Die Inklusion hat weiterhin Förderbedarf
Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Inklusion in Ihrem Unternehmen? Haben Sie im vergangenen Jahr Fortschritte gemacht? Bundesweit ist die Entwicklung leider eher rückläufig. Lesen Sie hier die Ergebnisse der jährlichen Ermittlung von Aktion Mensch.

Inklusionsbarometer Arbeit 2024: Eine ernüchternde Bilanz
Die Stiftung Aktion Mensch hat in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt Research Institute erneut die Lage von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt analysiert. Die Ergebnisse des aktuellen Inklusionsbarometers Arbeit 2024 sind ernüchternd: Die Situation für Menschen mit Behinderung hat sich im Vergleich zu 2023 weiter verschlechtert, trotz gesetzlicher Vorgaben und politischer Maßnahmen. Ihre Rolle als SBV wird dadurch wichtiger denn je.
Entwicklung bei den Arbeitslosenzahlen
Die Daten zeigen: Im Jahr 2024 stieg die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung erneut an. Im Oktober dieses Jahres waren 177.280 Menschen betroffen – ein Anstieg von 7 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Arbeitslosenquote liegt bei 11 %, während sie für die Gesamtbevölkerung lediglich 5,7 % beträgt. Besonders alarmierend: Immer mehr Unternehmen ignorieren ihre gesetzliche Pflicht, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Der Anteil der Unternehmen, die diese Quote vollständig erfüllen, ist mitunter 39 % auf den niedrigsten Stand seit 2012 gefallen. Ein Viertel der Unternehmen beschäftigt gar keine schwerbehinderten Menschen.
Wirtschaftskrise verschärft die Lage
Die schwierige wirtschaftliche Gesamtsituation im Jahr 2024 hat die Inklusion auf dem Arbeitsmarkt weiter ausgebremst. Unternehmen stehen vor Herausforderungen wie gestiegenen Betriebskosten und sinkenden Umsätzen, was sich negativ auf ihre Einstellungsbereitschaft auswirkt. Besonders betroffen sind dabei Menschen mit Behinderung, die in wirtschaftlich unsicheren Zeiten oft noch stärkeren Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt unterliegen.
Höhere Ausgleichsabgabe: Ein Hoffnungsschimmer?
Um der Entwicklung entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts die Ausgleichsabgabe ab Januar 2024 erheblich erhöht. Unternehmen mit mindestens 60 Arbeitsplätzen, die keinen einzigen Menschen mit Behinderung beschäftigen, müssen nun 720 Euro pro Monat und unbesetztem Pflichtplatz zahlen. Diese Maßnahme soll als wirtschaftlicher Anreiz dienen, die gesetzliche Beschäftigungsquote einzuhalten. Ob die Erhöhung tatsächlich zu einer Verbesserung der Beschäftigungssituation führt, bleibt abzuwarten. Sie können jedoch darauf aufbauen, um Arbeitgeber für das Thema zu sensibilisieren und konkrete Schritte einzufordern.
Rückschau: Positive Tendenzen im Jahr 2022 – ein kurzer Lichtblick
Interessanterweise zeigte das Inklusionsbarometer 2022 eine kurzfristige Erholung nach den Belastungen der Corona-Pandemie. Sowohl die Arbeitslosenzahlen als auch die -quote gingen leicht zurück. Doch dieser positive Trend konnte 2023 und 2024 nicht gehalten werden. Der Rückfall macht deutlich, dass wirtschaftliche Stabilität ein zentraler Faktor für die Inklusion ist.
Die Aufgabe der SBV: Mehr Unterstützung für Inklusion
In dieser angespannten Lage kommt der Schwerbehindertenvertretung eine entscheidende Rolle zu. Sie hat nicht nur die Aufgabe, die Rechte der Beschäftigten mit Behinderung zu schützen, sondern auch aktiv zur Schaffung eines inklusiven Arbeitsumfelds beizutragen. Ihre wichtigsten Aufgaben umfassen:
- Förderung von Inklusion: Sensibilisierung von Führungskräften und Belegschaft für die Potenziale von Inklusion.
- Rechtsdurchsetzung: Überprüfung, ob der Arbeitgeber die Beschäftigungsquote erfüllt und Fördermittel für Barrierefreiheit ausschöpft.
- Unterstützung der Betroffenen: Beratung bei Anträgen und Konfliktfällen, beispielsweise bei Diskriminierung.
- Mitgestaltung von Personalprozessen: Beteiligung bei Einstellungen, Kündigungen und Weiterbildungen.
Die SBV hat zudem eine zentrale Funktion als Vermittler zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern sowie als Ansprechpartner für externe Stellen wie das Integrationsamt.
Fazit: Es ist noch ein Stück Weg zu gehen
Das Inklusionsbarometer 2024 macht deutlich, dass die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung noch lange nicht selbstverständlich ist. Wirtschaftliche Herausforderungen, fehlende Sensibilisierung und strukturelle Barrieren bremsen die Fortschritte. Doch es gibt auch Hoffnung: Mit konsequenter politischer Unterstützung und Ihrem Engagement als Schwerbehindertenvertretung!