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Einstweilige Verfügung

7 Minuten Lesezeit

Die einstweilige Verfügung ist ein vorläufiger Rechtsschutz, der auf Anordnung eines Gerichts im Zivilprozess zur Sicherung eines Rechtsanspruchs oder des Rechtsfriedens gewährt wird.

Sie ist die effektivste und einfachste Möglichkeit zur Sicherung von Ansprüchen durch eine vorläufige gericht­liche Anordnung.

Alles, was Sie als Betriebsrat zu diesem Thema wissen müssen, lesen Sie hier.

Personen reden über die Einstweilige Verfügung

Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung

Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt das Verfahren der einstweiligen Verfügung. Damit vor Gericht ein Antrag eingereicht werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Verfügungsanspruch

Ein Betriebsrat kann gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG bei besonderer Eilbedürftigkeit eine einstweilige Verfügung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren beantragen. Für einen Verfügungsanspruch in Betracht kommen dabei in der Regel die Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus dem Betriebsverfassungsgesetz oder die Rechte aus einem Tarifvertrag. Ein Beispiel hierfür ist die Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 BetrVG.

Hier hat der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch der in Eilfällen auch mit einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann. Darüber hinaus hat der Betriebsrat auch im Hinblick auf die Durchführung bzw. Einhaltung einer Betriebsvereinbarung durch den Arbeitgeber oder das Recht auf die Durchführung unbehinderter Betriebsratswahlen Verfügungsansprüche.

Desweiteren kann auch der Arbeitgeber Verfügungsansprüche gegen den Betriebsrat geltend machen. Diese stehen ihm beispielsweise hinsichtlich der Unterlassung einer unzulässigen Betriebsversammlung oder der nicht erforderlichen Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulung zu.

Verfügungsgrund

Beantragt der Betriebsrat beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung, muss er auch einen Verfügungsgrund darlegen, der die besondere Eilbedürftigkeit begründet. So muss die Gefahr bestehen, dass durch das Fortbestehen eines Rechtsverstoßes die Erfüllung des Anspruchs des Betriebsrats vereitelt oder wesentlich erschwert ist.

Dies kann zum Beispiel dann zutreffen, wenn sich der Arbeitgeber weigert dem Betriebsrat für die bevorstehende regelmäßige Betriebsversammlung einen Raum zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat muss daraufhin den Verfügungsanspruch- und grund glaubhaft darlegen, indem er Unterlage einreicht bzw. eidesstattlich versichert, dass der vorliegende Fall eine besondere Eilbedürftigkeit aufweist. Die Entscheidung über die einstweilige Verfügung obliegt schließlich dem Beschluss der Kammer des zuständigen Arbeitsgerichts.

Glaubhaftmachen des Anliegens

Wird ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung gestellt, muss der Tatbestand vor Gericht glaubhaft gemacht werden. Infrage kommen hierbei neben allen gängigen Beweismitteln auch Urkunden oder eidesstattliche Versicherungen vom Antragssteller oder weiteren Zeugen. Die Sachlage sollte vor Gericht so deutlich gemacht werden, dass keine Zweifel an der Dringlichkeit und Richtigkeit des Antrags offenbleiben.

Dabei kann es auch notwendig sein auf die Aussagen der Gegenseite einzugehen und von ihr gestellte Anträge hinreichend zu widerlegen. Um dem Gericht nichts vorzuenthalten sollte dem Antrag zudem auch die vorgerichtliche Korrespondenz mit der Gegenseite beigefügt werden.

Wann kann ein Betriebsrat eine einstweilige Verfügung erlassen?

Ein Betriebsrat kann eine einstweilige Verfügung erlassen, sofern er glaubhaft darlegen kann, dass sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund für diese besteht. Ein Verfügungsanspruch besteht dann, wenn der Betriebsrat einen Anspruch hat, den er gegen den Arbeitgeber sichern will.

Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn durch die Dauer des Rechtsschutzes im ordentlichen Verfahren eine Rechtsvereitelung eintreten könnte oder eine vorläufige Regelung zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen eintreten könnte und somit eine Entscheidung im Eilverfahren notwendig ist.

Vollziehung der einstweiligen Verfügung

Die einstweilige Verfügung gilt als Erlassen, wenn das Gericht für den Antragssteller entschieden hat. Ab wann die Auflagen aus der Verfügung zu erfüllen sind, ist von der Art der gerichtlichen Entscheidung abhängig.

Gerichtsentscheidung per Beschluss

Entscheidung per Beschluss heißt, dass über den Erlass ohne eine mündliche Verhandlung entschieden wird. Gültigkeit erlangt die Verfügung erst, wenn der Antragssteller den Erlass bzw. eine beglaubigte Kopie des Erlasses dem Antragsgegner innerhalb von einem Monat zukommen lässt.

Für den Fall, dass der Antragsgegner vorgerichtlich von einem zustellungsbevollmächtigten Anwalt vertreten wurde, sollte die beglaubigte Kopie auch an diesen adressiert werden. Bei mehreren Antragsgegnern, muss jedem ein Erlass zugestellt werden.

Ist die Monatsfrist verstrichen, kann die Verfügung durch das Gericht wieder aufgehoben werden. Daraufhin kann zwar ein neuer Antrag gestellt werden, allerdings ist es hierbei in der Regel schwierig erneut die Dringlichkeit zu beweisen.

