Erstellt am 25.12.2016 um 08:42 Uhr von gironimo
Nein, du liegst falsch. Dadurch, dass der neue Kollege mehr bekommt, entstehen den anderen keine Nachteile im Sinne des § 99 BetrVG.
Ausserdem, wenn ihr zustimmt, habt ihr nach der Einstellung ein Argument mehr, um mit dem AG über eine höhere Eingruppierung der bisher beschäftigen Kollegen zu sprechen.
Erstellt am 25.12.2016 um 08:52 Uhr von UliPK
In der derzeitige Lage, facharbeitermangel zahlen die AG auch schon mal mehr als im TV vorgesehen um überhaupt an Fachpersonal zu kommen. Hier hat der neue Schichtmeister wohl auch einiges an verhandlungsgeschick gezeigt.
Selbstverständlich kann auch mehr bezahlt werden als im TV vorgesehen ist dann halt eine außertarifliche bezahlung. Der TV legt ja in solchen Fällen nur die untergrenze fest.
Der AG ist nach oben hin frei, er muss nur die untere Grenze wahren, das dadurch Unruhe bei den Mitarbeitern entstehen kann ist schon klar.
§ 99 Abs. 2 Nr. 3 greift hier mE nicht.
Soll denn jemand gekündigt werden wegen der Einstellung des neuen Schichtmeisters oder wie gironimo schrieb schlechter gestellt werden?
Erstellt am 25.12.2016 um 10:05 Uhr von Hoppel
@ Chemie
"Bei uns haben die Schichtmeister die LG 9/6. Der neue Kollege soll die E10/4 bekommen und nach einem halben Jahr die E10/6:bekommen."
Selbst eine zu niedrige Eingruppierung ist entsprechend der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung NIEMALS ein Grund, als BR die Zustimmung zu einer Einstellung verweigern zu können.
Als BR könntet Ihr zwar der Einstellung zustimmen und der Eingruppierung widersprechen, aber Letzteres würde ich mir als BR zehnmal überlegen!
Wenn dieser Schichtleiter in Entgeltgruppe 10 eintarifiert werden soll, hat der AG doch fast keine Argumente dafür, anderen Schichtleitern mit gleichem Aufgabengebiet etc. diese Entgeltgruppe verweigern zu können!
Bevor man aber dieses Fass aufmacht, sollte der neue Kollege die Probezeit überstanden haben ...
"Geht denn das, das der Kollege von 10/4 nach einem halben Jahr 10/6 bekommt. Ist das nicht ein Verstoss Tarifvertrag. "
Ich bin mir sehr sicher, dass JEDER TV die Möglichkeit beinhaltet, eine höhere Entgeltstufe auch schon vor Ablauf der tarifvertraglichen Stufenlaufzeit gewähren zu können.
Erstellt am 25.12.2016 um 10:50 Uhr von UliPK
Das muss nicht zwingend im TV stehen dieses regelt das TVG und in solchen Fällen der
§ 4 Abs. 3 TVG (Günstigkeitsprinzip).
Besser stellen geht immer ob dieses aber auch immer unbedingt sinnig ist bleibt mal offen, kommt immer auf die Umstände an.
Erstellt am 25.12.2016 um 11:23 Uhr von Hoppel
@ UliPK
Soso ... Du willst also einen TV, der ja nunmal das Ziel von transparenter Lohngerechtigkeit verfolgt, mit dem Günstigkeitsprinzip aushebeln.
Da solltest Du vielleicht einmal die BAG Entscheidung vom 28.04.1998 - 1 ABR 50/97 lesen. Es ging um den Widerspruch des Betriebsrats wegen zu hoher Eingruppierung und die in diesem Betrieb beabsichtigte LG 10 anstelle der 9 ist doch zunächst einmal das primäre Problem dieses BR.
Amtlicher Leitsatz:
1. Der Betriebsrat kann nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Zustimmung zu einer Eingruppierung mit der Begründung verweigern, nur eine niedrigere als die vorgesehene Vergütungsgruppe sei zutreffend.
"Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen als Mitbeurteilungsrecht und nicht als Mitgestaltungsrecht zu verstehen. Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine im Betrieb angewandte Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung ist keine konstitutive Maßnahme, sondern Rechtsanwendung.
Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, daß möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung in vergleichbaren Fällen und damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis [...]
Nach diesen Grundsätzen kann der Betriebsrat einer Eingruppierung auch mit der Begründung widersprechen, sie sei deshalb unzutreffend, weil der Arbeitnehmer geringerwertige Tätigkeiten ausübe.
