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Wirtschaftsausschuss gründen

Autor:
Markus Krebs
4 Minuten Lesezeit

In Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu gründen (§ 106 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz).

Der Wirtschaftsausschuss wird für das ganze Unternehmen gegründet, unabhängig davon, wie viele Betriebe dem Unternehmen angehören. Jedoch muss mindestens in einem der Betriebe ein Betriebsrat gebildet sein.

Möchten Sie wissen, welche Voraussetzungen zur Gründung eines WA gelten und wie er zusammengesetzt wird?

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Es wird unterschrieben, damit man einen Wirtschaftsausschuss gründen kann

Voraussetzungen zur Gründung

Feststellung der Belegschaftsstärke

Zu den oben genannten 100 Arbeitnehmern sind auch Auszubildende zu zählen, leitende Angestellte allerdings nicht.

Nach der neuen Rechtsprechung des BAG sind auch Leiharbeitnehmer bei der Feststellung der Belegschaftsstärke zu berücksichtigen, wenn ein ständiger Arbeitsplatz vorübergehend mit Leiharbeitnehmer besetzt wird (BAG vom 13.03.2013, Az.: 7 ABR 69/11). Sinkt die Belegschaftsstärke im Unternehmen dauerhaft auf weniger als 101 Arbeitnehmer, endet das Amt des Wirtschaftsausschusses unabhängig davon, ob die Amtszeit des ihn bestellenden Betriebsrates noch andauert.

Wirtschaftsausschuss ist Pflicht!

Die Bildung des Wirtschaftsausschusses ist vom Gesetzgeber zwingend vorgeschrieben und ist Aufgabe des Betriebsrats bzw. des Gesamtbetriebsrats. Eine Nicht-Gründung des Wirtschaftsausschusses kann somit als grobe Pflichtverletzung nach § 23 Abs. 1 BetrVG des Betriebsrats angesehen werden. Der Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat) kann die Aufgaben des Wirtschaftsausschusses nicht selbst übernehmen.

Dies gilt auch dann, wenn der Hauptsitz des Unternehmens im Ausland liegt. Für Tendenzbetriebe nach § 118 BetrVG gilt diese Vorschrift nicht. Ob ein Tendenzbetrieb vorliegt, muss dann im Einzelnen geprüft werden und ist nicht pauschal zu beantworten.

Bilden mehrere im gesellschaftsrechtlichen Sinne selbstständige Unternehmen (Firmen) einen einheitlichen Betrieb (Gemeinschaftsbetrieb) i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG mit zusammen mehr als 100 Arbeitnehmern, so ist bei dem Trägerunternehmen entsprechend § 106 BetrVG ein Wirtschaftsausschuss zu bilden, selbst wenn diese einzelnen Unternehmen jeweils für sich alleine die vorausgesetzte Arbeitnehmerzahl nicht erreichen und rechtlich selbständig bleiben (BAG vom 01.08.1990, Az.: 7 ABR 91/88).

In Unternehmen mit weniger als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist dagegen die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nicht möglich. Hier stehen dem Betriebsrat die Rechte eines Wirtschaftsausschusses nicht selbst zu, allerdings können sich für den Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 BetrVG entsprechende Unterrichtungsrechte ergeben. Diese Unterrichtungsrechte nach § 80 Abs. 2 BetrVG sind nicht so umfassend wie die des Wirtschaftsausschusses.

Zusammensetzung des Wirtschaftsausschusses

Gebildet wird der Wirtschaftsausschuss grundsätzlich für das gesamte Unternehmen, selbst, wenn dieses aus mehreren Betrieben besteht. Der Wirtschaftsausschuss besteht dabei mindestens aus drei und höchstens aus sieben Mitgliedern, die dem Unternehmen angehören müssen (§ 107 Abs. 1 Satz 1 BetrVG).