Gerichtsentscheidung per Urteil

Bei einer Entscheidung per Urteil, wird die Verfügung nach einer mündlichen Verhandlung erlassen. Das Urteil ist grundsätzlich mit der Verkündung wirksam. Mit dem Urteilsspruch beginnt auch die einmonatige Vollziehungsfrist. Das Gericht muss die Verfügung innerhalb dieser Frist ausfertigen und sie sowohl dem Antragssteller als auch dem Antragsgegner zukommen lassen.

Abwendung einer einstweiligen Verfügung

Bei Zustellung einer einstweiligen Verfügung hat der Antragsgegner mehrere Möglichkeiten auf diese zu reagieren.

Schutzschrift

Wurde bereits eine vorgerichtliche Abmahnung zugestellt, besteht die Möglichkeit beim zentralen Schutzschriftenregister eine sog. Schutzschrift einzureichen. In dieser kann dem zuständigen Gericht aufgezeigt werden, weshalb ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung abzuweisen ist bzw. nicht ohne einer mündlichen Verhandlung darüber entschieden werden sollte. So kann vermieden werden, dass das Gericht nur auf der Grundlage eines einseitigen Vortrags des Antragsstellers entscheidet.

Widerspruch

Wurde vom Gericht per Beschluss ohne einer vorherigen mündlichen Verhandlung über die Erteilung einer einstweiligen Verfügung entschieden, kann der Antragsgegner einen Widerspruch einlegen. Dieser sollte sich allerdings dennoch an die in der Verfügung festgesetzten Auflagen halten, bis das Gericht über den Widerspruch entschieden hat.

Wurde ein Widerspruch eingereicht, wird zunächst ein Termin für eine mündliche Verhandlung festgesetzt. In dieser hat der Antragsgegner die Möglichkeit seine Sichtweise zu schildern. Wird dem Widerspruch durch das Gericht stattgegeben, verliert die Verfügung ihre Gültigkeit. Die Verfahrenskosten müssen von der unterlegengen Partei getragen werden.

Berufung

Nach der Urteilsverkündung bei vorangegangener mündlicher Verhandlung oder einer nach Widerspruch bestätigten Verfügung, wird die Angelegenheit im Falle einer Berufung in zweiter Instanz entschieden. Eine Berufung sollte jedoch stets sorgfältig abgewogen werden, da der Verlierer des Berufungsverfahrens die gesamten Verfahrenskosten trägt. Es empfiehlt sich hier einen Anwalt hinzuzuziehen, um die Chancen und Risiken einer Berufung einschätzen zu können.

Hauptsacheklage erzwingen

Hierbei wird der Antragssteller gezwungen, eine Hauptsacheklage innerhalb einer gerichtlich festgesetzten Frist zu erheben. Lässt der Antragssteller die Frist verstreichen, kann die einstweilige Verfügung auf Antrag des Antraggegners aufgehoben werden. Dies ist auch dann möglich, wenn das Gericht im Hauptsacheverfahren die Entscheidung fällt, dass die Verfügung zu Unrecht erlassen wurde. Der Antragssteller muss in diesem Fall sowohl die Kosten der Fügung als auch die Kosten des Hauptsacheverfahrens tragen.

Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände

Für den Fall, dass nach dem Erlass der Verfügung eine Veränderung der Umstände stattgefunden hat, hat der Antragsgegner die Möglichkeit eine Aufhebung der Verfügung zu beantragen. Beispiele hierfür sind Rechtsänderungen oder Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, durch die die Grundlage für den Verfügungsanspruch entfällt.

Abschlussschreiben und Abschlusserklärung

Will der Antragsgegner die einstweilige Verfügung umgehen, ist eine Abschlusserklärung in der Regel der schnellste Weg. Hierfür muss er nach Erhalt des Erlasses eine Erklärung abgeben, in der er die einstweilige Verfügung als verbindliche Regelung anerkennt, sodass es einem Hauptsacheverfahren nicht mehr bedarf. Die Abschlusserklärung sollte zeitnah nach der Zustellung des Erlasses abgegeben werden, da sonst ein Abschlussschreiben der Gegenseite droht, welches weitere zusätzliche Kosten verursacht.

Auf keinen Fall sollte die einstweilige Verfügung allerdings ignoriert werden, da bei einer nicht Einhaltung der Anordnungen Ordnungsgelder verhängt werden können.

Verfahrenskosten

Aus der Entscheidung des Gerichts geht auch hervor, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Im Regelfall hat der Antragsgegner die Kosten zu tragen. In Ausnahmefällen kommt jedoch auch eine Kostenquotelung in Betracht, wenn das Gericht dem Antragsgegner weniger zuspricht, als der Antragssteller beantragt hat.

Die Kostenhöhe richtet sich dabei immer nach dem vom Gericht festgesetzten Streitwert. Hinzu kommen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten, wie zum Beispiel die Kosten für einen Rechtsanwalt.

Der Antragssteller ist im Hinblick auf die Gerichtskosten von der sog. Kostenvorschusspflicht befreit.

Schadensersatzansprüche

Stellt sich im weiteren Verfahrensverlauf, beispielsweise im Zuge eines Widerspruchs, heraus, dass sich der Antragsgegner zu Unrecht an die Auflagen einer einstweiligen Verfügung halten musste, kann dieser nach § 945 ZPO vom Antragssteller Schadensersatz verlangen. Dieser kann über das Gericht in Form einer Schadensersatzklage geltend gemacht werden.

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