Erstellt am 28.09.2017 um 01:22 Uhr von basilica
laut Wahlleitfaden von verdi (Normales Wahlverfahren, Ausgabe August 2013, Seite 26) "verliert der Arbeitnehmer seine Betriebszugehörigkeit und entsprechend sein Wahlrecht mit Beginn der (unwiderruflichen) Freistellungsphase". Euren 63-jährigen Kollegen solltet Ihr demnach nicht mehr zu BR-Sitzungen laden. Wenn auch Euer langzeitkrankes BR-Mitglied den Betrieb verläßt, müßt ihr nach § 13 BetrVG daraufhin unverzüglich (das dürfte so etwa innerhalb von zwei Wochen bedeuten) einen Wahlvorstand bestellen. Nach § 22 BetrVG bleibt Ihr als vierköpfiger BR bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses mit allen Rechten und Pflichten im Amt. Um eine betriebsratslose Zeit zu vermeiden, sollte der Wahlvorstand die konstituierende Sitzung des neuen BR zeitgleich mit oder vor der Bekanntgabe des Wahlergebnisses abhalten lassen. Solange Euer krankes Ersatzmitglied noch dem Betrieb angehört, könnt Ihr bedenkenlos auch zu viert weiterarbeiten. Gemäß Fitting (§ 33 BetrVG Rn 12) dürfen von den vieren sogar zwei unentschuldigt fehlen, ohne daß die Beschlußfähigkeit verloren geht, weil dann immer noch die Hälfte des anwesenheitspflichtigen BR-Mitglieder anwesend ist. Wenn also ganz regulär am 30.3. gewählt werden soll, würde ich spätestens zu Mitte Januar den Wahlvorstand bestellen. Wenn die Leute sich erst noch in die Thematik einarbeiten müssen, lieber noch etwas früher. Wenn die Amtszeit des alten BR am 30.3. schon endet, würde ich den Wahltag schon mindestens eine Woche früher ansetzen, damit zum Wechsel der Amtsgewalt am 30.3. die konstituierende Sitzung schon gelaufen ist.
Erstellt am 28.09.2017 um 09:28 Uhr von KlaGru
Vielen Dank für die ausführliche Auskunft. Jetzt ist nur noch folgendes unklar:
Der Ausgesteuerte Kollege der ja schon von der Arge bezahlt wird. Zählt der noch zum Betrieb er taucht zumindest noch auf der Zeiterfassung als ausgesteuert auf. Eigentlich ist der Arbeitgeber doch die Arge und kann er dann noch al Nachrücker genommen werden.
Die BR-Kollegin in Freistellung müsste doch zurücktreten um nicht mehr beim BR berücksichtigt zu werden. Oder bin ich hier falsch.
Danke für die Unterstützung
Erstellt am 28.09.2017 um 20:00 Uhr von basilica
Im Kommentar von Fitting heißt es unter Rn 29 zum § 7 BetrVG:
"So sind wahlberechtigt auch kranke (einschl. Bezieher einer Erwerbsminderungsrente - s. Burgmer AuA 05, 718ff - u. sog. ausgesteuerter ArbN nach Ablauf des Krankengeldbezugs, § 48 SGB V), beurlaubte ArbN (Elternzeit, § 15 BEEG), infolge von Beschäftigungsverboten arbeitsbefreite ArbNinnen (§§ 3Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG) sowie" ... (zitiert aus der 26. Aufl. von 2012)
Euer kranker BR-Kollege ist also vollkommen unabhängig von der Dauer seiner Erkrankung betriebszugehörig. Damit steht er auch zumindest theoretisch noch dem BR zur Verfügung. Es gibt ja z.B. Kranheiten, mit denen man zwar nicht arbeiten kann (und damit für die Mitarbeit im BR hinreichend entschuldigt ist), gleichwohl aber an einer BR-Sitzung teilnehmen könnte. Wenn Euer kranker Kollege Euch also singnalisiert, daß er trotz Krankheit im BR mitarbeiten möchte, müßt Ihr ihn zu den Sitzungen einladen. Ohne daß dieser Teilnahmewunsch geäußert wurde, könnt Ihr auf die Einladung verzichten. Trotzdem ist er noch regulärers BR-Mitglied. Das ändert sich, wenn er sich endgültig freistellen läßt. Ich zitiere noch mal aus dem erwähnten verdi-Wahlleitfaden:
"Es spricht viel dafür, dass für Beschäftigte, die auf Grundlage einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung dauerhaft unwiderruflich freigestellt sind, diese für die Freistellungsphase der Altersteilziet hier dargelegten Grundsätze eine entsprechende Anwendung finden. Wenn Mitarbeiter entweder nicht unwiderruflich oder ohne vertragliche Vereinbarung - also einseitig vom Arbeitgeber - freigestellt werden, gelten diese Grundsätze nicht. In diesem Fall sind die Beschäftigten trotz Freistellung weiterhin betriebszugehörige Arbeitnehmer." (Leitfaden Seite 26)
Da die Verhandlungen über die Abfindung noch laufen, sieht es für mich so aus, daß der kranke Kollege noch als Betriebsangehöriger zählt und damit unverändert BR-Mitglied ist.
Beim dem 63-Jährigen dürfte das nicht mehr der Fall sein. Er hat durch den Verlust der Betriebszugehörigkeit auch die Wählbarkeit und damit das BR-Mandat (siehe § 24 BetrVG) verloren. Eine gesonderte Erklärung über die Amtsniederlegung ist da nicht mehr nötig, wäre doppeltgemoppelt.