0

Änderungskündigung

Autor:
Aytug Tuncel
6 Minuten Lesezeit

Eine Änderungskündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Arbeitgebers, mit der dieser das Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig die Fortsetzung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbietet.

In diesem Artikel geht es um Arten der Änderungskündigung und die Beteiligungsrechte des Betriebsrats.

Änderungskündigung

Was ist eine Änderungskündigung?

Als Änderungskündigung bezeichnet man eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Arbeitgebers, mit der dieser das Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig die Fortsetzung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbietet. Geregelt ist diese Art der Kündigung in § 2 Kündigungsschutzgesetz.

Die Änderungskündigung enthält daher eine „doppelte Willenserklärung” und ist ihrer Rechtsnatur nach eine Kündigung. Sie ist ein arbeitsrechtliches Gestaltungsmittel um angestrebte Änderungen eines Arbeitsvertrags durchzuführen.

Grundsätzlich sind die Arbeitsbedingungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages vom Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer vereinbart worden. Diese grundlegenden Vereinbarungen (z.B. Tätigkeit, Arbeitsort und Arbeitszeit, Gehalt usw.) kann der Arbeitsgeber daher nicht einseitig verändern. Es bedarf einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrages mit dem Arbeitnehmer.

Zudem gibt es Fälle des zulässigen (Änderungs-)Vorbehaltes im Vertrag oder Änderungen im Rahmen des Weisungs- und Direktionsrechts des Arbeitgebers. Soweit diese Fälle nicht vorliegen, bleibt dem Arbeitgeber nur das Mittel der Änderungskündigung, um beabsichtigte Änderungen der arbeitsvertraglichen Bedingungen zu erreichen. Die Änderungskündigung dient dazu, einen bestehenden Vertrag aufzulösen, um gleichzeitig einen neuen Vertrag zu anderen Bedingungen abzuschließen.

Grundbegriffe der Kündigung einfach erklärt

Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Der Kündigende teilt dem zu Kündigenden mit, dass er das Arbeitsverhältnis beenden will. Im Arbeitsrecht gilt die Formvorschrift des § 623 BGB und jede Kündigung muss schriftlich erfolgen. Eine nur mündlich ausgesprochene Kündigung ist daher unwirksam. Bitte beachten Sie, dass die Formvorschrift des § 623 BGB auch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages nur schriftlich zulässt!

Einseitige Willenserklärung bedeutet, dass es sich bei der Kündigung eben nicht um eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien handelt, sondern nur um die Willenserklärung einer Partei. Einer Kündigung muss zu ihrer Gültigkeit nicht zugestimmt werden.

Empfangsdürftig bedeutet, dass die Kündigung dem Empfänger auch zugehen muss und er Kenntnis von ihrem Inhalt erlangt.

Die Kündigung ist das letzte Mittel, dass der Arbeitgeber wählen darf. Er muss zuvor alle Möglichkeiten erwägen und auch umsetzen, die zur Erhaltung des konkreten Arbeitsverhältnisses möglich und zumutbar sind (Ultima-ratio Prinzip).

Ein Arbeitgeber hat daher vor dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung unter anderem immer zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem freien Arbeitsplatz zu geänderten Vertragsbedingungen möglich ist. Dies muss beiden Vertragsparteien zumutbar sein.

Grundsatz: Änderungskündigung vor Beendigungskündigung. (BAG 27.09.1984, 2 AZR 62/83).

Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer darüber aufzuklären, dass bei Ablehnung der angetragenen Vertragsänderung eine Beendigungskündigung beabsichtigt ist. Dabei hat er dem Arbeitnehmer eine angemessene Überlegungsfrist (1 Woche) einzuräumen.

Formen der Änderungskündigung

Es gibt zwei Formen der Änderungskündigung: 1. Eine unbedingte Kündigung mit dem gleichzeitigen Angebot zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags. 2. Die Kündigung unter der Bedingung, dass der Kündigungsgegner nicht einer gleichzeitig angebotenen Vertragsänderung zustimmt.

Das Gesetz verlangt einen Zusammenhang zwischen Kündigung und Vertragsangebot. Der "normale" Ablauf einer Änderungskündigung ist also Kündigung mit dem - anschließenden - Angebot, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortzusetzen. Geht das Angebot der Kündigung voraus, muss der Arbeitgeber klar sagen, dass das Änderungsangebot weiterhin besteht. Nur dann handelt es sich noch um eine Änderungskündigung; wenn nein, liegt eine Beendigungskündigung vor.

