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Barriefreiheitsstärkungsgesetz 2025 - Wie können Sie aktiv werden?

7 Minuten Lesezeit
17.03.2025

Was die Webseiten von Behörden schon lange erfüllen, wird ab kommendem Sommer auch für viele Unternehmenswebseiten Pflicht: die Barrierefreiheit. Mit dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) im Juni 2025 müssen alle Webshops, Apps, Produkte und Dienstleistungen sowie Bedienelemente von Bankautomaten und Fahrkartenschaltern barrierefrei zugänglich sein.
Doch was bedeutet Barrierefreiheit konkret?
Ein Zugang zu Produkten und Dienstleistungen gilt als barrierefrei, wenn er für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar ist. Das heißt, Einschränkungen beim Sehen, Hören und in der Motorik – wie etwa taktile Störungen, die die Nutzung einer Tastatur erschweren – müssen ausgeglichen werden.
Für die Schwerbehindertenvertretung bietet sich hier eine wichtige Chance: Sie können Ihr Unternehmen dabei unterstützen, diese gesetzlichen Anforderungen umzusetzen und somit die Teilhabe aller Menschen zu fördern. Ausnahmen gibt es lediglich für Kleinstunternehmen und solche, die ihre Angebote ausschließlich an Geschäftskunden richten.

Wie können Sie aktiv werden? In den folgenden Abschnitten geben wir Ihnen praktische Tipps, wie Sie die barrierefreie Kommunikation in Ihrem Unternehmen fördern können – von der Gestaltung der Webseite bis hin zu Social Media.

Eine Person tippt auf einer Tastatur, darüber schweben bunte Symbole für Sehen, Hören, Sprechen, Tasten und Denken – das Bild steht für digitale Barrierefreiheit und inklusive Kommunikation.

Umsetzung im eigenen Unternehmen

Von dieser Gesetzesänderungen werden Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Personen nicht nur im Allgemeinen profitieren. Es ist auch eine gute Möglichkeit, sich in der Unternehmenskommunikation besser auf die verschiedenen Anforderungen der Leser einzustellen. Das heißt nicht nur, dass Sie Ihren Arbeitgeber auf die neuen Regeln für die Firmenwebsite hinweisen und auf die Umsetzung achten werden.
Es bietet außerdem die Möglichkeit, mehr Mitarbeiter mit SBV-Themen in Kontakt zu bringen und auch Betroffene besser zu erreichen. In den folgenden Absätzen geben wir Ihnen einige Tipps, wie Sie Informationen auf Webseiten und Social Media barrierefrei gestalten.

Folgende Maßnahmen helfen, die Zugänglichkeit von Informationen online zu verbessern:

  1. Alternativtexte für Bilder: Kurze, präzise Beschreibung von Fotos
  2. Untertitel (UT) für Videos: Verschriftlichung der auditiven Inhalte im Video und Audiodeskription (AD) für Videos: Akustische Beschreibung der visuellen Inhalte im Video
  3. Hashtags: Großschreibung des Wortanfangs sorgt für Lesbarkeit mit der
    Sprachausgabe #HashtagsFürAlle
  4. Gute Wahrnehmbarkeit: Deutliche Farbkontraste in Bildern und Videos, lesbare
    Schrift
  5. Übersichtlicher Zugang zu Textinhalten: Verständliche Sprache und klare
    Gliederung der Beitragstexte

Alternativtexte für Bilder - Der unsichtbare Schlüssel zur Barrierefreiheit

Alt-Texte sind ein kleiner, oft übersehener Schritt – aber für Menschen, die auf Screenreader angewiesen sind, unverzichtbar. Sie übertragen den Kern eines Bildes in Worte und machen digitale Inhalte wirklich für alle zugänglich. Für viele Nutzer unsichtbar, sind sie der Schlüssel, um Barrieren abzubauen und Informationen greifbar zu machen.

