Erstellt am 10.11.2010 um 15:15 Uhr von rkoch
> Kann mir jemand in (leicht) verständlichen Worten erklären, wann man einen GBR und wann einen KBR gründen muß (soll oder darf)??
§47 (1) BetrVG:
Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, so ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten.
§54 (1) BetrVG Für einen Konzern (§ 18 Abs. 1 des Aktiengesetzes) kann durch Beschlüsse der einzelnen Gesamtbetriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden. Die Errichtung erfordert die Zustimmung der Gesamtbetriebsräte der Konzernunternehmen, in denen insgesamt mehr als 50 vom Hundert der Arbeitnehmer der Konzernunternehmen beschäftigt sind.
(2) Besteht in einem Konzernunternehmen nur ein Betriebsrat, so nimmt dieser die Aufgaben eines Gesamtbetriebsrats nach den Vorschriften dieses Abschnitts wahr.
Selten ist das BetrVG so präzise.
Einzige Unklarheit ergibt sich eigentlich aus der manchen nicht klaren Unterscheidung Unternehmen --- Betrieb. "Ist" in §47 ist die Muss-Form. Ein GBR muss also gebildet werden wenn es mehrere BR im Unternehmen gibt.
Ein KBR wird gebildet, wenn
- Einige Unternehmen einen Konzern bilden
- einige GBR bzw BR (wenn kein GBR existiert) der Unternehmen im Konzern beschlossen haben das sie einen KBR bilden wollen UND
- wenn die Anzahl der AN der Unternehmen deren GBR bzw BR (Abs. 2) die Bildung eines KBR beschlossen haben wenigsten 50% der AN im gesamten Konzern ausmachen.
Eine Pflicht dazu besteht nicht (KANN).
> hat eine KBR bei Betriebsübergängen/Verschmelzungen weniger Mitspracherecht
> (Beteilugunsrechte) als ein GBR??
BR, GBR und KBR haben jeweils eigene, nicht überlappende Zuständigkeitsbereiche. Wo ein BR zuständig ist haben GBR und KBR nichts zu sagen, wo ein GBR zuständig ist haben BR und KBR nichts zu sagen, wo ein KBR zuständig ist haben BR und GBR nichts zu sagen.
Der KBR kann also Beteiligungsrechte bei Betriebsübergängen/Verschmelzungen nur wahrnehmen, soweit nicht ein GBR bzw. BR zuständig ist. Die Beteiligungsrechte des GBR/BR werden in ihrem originären Zuständigkeitsbereich in keinster Weise geschmälert. Umgekehrt könnten die GBR/BR keine Beteiligungsrechte wahrnehmen, die originär nur vom KBR geregelt werden können. Hat der AG also Maßnahmen vor, für die er die Zustimmung eines originär zuständigen KBR bräuchte, aber kein KBR existiert so gilt das selbe wie bei einer eigentlich notwendigen Zustimmung eines BR, wenn kein BR existiert: Er muss niemanden Fragen und kann einfach handeln. Umgekehrt kann er mit einem existierenden KBR keine Regelungen rechtswirksam vereinbaren, wenn der KBR originär gar nicht zuständig ist.
Beispiel: Eine gegenüber dem KBR durchgeführte Anhörung zu Kündigungen im Rahmen von Konzernweiten Entlassungen ist unwirksam, da nicht der KBR anzuhören ist sondern der im Betrieb zuständige BR. Eine mit dem GBR abgeschlossene GBV über eine konzernweit eingeführte Telefonanlage ist unwirksam, da der KBR zuständig wäre. Eine Regelung über private Nutzung der Telefonanlage mit dem KBR ist unwirksam, da das auf betrieblicher Ebene geregelt werden kann und damit der BR zuständig ist, wobei es sinnvoll sein kann das in so einem Fall die einzelnen BR/GBR den KBR mit der wahrnehmung ihrer Rechte beauftragt.
Alles klar? Nein? Macht nichts. Das ist auch keinem AG klar (mir auch nicht). Wann welcher BR originär zuständig ist darüber scheiden sich die Geister. Wenn alle drei Gremien existieren begibt sich der AG eigentlich immer aufs Glatteis. Ob er den richtigen BR beteiligt, darüber läßt sich trefflich streiten (außer in absolut klaren Fällen wie personellen Einzelmaßnahmen oder betrieblichen Arbeitszeiten für die definitiv immer der BR zuständig ist). Ich verweise auf die Kommentare zu den Zuständigkeiten.
