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Kündigung von Arbeitnehmern – Mitbestimmung des Betriebsrats

Autor:
Markus Krebs
7 Minuten Lesezeit

Die Kündigung von Arbeitnehmern gehört zu den Themen der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Bevor er eine Kündigung ausspricht, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. Es gibt keine Möglichkeit, diese zwingende Regel zu umgehen. Wird eine solche Maßnahme vollzogen, ohne die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen, ist sie rechtlich unwirksam.

Welche Handlungsmöglichkeiten Sie als Betriebsrat bei Kündigungen haben, erfahren Sie in diesem Artikel.

Der Betriebsrat darf bei einer Kündigung mitbestimmen.

Betriebsratsanhörung bei ordentlichen Kündigungen

Begriff und Zweck der Anhörung

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist ein besonders einschneidender Schritt. Unabhängig davon, ob das Kündigungsschutzgesetz gilt, muss der Arbeitgeber seinen Betriebsrat nach § 102 BetrVG vor jeder Kündigung anhören. Ohne eine Anhörung des Betriebsrats ist die Kündigung unwirksam.

Bei Kündigungen von leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat gem. § 105 BetrVG zu informieren. Wenn der gekündigte Arbeitnehmer kein leitender Angestellter ist, kann die Information an den Betriebsrat nach § 105 BetrVG nicht in eine Anhörung nach § 102 BetrVG umgedeutet werden.

Ihm müssen detailliert die Sozialdaten des Arbeitnehmers sowie die Kündigungsgründe dargestellt werden. Der Betriebsrat kann gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken äußern. Diese muss er unter Angabe der Gründe spätestens innerhalb einer Woche schriftlich dem Arbeitgeber mitteilen. Andernfalls gilt die Zustimmung (als Konkludent) zur Kündigung als erteilt. Bei der außerordentlichen Kündigung gilt eine Frist von drei Tagen.

Form und Inhalt der Mitteilung:

Die Voraussetzung für die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung ist, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat schriftlich oder mündlich anhört. Anhörungsberechtigte sind in diesen Fällen der Betriebsratsvorsitzende oder bei dessen Verhinderung der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Sind beide verhindert und es gibt keine weiteren Vertretungsregelungen, so kann der Arbeitgeber die Anhörung gegenüber anderen Betriebsratsmitgliedern durchführen. Ist nach § 28 BetrVG ein Personalausschuss errichtet, so hat der Arbeitgeber den Vorsitzenden oder Stellvertreter dieses Ausschusses anzuhören. Die Anhörung muss grundsätzlich während der Arbeitszeit und im Betrieb stattfinden.

Der Betriebsratsvorsitzende muss z.B. eine telefonische Mitteilung, die er zu Hause erhält, zurückweisen. Andernfalls wird die vorgenannte Äußerungsfrist in Lauf gesetzt (Fitting, BetrVG, 30. Auflage, § 102 Rn. 21).

Folgende Angaben müssen ggf. Bestandteil des Anhörungsverfahrens sein:

  • Personalien des Arbeitnehmers
  • Kündigungsgründe mit dazugehörigen Erläuterungen, z.B. auch Entlastungsmomente, Werturteile oder stichwortartige Angaben reichen nicht aus. Ausnahme: eine Kündigung, die (noch) nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt vgl. BAG, Urteil vom 03.12.1998 - 2 AZR 234/98 (LAG Berlin Urteil 22.01.1998 16 Sa 136/97)
  • Art der Kündigung
  • evtl. bestehender Kündigungsschutz
  • Kündigungsfrist
  • Kündigungstermin
  • sonstige im Einzelfall mitzuteilende Besonderheiten

Bei verhaltensbedingten Kündigungen müssen dem Betriebsrat Abmahnungen und evtl. Gegendarstellungen übermittelt werden.

Bei betriebsbedingten Kündigungen hat der Arbeitgeber die Gründe der Sozialauswahl darzulegen.

