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Gesamtbetriebsrat

Autor:
Marc Hadyk
13 Minuten Lesezeit

Wenn es in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte gibt, muss nach § 47 Abs. 1 BetrVG ein Gesamtbetriebsrat gebildet werden. Diese Vorschrift ist zwingendes Recht gem. § 50 Abs. 1 S. 1 2.HS BetrVG.

In diesem Artikel erfahren Sie alles rund um den Gesamtbetriebsrat und dessen Zuständigkeiten.

Der Gesamtbetriebsrat bei der Arbeit

Begriff und Zweck des Gesamtbetriebsrats

Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, so ist ein Gesamtbetriebsrat nach § 47 Abs. 1 BetrVG zu bilden. Diese Vorschrift ist zwingendes Recht gem. § 50 Abs. 1 S. 1 2.HS BetrVG. Einer Beschlussfassung der einzelnen Betriebsräte bedarf es dafür nicht.

Voraussetzung dafür ist, dass für das Unternehmen ein einheitlicher Rechtsträger sowie eine einheitliche selbstständige Organisation bestehen; mithin muss eine rechtliche Identität des betreibenden Unternehmers bestehen. Beteiligt sich ein Betriebsrat nicht an der Errichtung des Gesamtbetriebsrats, so begeht der beteiligungsunwillige Betriebsrat in aller Regel eine grobe Pflichtverletzung, § 23 Abs. 1 BetrVG. Seine Zuständigkeit erstreckt sich sogar auf Betriebe ohne Betriebsrat.

Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für alle Mitwirkungs- und Mitbestimmungsfragen, die das gesamte Unternehmen oder zumindest mehrere Betriebe betreffen und einer einheitlichen Regelung bedürfen.

Die Errichtung eines Wahlvorstands ist nicht erforderlich. Die Initiative zur Errichtung eines Gesamtbetriebsrats obliegt dem Betriebsrat der Hauptverwaltung des Unternehmens. Besteht dort kein Betriebsrat, übernimmt dies der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs (§ 51 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Dieser hat sodann nach § 51 Abs. 2 S. 2 BetrVG zu der Wahl des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden und des Stellvertreters einzuladen. Der Vorsitzende des einladenden Betriebsrats übernimmt die Funktionen eines Wahlvorstands bzgl. der konstituierenden Sitzung des Betriebsratsage).

In den Gesamtbetriebsrat entsendet jeder Betriebsrat mit bis zu drei Mitgliedern eines seiner Mitglieder (§ 47 Abs. 2 S.1 1. HS BetrVG). Betriebsräte mit mehr als drei Mitgliedern entsenden zwei ihrer Mitglieder (§ 47 Abs. 2 S.1 2. HS BetrVG). Die Geschlechter sollen dabei angemessen berücksichtigt werden (§ 47 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Für jedes Mitglied des Gesamtbetriebsrats ist ein Ersatzmitglied zu bestellen und die Reihenfolge des Nachrückens ist festzulegen (§ 47 Abs. 3 BetrVG).

Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats können nur aus seiner Mitte heraus gewählt werden, weshalb ein genereller Rückgriff auf Ersatzmitglieder der lokalen Gremien nicht zulässig ist.

Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kann die Zahl der Gesamtbetriebsratsmitglieder gemäß § 47 Abs. 4 BetrVG abweichend geregelt werden. Dies gilt für die Reduzierung wie für eine Vergrößerung. Gehören dem Gesamtbetriebsrat mehr als 40 Mitglieder an und besteht nach § 47 Abs. 4 BetrVG keine tarifliche Regelung, so haben Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung über eine Verringerung der Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats abzuschließen gemäß § 47 Abs. 5 BetrVG. Dies trifft dann zu, wenn mehrere Betriebe des Unternehmens regional oder durch gleichartige Interessen verbunden sind.

