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Wie können Betriebsräte die Nachhaltigkeit im Unternehmen fördern?

8 Minuten Lesezeit
31.07.2024

In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die Nachhaltigkeitsziele und wie ein Unternehmen sie erreichen können. Welche Rolle spielen Betriebsräte bei der Sicherung der Nachhaltigkeit im Unternehmen? Und wie können sie Mitarbeiter zur Mitwirkung motivieren?

Glaskugel vor grünem Baum - wie kann Nachhaltigkeit im Unternehmen umgesetzt werden

Was bedeutet Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit bedeutet, die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generationen zu befriedigen, ohne die Möglichkeiten künftiger Menschen einzuschränken. Der Grundgedanke ist: Wir dürfen nicht heute auf Kosten von morgen leben! Wir sollen nicht mehr verbrauchen, als künftig wieder bereitgestellt werden kann.

Dieses Konzept enthält viele globale Probleme wie Klimawandel, soziale Gerechtigkeit und ökologische Bedrohungen. Nicht nur Privatpersonen, sondern vor allem Unternehmen sollten neben wirtschaftlichem Erfolg auch die ökologische und soziale Verantwortung berücksichtigen. EU-Rat und EU-Parlament haben sich auf die Corporate Sustainability Reporting Direktive (CSRD) geeinigt. Diese verpflichtet bestimmte Unternehmen künftig, Nachhaltigkeitsberichte zu erstatten. Betroffen davon sind für die Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024: Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen, für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2025: alle anderen bilanzrechtlich großen Unternehmen, für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2026: kapitalmarktorientierte KMU, sofern sie nicht von der Möglichkeit des Aufschubs bis 2028 Gebrauch machen.

Nachhaltigkeit im Grundgesetz

Das Prinzip der Nachhaltigkeit findet sich seit 1994 im Grundgesetz. Art. 20a fungiert als verfassungsrechtliche Schutzvorschrift für natürliche Ressourcen. Der Staat schützt die Umwelt und Tiere in Verantwortung für zukünftige Generationen durch Gesetze und deren vollziehende Gewalt, sowie Rechtsprechung.

Der Betriebsrat als Kompass für Nachhaltigkeit von Unternehmen

Die Idee der Nachhaltigkeit strebt nach einer Harmonie zwischen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Zielen. Sie soll Unternehmen in eine verantwortlichere und ausgewogenere Geschäftsführung verpflichten. Diese Ziele sind in ESG-Konzepten zu Umwelt (Environmental) – Soziales (Social) und Unternehmensmanagement (Governance) festgeschrieben. Solche ESG-Konzepte erfreuen sich zunehmender Beliebtheit in Unternehmen, aber auch in Finanzprodukten.

Wie können Konzepte in Unternehmen aussehen?

Ökologisch:
Betrieblicher Umweltschutz und die rationale Nutzung natürlicher Ressourcen sollten zu einem integralen Bestandteil der Unternehmensaktivitäten werden. Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG ist es eine Aufgabe des Betriebsrats, die Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern. Ein Beispiel ist die Nutzung von weniger Papier im Büro, die Förderung der Digitalisierung, wobei hier die Grenzen gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Überwachung durch technische Einrichtungen) zu beachten sind. Auch die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel wird behandelt. Dies umfasst zum Beispiel E-Bike-Leasing oder Jobtickets. Die Festlegung der Verteilungsgrundsätze sind in diesem Zusammenhang gemäß § 87 Absatz 1 Nummer 10 des Betriebsverfassungsgesetzes mitbestimmungspflichtig.

Sozial:
Unternehmen sollten sich um ihre Mitarbeiter kümmern, ihre Sicherheit gewährleisten, soziale Gerechtigkeit und Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung fördern. Ein Kernpunkt können Maßnahmen und Richtlinien zum Homeoffice gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG sein. Weitere Konzepte sind die Sicherstellung hoher Standards bei Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) und die Entgelttransparenz (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG,). Außerdem zählen dazu Vereinbarkeitslösungen, gerade im Zusammenhang mit Familie, Pflege und Beruf durch flexible Arbeitszeitmodelle (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG) und Sabbaticals (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 5 BetrVG).

Wirtschaftlich:
Unternehmen streben danach, rentabel zu sein. Gleichzeitig müssen sie in Innovation und Wachstum investieren, um ihren langfristigen Wohlstand zu sichern. Sie tragen so zum Wohle der Gesellschaft als Ganzes bei. Dabei ist es wichtig, den Raubbau an natürlichen Ressourcen zu vermeiden.