Innerhalb dieses Rahmens kann die genaue Zahl der Wirtschaftsausschussmitglieder durch den Betriebsrat frei bestimmt werden. Dabei muss mindestens ein Mitglied des Wirtschaftsausschusses auch Mitglied des Betriebsrats sein.

So können auch leitende Angestellte als Mitglieder des Wirtschaftsausschusses bestellt werden. Auch Arbeitnehmer ausländischer Betriebe des Unternehmens kommen als Mitglieder des Wirtschaftsausschusses in Betracht. Besteht ein Gesamtbetriebsrat, so bestimmt dieser den Wirtschaftsausschuss. Besteht kein Gesamtbetriebsrat, obwohl ein Gesamtbetriebsrat gebildet werden könnte, so kann der Wirtschaftsausschuss nicht gebildet werden.

Bestellung der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses

In einem Unternehmen mit nur einem Betrieb werden die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses vom Betriebsrat durch einen entsprechenden Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit bestellt (§ 33 Abs. 1 BetrVG). Jedes Mitglied ist einzelnen zu wählen.

In Unternehmen mit mehreren Betrieben wird der Wirtschaftsausschuss vom Gesamtbetriebsrat bestellt. Einen besonderen Minderheitenschutz wie für die Ausschüsse des Betriebsrates gibt es nicht. Bei den Gemeinschaftsbetrieben sind Besonderheiten zu beachten.

Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses sollen nach § 107 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die zur Erfüllung ihrer Aufgaben fachliche und persönliche Eignung besitzen. Ob ein Arbeitnehmer diese erforderliche Eignung besitzt liegt im Ermessen des Betriebsrats.

Der Betriebsrat bestimmt die Wirtschaftsausschussmitglieder, die er für geeignet erachtet und die zur Übernahme des Amtes bereit sind. Ein Zwang zur Übernahme eines solchen Amtes besteht nicht. Eine Ausnahme gilt für Betriebsratsmitglieder (§ 107 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Zur Ausübung des Amtes sollen daher die Wirtschaftsausschussmitglieder die fachliche und persönliche Eignung besitzen, d.h. das Verständnis der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Gegebenheiten soll ausreichend vorhanden sein.

Der Betriebsrat kann nach § 107 Abs. 3 BetrVG mit der Mehrheit seiner Stimmen beschließen, dass die Aufgaben des Wirtschaftsausschusses an einen Ausschuss des Betriebsrats übertragen werden. Dies kann nur dann in Betracht kommen, wenn der Betriebsrat mindestens neun Mitglieder hat und weitere Ausschüsse gebildet worden sind. Allerdings darf die Zahl der Ausschussmitglieder die Zahl der Mitglieder des Betriebsausschusses nicht überschreiten. Bis zur Höchstzahl des Ausschusses dürfen auch leitende Angestellte in den Ausschuss berufen werden. Der Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat) kann jederzeit die Übertragung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses auf den besonderen Ausschuss oder die Heranziehung weiterer Mitglieder widerrufen.

Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses können jederzeit abberufen werden. Die Tätigkeit im Wirtschaftsausschuss ist ehrenamtlich. Die Vorschrift des § 37 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG ist daher entsprechend anzuwenden.

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Autor: Markus Krebs

Rechtsanwalt Markus Krebs hat nach seiner Ausbildung als Industriekaufmann und nach seinem Jurastudium bei den führenden national und international aufgestellten Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaften (bei den sog. Big Four) in Frankfurt am Main gearbeitet. Im Anschluss daran wurde Herr Rechtsanwalt Markus Krebs bei einer Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaft in Würzburg Partner und leitet dort das Referat Arbeitsrecht. Seit 2015 ist Herr Rechtsanwalt Markus Krebs wieder im Frankfurter Raum als Rechtsanwalt vertreten und hat sich im August 2018 mit einer eigenen Kanzlei in Frankfurt am Main niedergelassen. Sein Beratungsschwerpunkt liegt ausschließlich im Kollektiv- und Individualarbeitsrecht.
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