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Aufhebungsvertrag

Autor:
Ansgar F. Dittmar
14 Minuten Lesezeit

Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags wird das Arbeitsverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen beendet.

Der Betriebsrat hat keinerlei Beteiligungsrechte beim Abschluss von Aufhebungsverträgen, da es sich um eine Individualvereinbarung handelt. Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes finden keine Anwendung.

In diesem Artikel erfahren Sie, worauf Arbeitnehmer beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags unbedingt achten müssen!

Mann bekommt einen Aufhebungsvertrag

Begriff des Aufhebungsvertrags

So einvernehmlich wie die Vertragsparteien ein Arbeitsverhältnis eingehen (siehe Arbeitsvertrag), so einvernehmlich sollen sie sich auch für die Zukunft davon lösen können. Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, dass ein zwischen den Parteien bestehender Vertrag von ihnen durch einen neuen Vertrag – den sog. Aufhebungsvertrag – wieder einvernehmlich aufgehoben werden kann. In einem Aufhebungsvertrag vereinbaren die Parteien, dass das Arbeitsverhältnis sofort oder zu einem bestimmten Datum beendet wird. Der Aufhebungsvertrag bedarf zwingend gemäß § 623 BGB der Schriftform und muss deshalb von beiden Vertragsparteien unterzeichnet werden. Es entspricht den Gepflogenheiten, dass der anderen Partei eine Überlegungsfrist eingeräumt wird. Ein bereits geschlossener Aufhebungsvertrag kann nämlich später nicht mehr widerrufen werden (Die §§ 312 ff. BGB finden keine Anwendung auf Arbeitsverträge, BAG, Urt. v. 7.2.2019 – 6 AZR 75/18). Etwas anderes gilt nur, wenn dem Arbeitnehmer nach dem Aufhebungsvertrag ein vertragliches Widerrufsrecht zusteht.

Merke: Ein Aufhebungsvertrag gilt, wenn er unterzeichnet wird. Es gibt kaum eine Möglichkeit, ihn zu widerrufen. Deswegen muss der Vertrag, bevor er unterschrieben wird, geprüft werden. Danach ist eine Änderung kaum möglich.

Worin besteht der Unterschied zwischen einer Kündigung und einem Aufhebungsvertrag?

Arbeitsverhältnisse können sowohl mit einer Kündigung als auch mit einem Aufhebungsvertrag beendet werden.

Dabei ist die Kündigung eine einseitige Erklärung einer der Vertragsparteien, nicht mehr am Vertrag festhalten zu wollen. Es wird zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung unterschieden. Bei einer ordentlichen Kündigung müssen grundsätzlich die gesetzlichen Fristen nach § 622 BGB beachtet werden. Damit wird den Parteien die Zeit eingeräumt, sich auf die Vertragsbeendigung einstellen zu können. Eine außerordentliche Kündigung kann zwar fristlos ausgesprochen werden, an sie stellt der Gesetzgeber jedoch hohe Anforderungen. Eine außerordentliche Kündigung ist nämlich nur dann wirksam, wenn wichtige Gründe vorliegen, die eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar machen. Ferner besteht ab einer bestimmten Betriebsgröße und einer bestimmten Dauer des Arbeitsverhältnisses besonderer Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer, der eine Kündigung seitens des Arbeitgebers erschwert. Zudem bestehen gesetzliche Kündigungsverbote für bestimmte Arbeitnehmergruppen.

Ein Aufhebungsvertrag kann hingegen einvernehmlich zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossen werden. Besondere Fristen für die Vertragsbeendigung müssen dabei nicht beachtet werden. Die Vertragsparteien können selbst bestimmen, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden soll. Ein Aufhebungsvertrag ist daher für den Arbeitgeber besonders attraktiv. Ein gesetzlicher Anspruch auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrags besteht jedoch nicht.

Für Sie als Betriebsrat gilt: während Sie bei Kündigungen als Betriebsratsgremium gem. § 102 BetrVG beteiligt werden, muss ein Aufhebungsvertrag nicht dem Betriebsrat vorgelegt werden. Insofern können Sie Ihre Kolleg:innen ggf. schlechter schützen.