Erstellt am 10.11.2010 um 15:29 Uhr von DonJohnson
rkoch
Wenn ich mir aber so § 54 Abs 2 BetrVG so ansehe, ist es so klar auch nciht ;-)
Da muß man sich Das Aktiengesetz echt vornehmen und schauen und dann ein wenig die Gedanken spielen lassen ;-)))
Erstellt am 11.11.2010 um 19:41 Uhr von angehei
@rkoch und alle Wissenden im Forum
lese gerade diesen Beitrag mit großem Interesse, vielleicht kann ich von Euch etwas darüber erfahren wie wir uns verhalten sollen.
Konzern (beherrschendes Unternehmen 100% Aktieninhaber, Handel ausgesetzt)
mit mehreren einzelnen Unternehmen (rechtlich selbständige GmbH´s) hat in 3 Niederlassungen Betriebsrat.
Diese haben einen GBR konstituiert,ordentliche Beschlußfassung natürlich vorausgesetzt, Wahlleiter usw. alles streng nach BetrVG (§ 47) Konzernleitung lehnt Anerkennung mit der Begründung ab, da es sich um einen typische Konzern bzw. Holdingstruktur handelt, somit kein GBR gegründet werden kann bzw. darf. Begründung ist, das das BetrVG keinen derartigen Unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrat kennt.
Für einen KBR fehlen die Voraussetzungen
Was tun?
Erstellt am 12.11.2010 um 08:48 Uhr von rkoch
Nur zum Mitschreiben:
Der Konzern sieht so aus:
Mutter
|
+----------------+---------------+
| | |
GmbH 1 GmbH 2 GmbH 3
| | |
Betrieb 1 Betrieb 2 Betrieb 3
BR1 BR2 BR3
Richtig?
Dann hat die KL mit der Aussage, das hier kein GBR gegründet werden kann absolut Recht. GBR werden ausschließlich von den Einzel-BR der Betriebe eines Unternehmens gebildet. Wenn in dem Bild Da oben die GmbH 1 einen weiteren Betrieb (Betrieb 1.1) und der ebenfalls eine BR (BR 1.1) hätte, dann würden diese beiden BR (BR 1 und BR 1.1) eine GBR bilden.
Das wiederrum: "Für einen KBR fehlen die Voraussetzungen" wird allerdings durch das: "Konzern (beherrschendes Unternehmen 100% Aktieninhaber, Handel ausgesetzt)" ad absurdum geführt.
Zitat §54 BetrVG: Für einen Konzern (§ 18 Abs. 1 des Aktiengesetzes) kann durch Beschlüsse der einzelnen Gesamtbetriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden. Besteht in einem Konzernunternehmen nur ein Betriebsrat, so nimmt dieser die Aufgaben eines Gesamtbetriebsrats nach den Vorschriften dieses Abschnitts wahr.
und §18 AktG:
Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefaßt, so bilden sie einen Konzern;
Wo also bitte sollen die Voraussetzungen für einen KBR nicht erfüllt sein? Natürlich könnt ihr einen KBR bilden, der dann "einen unternehmensübergreifenden Betriebsrat" darstellt. Sollte die Konzernmutter bislang keinen BR haben und ansonsten §1 BetrVG erfüllen kann der KBR dann auch dort einen BR installieren indem er einen Wahlvorstand einsetzt.
Erstellt am 12.11.2010 um 09:07 Uhr von Petrus
@rkoch:
Die fehlende Voraussetzung könnte die in §54(1) Satz 2, 2. Hs. BetrVG genannte sein. (Mehrere GmbHs, aber nur in dreien existiert ein BR; die MA dieser drei Unternehmen stellen aber nicht 50% der Konzernbelegschaft)
Erstellt am 12.11.2010 um 09:25 Uhr von rkoch
@Petrus
Stimmt.... Man kann (vielleicht muss man sogar) angeheis Darstellung so lesen das es noch mehr Unternehmen im Konzern ohne BR gibt. Sprich: Im Diagramm fehlen noch die GmbH 4, 5, 6, etc.) Nun ja, wenn dem so ist hoffe ich das angehei überhaupt weiß welche Unternehmen alle zum Konzern gehören..... Nicht das da doch noch ein Unternehmen mit BR irgendwie zum Konzern gehört und damit die 50% voll macht. Ansonsten können die BR des Konzerns nur noch die anderen Konzernunternehmen besuchen und versuchen die dortigen AN zur Bildung von BR zu überzeugen.
Erstellt am 12.11.2010 um 18:34 Uhr von angehei
@rkoch,@petrus
Danke wäre ein genialer Schachzug, ziehen wir in Betracht.
Denke aber das eine Zerschlagung oder Betriebsübergang demnächst bevorsteht. Es gibt noch weitere 35 GmbHs alle ohne BR, ebenso die Mutter ohne BR. Die anderen wollten wir bereits von der Errichtung eines BR überzeugen, allerdings sitzt den meisten die Angst vor Repressalien im Nacken.
Sollten Euch noch so geniale Gedanken kommen, bin über jeden Tipp dankbar.