Fachkräftemangel: Ursachen, Branchen und wie Sie entgegenwirken können
Der Fachkräftemangel ist ein zentrales Thema für Unternehmen und Wirtschaft. Er betrifft viele Branchen und stellt Betriebe vor erhebliche Herausforderungen. In diesem Artikel beleuchten wir die Ursachen für den Fachkräftemangel, die betroffenen Branchen und zeigen konkrete Maßnahmen auf, wie Sie als Arbeitnehmervertreter entgegenwirken können.

Was bedeutet Fachkräftemangel?
Der Fachkräftemangel bezeichnet die Situation, in der Unternehmen offene Stellen nicht mehr mit ausreichend qualifiziertem Personal besetzen können. Dies betrifft insbesondere Berufe, die spezielle, durch Ausbildung oder Erfahrung erworbene Fähigkeiten erfordern. Ein Mangel an Fachkräften kann die Produktivität und Innovationsfähigkeit von Unternehmen stark beeinträchtigen und somit langfristig negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben.
Vier Ursachen für den Fachkräftemangel
Die Ursachen für den Fachkräftemangel sind vielfältig und oft komplex. Hier sind die wichtigsten Faktoren:
Demografischer Wandel
Der demografische Wandel ist eine der Hauptursachen für den Fachkräftemangel. Die Gesellschaft altert und die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente. Gleichzeitig treten weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt ein. Dies führt zu einer sinkenden Anzahl an Arbeitskräften.
Studium statt Ausbildung
Das Bildungssystem spielt eine entscheidende Rolle bei der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt. Hier wurde jahrelang den Jugendlichen nahgelegt, lieber ein Studium zu beginnen als eine Ausbildung zu absolvieren. Das führte dazu, dass insbesondere im Handwerk und der Industrie händeringend Fachleute gesucht werden.
Sinkende Unternehmensbindung
Mitarbeiter fühlen sich dem Unternehmen nicht mehr so verbunden und sind bereit, teilweise auch trotz langer Betriebszugehörigkeiten zu anderen Unternehmen zu wechseln.
Technologischer Fortschritt
Der technologische Fortschritt schafft neue Berufsfelder und erhöht die Nachfrage nach spezifischen Qualifikationen, während traditionelle Berufe teilweise an Bedeutung verlieren. Dies führt zu einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Gleichzeitig macht der technologische Fortschritt eine stete Weiterbildung notwendig. Deutschland ist zwar für die qualitativ hochwertige Ausbildung bekannt, jedoch driften die Anforderungen des Arbeitsmarktes und die erlernten Fähigkeiten häufig auseinander. Die entstandene Bildungslücke ist durch die Anforderungen der modernen Arbeitswelt kaum noch aufzuholen.
Globalisierung und Migration
Die Globalisierung und die damit verbundene Migration von Arbeitskräften können sowohl positiv als auch negativ auf den Fachkräftemangel wirken. Während internationale Fachkräfte Engpässe ausgleichen können, kann die Abwanderung von Talenten in andere Länder den Mangel verschärfen. Durch das im Dezember 2022 beschlossene Gesetz zum Chancen-Aufenthaltsrecht werden hier neue Wege geebnet
Betroffene Branchen
Der Fachkräftemangel betrifft nicht alle Branchen gleichermaßen. Besonders stark betroffen sind:
Gesundheits- und Pflegebranche
In der Gesundheits- und Pflegebranche ist der Bedarf an qualifiziertem Personal besonders hoch. Der demografische Wandel führt zu einer steigenden Nachfrage nach Pflegekräften und medizinischem Personal, die oft nicht gedeckt werden kann.
IT und Technologie
Die IT- und Technologiebranche wächst rasant und benötigt ständig gut ausgebildete Fachkräfte. Der Mangel an IT-Spezialisten stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen.
Handwerk und Bau
Auch im Handwerk und Baugewerbe gibt es einen erheblichen Fachkräftemangel. Viele junge Menschen entscheiden sich für akademische Laufbahnen, was zu einem Rückgang der Auszubildenden in diesen Bereichen führt.
Ingenieurwesen und Technik
Ingenieure und technische Fachkräfte sind in vielen Industriezweigen gefragt. Der Rückgang der Absolventenzahlen in technischen Studiengängen verschärft den Mangel in diesem Sektor.
Anforderungen an die Arbeitnehmervertretungen
Was kann der Betriebsrat gegen den Fachkräftemangel tun?
Arbeitsbelastung und Arbeitsbedingungen
Der Fachkräftemangel führt einerseits zu einer erhöhten Arbeitsbelastung der vorhandenen Mitarbeiter, da offene Stellen nicht zeitnah besetzt werden können. Andererseits muss die Arbeit erledigt werden. Hier muss der Betriebsrat sensibel vorgehen. Er muss darauf achten, dass sich die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter, insbesondere der Teilzeitkräfte, in zumutbaren Grenzen hält und sich die Belastung auf die vorhandene Belegschaft gleichmäßig verteilt. Darüber hinaus müssen finanzielle Anreize geschaffen werden, damit Mitarbeiter bereit sind einzuspringen, um personelle Engpässe zu überbrücken.
