Erstellt am 26.01.2016 um 10:42 Uhr von gironimo
Handelt es sich um einen "Formulararbeitsvertrag"? Dann käme zumindest § 94 BetrVG ins Spiel.
Aber ein Vertrag, der gesetzlicher Bestimmungen widerspricht .....
Ich würde die Angelegenheit durchwinken. Dann hat der Kollege wenigstens einen Arbeitsplatz. Und wenn die Bestimmungen im Vertrag gegen geltendes Recht verstoßen, wären sie im Einzelfall dann ohnehin nicht gültig.
Kannst Du Beispiele nennen? Auch für die Nachteile?
Erstellt am 26.01.2016 um 11:06 Uhr von lurchi
Beispiele wären: "Der Urlaubsanspruch des AN erlischt spätestens am 31.03. des Folgejahres, dies gilt auch dann wenn der zusätzlich gewährte Urlaub aufgrund von Krankheit nicht genommen werden kann." Hier wird deutlich differenziert zwischen dem Teil der Belegschaft die 30 Tage Urlaub haben und dem Teil, der (wie in diesem Vertrag) 20 Tage Urlaub und 10 zusätzliche gewährt bekommt. Im weiteren Verlauf wird das Günstigkeitsprinzip umgangen indem man formuliert, dass im Falle des Abschlusses einer BV diese dem AV vorgeht, auch wenn sie für den AN ungünstiger ist.
Unsere Firma braucht diese Mitarbeiter ohnehin und sie werden mit grosser Sicherheit auch eingestellt, von daher würden wir schon gern jetzt unseren "Trumpf" ausspielen - so es denn einer ist?
Erstellt am 26.01.2016 um 15:38 Uhr von Hartmut
Diese Passagen sind in der Tat sehr problematisch. Trotzdem möchte ich euch empfehlen, kein Fass aufzumachen und dann im Zweifelsfalle im Kammertermin zu verlieren, nur weil der Richter meint, dass euch der einzelne AV nichts angeht. Macht es besser wie gironimo sagt: durchwinken, aber die neuen Kollegen über diese problematischen Passagen in ihren Verträgen aufklären. Und bitte, setzt euch mit dem AG ins Benehmen, dass zukünftige Verträge 'käsefreie Zone' sind.
Erstellt am 26.01.2016 um 16:07 Uhr von Pjöööng
Hmmmm... Erstaunlich...
Zitat (lurchi):
"Wir hätte also u.U. einen Verweigerungsgrund aufgrund §99, 2 Punkt 1 und gleichzeitig die Benachteiligung nach Punkt 4."
"§99, 2 Punkt 1":
"wenn die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,"
Die personelle Maßnahme ist hier die EINSTELLUNG! Verstößt die EINSTELLUNG gegen ein Gesetz, Verordnung, Unfallverhütungsvorschrift, Tarifvertrag, gerichtliche Entscheidung, behördliche Anordnung?
Zumindest ist heir nicht erkennbar, dass das so sein sollte. Von daher sehe ich hier keinen Widerspruchsgrund.
"Punkt 4":
"wenn der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,"
Wird der Arbeitnehmer durch die Tatsache dass er eingestellt wird benachteiligt? Wohl kaum. Also auch hier kein Widerspruchsgrund!
Zitat (lurchi):
"Der Urlaubsanspruch des AN erlischt spätestens am 31.03. des Folgejahres, dies gilt auch dann wenn der zusätzlich gewährte Urlaub aufgrund von Krankheit nicht genommen werden kann."
Der Arbeitgeber reagiert hier auf die EUGH Rechtsprechnung in einer meines Erachtens völlig legitimen Weise. In der Realität könnte er daran scheitern, dass bei der Urlaubserteilung wahrscheinlich nicht zwischen den beiden Anspruchsgrundlagen unterschieden wird.
Zitat (lurchi):
"Im weiteren Verlauf wird das Günstigkeitsprinzip umgangen indem man formuliert, dass im Falle des Abschlusses einer BV diese dem AV vorgeht, auch wenn sie für den AN ungünstiger ist."
Gut. Da kann man sich streiten. Möglicherweise würde das der AGB Kontrolle zum Opfer fallen, bin ich mir aber nicht sicher, da hier das Hauptargument, es würde den AN unangemessen benachteiligen nicht ziehen wird, da BVen von der Mitarbeitervertretung mitbestimmt werden.
Insgesamt habt Ihr keinen zulässigen Widerspruchsgrund und Euer Rumgemäkel an den Arbeitsverträgen steht auf sehr tönernen Füßen.
Erstellt am 26.01.2016 um 21:39 Uhr von lurchi
Das dies alles nicht ganz so eindeutig ist, war uns schon klar. Und dennoch. Was gibt es zu verlieren? Der AG meinte heute , dann würden wir die Einstellung verhindern und er würde nicht eingestellt werden. Im Wissen um die Dringlichkeit der Einstellung habe ich ihm geantwortet, dass das schon o.k. ist. Dann solle er die Einstellung eben lassen - wie auch alle künftigen Einstellungen mit dieser Form des Arbeitsvertrages.... und siehe, da. Nach kurzer Diskussion war plötzlich ein Konsenz möglich. Der Arbeitsvertrag wurde wunschgemäß geändert und alle waren glücklich.....manchmal muss man eben auch mal pokern. Und ehrlich gesagt, hätte ich kein Problem damit, einen Kammertermin zu verlieren.....Aber dennoch vielen Dank für die Hilfe. Manchmal sieht man eben den Wald vor lauter Bäumen nicht ;-)
Erstellt am 27.01.2016 um 09:09 Uhr von Hartmut
Ein kämpferischer Betriebsrat also, mit ordentlich Courage. Chapeau und weiterhin viel Erfolg! :)