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Organisation des Wirtschaftsausschusses

Autor:
Markus Krebs
7 Minuten Lesezeit

Der Wirtschaftsausschuss ist kein Bestandteil des Betriebsrats, sondern ein eigenständiges Gremium und folgt damit seinen eigenen Regeln.

Wichtige Informationen zur Organisation des WA erhalten Sie in diesem Artikel.

Ein Wirtschaftsausschuss wird organisiert

Was ist bei der Organisation des Gremiums zu beachten?

Der Wirtschaftsausschuss steht dem Betriebsrat als Hilfsorgan zur Verfügung und sollte - wenn möglich - auch mit Personen besetzt werden, die kein Mitglied im Betriebsrat sind. Der Vorteil liegt darin, dass auch Experten aus dem Rechnungswesen oder aus anderen Bereichen integriert werden können.

Die theoretischen Grundlagen des BetrVG sind schwer in die Praxis umzusetzen, denn die Mitglieder im Wirtschaftsausschuss, welche nicht im Betriebsrat sind, haben keinen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 bis 3a KSchG.

Eine Aufgabenverteilung innerhalb des Gremiums ist bei der Organisation des Wirtschaftsausschusses von Vorteil.

Tipp: Es zeigt sich von Vorteil, wenn sich jene Mitglieder des Wirtschaftsausschusses mit der Analyse der Monatszahlen und des Jahresabschlusses befassen, die daran interessiert sind. Sie haben regelmäßig über die Ergebnisse zu berichten.

Für die übrigen Mitglieder des Wirtschaftsausschusses (nachfolgende auch kurz „WA”) gibt es folgende Aufgaben zu erledigen: Verhandlungen mit dem Arbeitgeber führen, Teilnahme an Einigungsstellen, Analyse der Unternehmensplanung, Recherchen im Handelsregister oder im Internet.

Welche Rolle hat ein Sprecher des WA?

Eine typische Frage bei Wirtschaftsausschuss-Seminaren ist die nach der Notwendigkeit eines Wirtschaftsausschuss-Vorsitzenden. Nach dem BetrVG ist es keine Pflicht, einen Vorsitzenden zu haben.

Tipp: Es empfiehlt sich, einen Sprecher zu benennen, dem organisatorische Aufgaben übertragen werden können.

Der WA Sprecher kann und sollte die folgenden Funktonen übernehmen:

  • Führung der WA-Sitzungen: Die Führung der Sitzungen intern und auch mit dem Unternehmer sollten vom WA-Sprecher übernommen werden, sofern einer vorhanden ist. Von ihm wird die Sitzung eröffnet und die Teilnahme der WA-Mitglieder und des Unternehmers erfasst. Er leitet durch die Sitzungen, erteilt oder entzieht das Wort und verfolgt die Tagesordnung. Abschweifende, ausufernde und unwichtige Punkte einzelner Teilnehmer sowie des Unternehmers sollten vom WA-Sprecher unterbunden werden.
  • Vertretung des WA nach außen: Der WA-Sprecher kann die vom WA gefassten Beschlüsse vertreten. Fallbeispiele: Verlangen auf Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 80 Abs. 3 BetrVG), ausdrückliche Aufforderung zur Herausgabe bestimmter Informationen, etc.
  • Annahme von Anträgen und Erklärungen: Der Sprecher des WA ist der Hauptansprechpartner für Anträge und Erklärungen durch den Arbeitgeber.
  • Unterrichtung des Betriebsrats: Gemäß §§ 106 Abs. 2 und 108 Abs. 4 BetrVG hat der Wirtschaftsausschuss den BR unverzüglich und vollständig über die WA-Sitzungen zu informieren. Dies macht meistens der WA-Sprecher durch Verteilung des Protokolls in Verbindung mit einer mündlichen Erläuterung.

Praxisbezogenes Know-how veranschaulicht immer wieder, dass der Unternehmer in Absenz des WA-Sprechers seine Aufgaben meist außer Acht lässt, weil ihm mutmaßlich eine Ansprechperson fehlt.

Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass der Unternehmer in Abwesenheit des WA-Sprechers seine Aufgaben häufig vernachlässigt, da ihm angeblich ein Ansprechpartner fehlt. Aus diesem Grund ist es von Vorteil, einen Stellvertreter für den WA-Sprecher zu bestimmen.

Was ist bei der Organisation von WA-Sitzungen zu beachten?