Kommt eine Einigung darüber nicht zustande, so entscheidet eine für das Gesamtunternehmen zu bildende Einigungsstelle (§ 47 Abs. 6 S. 1 BetrVG). Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt auch in einem solchen Fall wie üblich die Einigung zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat (§ 47 Abs. 6 S. 2 BetrVG); insoweit besteht kein Unterschied zu dem Betriebsverhältnis der lokalen Betriebsparteien.

Stimmengewichtung

Folgende Grundsätze gelten für die Stimmengewichtung im Gesamtbetriebsrat:

  1. Wird aus einem Betriebsrat nur ein Betriebsratsmitglied in den Gesamtbetriebsrat entsandt, so hat es so viele Stimmen, wie in dem Betrieb wahlberechtigte Arbeitnehmer in die Wählerliste eingetragen sind (§ 47 Abs. 7 S. 1 BetrVG)
  2. Werden zwei Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat entsandt, so stehen ihnen die Stimmen anteilig zu (§ 47 Abs. 7 S. 2 BetrVG)
  3. Wird von mehreren Betriebsräten ein gemeinschaftliches Gesamtbetriebsratsmitglied entsandt, so hat es so viele Stimmen, wie in den Betrieben, für die es entsandt ist, wahlberechtigte Arbeitnehmer in den Wählerlisten eingetragen sind (§ 47 Abs. 8 1. HS BetrVG); werden mehrere gemeinschaftlich entsendet, so stehen auch ihnen die Stimmen anteilig zu (§ 47 Abs. 8 2. HS BetrVG)

Ausschluss von Gesamtbetriebsratsmitgliedern

Begeht ein Gesamtbetriebsratsmitglied eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BetrVG, so kann

  • ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer des Unternehmens (§ 23 Abs. 1 S. 1 1. Var. BetrVG) oder
  • der Arbeitgeber (§ 23 Abs. 1 S. 1 2. Var. BetrVG) oder
  • eine im Unternehmen vertretene Gewerkschaft (§ 23 Abs. 1 S. 1 3. Var. BetrVG) oder
  • der Gesamtbetriebsrat (§ 23 Abs. 1 S. 2 BetrVG)

den Ausschluss dieses Gesamtbetriebsratsmitglieds beim Arbeitsgericht beantragen gem. § 48 BetrVG.

Möglich ist somit nur der Ausschluss einzelner Gesamtbetriebsratsmitglieder, nicht dessen Auflösung. Die grobe Pflichtverletzung muss im Rahmen der Gesamtbetriebsratstätigkeit, also in seiner Eigenschaft als Mitglied des Gesamtbetriebsrats und nicht in seiner Eigenschaft als Mitglied eines lokalen Gremiums geschehen sein. Die einzelnen Betriebsräte haben kein Antragsrecht nach § 48 BetrVG. Sie können jedoch ein Gesamtbetriebsratsmitglied jederzeit ohne Begründung abberufen.

Erlöschen der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft im Gesamtbetriebsrat endet

  • mit Erlöschen der Mitgliedschaft im Betriebsrat gem. § 49 1. Var. BetrVG
  • mit Amtsniederlegung (entweder im Gesamtbetriebsrat oder im lokalen Gremium) (§§ 24 Nr. 2, 29 2. Var. BetrVG) (vgl. Fitting § 49, Rn. 11, 30. Auflage)
  • durch Ausschluss aus dem Gesamtbetriebsrat aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung (§ 49 3. Var. BetrVG)
  • durch Abberufung durch den Betriebsrat (§ 49 4. Var. BetrVG)
  • durch die Tatbestände des § 24 BetrVG

Die Amtsniederlegung kann jederzeit gegenüber dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden erklärt werden und ist an keine Begründung und Form gebunden; allein eindeutig genug muss sie sein. Ein erneutes Entsenden in den Gesamtbetriebsrat ist nach der Amtsniederlegung jederzeit wieder möglich.