Arten der Änderungskündigung

Die ordentliche Änderungskündigung, unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist (z.B. § 622 Abs. 1 ff., TV oder einzelvertraglich).

Die außerordentliche Änderungskündigung, setzt voraus, dass dem Kündigenden keine anderen Maßnahmen zugemutet werden können (wichtiger Grund, § 626 BGB), und die geänderten Bedingungen dem Kündigungsempfänger zumutbar sind.

Die Massenänderungskündigung, werden mehreren Arbeitnehmern gegenüber gleichzeitig gleichlautende Kündigungserklärungen abgegeben, handelt es sich um eine Massenänderungskündigung. Die Anzeigepflichten des § 17 KSchG des Arbeitgebers sind auch bei Massenänderungskündigungen zu beachten.

Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

Vorbehaltlose Annahme

Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos an, so kommt es zu einer einvernehmlichen Abänderung des Arbeitsvertrags, die auch stillschweigend erfolgen kann.

Annahme unter Vorbehalt

Gemäß § 2 KSchG kann der Arbeitnehmer das Angebot zur Vertragsänderung unter Vorbehalt annehmen. Dies muss ausdrücklich oder konkludent (stillschweigendes Übereinkommen) innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Änderungskündigung gegenüber dem Arbeitgeber erklärt werden. Des Weiteren muss der Arbeitnehmer beim zuständigen Arbeitsgericht gem. § 4 Satz 2 KSchG Klage auf Feststellung erheben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist.

Kündigungsschutzklage/Änderungsschutzklage

Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht an, wird der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen. Gegen diese Beendigungskündigung kann der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage mit dem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung einreichen. Es wird dann geprüft, ob die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist.

Es besteht als Besonderheit bei der Änderungskündigung allerdings auch eine andere Möglichkeit für den Arbeitnehmer, als die Änderungskündigung im Ganzen im Klagewege anzugreifen. Der Arbeitnehmer kann die geänderten Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt sind (§ 1 Kündigungsschutzgesetz). Diese Klage nennt sich Änderungsschutzklage. Der Vorteil ist, dass der Arbeitnehmer nicht das Risiko eingeht, den Arbeitsplatz zu verlieren. Der Arbeitnehmer muss diesen Vorbehalt innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens allerdings innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären und binnen dieser Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage auf Feststellung beim zuständigen Arbeitsgericht erheben.

Beteiligungsrechte des Betriebsrats

Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Änderungskündigung ist gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat neben der Mitteilung der persönlichen und sozialen Daten insbesondere über den vollständigen Inhalt des Änderungsangebots unterrichten, so dass der Betriebsrat eine sachgerechte Stellungnahme abgeben kann.

Ist die Anhörung unzureichend oder mangelhaft oder werden dem Betriebsrat u. a. die Kündigungsgründe nicht oder nicht ausreichend mitgeteilt, so ist die Änderungskündigung ebenfalls unwirksam.

Sind eine Versetzung oder eine Umgruppierung mit der Änderungskündigung verbunden, so muss in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmer der Betriebsrat gem. § 99 BetrVG unterrichtet werden.

Das Beteiligungsverfahren nach § 99 kann mit dem Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG verbunden werden. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zur geplanten Versetzung oder Umgruppierung führt nicht zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung. Allerdings bleibt es dem Arbeitgeber verwehrt, die geänderten Vertragsbedingungen durchzusetzen, solange die Zustimmung des Betriebsrats nicht vorliegt oder vom Arbeitsgericht ersetzt ist.

Sollte durch eine Massenänderungskündigung ein neues betriebseinheitliches Vergütungsgruppensystem eingeführt werden, so ist die Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erforderlich.

Artikel teilen

Autor: Aytug Tuncel

Herr Aytug Tuncel ist seit 2004 zugelassener Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht (seit 2011) mit Kanzleisitz in Kiel. Seit 2007 ist Herr Rechtsanwalt Tuncel auch als Referent für Betriebsratsschulungen tätig. Der Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit liegt neben dem Vertragsrecht insbesondere in der bundesweiten Betreuung und Beratung von Betriebsräten. Hierzu gehört neben der Beratung auch die Vertretung in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren und in Verfahren vor der Einigungsstelle. Neben der Mitbestimmung nach dem BetrVG liegt ein weiterer Fokus in der Beratung der Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten (Mitbestimmungsgesetz).
mehr

War der Artikel hilfreich?

4,3
8 Bewertungen

Interessante
Seminare

Praktische
Arbeitshilfen

Das könnte Sie interessieren
Weitere Artikel zum Thema