Wichtigste Merkmale eines Aufhebungsvertrags:

  • Er wird im Einvernehmen von Arbeitgeber und –nehmer unterzeichnet.
  • Es müssen keine gesetzlichen Fristen eingehalten werden.
  • Er setzt den gesetzlichen Kündigungsschutz außer Kraft.

Rechtliche Auswirkungen eines Aufhebungsvertrags

Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags wird das Arbeitsverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen beendet. Da der Arbeitnehmer hierbei freiwillig sein Einverständnis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses erklärt, ist er nicht mehr schutzwürdig, so dass der gesetzliche Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht besteht. Dies gilt auch für den Fall, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise schwanger, schwerbehindert oder ein Mitglied des Betriebsrats ist. Der Wegfall des Kündigungsschutzes wird im Rahmen eines Aufhebungsvertrages meistens dadurch kompensiert, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Vorteil, z.B. eine Abfindung, verspricht.

Achtung: es gibt keinen Anspruch auf Abfindung. Dies muss überwiegend verhandelt werden. Vgl. hierzu —> Abfindung

Merke: Die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages kann sehr wahrscheinlich – auch wenn Arbeitgeber etwas anderes behaupten – zu einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld führen (bis zu 12 Wochen).

Das sollten Sie bei einem Aufhebungsvertrag auf jeden Fall beachten:

Nehmen Sie vor der Unterzeichnung des Vertrags professionelle Beratung in Anspruch, um sich über die möglichen Vor- und Nachteile Ihrer individuellen Situation aufklären zu lassen. Idealerweise wenden Sie sich an ein/e Fachanwält:in für Arbeitsrecht.

Stellen Sie sicher, dass Sie finanziell abgesichert sind, um eine Sperrzeit des Arbeitslosengelds zu überbrücken.

Oft zahlen Rechtsschutzversicherungen die Beratung zu Aufhebungsverträgen nicht. Prüfen Sie also vorher, ob Ihre Versicherung zahlen wird.

Aufklärungspflicht des Arbeitgebers

Grundsätzlich gibt es für den Arbeitgeber keine allgemeine Pflicht, den Arbeitnehmer auf die negativen Folgen des Aufhebungsvertrags für ihn hinzuweisen. Jede Partei nimmt die eigenen Interessen auch in eigener Verantwortung wahr. Geht die Initiative zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags jedoch vom Arbeitgeber aus, so hat er gegenüber dem Arbeitnehmer zumindest erhöhte Hinweis- und Informationspflichten (BAG, Urt. v. 17.10.2000 – 3 AZR 605/99). Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer sodann auf dessen Verlangen gemäß § 4a BetrAVG über eventuelle. negative Folgewirkungen für die Betriebsrente aufzuklären. Eine Informationspflicht besteht jedoch erst, wenn durch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses außergewöhnlich hohe Versorgungseinbußen drohen z.B. Verfall von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung.

Zum Teil sind das Punkte, die im Aufhebungsvertrag geregelt sind. Wichtig ist, dass Du den Vertrag genau liest. Wichtig ist, dass Du Rückfragen stellst bei Punkten, die Du nicht verstehst. Im Zweifel verstecken sich hier die Stolperfallen.

Welche Punkte sollten in einem Aufhebungsvertrag auf jeden Fall geregelt werden?

  • Das genaue Datum, zu welchem das Arbeitsverhältnis beendet wird
  • Festlegung, ob das Arbeitsverhältnis „auf Veranlassung des Arbeitgebers“ und/oder „aufgrund betriebsbedingter Gründe“ beendet wird
  • Festlegung, ob und bis wann noch Gehaltszahlungen zu leisten sind, wie beispielsweise Provisionen, anteiliges Weihnachtsgeld, Überstundenvergütung sowie Kostenerstattungen
  • Bezifferung der Urlaubsabgeltung oder Festlegung der Zeit, in der noch der restliche Urlaub gewährt wird.
  • Festlegung, dass ein Zeugnis mit einer bestimmten Zeugnisnote zum Beendigungszeitpunkt durch den Arbeitgeber ausgestellt wird, ggf. Festlegung des Inhalts des Arbeitszeugnisses als Anlage zum Aufhebungsvertrag. Wenn eine lange Kündigungsfrist vorliegt, sollte auch ein gleichlautendes Zwischenzeugnis vereinbart werden.
  • Auflistung der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber überlassenen Sachgüter, die dieser bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Datum zurückzugeben hat (z.B. Dienstwagen, Mobiltelefon, Laptop, Schlüssel, Unterlagen etc.)
  • Erledigungs-/Ausgleichsklausel

Beteiligungsrechte des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat keinerlei Beteiligungsrechte beim Abschluss von Aufhebungsverträgen, da es sich um eine Individualvereinbarung handelt. Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes finden keine Anwendung.