Des Weiteren muss der Arbeitgeber inner- bzw. außerbetriebliche Gründe und deren Folgen für die Beschäftigten darlegen. Die Tatsachen einer Unternehmerentscheidung sind konkret darzulegen (Fitting, BetrVG, 30. Auflage, § 102 Rn 27).

Bei personenbedingten Kündigungen wegen Krankheit sind ausführliche Angaben über Fehlzeiten, betriebliche und wirtschaftliche Auswirkungen zu machen.

Kündigungen geplant - Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats

Mitteilung von Bedenken

Hat der Betriebsrat gegen eine geplante Kündigung Bedenken, so kann er diese schriftlich mitteilen. Bei einer ordentlichen Kündigung beträgt die Frist eine Woche, bei einer außerordentlichen Kündigung beträgt diese drei Tage. Der Tag, an dem die Information dem Betriebsrat gegeben wurde, zählt bei der Fristberechnung gem. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB nicht mit.

Arbeitgeber und Betriebsrat können eine Fristverlängerung vereinbaren vgl. Fitting, BetrVG, 30. Auflage, § 102 Rn 64.

Nach § 102 Abs. 2 BetrVG soll der Betriebsrat den betroffenen Arbeitnehmer hören. Der Betriebsrat kann Gründe aufführen, die seines Erachtens gegen die Kündigungsabsicht sprechen.

Die Bedenken, die der Betriebsrat äußert, können außerhalb der Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG liegen. Der Arbeitgeber ist nicht an die Stellungnahme des Betriebsrats gebunden. Jedoch muss er sich im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit gem. § 2 Abs. 1 BetrVG damit befassen.

Widerspruch des Betriebsrats

Stimmt der Betriebsrat einer geplanten ordentlichen Kündigung nicht zu, kann er innerhalb der Frist nach § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG widersprechen. Um einen rechtswirksamen Widerspruch zu erreichen, bedarf dieser der Schriftform. Weiterhin kann der Betriebsrat nur nach den Gründen widersprechen, die im BetrVG des § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG verankert sind.

Hierzu ist es notwendig, dass der Betriebsrat nicht nur auf den Gesetzestext verweist oder ihn wiederholt. Sondern er muss ein Mindestmaß an konkreter Argumentation darlegen, um eine Rechtswirksamkeit begründen zu können vgl. BAG, Urteil vom 17.06.1999, 2 AZR 608/98.

Trotz des Widerspruchs des Betriebsrats kann der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen. Hat jedoch der Betriebsrat frist- und ordnungsgemäß widersprochen, so kann der Arbeitnehmer im Rahmen einer evtl. Kündigungsschutzklage und gem. § 102 Abs. 5 BetrVG seine Weiterbeschäftigung vom Arbeitgeber verlangen. Und zwar zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens.

Widerspruchsgründe

Viele Betriebsräte machen leider den Fehler und orientieren sich beim Verfassen der Widerspruchsgründe nicht am Gesetz. In § 102 Abs. 3 BetrVG sind die Widerspruchsgründe genau und abschließend aufgeführt.

Der Betriebsrat kann nur widersprechen, wenn

  • der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
  • die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 BetrVG verstößt,
  • der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb weiter beschäftigt werden kann,
  • die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist, oder
  • eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis erklärt hat.

Muster für einen Widerspruch

Der Betriebsrat

An die Geschäftsführung

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir widersprechen der beabsichtigten Kündigung unserer Kollegin XY. Zunächst haben wir eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, nach der betriebsbedingte Kündigungen bis Ende des übernächsten Jahres ausgeschlossen sind. Insoweit verstößt die geplante Kündigung gegen § 102 Abs. 3 Ziffer 2 BetrVG.

Weiterhin liegt ein Verstoß gegen § 102 Abs. 3 Ziffer 3 u. 4 BetrVG vor. Frau XY wird durch die personelle Maßnahme benachteiligt, ohne dass dies aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt ist. Selbst wenn die unternehmerische Entscheidung so umgesetzt wird, besteht für Frau XY eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz. Im Warenausgang ist eine Stelle frei, die sogar innerbetrieblich ausgeschrieben ist.