Die Abberufung durch den entsendenden Betriebsrat bedarf eines lokalen Betriebsratsbeschlusses mit einfacher Stimmenmehrheit. Der Beschluss bedarf keiner besonderen Begründung.

Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats

Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte geregelt werden können (§ 50 Abs. 1 S. 1 1. HS BetrVG). Seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat (§ 50 Abs. 1 S. 1 2. HS BetrVG).

Den einzelnen (lokalen) Betriebsräten ist er jedoch nicht übergeordnet (§ 50 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Damit ist der Gesamtbetriebsrat den einzelnen Betriebsräten gegenüber auch „nicht weisungsbefugt“. Vielmehr herrscht der Grundsatz der Zuständigkeitstrennung, sodass der Gesamtbetriebst dem Grunde nach nur dann zuständig ist, wenn es die lokalen Gremien nicht sind bzw. sein wollen und den Gesamtbetriebsrat kraft Beschlusses beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln (§ 50 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Damit schließen sich die Zuständigkeiten wechselseitig aus. Diese gesetzliche Zuständigkeitsverteilung ist auch zwingend, sodass er weder in die Geschäftsführung noch in die Unterrichtungs-, Beteiligungs-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte der einzelnen Betriebsräte eingreifen kann. Er ist nicht für Angelegenheiten zuständig, die einen einzelnen Betrieb betreffen.

Voraussetzung für die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ist, dass es sich zum einen um eine überbetriebliche Angelegenheit handelt (§ 50 Abs. 1 S. 1 1. HS BetrVG). Zum anderen muss die Unzuständigkeit auf lokaler Betriebsratsebene gegeben sein. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um eine Angelegenheit innerhalb der Betriebe handelt, die nicht durch die einzelnen Betriebsräte geregelt werden können. Der Gesamtbetriebsrat ist damit für solche Fälle zuständig, bei denen bei vernünftiger Würdigung eine zwingende sachliche Notwendigkeit innerhalb des Unternehmens besteht.

Beispiele sozialer Angelegenheiten, in denen eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Betracht kommt:

  • Einheitliche Dienstkleidung
  • Arbeitszeitmodelle
  • Einführung und Anwendung technischer Kontrollen
  • Aufstellen einheitlicher Entlohnungsgrundsätze
  • Datenschutz

Achtung: Es muss stets einzelfallbezogen geprüft werden, ob nicht eine vorrangige, mithin originäre Zuständigkeit der lokalen Gremien gegeben ist! Bei sozialen Angelegenheiten begründet sich in der Praxis häufiger die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.

Beispiele personeller Angelegenheiten, in denen eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Betracht kommt:

  • Personalplanung auf Unternehmensebene (§ 92 Abs. 1 BetrVG)
  • Unternehmensweite Stellenausschreibungen (§ 93 BetrVG)

Achtung: Es muss stets einzelfallbezogen geprüft werden, ob nicht eine vorrangige, mithin originäre Zuständigkeit der lokalen Gremien gegeben ist! Bei personellen Angelegenheiten begründet sich in der Praxis relativ selten die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats; besonders im Hinblick auf die personellen Einzelmaßnahmen i.S.d. § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG.

Bei wirtschaftlichen Angelegenheiten kommt eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats vor allem bei betriebsübergreifenden Betriebsänderungen (§ 111 BetrVG) in Betracht – dann aber regelmäßig nur hinsichtlich des Abschlusses des Interessenausgleichs, der Abschluss eines zwingenden Sozialplans erfolgt dann dem Grunde nach auf lokaler Betriebsratsebene.