Nur dieses Verständnis wird dem Zweck des Beteiligungsrechts bei Eingruppierungen nach § 99 BetrVG gerecht. Es soll nicht allein den betroffenen Arbeitnehmer schützen. Vielmehr dient es auch kollektiven Belangen, nämlich der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis.
Gerade die Verteilungsgerechtigkeit im Betrieb ist aber berührt, wenn einzelne Arbeitnehmer durch eine übertarifliche Eingruppierung bevorzugt werden."
Erstellt am 25.12.2016 um 11:51 Uhr von UliPK
Es handelt sich hierbei doch um eine Einstellung und nicht um eine neue Eingruppierung.
Da lese ich das im Fitting § 99 Rdnr.95 aber etwas anders.
Vereinbart der ArbGeb. mit dem ArbN bei Einstellung oder Versetzung eine Vergütung
nach einer höheren Tarifgruppe als die der Tätigkeit entsprechenden, dann hat eine der MB
des BR unterliegende Eingrupierung in diese, der Tätigkeit entsprechenden Tarifgruppe zu erfolgen; bei dem "überschießenden" Teil der Vergütung handelt es sich um ein übertariflichs Entgeld, das sich als arbeitsvertragliches Element der Beurteilung des BR entzieht.
(schoof AiB 0, 409, 414)
Deswegen bin ich dann wohl auch fälschlicher Weise vom Günstigkeitsprinzip ausgegangen.
Erstellt am 25.12.2016 um 12:19 Uhr von Ernsthaft
@Hoppel
Alles korrekt. Und so sollte es auch gehandhabt werden.
Wie aber verträgt sich das jetzt mit der von dir hierzu zuvor getroffenen Aussage: „Bevor man aber dieses Fass aufmacht“.
Ich habe auch immer Bauchschmerzen dabei, wenn suggeriert wird, dass aktuelle Vorteile anderer deshalb hingenommen werden sollten, weil sich dadurch dann diverse Offerten für dann vermeintlich hier übergangene eröffnen.
Meine Erfahrungen zeigen mir aber, dass meistens genau das Gegenteil der Fall ist (Zurückstufung), und dadurch dann nur eine vorher vermeidbare, mit Unfrieden behaftete unnötige Action aufkommt.
@UliPK
Eine Einstellung ist immer zweiteilig zu behandeln.
Einmal die Einstellung selbst, und zum zweiten, die dann zu lebende korrekte Eingruppierung.
Man kann dem Ersten Zustimmen und dem Zweiten widersprechen, aber logischerweise nicht umgekehrt.
Eine Günstigkeit setzt zumindest eine zweite Option (Wahlmöglichkeit) voraus. Die aber dann nicht vorliegen kann, wenn dieses bereits in einem AV als feststehend definiert wäre.
Wünsche allen noch ein friedliches und frohes Weihnachten.
Erstellt am 25.12.2016 um 12:31 Uhr von UliPK
Ok, das habe ich so weit verstanden, schrieb ja auch
"Deswegen bin ich dann wohl auch fälschlicher Weise vom Günstigkeitsprinzip ausgegangen."
Sorry an den Threadersteller @chemie das ich seinen Thread gekapert habe.
Hoffe aber mal das ihm geholfen worden ist mit den bisherigen Antworten.
Erstellt am 25.12.2016 um 12:48 Uhr von Challenger
Tach auch,
@UliPK :"In der derzeitige Lage, facharbeitermangel zahlen die AG auch schon mal mehr als im TV vorgesehen um überhaupt an Fachpersonal zu kommen. Hier hat der neue Schichtmeister wohl auch einiges an verhandlungsgeschick gezeigt."
Durchaus zuteffend.Allerdings packen die AG idR außertarifliche Zulagen obendrauf, sofern der AG tatsächlich Schwierigkeiten hatte/hätte, einen qualifizierten Schichtführer für das Unternehmen an "Land zu ziehen".
Im übrigen haben Hoppel und Ernsthaft völlig recht.
@chemie : Fordert den AG doch mal auf, SCHRIFTLICH darzulegen,auf welcher Grundlage er
den Neuen höher eingruppieren will und er deshalb glaubt, warum er die Höhere Eingruppierung gegenüber den bisherigen Schichtführern für berechtigt hält.
Erstellt am 25.12.2016 um 16:36 Uhr von Kratzbürste
Wieder mal - viel Text macht es nicht besser oder richtiger......
Fragt doch mal die Gewerkschaft, wie sie die "falsche" Eingruppierung sieht. Gerade der BETV Chemie wird ja gerne als nach oben durchlässiger Tarif gelobt.