Ein Element für die betriebliche Mitbestimmung, Nachhaltigkeit zu fördern, ermöglicht auch der Wirtschaftsausschuss. Dem Wirtschaftsausschuss wird gem. § 106 Abs. 3 Nr. 5a BetrVG ein Beratungsrecht im Bereich des betrieblichen Umweltschutzes eingeräumt.

Die Einbeziehung der Betriebsräte in Entscheidungsprozesse ist wichtig. Diese Prozesse müssen die Interessen aller sozialen Gruppen berücksichtigen. Zudem ist das Engagement der Mitarbeiter an diesem Prozess wichtig. Die Attraktivität von Unternehmen, die eine nachhaltige Strategie verfolgen ist besonders hoch. Im Rahmen der Mitarbeiterbindung und -rekrutierung ist das eine Pluspunkt, der genutzt werden kann.

Betriebsräte und Wirtschaftsausschüsse von Unternehmen spielen daher eine entscheidende Rolle dabei, um die Nachhaltigkeit im Unternehmen zu sichern. Sie fördern ein Gleichgewicht zwischen den Nachhaltigkeitszielen in Bereichen:

  • Entwicklung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie, die Rentabilität mit betrieblichem Umweltschutz und sozialer Verantwortung verbindet.
  • Maßnahmen, um Geld zu sparen und Ressourcen besser zu nutzen, damit die Firma auf lange Sicht stabil bleibt.
  • Engagement zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und sozialen Leistungen der Mitarbeiter. Dies fördert soziale Gerechtigkeit und das Wohlbefinden der Arbeitskräfte.
  • Gemeinsame Entwicklung von Programmen zur beruflichen Schulung der Mitarbeiter. Dies dient dazu, die Qualifikationen und Nachhaltigkeit der Arbeitskräfte zu verbessern.

Proaktive Nachhaltigkeit: Kriterien zur Bewertung der Nachhaltigkeit in Unternehmen

Der Grad der Integration der Prinzipien der Nachhaltigkeit in ein Unternehmen kann anhand einer Reihe von Kriterien bewertet werden:

  • Das Unternehmen verfügt über eine klare und dokumentierte Strategie für Nachhaltigkeit.
  • Die Mitarbeiter des Unternehmens und andere interessierte Parteien kennen diese Nachhaltigkeitsstrategien.
  • Die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens enthält klare und konkrete Ziele.
  • Es wird regelmäßig überwacht, wie sich die unternehmerischen Aktivitäten auf die Umwelt und das soziale Umfeld auswirken.
  • Es werden systematische Programme zur Verbesserung der Umwelt- und Sozialleistungen des Unternehmens entwickelt und umgesetzt.
  • Es bestehen Partnerschaften mit Lieferanten, Umwelt-Initiativen und anderen interessierten Parteien im Rahmen der Nachhaltigkeit.
  • Es findet eine direkte Überwachung verschiedener Aspekte der Nachhaltigkeit statt, um die Effizienz der Lieferantenarbeit zu steigern.
  • Es gibt eine spezielle Abteilung, die für die Nachhaltigkeit des Unternehmens verantwortlich ist.
  • Die Werbung für Produkte und Dienstzeitungen des Unternehmens fördert aktiv das Thema Nachhaltigkeit.
  • Periodische Berichte über Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit werden erstellt.
  • Mitarbeiter, Kunden und Partner betrachten das Unternehmen als eines, das nachhaltig handelt.

Wie können Sie in Ihrem Amt als Betriebsrat ein grünes Büro gestalten?

Verbraucher wählen heute Unternehmen und Produkte aus, die den Prinzipien der Nachhaltigkeit entsprechen. Die Verpflichtung eines Unternehmens zur ökologischen Verantwortung ist keine modische Tendenz, sondern eine strategische Notwendigkeit. Ein ökologisches Büro fördert eine Kultur des umweltbewussten Handelns im Unternehmen. Was ist ein grünes Büro? Welche Schritte können Firmen unternehmen, um Nachhaltigkeit in den Arbeitsalltag und die Bürokultur zu integrieren?

Ein grünes Büro ist ein Arbeitsplatz, der sich gegen Abfälle richtet. Seine Philosophie besteht darin, alle umweltschädlichen Methoden am Arbeitsplatz zu reduzieren oder zu eliminieren.

§ Unternehmen setzen sich für Energieeinsparung ein. Sie verringern den Stromverbrauch, indem sie energiesparende Geräte verwenden und automatische Abschaltfunktionen für zeitlich nicht genutzte Elektronik einführen.