Achtung: Es muss stets einzelfallbezogen geprüft werden, ob nicht eine vorrangige, mithin originäre Zuständigkeit der lokalen Gremien gegeben ist! Dies ist bei wirtschaftlichen Themen umso wichtiger im Hinblick auf deren Tragweite sowohl für die einzelnen Betriebe als auch betriebsübergreifebnd! Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit seiner Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln (§ 50 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Dafür bedarf es zum einen eines Beschlusses des übertragenden Gremiums, der zum einen auf der qualifizierten Mehrheit seiner Mitglieder basieren muss, die Übertragung (Delegation) bedarf der Schriftform und es muss sich zum anderen um eine Angelegenheit handeln, die der Betriebsrat auf den Gesamtbetriebsrat übertragen darf. Der Betriebsrat kann sich durch die Beschlussfassung „zugunsten“ des Gesamtbetriebsrats nicht seiner ihm aus dem BetrVG obliegenden Pflichten entledigen. Die Übertragung bezieht sich damit immer nur auf bestimmte Angelegenheiten, die jedoch grundsätzlich nach ihrem Gegenstand nicht beschränkt sind.

Ebenso wie die Übertragung bedarf der Widerruf der Übertragung der Aufgaben der Schriftform (vgl. § 27 Abs. 3 S. 3 und 4 BetrVG).

Wird eine Angelegenheit übertragen, so ist der Gesamtbetriebsrat in vollem Umfang zuständig. Gleichwohl ist eine Übereinstimmung der beiden Gremien über den Sachverhalt und seine Behandlung empfehlenswert.

Der Gesamtbetriebsrat hat den Beauftragungsbeschluss des Betriebsrats zu prüfen und, falls er berechtigt erscheint, Verhandlungen mit dem Arbeitgeber aufzunehmen (vgl. Fitting § 50, Rn. 70, 30. Auflage). Ist der Gesamtbetriebsrat der Ansicht, er sei für die Angelegenheit nicht zuständig oder sie diene nicht dem Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes, kann er den Auftrag ablehnen.

Welche Aufgaben hat ein Gesamtbetriebsrat?

Sonstige gesetzliche Aufgaben: Zu den sonstigen Aufgaben des Gesamtbetriebsrats gehören kraft gesetzlicher Anordnung:

  • Bestellung des Wahlvorstands (§§ 16 Abs. 3, 17 Abs. 1 BetrVG)
  • Mitwirkung bei der Bestellung des Wahlvorstandes für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer
  • Die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zur Feststellung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats
  • Die Anfechtung der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer
  • Die Befugnis zur Bestellung von Europäischen Betriebsräten
  • Die Bildung des Wahlgremiums nach § 8 Abs. 2 oder 3 SEBG
  • Die Bildung des Wahlgremiums nach § 10 Abs. 2 oder 3 MgVG

Einigung mit dem Arbeitgeber: Gesamtbetriebsvereinbarung

Kommt nach erfolgter Einigung zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat eine Vereinbarung zustande, spricht man von einer Gesamtbetriebsvereinbarung. Diese Vereinbarungen gelten für den beauftragenden Betriebsrat und die Arbeitnehmer dieses Betriebes für den sie abgeschlossen wurde. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet eine für das Unternehmen zu bildende Einigungsstelle; siehe auch das Thema „Einigungsstelle“. Der Gesamtbetriebsrat benennt die Beisitzer der Arbeitnehmerseite.

Die Geschäftsführung des Gesamtbetriebsrats

Grundsätzlich hat der Gesamtbetriebsrat dieselben Rechte und Pflichten wie der Betriebsrat gem. § 51 Abs. 5 BetrVG. Insoweit handelt es sich dogmatisch bei dieser Vorschrift um eine Generalklausel, weshalb allgemeine betriebsverfassungsrechtliche Grundsätze auch für den Gesamtbetriebsrat gelten.

Der Gesamtbetriebsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter gemäß §§ 51 Abs. 1 S. 1, 26 Abs. 1 BetrVG. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt.

Der Vorsitzende und sein Stellvertreter sind kraft Gesetzes (§ 51 Abs. 1 S. 2 BetrVG) Mitglieder im Gesamtbetriebsausschuss. Dieser besteht bei Gesamtbetriebsräten mit

  • 9 bis 16 Mitgliedern aus 3 weiteren Ausschussmitgliedern;
  • 17 bis 24 Mitgliedern aus 5 weiteren Ausschussmitgliedern;
  • 25 bis 36 Mitgliedern aus 7 weiteren Ausschussmitgliedern,
  • mehr als 36 Mitgliedern aus 9 weiteren Mitgliedern.