Vor- und Nachteile von Aufhebungsverträgen

Aufhebungsverträge sind vor allem für Arbeitgeber von Vorteil, da der Zeitpunkt der Beendigung frei gewählt und Kündigungsfristen auf diese Weise umgangen werden können. So finden beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags auch sämtliche Vorschriften des Kündigungsschutzes keine Anwendung. Arbeitnehmer sollten daher besonders darauf achten, dass die Frist bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses lang genug ist, insbesondere sofern sie noch keinen neuen Arbeitsvertrag geschlossen haben. Insgesamt reduziert sich das rechtliche (und damit finanzielle) Risiko des Arbeitgebers, auch aufgrund der Nichtbeteiligung des BR.

Aus Arbeitnehmersicht können Aufhebungsverträge auch vorteilhaft sein, da sich Arbeitgeber im Zuge des Vertragsabschlusses häufig zu einer Abfindungszahlung bereit erklären und der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, mit dem Arbeitgeber über den Inhalt seines Arbeitszeugnisses zu verhandeln.

Der wesentliche Nachteil eines Aufhebungsvertrags wird allein vom Arbeitnehmer getragen: Die Sperrzeit, die von der Bundesagentur für Arbeit verhängt wird, da der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag sein Beschäftigungsverhältnis freiwillig gelöst hat. Die Sperrzeit beträgt gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der Regel zwölf Wochen.

Verhandlungen über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses

Bei den Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag sollte den Beschäftigten eine Bedenkzeit sowie eine Möglichkeit der anwaltlichen Prüfung des Vertrages gewährt werden. Ferner sollten sie die Möglichkeit erhalten, eigene Punkte einzubringen und bei der Vertragsgestaltung aktiv mitwirken zu dürfen. Hierzu gehören vor allem die wesentlichen Regelungen, wie beispielsweise der Beendigungszeitpunkt, sowie die Höhe der Abfindung und der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, eine verlängerte Kündigungsfrist, die Freistellung von der Arbeit bis zum Beendigungszeitpunkt, die Urlaubsgewährung oder der Inhalt, bzw. zumindest die Note des Zeugnisses.

Da bei einer personen- oder verhaltensbedingten Kündigung in der Regel kein Abfindungsanspruch besteht, ist es für die Beschäftigten empfehlenswert, im Rahmen eines Aufhebungsvertrags eine möglichst hohe Abfindung auszuhandeln. Aufgrund der Fünftelregelung zur Steuerbegünstigung einer Abfindung kann es von Vorteil sein zu vereinbaren, dass diese erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird. Steuerlich wichtig ist, dass die gesamte Abfindung in einem Jahr ausgezahlt wird. Auch hier solltest Du Dich beraten lassen.

Wird eine lange Beendigungsfrist vereinbart, empfiehlt es sich, eine sog. Sprinterklausel zu vereinbaren. Hierdurch wird dem Arbeitnehmer ein früheres Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ermöglicht. Dadurch erhalten die Beschäftigten die Möglichkeit, flexibel eine Anschlussbeschäftigung aufzunehmen, da sie das Arbeitsverhältnis mit einer kurzen Ankündigungsfrist früher als vereinbart beenden können. Es kann vereinbart werden, dass sich die Abfindung um die Entgeltsumme erhöht, die durch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber erspart wird. Hier wird das sogenannte Arbeitnehmerbrutto gewählt, während der Arbeitgeber den Anteil des Arbeitgeberbruttos einspart.

