Fällt eigentlich niemandem die Perversion dieser Diskussion auf?
Weshalb tätigt ein AG einen solchen Schritt? Ganz einfach: Er will sich auf Kosten der AN einen schlanken Fuß machen. Buchhaltung, Management und Vorfinanzierung gehen auf Risiko und zu Lasten des AN.
Dabei wird billigend in Kauf genommen, das dieser zur Sicherung seiner Existenz u.U. auf eigene Rechnung ein zusätzliches Girokonto benötigt und die zusätzlichen Schufa-Einträge akzeptiert, die sich u.U. auch bonitätsverschlechternd auswirken können. Beispielsweise zählen viele Kreditkarten und Girokonten nicht als Postivmerkmal.
Denn was passiert, wenn bei der Abrechnung und Erstattung etwas schief läuft? Und wie sehen die "längeren Zahlungsrahmen" in der Praxis aus?
Wer z.B. als Berater viel unterwegs ist, der kann im Monat hohe vierstellige Beträge anhäufen. Der hat unzählige Belege, die er bearbeiten muss. Wird dann falsch oder spät überwiesen, fehlt ggf. Geld für die Lebenshaltung, für die Miete etc. Daueraufträge laufen nicht durch usw. usf.
Um sich davor zu schützen, bedarf es eines separaten Kontos. Und ist dieses nicht gedeckt, weil vielleicht falsch oder spät überwiesen wird, dann haftet der AN mit Gebühren, evtl. Bonitätsverschlechterung etc. pp.
Wie hier Einigungsstellen eine solche Regelung nach deutschem Recht gut heißen können, erschließt sich mir nicht. Es gibt meines Wissens keine rechtliche Grundlage auf deren Basis ein AG den AN nötigen kann und darf, eine Kreditkarte zu beantragen und dafür gerade zu stehen, damit er betrieblich veranlasste Reisen tätigen kann. Sorry, das hört sich schon falsch an und kann nicht richtiger werden, wenn Einigungsstellen dem zustimmen - da werfen sich doch sehr viele Fragen auf.
Wer die Musik bestellt, der bezahlt. Und hier halte ich es sogar für wesentlich vorteilhafter, wenn Unternehmen eine eigene Reisestelle unterhalten und Buchungen und Rechnungen zentral steuern und abrechnen. Der Haken ist die Liquidität des Unternehmens - hat es damit aber Probleme, ist das ein Alarmsignal mehr. Ein weiterer Haken ist, das eben dediziertes Personal benötigt wird...
Auf der anderen Seite:
Wie sieht es denn aus? Man bucht über die Firmenkreditkarte, die eigentlich keine ist. Man rechnet ab, schickt irgendwem die Belege. Der muss das Geld dann einzeln überweisen. Das ganze muss schnell gehen. Wer macht das? Auch da wird Personal benötigt - und weil das so ist, macht man so etwas gerne im Near- oder Off-Shoring... Verletzt damit u.U. den Datenschutz, weil man sensitive und personenbezogene Daten von Mitarbeitern weitergibt. Man tangiert die Bonität von Mitarbeitern. Man wälzt unternehmerische Aufgaben auf die Angestellten ab ...
Als AN würde ich dem AG hier den ausgestreckten Mittelfinger zeigen. Einklagen kann er das nämlich nicht. Kündigen kann er deswegen nicht. Abmahnen kann er deswegen nicht. Aber er hat Stress damit. Mehr, als wenn er seinen Job als AG wahrnimmt und sich nicht auf Kosten der AN die Liquidität schön rechnet...