Für die Vertretungsbefugnis des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden bzw. seines Stellvertreters gelten die gleichen Grundsätze wie für den Betriebsratsvorsitzenden (vgl. § 51 Abs. 1 S. 1 BetrVG), siehe auch das Thema „Betriebsratsvorsitzende“. Dies gilt auch für die Führung der laufenden Geschäfte, siehe auch das Thema „Geschäftsführung des Betriebsrats“.

Der Gesamtbetriebsrat ist gemäß gesetzlichen Vorgaben beschlussfähig, wenn an seiner Sitzung mindestens die Hälfte seiner Mitglieder teilnimmt und die Teilnehmenden mindestens die Hälfte aller Stimmen vertreten (§ 51 Abs. 3 S. 3 BetrVG). Beschlüsse des Gesamtbetriebsrats, die einer einfachen Mehrheit bedürfen, kommen mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Gesamtbetriebsratsmitglieder zustande (§ 51 Abs. 3 S. 1 BetrVG). Bei Beschlüssen, die einer absoluten Mehrheit bedürfen, ist die Mehrheit der Stimmengewichte sämtlicher Gesamtbetriebsratsmitglieder notwendig.

Ein Beschluss des Gesamtbetriebsrats bedarf in folgenden Situationen der absoluten Mehrheit:

  • Übertragung von Aufgaben zur selbstständigen Erledigung auf den Gesamtbetriebsausschuss (§ 51 Abs. 1 S. i.V. 27 Abs. 2 BetrVG) sowie auf andere Ausschüsse oder einzelne Mitglieder (§ 51 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 28 BetrVG)
  • Erlass einer Geschäftsordnung (§ 51 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 36 BetrVG)
  • Beauftragung des Konzernbetriebsrats mit der Wahrnehmung einer Angelegenheit für den Gesamtbetriebsrat (§ 58 Abs. 2 BetrVG)
  • Übertragung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses auf einen Ausschuss des Gesamtbetriebsrats (107 Abs. 3 BetrVG)

Für Abstimmungen im Betriebsausschuss ist nicht die Stimmengewichtung ausschlaggebend, sondern die Mehrheit der abstimmenden Mitglieder.

Teilnahme der Gesamtschwerbehindertenvertretung

Nach § 180 Abs. 1 S. 1 SGB IX wählen die Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Betriebe eine Gesamtschwerbehindertenvertretung, sofern ein Gesamtbetriebsrat besteht. Ist nur in einem der Betriebe eine Schwerbehindertenvertretung gewählt, so nimmt sie die Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretung wahr (§ 180 Abs. 1 S. 2 SGB IX).

Die Gesamtschwerbehindertenvertretung ist für alle Angelegenheiten zuständig, die mehrere Betriebe des Unternehmens oder das gesamte Unternehmen betreffen und Interessen der Schwerbehinderten berühren können (§ 180 Abs. 6 S. 1 SGB IX).

Sie hat das Recht an allen Sitzungen des Gesamtbetriebsrats und dessen Ausschüssen beratend teilzunehmen (§ 52 BetrVG). Dies betrifft auch die Monatsgespräche zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat, sofern diese durchgeführt werden.

Mindestens einmal im Kalenderjahr kann die Gesamtschwerbehindertenvertretung eine Versammlung der Vertrauensfrauen und -männer durchführen. Es gelten hierbei die gleichen Grundsätze wie für die Betriebsversammlung, siehe Betriebsversammlung.

