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Anhörung des Betriebsrats

Autor:
Cetin Soygüder
6 Minuten Lesezeit

Die Anhörung ist eine Form der Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Der Betriebsrat hat dadurch die Möglichkeit, seine Überlegungen zu beabsichtigten Maßnahmen des Arbeitgebers vorzubringen.

Mit diesem Artikel steigen Sie tiefer in das Thema ein.

Der Betriebsrat wird angehört

Wann ist der Betriebsrat anzuhören?

Die Pflicht des Arbeitgebers den Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören, stellt das Betriebsverfassungsgesetz insbesondere bei diversen personellen Einzelmaßnahmen wie der Einstellung, Versetzung, Eingruppierung und Umgruppierung (§ 99 Abs. 1 BetrVG) fest. Aber auch im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels Kündigung durch den Arbeitgeber ist der Betriebsrat ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung anzuhören (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat dabei die Gründe für die Kündigung mitzuteilen.

Wird der Betriebsrat hingegen nicht oder nicht ordnungsgemäß angehört, führt dies allein schon in der Regel zur Unwirksamkeit der personellen Maßnahme. In § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG heißt es ausdrücklich: Eine ohne Anhörung des Betriebsrat ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Im Falle der Kündigung eines Betriebsratsmitglied muss der Arbeitgeber sogar zuvor die ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrat einholen, § 103 BetrVG.

Eine Anhörung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber hat also bei folgenden personellen Maßnahmen zu erfolgen:

Es wird dabei häufig von Arbeitgeber übersehen, dass er den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten hat und die Zustimmung zur geplanten Maßnahme einzuholen hat, bevor er die personelle Maßnahme durchführt!

Rechtzeitig heißt:
In der Regel mindestens eine Woche vor Durchführung der geplanten Maßnahme, so dass für den Betriebsrat die Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG bzw. § 102 Abs. 2 BetrVG gewahrt bleibt.

Umfassend heißt:
Es ist die Information erforderlich, die dem Betriebsrat die Möglichkeit eröffnet zu prüfen, welche Auswirkungen die geplante Maßnahme hat und ob ggfls. im Falle des § 99 BetrVG ein Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1-6 BetrVG vorliegt. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat also regelmäßig die tragenden Gründe seiner Entscheidung darzulegen (Prinzip der Augenhöhe)

Bei Einstellungen sind die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber, also auch die derjenigen, die der Arbeitgeber nicht in Aussicht genommen hat, BAG 19.05.1981, 1 ABR 109/78 vorzulegen. Hat der Arbeitgeber ein Personalberatungsunternehmen mit der Bewerber(vor)auswahl beauftragt, so sind dem Betriebsrat lediglich diese Bewerber im Rahmen der Vorauswahl zu benennen. Des Weiteren hat der Arbeitgeber den Betriebsrat darüber zu informieren, welche Auswirkungen die geplante Maßnahme haben soll. Hierbei hat er nicht nur Schlagworte zu benennen, sondern die Maßnahme konkret zu beschreiben.

Zustimmung des Betriebsrats oder Stillschweigen?

Der Betriebsrat kann einer Maßnahme nach § 99 Abs. 1 BetrVG 1972 ausdrücklich auch vor Ablauf der Wochenfrist (auch mündlich) zustimmen. Sodann kann der Arbeitgeber die geplante Maßnahme durchführen.

Äußert sich der Betriebsrat allerdings binnen Wochenfrist nicht schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber unter Darlegung der Gründe, so gilt die Zustimmung des Betriebsrat als erteilt (siehe § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG)!

Ziel der Anhörung

Ziel der Unterrichtung ist es, den Betriebsrat abschließend in Kenntnis des Sachstandes zu setzen, so dass sich dieser ein vollständiges Bild der geplanten Maßnahme machen kann. Der Betriebsrat hat selbstständig und eigenverantwortlich zu prüfen, ob er von seinem Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG Gebrauch macht oder eine Zustimmung erteilt.

Gleiches gilt für einen Betriebs- oder Personalausschuss, dem diese Aufgaben vom Betriebsrat zur selbstständigen Erledigung übertragen worden sind.