Bei den Vorbereitungen für die Sitzungen des Wirtschaftsausschusses sollte auf folgende Punkte geachtet werden:

  • Art und Anzahl der Termine
  • Terminplanung
  • Einberufung
  • Tagesordnung
  • Protokoll

Tipp: Es gibt zwei Arten von Sitzungen, die unterschieden werden sollten: Die Sitzung mit dem Arbeitgeber und ferner eine Sitzung für Vor- und (falls erforderlich) Nachbereitungstermine.

Rechtliche Grundlage: § 108 Betriebsverfassungsgesetz

  • Der Wirtschaftsausschuss soll monatlich einmal zusammentreten.
  • Der Unternehmer oder sein Vertreter haben an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses teilzunehmen.

Das Angebot des BetrVG, dass der Wirtschaftsausschuss einmal im Monat zusammenkommen soll, nehmen viele Gremien in Anspruch. Nachdem sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens monatlich verändert, gibt es jeden Monat neue Informationen, die genau untersucht und besprochen werden müssen (Informationsquellen für den WA). Ergeben sich Änderungen oder Neuerungen in der Firma (z.B. Schließung einer Abteilung, Unternehmensaufspaltung) kann der Wirtschaftsausschuss auch in kürzeren Zeitabständen zusammentreten.

Die monatlichen Ergebnisse müssen vor den Sitzungen mit dem Unternehmer geprüft werden, um evtl. Fragen oder Unklarheiten klären zu können. An Vor- und Nachbereitungssitzungen nehmen nur die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses teil. Hier geht es darum, sich Gedanken über die interne Meinungsbildung und die Festlegung taktischer Verhaltensweisen für die Sitzung mit dem Unternehmer zu machen.

Nach § 108 Abs. 2 BetrVG muss der Unternehmer persönlich oder zumindest sein Vertreter an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses teilnehmen. Allerdings darf dies den Wirtschaftsausschuss nicht daran hindern, zur Vor- und Nachbereitung gesondert zusammen zu kommen.

Tipp: Es ist hilfreich und wichtig, sich bei der Vorbereitung einer Wirtschaftsausschuss-Sitzung mit dem Unternehmer über die Formulierung des Verhandlungsziels sowie auf ein Minimal- und Maximalziel zu einigen.

Das BAG (16.03.82 AP Nr. 3 zu § 108 BetrVG) schreibt vor, dass Wirtschaftsausschuss-Mitglieder die Gelegenheit haben müssen, sich gründlich auf die Sitzungen vorzubereiten, um die wirtschaftlichen Angelegenheiten mit dem Unternehmer gleichberechtigt besprechen zu können.

Tipp: Man sollte die monatlichen Sitzungen so terminieren, dass bereits die aktuellen Monatsdaten vorhanden sind.
Beispiel: Die monatliche Erfolgsrechnung (BWA=betriebswirtschaftliche Auswertung) wird meist in den ersten zehn Kalendertagen des Folgemonats erstellt. Deshalb bietet sich eine Wirtschaftsausschuss-Sitzung Mitte des Monats an.

Damit die Wirtschaftsausschuss-Sitzungen mit dem Unternehmer in regelmäßigen Abständen garantiert sind, empfiehlt sich, dass der Wirtschaftsausschuss-Vorsitzende und der Unternehmer einen gemeinsamen Terminplan erstellen.

Tipp: Die Terminplanung sollte - mit dem (G)BR und dem Unternehmer - für ein Geschäftsjahr im Voraus vereinbart werden. Dadurch kann der Unternehmer behaupten, "er habe keine Zeit und sein Terminkalender sei voll!"

In einer Vor- und Nachbereitungssitzung kann zwischen dem (G)BR und den Wirtschaftsausschuss-Mitgliedern die Tagesordnung für die Sitzungen mit dem Unternehmer vereinbart werden. Damit sich der Unternehmer auf alle Punkte gezielt vorbereiten kann, sollten die einzelnen Punkte der Tagesordnung so genau wie möglich beschrieben sein. Dadurch kann er sich nicht damit herausreden, dass die Punkte zu ungenau aufgeführt seien und er sich daher nicht ausreichend vorbereiten konnte.

Tipp: Manche Wirtschaftsausschüsse halten sich bei der Tagesordnung strikt an die Punkte des § 106 Abs. 3 Nr. 1 bis 10 BetrVG. Allerdings sollte der Wirtschaftsausschuss den Unternehmer nach und nach um konkretere Informationen bitten (z.B. Kostenrechnung, Rückstellungen oder zu Investitionen).