Wie schreiben Sie den perfekten Alt-Text?
Beginnen Sie mit dem Allgemeinen und arbeiten Sie sich zu den Details vor: Erst das große Ganze, dann die Feinheiten – und das Wichtigste immer zuerst. Beschreiben Sie, was Sie sehen, ohne zu bewerten. Objektivität ist hier das A und O. Schreiben Sie so ausführlich wie nötig, aber so knapp wie möglich.

Klare Sprache ist das Geheimnis:

  • Verzichten Sie auf Fachbegriffe oder Fremdwörter, es sei denn, sie gehören zum Bild.
  • Enthält das Bild Text, muss dieser eins zu eins im Alt-Text stehen – in Anführungszeichen.
  • Copyright- oder Rechtsvermerke gehören in die Bildunterschrift, nicht in den Alt-Text.

Falls das Bild bekannte Personen zeigt, nennen Sie sie mit Namen. Dekorative Bildelemente, wie eine Blume im Hintergrund, können Sie ignorieren – sie tragen nicht zur Botschaft bei.

Wichtig: Alt-Text und Bildunterschrift dürfen sich nicht wiederholen. Das würde nur verwirren.

Untertitel für Videos und Audiodeskription - Zugänglichkeit für alle

Videos ohne Untertitel? Das ist wie ein Buch ohne Text – für viele Menschen schlicht unzugänglich. Untertitel sind ein Muss für hörbeeinträchtigte Personen, aber auch ein praktisches Extra für alle, die Videos ohne Ton schauen – ob in der Bahn, im Büro oder abends auf dem Sofa. Doch wie erstellt man Untertitel, die wirklich barrierefrei und leicht verständlich sind?

Die wichtigsten Regeln für Untertitel auf einen Blick:

  • Untertitel bestehen aus maximal zwei Zeilen und sind zentriert am unteren Bildrand platziert.
  • Jede Texteinblendung sollte mindestens eine Sekunde sichtbar bleiben.
  • Ein Hintergrundbalken sorgt für guten Kontrast, z. B. weiße Schrift auf schwarzem Grund.
  • Fachbegriffe sollten vermieden oder erklärt werden, um die Inhalte leicht verständlich zu machen.

Zum Glück gibt es smarte Tools, die bei der Erstellung unterstützen. Automatische Programme wie [Name eines Programms] sparen Zeit, benötigen aber oft manuelle Nachbearbeitung. Wer sich an den Standards orientieren möchte, findet detaillierte Vorgaben in den Richtlinien der deutschen Landesrundfunkanstalten.

Audiodeskription – Bilder hörbar machen:

Genauso wichtig wie Untertitel ist die Audiodeskription (AD). Sie übersetzt visuelle Inhalte in Sprache und macht Videos für blinde und sehbehinderte Menschen zugänglich.

Ein Beispiel: „Ein sonniger Campus, Menschen schlendern vorbei. Vor der Food-Fakultät steht ein Mann, Herr XY, mit Brille und kurzen, dunklen Haaren.“ Diese Beschreibung ersetzt das Bild und schafft eine Vorstellung in den Köpfen der Zuhörer.

Tipp für die Praxis:

Da Social-Media-Plattformen oft keine separate AD-Spur erlauben, sollte die Beschreibung direkt in das Video integriert werden. Schon bei der Planung können wichtige visuelle Inhalte sprachlich ergänzt werden – das spart Zeit und sorgt für Inklusion.

Als SBV können Sie einen Beitrag leisten:

Untertitel und Audiodeskriptionen sind mehr als gesetzliche Vorgaben – sie bedeuten echte Teilhabe. Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Standards in Ihrem Unternehmen eingehalten werden. So machen Sie Barrierefreiheit sichtbar und erlebbar.