§ Solarmodule für Strom nutzen – Viele Gebäude haben Solarmodule und Photovoltaiksysteme. Damit verringern sie den schädlichen Einfluss des Büros auf die Umwelt.

§ Klimatisierung organisieren – Kältemittelgase tragen 10 % der weltweiten CO₂-Emissionen bei. Um das Büro umweltfreundlich zu gestalten, ist es äußerst wichtig, übermäßigen Einsatz von Klimaanlagen zu vermeiden.

§ Nachhaltige Beschaffung einführen – dies umfasst Einkaufspraktiken mit Umweltsiegeln. Zum Beispiel den Kauf von Büromaterialien, Möbeln und Elektronik aus recycelten oder nachhaltigen Materialien mit minimalem Verpackungsabfall. Dieser Ansatz unterstützt Lieferanten, die sich um die Umwelt kümmern, fördert eine bewusste Kultur im Büro.

§ Grüne Pflanzen ins Büro stellen und Dächer mit Pflanzen begrünen. Pflanzen machen die Luft sauberer, weil sie Sauerstoff produzieren und Kohlendioxid aufnehmen. Das sorgt für frische Luft und eine bessere Arbeitsumgebung. Grüne Dächer speichern Regenwasser – bis zu 80 % – und verdunsten es langsam. Das entlastet die Kläranlagen und sorgt für ein ausgeglicheneres Klima. Sie produzieren Sauerstoff, filtern verschmutzte Luft, absorbieren Strahlung und verbessern dadurch insgesamt das Klima.

§ Dokumentenfluss maximal digitalisieren, beidseitigen Druck als Standard und Recyclingpapier verwenden.

§ Die Telearbeit fördern – reduziert die Notwendigkeit, zur Arbeit zu pendeln, was zu geringeren Emissionen und weniger Umweltverschmutzung führt.

Nachfolgend führen wir Schritte auf, die die Betriebsräte unternehmen können, um Ideen zur Nachhaltigkeit zu fördern:

  • führen Sie Gespräche mit der Geschäftsführung über die Umsetzung einer Politik für eine nachhaltige Zukunft.
  • bilden Sie die Nachhaltigkeitsausschüsse mit Vertretern der Betriebsräte und dem Management.
  • informieren Sie den Mitarbeitern über die Initiativen und Erfolge des Unternehmens im Bereich Nachhaltigkeit.
  • unterstützen Sie den Mitarbeitern, ihre Ideen für Nachhaltigkeit in die Tat umzusetzen.
  • arbeiten Sie mit den NGOs zusammen, die sich mit Themen zur Nachhaltigkeit befassen.

Wie motivieren Betriebsräte Mitarbeiter für Nachhaltigkeit im Unternehmen?

Der Betriebsrat kann eine treibende Rolle bei der Motivation der Mitarbeiter für Nachhaltigkeit im Unternehmen spielen. Hier sind einige Ansätze:

  • Führen Sie regelmäßige Diskussionen über die Prinzipien der Nachhaltigkeit durch. Erklären Sie, wie diese Prinzipien den Mitarbeitern zugutekommen. Verdeutlichen Sie ebenfalls den Nutzen für das Unternehmen. Nutzen Sie hierbei die Möglichkeiten der Betriebsversammlung.
  • Betonen Sie die Rolle von Betriebsräten bei der nachhaltigen Entwicklung durch soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz. Machen Sie von Ihren Rechten nach § 89 BetrVG Gebrauch.
  • Ermöglichen Sie den Mitarbeitern eine aktive Beteiligung an Abstimmungsprozessen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit
  • Implementieren Sie gemeinsam mit dem Arbeitgeber Anreizsysteme, die die Mitarbeiter für ihren nachhaltigen Beitrag belohnen. Hier können Sie gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 initiativ werden.
  • Unterstützen Sie Maßnahmen, die nachhaltige Arbeitspraktiken fördern, wie die Reduzierung des Energieverbrauchs und die Minimierung von Abfall.
  • Sammeln Sie regelmäßig Feedback von den Mitarbeitern und berichten Sie ihnen über den Fortschritt bei der Einhaltung von Umweltzielen. Erklären Sie ihnen, wo Schwierigkeiten auftreten.
  • Gemeinsames Ziel der Betriebsparteien sollte sein, die Prinzipien der Nachhaltigkeit zu einem integralen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen, um langfristige Veränderungen sicherzustellen.

Ein aktiver Betriebsrat und motivierte Kollegen können gemeinsam mit dem Arbeitgeber die Nachhaltigkeit fördern und erreichen einen langfristigen Nutzen für die Belegschaft und das Unternehmen.

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