Mindestens 10 Tage vor Beginn der Wirtschaftsausschuss-Sitzung sind die Punkte der Tagesordnung unter Angabe des Orts, der Zeit und eventuell der Dauer an alle Teilnehmer sowie dem Unternehmer zuzustellen.

Tipp: In jedem Fall sollte nach jeder Sitzung ein schriftliches Protokoll erstellt werden.

Für den Wirtschaftsausschuss dient das Protokoll zur Gedächtnisstütze. Für den Betriebsrat dient es als hilfreiches Informationsmedium und auch als zukünftige Argumentationshilfe gegenüber dem Unternehmer. Das Protokoll sollte vom Unternehmer abgezeichnet werden. Lehnt er eine Unterschrift ab oder verbessert er entscheidende Äußerungen, zeigt dies Unzuverlässigkeit des Unternehmers. In einer solchen Situation kann man auf eine Unterschrift des Unternehmers bzw. seines Vertreters auch getrost verzichten.

Benötigt der WA eine Geschäftsordnung?

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) schreibt dem WA, anders als beim Betriebsrat, keine Geschäftsordnung vor. Aus diesem Grund verfügt der Wirtschaftsausschuss auch über keine konkreten Mitbestimmungsrechte. Dies hat zur Folge, dass keine Formvorschriften beim Beschlussverfahren beachtet werden müssen.

In größeren Gremien des Wirtschaftsausschusses ist eine Geschäftsordnung dennoch vorteilhaft. Eine Geschäftsordnung stellt sicher, dass gleichartige und wiederkehrende Vorgänge geregelt sind. Gemeint ist damit die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Wirtschaftsausschuss-Sitzungen sowie die Aufgabenbearbeitung durch einzelne Mitglieder des Wirtschaftsausschusses oder die Rechte und Pflichten des Wirtschaftsausschuss-Sprechers. Folgende Punkte können z.B. durch eine Geschäftsordnung geregelt werden:

  • Festlegung eines festen Sitzungsrhythmus mit dem Unternehmer und der Einladungsfristen
  • Bestimmung des WA-Sprechers, des Stellvertreters und des Schriftführers
  • Aufgaben des WA-Sprechers / Stellvertreters
  • Festlegung, dass WA-Sitzungen während der Arbeitszeit stattfinden und Regelung von Ausnahmen
  • Zahl und Zusammensetzung (z.B. Mindestanzahl der BR-Mitglieder) der WA-Mitglieder und Ersatzmitglieder
  • Zeitpunkt der Vor- und Nachbereitungssitzungen
  • Verhinderung von WA-Mitgliedern
  • Regelung über die Hinzuziehung von Auskunftspersonen (z.B. sachkundige Arbeitnehmer, leitende Angestellte, BR-Mitglieder)
  • Voraussetzungen für die Arbeits- und Beschlussfähigkeit des WA
  • Art und Zeitpunkt der Unterrichtung des BR durch den WA
  • Regelung über die Hinzuziehung von Sachverständigen
  • Zeitrahmen, bis wann dem Unternehmer alle Fragen des WA zugeleitet werden sollen und Benennung einer Frist, bis wann die Antwort zu geben ist
  • Regelung über die Hinzuziehung von Vertretern der Gewerkschaft
  • Vorgehensweise bei Meinungsverschiedenheiten soweit nicht gesetzlich geregelt (z.B. die Weiterleitung an den Betriebsrat mit Bitte um Einberufung einer Einigungsstelle)
  • Durchführung von Beschlussfassungen in Anlehnung an § 33 Abs. 1 und 2 BetrVG
  • Bestimmung der Eckdaten der Tagesordnung; konkrete Benennung der wirtschaftlichen Angelegenheiten, die immer besprochen werden sollen
  • Sitzungsprotokoll: Erstellung, Inhalt, Verteiler und Einsichtnahmemöglichkeiten
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Autor: Markus Krebs

Rechtsanwalt Markus Krebs hat nach seiner Ausbildung als Industriekaufmann und nach seinem Jurastudium bei den führenden national und international aufgestellten Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaften (bei den sog. Big Four) in Frankfurt am Main gearbeitet. Im Anschluss daran wurde Herr Rechtsanwalt Markus Krebs bei einer Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaft in Würzburg Partner und leitet dort das Referat Arbeitsrecht. Seit 2015 ist Herr Rechtsanwalt Markus Krebs wieder im Frankfurter Raum als Rechtsanwalt vertreten und hat sich im August 2018 mit einer eigenen Kanzlei in Frankfurt am Main niedergelassen. Sein Beratungsschwerpunkt liegt ausschließlich im Kollektiv- und Individualarbeitsrecht.
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