Hashtags: Mit Großbuchstaben zu mehr Barrierefreiheit

Hashtags sind aus Social Media nicht mehr wegzudenken – doch auch sie können Barrieren abbauen oder aufbauen. Für barrierefreie Hashtags ist die Schreibweise entscheidend: Großbuchstaben am Anfang jedes Wortes oder jeder Abkürzung sorgen dafür, dass Screenreader sie korrekt vorlesen können.

Ein Beispiel:

  • #socialmediacontent wird als ein einziges, kaum verständliches Wort vorgelesen.
  • #SocialMediaContent statt hingegen trennt die Wörter klar und macht den Hashtag zugänglich.

Ein kleiner Schritt, der viel bewirken kann:
Die Reichweite Ihrer Beiträge bleibt unverändert – sie erreichen genau die gleichen Menschen. Gleichzeitig bauen Sie Barrieren ab und fördern Inklusion. Als SBV können Sie damit ein starkes Zeichen setzen: Barrierefreiheit beginnt bei den Details.

Farben mit Wirkung: So wird Barrierefreiheit sichtbar

Farbe bringt Leben in Texte, Bilder und Videos – doch ohne den richtigen Kontrast wird sie schnell zur Barriere. Ein starker Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund sorgt dafür, dass Inhalte nicht nur stylisch, sondern auch lesbar und barrierefrei sind.
Warum ist das wichtig?
Gute Kontraste erhöhen nicht nur die Lesbarkeit, sondern helfen auch, visuelle Elemente klar zu erkennen – ob in einem Post, einem Video oder einem Flyer. Besonders für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen ist das entscheidend.
Technik, die hilft:
Mit dem kostenlosen Colour Contrast Analyser (CCA) (https://www.tpgi.com/color-contrast-checker/) können Sie das Kontrastverhältnis von Vorder- und Hintergrundfarben im Handumdrehen prüfen. Das Tool zeigt sofort, ob Ihre Farbkombination barrierefrei ist – und gibt klare Verbesserungsvorschläge.

Ein einfacher Trick für mehr Sichtbarkeit:

Halbtransparente Hintergrundblöcke hinter der Schrift sorgen dafür, dass Texte immer gut lesbar bleiben – egal, wie bunt das Bild im Hintergrund ist. Zum Beispiel: weiße Schrift auf einem dunklen, leicht durchscheinenden Block. Einfach, effektiv und barrierefrei.

Ihr Beitrag als SBV:

Als Schwerbehindertenvertretung können Sie darauf achten, dass Farbkontraste in Präsentationen, Unternehmensmaterialien und Online-Inhalten barrierefrei gestaltet werden. Denn manchmal sind es die kleinen Änderungen, die einen großen Unterschied machen.

Barrierefreie Verlinkungen: Klar, einheitlich und zielführend

Links sind die Wegweiser des Internets – doch sie sind nur dann hilfreich, wenn sie verständlich und gut sichtbar gestaltet sind. Für Menschen, die Screenreader nutzen, spielt die Formulierung eine entscheidende Rolle.

Statt „Hier klicken“ oder „Mehr erfahren“ sollte der Link direkt sagen, worum es geht, zum Beispiel „Tipps zur Barrierefreiheit“ anstelle von unklaren Begriffen.

Auch die Gestaltung von Links trägt zur Barrierefreiheit bei. Eine konsistente Darstellung in blauer Schrift und unterstrichen ist visuell einprägsam und vertraut für die meisten Nutzer. So werden Links schnell erkannt und klar als solche wahrgenommen. Klare und gut gestaltete Links helfen, Barrieren abzubauen und das Internet für alle zugänglich zu machen.

Als Schwerbehindertenvertretung können Sie darauf hinwirken, dass Links in Ihrem Unternehmen nicht nur technisch korrekt, sondern auch barrierefrei gestaltet werden. Denn manchmal genügt eine kleine Änderung, um den Zugang für alle Nutzer spürbar zu verbessern. Probieren Sie es aus und sorgen Sie dafür, dass Ihre Links wirklich zielführend sind.

Viel Freude beim Experimentieren!

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