Erstellt am 08.04.2011 um 14:17 Uhr von pitsieben
@ LucieWE,
lese mal den Kommentar von Däubler zum § 102 BetrVG ab Rn 226.
Zitat:
"Die Kündigung ist unwirksam, wenn die Anhörung durch den AG fehlerhaft ist (h. M.). Diese Feststellung ist zu ergänzen durch den Hinweis auf die subjektive Determination des Anhörungsverfahrens durch den AG: Demgemäß ist die Kündigung bei unvollständiger Information nicht unwirksam; vielmehr führt § 102 dazu, dass der AG die Kündigung im Kündigungsschutzprozess nur noch auf die dem BR mitgeteilten (bzw. möglicherweise zulässigerweise nachgeschobenen) Gründe stützen kann (Rn. 71, 109 ff.). Unwirksam ist deshalb die Kündigung vor allem in folgenden Fällen:
Es wird überhaupt nicht informiert (Rn. 43).
Der AG unterlässt eine notwendige Wiederholung der Information (Rn. 55, 67).
Der AG informiert nicht zutreffend über die Person des AN (Rn. 62).
Der AG unterlässt die Nennung von Kündigungsfrist (Rn. 64) oder Kündigungstermin (Rn. 66) bzw. nennt falsche Termine.
Der AG informiert wissentlich wahrheitswidrig (Rn. 79).
Der AG informiert nur pauschal (BAG 27. 6. 85, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 60); vgl. jedoch die Möglichkeit der subjektiven Determination (Rn. 70).
Der AG informiert ein unzuständiges Gremium (Rn. 122, 230).
Der AG informiert ein nichtempfangsberechtigtes BR-Mitglied (Rn. 133)"
Erstellt am 08.04.2011 um 14:54 Uhr von lucieWE
Hallo pitsieben,
vielen Dank für die Antwort.
Der AG hat pauschal informiert: "betriebsbedingt/Arbeitsrückgang" Mehr wissen wir nicht.
Wenn ich dem AG jetzt mitteile, dass die Kündigung unwirksam sein wird, dann gibt er bestimmt eine "ordnungsgemäße" Anhörung rein. Ich möchte aber gerne, dass das Arbeitsgericht ihm den Zahn zieht. Und gar kein MA gekündigt wird. Bzw. der MA vom Gericht den Arbeitsplatz wieder zugesprochen bekommt.
Wie sollen wir konkret reagieren?
Frist verstreichen lassen oder Bedenken äußern?
Vielen Dank
LucieWE
Erstellt am 08.04.2011 um 15:16 Uhr von neskia
Vllt hilfts, ich zitiere hier aus
aib 2009, Ausgabe 11, S. 634–637 – Felser, Anhörung und Widerspruch des Betriebsrats
Ohne eine vollständige Mitteilung der Kündigungsgründe läuft die Frist zur Stellungnahme nicht. Deshalb steht dieser Punkt als erstes auf der Checkliste. Stellt der Betriebsrat fest, dass die Informationen des Arbeitgebers unvollständig sind, muss er aber entscheiden, ob er dies rügt oder nicht. Das ist eine schwierige und unter Umständen taktische Frage.
Verpflichtet dazu ist er nicht. Rügt der Betriebsrat zu Recht die unvollständige Information, beginnt die Frist zur Stellungnahme erst nach vollständiger Information zu laufen. So kann u.U. eine Kündigung um einen Monat oder ein Quartal hinausgeschoben werden. Rügt der Betriebsrat zu Unrecht eine unvollständige Information, kann der Arbeitgeber die Kündigung trotzdem aussprechen. Verlangt der Betriebsrat trotz unvollständiger Information die fehlenden Informationen nicht nach, sondern schweigt oder nimmt Stellung, kann die nicht ordnungsgemäße Information des Betriebsrats dazu führen, dass die Kündigung des Arbeitnehmers unwirksam ist (§ 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) oder der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess des Arbeitnehmers die dem Betriebsrat auch nicht mitgeteilten Informationen nicht vorbringen darf. Das gilt selbst dann, wenn der Betriebsrat der Kündigung zustimmt. Auch die ausdrückliche Zustimmung heilt nämlich Mängel in der Anhörung nicht. Eine allgemeine Empfehlung für ein
»richtiges« Verhalten gibt es in dieser Frage nicht.
Erstellt am 08.04.2011 um 15:31 Uhr von LucieWE
Hallo neskia,
das war genau das was ich gesucht habe.
Vielen, vielen Dank :-)))))))
Ein schönes Wochenende und nochmals danke....
LucieWE
Erstellt am 08.04.2011 um 15:39 Uhr von DonJohnson
Ja nu - ich würde widersprechen - ist dann besser für den Kündigungsschutzprozess und dem AN mitteilen, dass die Anhörung nicht ordnungsgemäß war... ;-)))