Vergütung
Soweit die Vergütung nicht durch Tarifvertrag geregelt ist, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei den Grundsätzen der betrieblichen Lohngestaltung. Dies betrifft zwar nicht die Frage, ob die Vergütung erhöht wird, sondern nur die Verteilung des von dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Budgets. Allerdings kann gerade der bestehende Fachkräftemangel dazu führen, dass Unternehmen bereit sind das Gehaltsgefüge anzupassen. In diesem Fall sollte der Betriebsrat unbedingt sein Mitbestimmungsrecht ausüben, um zu erreichen, dass Gehaltserhöhungen bei den Mitarbeitern ankommen, die sie am dringendsten benötigen.
Personalplanung und -entwicklung
Der Betriebsrat hat ein Informations-, Beratungs- und Vorschlagsrecht bei der Personalplanung und -entwicklung. Dies betrifft sowohl die Frage welches Personal mit welcher Qualifikation gegenwärtig und zukünftig benötigt wird, als auch die Frage, wie dieser Personalbedarf gedeckt werden kann. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es besonders wichtig, dass der Betriebsrat in diese Planung einbezogen wird, um tragfähige Lösungen zu entwickeln und den Bestand des Unternehmens zu sichern.
Weiterbildung und Qualifizierung
Der Betriebsrat muss sich aktiv für die Weiterbildung und Qualifizierung der Belegschaft einsetzen. Dies kann im Rahmen des bestehenden Mitbestimmungsrechts durch die Einführung und Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen geschehen. Damit können beispielsweise Mitarbeiter mit geringeren Kenntnissen für Tätigkeiten als Fachkräfte hochqualifiziert werden.
Was kann die Schwerbehindertenvertretung (SBV) gegen den Fachkräftemangel tun?
Inklusion und Barrierefreiheit
Der Fachkräftemangel bietet eine Chance, die Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Arbeitsmarkt zu fördern. Die SBV sollte darauf hinwirken, dass barrierefreie Arbeitsplätze geschaffen werden, damit Menschen mit Behinderungen verstärkt in den Rekrutierungsprozess einbezogen werden können.
Unterstützung und Beratung
Die SBV spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung und Beratung von Mitarbeitern mit Behinderungen. In Zeiten des Fachkräftemangels kann dies bedeuten, dass die SBV gezielt innerbetriebliche Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung und Qualifizierung dieser Gruppe anstößt.
Zusammenarbeit mit Inklusionsämtern
Die SBV sollte ihre Kontakte zu Inklusionsämtern und Integrationsfachdiensten nutzen, um die Möglichkeiten zu verbessern, schwerbehinderte Menschen im Unternehmen zu beschäftigen. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass Fördermöglichkeiten, z.B. Lohn- und Qualifizierungszuschüsse, abgerufen werden.
Was kann die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) gegen den Fachkräftemangel tun?
Ausbildung und Nachwuchsförderung
Der Fachkräftemangel betont die Bedeutung einer hochwertigen Ausbildung und Nachwuchsförderung. Die JAV sollte sicherstellen, dass Ausbildungsplätze attraktiv gestaltet werden und die Auszubildenden sowohl bei der praktischen als auch der schulischen Ausbildung optimal unterstützt werden.
Integration in das Unternehmen
Die JAV kann eine wichtige Rolle bei der Integration von Auszubildenden in das Unternehmen spielen. Dies umfasst die Unterstützung, dass, und vor allem in welche Abteilungen Auszubildende übernommen werden. Außerdem kann die JAV dazu beitragen, dass Auszubildende gute Entwicklungsperspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen haben.
Mitbestimmung und Beteiligung
Die JAV sollte sich bei Fragen der Ausbildung aktiv an der Mitbestimmung beteiligen. Dies betrifft beispielsweise die Besetzung von Ausbilderstellen mit geeigneten Mitarbeitern und die berufliche Entwicklung und Qualifizierung. Dies kann dazu beitragen, dass Auszubildende eine Bindung zum Unternehmen aufbauen und der Fachkräftemangel durch Eigengewächse, die das Unternehmen schon kennen, etwas reduziert wird.
Fazit
Der Fachkräftemangel stellt für den Betriebsrat, die Schwerbehindertenvertretung (SBV) und die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) eine Herausforderung dar, bietet aber auch Chancen. Diese Gremien können durch gezielte Maßnahmen dazu beitragen, Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Qualifizierung der Belegschaft zu fördern. Zudem ist es wichtig, die Integration und Förderung von Menschen mit Behinderungen und jungen Mitarbeitern zu unterstützen. Eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten ist entscheidend, um nachhaltige Lösungen zu finden und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.
Nutzen Sie die Gelegenheit, sich in unseren Seminaren umfassend über dieses und weitere wichtige Themen zu informieren und praxisnahe Lösungen zu erarbeiten. In unserer Fachtagung mit dem Thema Fachkräftemangel vs. KI gehen wir detailliert auf die Problemfelder und mögliche Lösungsansätze ein.