Mitbestimmung bei Arbeitszeiterfassung
Die Zeiterfassung spielt in der Praxis eine große Rolle, da sie wie die Arbeit selbst regelmäßig und sorgfältig ausgeführt werden muss. Umso wichtiger ist es, dass die Regeln zur Erfassung die Interessen der Beschäftigten angemessen berücksichtigen und mit den betrieblichen Erfordernissen in Einklang stehen.
Bereits vor vier Jahren stellte der EUGH klar, dass alle europäischen Arbeitgeber die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer zu erfassen haben. Wie das auszugestalten ist, das bestimmen Sie als Betriebsrat mit (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). In diesem Artikel erfahren Sie mehr zu den rechtlichen Hintergründen, zur Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassungstools. Und vor allem welche Rolle Sie als Betriebsrat hier einnehmen.

Arbeitszeiterfassung und Mitbestimmung vom Betriebsrat: Die rechtlichen Hintergründe
Der Europäische Gerichtshof urteilte im Mai 2019, dass alle Arbeitgeber der EU-Mitgliedstaaten zur Zeiterfassung ihrer Angestellten verpflichtet sind. Die Kriterien: Ein objektives, verlässliches und zugängliches System, das die Arbeitszeit der Arbeitnehmer registriert und vollständig protokolliert.
Deutschland hat das Urteil noch nicht in nationales Recht überführt. Doch das Bundesarbeitsgericht stellte im Beschluss vom 13. September 2022 klar, dass die Zeiterfassung für Unternehmen bereits verpflichtend ist.
Zuletzt entschied das Landesarbeitsgericht München am 22. Mai 2023: Sie können als Betriebsrat dank Ihres Initiativrechts eine Regelung erzwingen, wie die Arbeitszeit in Ihrem Unternehmen erfasst werden soll.
Bei der Arbeitszeiterfassung als Betriebsrat mitbestimmen
Durch Ihre Mitbestimmungs-, Beratungs- und Informationsrechte haben Sie als Betriebsrat die Aufgabe, das System der Zeiterfassung im Sinne der Angestellten zu gestalten. Dazu gehört beispielsweise die Entscheidung, ob Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten mobil nur über Laptops oder auch über Smartphones und Tablets erfassen dürfen.
Außerdem sollte der Fokus des Betriebsrats darauf liegen, die Rechte der Belegschaft zu schützen. Deshalb können Sie darauf achten, dass das digitale Zeiterfassungssystem den erforderlichen Datenschutz zum Beispiel bei den Personaldaten gewährleistet. Also ob es der DSGVO und den ergänzenden nationalen Regelungen entspricht. Ebenso können Sie die AGB des Anbieters des Zeiterfassungssystems prüfen.
Mitbestimmung auch bei Vertrauensarbeitszeit
Eine Möglichkeit, die Aufzeichnungspflichten auf ein moderates Maß zu begrenzen ist die sogenannte Vertrauensarbeitszeit. Hierbei sind die Anforderungen eher gering und das Modell gibt Unternehmen die Möglichkeit, die Arbeitszeiterfassung etwas freier zu gestalten. Sie können zum Beispiel vereinbaren, dass bestimmte Arbeitsergebnisse erzielt werden müssen. Oder sie verlangen eine grundsätzliche Anwesenheit am Arbeitsplatz bzw. Verfügbarkeit im Home-Office. Außerdem kann dieses Modell auch motivierend wirken und das Engagement der Mitarbeiter fördern.
Auch bei der Vertrauensarbeitszeit gilt, dass Beginn und Ende sowie Pausen und Überstunden erfasst werden müssen. Normalerweise hat der Arbeitgeber die Pflicht, die Arbeitszeiten zu dokumentieren. Allerdings kann er diese Pflicht an den Arbeitnehmer abgeben. Bei der Vertrauensarbeitszeit ist das auch notwendig. Denn der Arbeitgeber kontrolliert nicht, wann und wie lange der Mitarbeiter an seinen Aufgaben sitzt. Die Aufzeichnung bei der Vertrauensarbeitszeit liegt in diesem Fall also in der Verantwortung des Arbeitnehmers.
Elektronische Tools für mehr Flexibilität
Es gibt verschiedene Zeiterfassungssysteme – von händisch gepflegten Excel-Tabellen bis hin zu elektronischen Zutrittskontrollen. Flexibler und einfacher sind digitale Tools, die beispielsweise per App funktionieren. So erfassen Beschäftigte ihre Arbeitszeiten von überall her – egal, ob im Büro, im Home-Office oder auf Dienstreise. Der Vorteil der digitalen Tools ist, dass sie jederzeit einsehbar sind.
Der Gesetzgeber arbeitet noch an einer einheitlichen Regelung. Währenddessen werden in den kommenden Monaten kreative Betriebsräte verschiedene Regelungen testen. Diese werden die deutschen Arbeitsgerichte dann bewerten. Daraus können durchaus praktikable Ansätze zur Zeiterfassung entstehen. Sie dürfen gespannt bleiben!