, dass die Unternehmensspaltung erst einmal den sehr massiven Keim in sich trägt, dass es KEINE Betriebsspaltung ist. Püppi hat eben in keinster Weise dargelegt, was für ein Verhältnis zwischen dieser Abteilung und dem Restbetrieb handelt, hat aber offenbar stillschweigend die "Betriebsspaltung" akzeptiert ohne diese kritisch zu betrachten. Und genau das soll sie tun! Und so weit es zwischen dieser Abteilung und dem Rest des Betriebes eine elementare Verbindung gibt, gibt es auch Zweifel an der Betriebsspaltung.
BTW: Auch in Deinem Beispiel kann die Situation eintreten, dass die Betriebsspaltung nicht vollzogen wurde: z.B. weil die GF der beiden Unternehmen immer noch mit den selben Personen besetzt ist (und somit eine Trennung der Leitungsmacht faktisch nicht erkennbar ist). Aber auch, wenn der Verlag der EINZIGE Kunde bleibt, faktisch also sich das Geschäft des Versandes immer noch zu 100% mit dem Geschäft des Verlages verknüpft bleibt. Zweifel sind also immer noch angesagt. Ich als BR oder WV würde mir vor dem Hintergrund des §1 (2) 2. BetrVG NICHT den Schuh anziehen eine derart weitreichende Entscheidung zu fällen. Dass soll einer tun, der dazu berufen ist.
NB: Die Betriebsspaltung würde auch zu einem 2. BR im Betrieb und die 100%ige Abhängigkeit u.U. noch zu einem Unterordnungsverhältnis, aka Konzern mit der Folge KBR führen.... Ob das der AG selbst will?