Anhörung bei Kündigungen

Vor jeder Kündigung (also auch bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit) ist der Betriebsrat anzuhören. Einzuleiten ist die Anhörung von Seiten des Arbeitgebers, indem dieser dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung des jeweiligen Arbeitnehmers mitteilt. Versäumt es der Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung rechtzeitig und ordnungsgemäß anzuhören, ist die ausgesprochene Kündigung allein schon deshalb unwirksam (§ 102 Abs.1 Satz 2 BetrVG) und der klagende Arbeitnehmer wird beim Arbeitsgericht erfolgreich die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen lassen können. Denn der Arbeitgeber hat regelmäßig, sofern der Arbeitnehmer im Prozess die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates bestreitet, diese auch darzulegen.

Die Pflicht zur Anhörung gilt dabei sowohl für eine ordentliche (fristgerechte) als auch eine außerordentliche (fristlose) Kündigung wie auch für eine Änderungskündigung.

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Inhalt der Anhörung

Für eine ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren ist es mindestens erforderlich dem Betriebsrat die Sozialdaten des gekündigten Arbeitnehmers (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und ggfls. eine Schwerbehinderung) sowie die Kündigungsfrist, den Kündigungstermin und die Kündigungsgründe möglichst detailliert mitteilen. Der Arbeitgeber hat hinsichtlich der Anhörung zu beachten, dass er dem Betriebsrat die tragenden Gründe seiner Entscheidung mitteilt, damit sich der Betriebsrat ein Bild über den Sachverhalt und der Entscheidung des Arbeitgebers machen kann.
Will der Arbeitgeber z.B. mit einer Änderungskündigung die Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers ändern, muss er dem Betriebsrat neben dem Änderungsangebot auch die Gründe für die geplante Änderung der Arbeitsbedingungen vorlegen.

Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrats

Hat ein Betriebsrat im Hinblick auf eine ordentliche Kündigung Bedenken, kann er dies dem Arbeitgeber unter Angabe von Gründen innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt der Unterrichtung mitteilen. Achtung: Handelt es sich um eine außerordentliche (fristlose) Kündigung verkürzt sich dieser Zeitraum auf drei Tage. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber während dieses Zeitraums seinen Widerspruch nicht mit, gilt seine Zustimmung zur vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung als erteilt.

Gemäß § 102 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber widersprechen, wenn:

  • Der Arbeitnehmer unter geänderten Vertragsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann
  • Die Kündigung gegen eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG verstößt
  • Der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat
  • Die Weiterbeschäftigung nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist
  • Der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann

Weiterbeschäftigungsanspruch

Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen und hat der von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer gleichzeitig eine Kündigungsschutzklage erhoben, ist der Arbeitgeber verpflichtet diesen bis zum Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Bedingungen weiterbeschäftigen.
In wenigen Ausnahmefällen, kann der Arbeitnehmer jedoch durch das Arbeitsgericht von dieser Pflicht gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG entbunden werden:

  • Der Widerspruch des Betriebsrats war offensichtlich unbegründet
  • Die Klage des Arbeitnehmers erscheint mutwillig oder ist höchstwahrscheinlich aussichtslos
  • Die Weiterbeschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers würde zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen.

Unterlagen zur Anhörung

Zu den Unterlagen für die Anhörung nach § 99 Abs. 1 BetrVG gehören typischerweise:

  • Bewerbungsschreiben
  • Lebenslauf
  • (Arbeits-)Zeugnisse
  • Referenzen
  • Personalien
  • vorgesehene Ein- bzw. Umgruppierung
  • Zeitpunkt der Maßnahme
  • vorgesehener Arbeitsplatz, bei Einstellungen und Versetzungen
  • alle Umstände über die fachliche und persönliche Eignung für den vorgesehenen Arbeitsplatz sowie über die betrieblichen Auswirkungen, vgl. F.K.H.E., § 99 RdNr. 139, 20.Auflage

Diese Aufzählung ist für die Anhörung nicht allein maßgebend, es kommt vielmehr auf die geplante Maßnahme (Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung) an.

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Autor: Cetin Soygüder

Cetin Soygüder ist Mitbegründer einer überregional tätigen Kooperation von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern mit Hauptsitz in Düsseldorf. Herr Soygüder ist auf dem gesamten Gebiet des Arbeitsrecht für Arbeitnehmer, Arbeitnehmervertretungen und Arbeitgebern tätig. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung als Referent im Arbeitsrecht aber auch u.a. für das imap-institut, für das er bundesweit Richter- und Richterinnen im Bereich der interkulturellen Kommunikation, insbesondere im Gerichtsaal, schult.
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