Betriebsräteversammlung des Gesamtbetriebsrats

Mindestens einmal im Kalenderjahr hat der Gesamtbetriebsrat die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter sowie die weiteren Mitglieder der Betriebsausschüsse zu einer Versammlung einzuberufen (§ 53 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Der einzelne Betriebsrat kann andere Betriebsratsmitglieder entsenden, sofern die Gesamtzahl der zu entsendenden Mitglieder die ihm zusteht nicht überschritten wird (§ 53 Abs. 1 S. 2 BetrVG).

Die Gesamtschwerbehindertenvertretung hat ein eigenständiges Teilnahmerecht (vgl. Fitting § 53, Rn. 14, 30. Auflage), die Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung hingegen nicht. Es ist aber zulässig und je nach Tagesordnung sogar zweckmäßig, sie zur jeweiligen Sitzung einzuladen. Dies gilt auch für Mitglieder des Konzernbetriebsrats, des Wirtschaftsausschusses und der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.

Der Unternehmer ist wegen seiner Berichtspflicht verpflichtet, an der Betriebsräteversammlung teilzunehmen (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG). Er muss deswegen unter Mitteilung der Tagesordnung rechtzeitig geladen werden. Der Unternehmer muss grundsätzlich selbst an der Betriebsräteversammlung teilnehmen. Die Vertretung durch eine vom Unternehmer beauftragte Person soll, wenn überhaupt, nur in begründeten Ausnahmefällen möglich sein. Er hat nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG einen Bericht über das Personal- und Sozialwesen und über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens abzugeben. Ausgenommen von der Berichtspflicht sind lediglich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (vgl. § 79 BetrVG). Der Bericht ist wenigstens mündlich zu erstatten.

Werden Unterlagen zur Berichterstattung an die Teilnehmer ausgehändigt, so sind diese nach erfolgter Berichterstattung zurückzugeben. Ein Anspruch auf Aushändigung des Berichts besteht nicht.

Ist der Unternehmer Mitglied in einem Arbeitgeberverband, so kann er Beauftragte des Verbandes zu seiner Beratung hinzuziehen.

Des Weiteren sind alle im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften durch ihre Beauftragten teilnahmeberechtigt (§ 53 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 46 Abs. 1 S. 1 BetrVG).

Der Gesamtbetriebsrat hat einen Tätigkeitsbericht abzugeben, was in aller Regel durch den Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats geschieht. In der Betriebsräteversammlung können Beschwerden und Anregungen gegenüber dem Gesamtbetriebsrat abgegeben werden. Es können auch Beschlüsse gefasst werden, an die der Gesamtbetriebsrat jedoch nicht gebunden ist.

Die Grundsätze der Betriebsräteversammlung sind mit den Grundsätzen der Betriebsversammlung, siehe auch das Thema „Betriebsversammlung“, vergleichbar.

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Autor: Marc Hadyk

In der Praxis beschäftigt sich Rechtsanwalt Hadyk auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Rechtsanwalt Hadyk absolvierte den Fachanwaltslehrgang im Arbeitsrecht. Die anwaltlichen Tätigkeiten von Rechtsanwalt Hadyk umfassen die Beratung von Betriebsräten sowie die Beratung und Vertretung von Arbeitnehmern. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist Rechtsanwalt Hadyk Referent für Betriebsräte-Schulungen sowie für arbeits- und betriebsverfassungsrechtliche Themen. Darüber hinaus ist Herr Marc Hadyk als Modulverantwortlicher mit wissenschaftlicher Leitung "Recht", "Grundzüge des Öffentlichen Rechts" und "Kollektives Arbeitsrecht" sowie als Dozent an der IUBH Internationale Hochschule am Standort Hamburg tätig.Herr Marc Hadyk veröffentlicht regelmäßig zu arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Themen. Rechtsanwalt Hadyk ist zudem Autor für den Verlag Vahlen, der zu dem bekannten juristischen C.H.Beck-Konzern gehört. Seit August 2018 ist Herr Hadyk TÜV Nord zertifizierter Datenschutzbeauftragter.
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