Aus diesen Gründen ist die beabsichtigte Kündigung rechtswidrig und wir verweigern unsere Zustimmung.

Mit freundlichen Grüßen

Betriebsrat

Muster zum Download

Zustimmung zur Kündigung

Eine ausdrückliche Zustimmungserteilung des Betriebsrats zu einer geplanten (außer-)ordentlichen Kündigung sieht das Gesetz nicht vor. Diese kann vom Betriebsrat nicht verlangt werden.

Stimmt der Betriebsrat einer Kündigung zu, so führt dies nicht zur sozialen Rechtfertigung und Rechtmäßigkeit der Kündigung.

Keine Stellungnahme

Gibt der Betriebsrat innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 2 BetrVG keine Stellungnahme ab, so gilt die Zustimmung als erteilt. Dies nennt man konkludente Zustimmung.

Die Nichtäußerung wird kraft Gesetzes als Zustimmung fingiert, vgl. Fitting, BetrVG, 30. Auflage, § 102 Rn 66.

Anhörung des Betriebsrats bei außerordentlichen Kündigungen

Will der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer außerordentlich kündigen, muss er dies dem Betriebsrat ebenfalls gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG mitteilen. Dabei muss er sowohl Angaben über die Person des betroffenen Arbeitnehmers als auch über den Grund der Kündigung machen. Die Pflicht zur Anhörung und Unterrichtung des Betriebsrats besteht also auch bei einer außerordentlichen Kündigung.

Anders als bei einer ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat in diesem Fall lediglich drei Tage Zeit, um Bedenken zu äußern. Darüber hinaus hat der Betriebsrat bei einer außerordentlichen Kündigung kein Recht zu widersprechen. Demnach hat ein Arbeitnehmer, der außerordentlich gekündigt wurde, auch keinen betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG. Das heißt der Arbeitnehmer hat keine Möglichkeit seine Weiterbeschäftigung unter Berufung auf einen Betriebsratswiderspruch zu verlangen. Wie jeder gekündigte Arbeitnehmer kann er jedoch einen vom BetrVG unabhängigen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend machen.

Praxis-Tipps

Arbeitnehmer vor jeder Kündigung befragen

Der Betriebsrat sollte wirklich vor jeder Kündigung den betroffenen Arbeitnehmer zu der Kündigungsabsicht des Arbeitgebers anhören. Aber nur, falls dies möglich ist oder der Arbeitnehmer dies wünscht. Es können sich durchaus Gesichtspunkte ergeben, die der Betriebsrat für einen ordnungsgemäßen Widerspruch oder Bedenken verwenden kann.

Betriebsvereinbarung zum Thema Kündigung

Durch eine Betriebsvereinbarung nach § 102 Abs. 6 BetrVG; § 88 BetrVG kann die Wirksamkeit von Kündigungen an die Zustimmung des Betriebsrats geknüpft werden. Allerdings kann dann der Betriebsrat als Mitverantwortlicher einer Kündigungsentscheidung betrachtet werden. Im Übrigen entfällt durch solch eine Betriebsvereinbarung das Widerspruchsrecht des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG und ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 102 Abs. 5 BetrVG, vgl. Fitting, BetrVG, 30. Auflage, § 102 Rn 125.

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Autor: Markus Krebs

Rechtsanwalt Markus Krebs hat nach seiner Ausbildung als Industriekaufmann und nach seinem Jurastudium bei den führenden national und international aufgestellten Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaften (bei den sog. Big Four) in Frankfurt am Main gearbeitet. Im Anschluss daran wurde Herr Rechtsanwalt Markus Krebs bei einer Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaft in Würzburg Partner und leitet dort das Referat Arbeitsrecht. Seit 2015 ist Herr Rechtsanwalt Markus Krebs wieder im Frankfurter Raum als Rechtsanwalt vertreten und hat sich im August 2018 mit einer eigenen Kanzlei in Frankfurt am Main niedergelassen. Sein Beratungsschwerpunkt liegt ausschließlich im Kollektiv- und Individualarbeitsrecht.
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