Bei längeren unwiderruflichen Freistellungen ist zu beachten, dass bei späterer Arbeitslosigkeit das Bemessungsentgelt fiktiv und nicht nach dem zuletzt tatsächlich erzielten Lohn berechnet werden kann. Bei Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung, die noch verfallbar sind, kann deren Unverfallbarkeit vereinbart werden. Ggf. kann der Verfall von Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung mit einer Abfindung ausgeglichen werden. Es ist wichtig, eine Regelung diesbezüglich im Aufhebungsvertrag zu vereinbaren, denn in vielen Verträgen wird am Ende eine Erledigungsklausel vereinbart. Danach werden mit der Erfüllung der im Aufhebungsvertrag geregelten Punkte alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten. Die im Aufhebungsvertrag nicht geregelten Ansprüche verfallen damit und können nach Abschluss des Aufhebungsvertrags nicht mehr geltend gemacht werden Aus diesem Grund ist hierbei stets darauf zu achten, dass alle Ansprüche, die der Beschäftigte noch hat, vertraglich festgeschrieben werden.

Besteht bei einem Aufhebungsvertrag ein Abfindungsanspruch?

Grundsätzlich besteht für Arbeitnehmer kein gesetzlicher Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrags. Vielmehr liegt es in der Hand des Arbeitnehmers, eine ihn zufriedenstellende Abfindung auszuhandeln. Das ist nicht so einfach, weswegen sich eine anwaltliche Begleitung dringend empfiehlt.

Eine Abfindung bietet der Arbeitgeber dem Beschäftigten an, um ihn für den Verlust seines Arbeitsplatzes zu entschädigen. Er will damit den Aufhebungsvertrag auch für den Arbeitnehmer attraktiv machen, um eine Kündigung und das hiermit einhergehende Risiko einer Kündigungsschutzklage zu vermeiden. Der Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber stellt nämlich stets ein Risiko dar, dass sich diese im späteren Prozess als unwirksam herausstellt. Sollte das zuständige Arbeitsgericht im Zuge einer Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers feststellen, dass die Kündigung unwirksam war, so besteht das Arbeitsverhältnis weiterhin fort. Zusätzlich kann der Arbeitgeber verpflichtet werden, dem Arbeitnehmer den ihm vertraglich zustehenden Lohn für die Zeit nachzuzahlen, in der die Wirksamkeit der Kündigung in der Schwebe hing und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer seit dem Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts tatsächlich nicht gearbeitet hat. Das ist das rechtliche Risiko des Arbeitgebers, das er mit einem Aufhebungsvertrag umgehen will.

Einen Aufhebungsvertrag mit einer Abfindung zu vereinbaren, ist dann finanziell gesehen für den Arbeitgeber die sicherere Variante. Es existieren jedoch auch Situationen im Arbeitsrecht, in denen Arbeitnehmer eine Auflösungsvereinbarung anstreben. Dies ist meist der Fall, wenn sie bereits eine neue Stelle in Aussicht haben, die gesetzlichen Kündigungsfristen jedoch nicht einhalten möchten. Ein Aufhebungsvertrag ohne Abfindung ist in diesen Fällen nicht unüblich.

Sonstige Zahlungen

Bonuszahlungen, wie die variable Erfolgsvergütung, müssen auch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer die Leistung, die damit vergütet werden soll, bereits erbracht hat. Obgleich der Arbeitnehmer vor dem Ende des Kalenderjahres aus dem Betrieb ausscheidet, hat er in bestimmten Fällen auch dann einen Anspruch auf eine anteilige Zahlung des Weihnachtsgeldes. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist stets für den Einzelfall zu überprüfen. Ein Anspruch ist nämlich von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung sowie dem jeweils betrieblichen Charakter der Weihnachtsgeldzahlung abhängig. Als Sonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter, steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich der entsprechende Anteil für die Zeit zu, in der das Arbeitsverhältnis noch bestand. Stellt die Sonderzahlung hingegen eine reine Belohnung der Betriebstreue dar, kann der Arbeitgeber die Zahlung der Gratifikation im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf des Kalenderjahres im Arbeitsvertrag schriftlich ausschließen.

Sperrzeit bei der Agentur für Arbeit

Für Arbeitnehmer hängt der Abschluss eines Aufhebungsvertrags häufig davon ab, ob sie eine Sperrzeit beim Bezug des Arbeitslosengeldes von der Bundesagentur für Arbeit erhalten. Gemäß § 139 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat, z.B. durch die Eigenkündigung oder einen Aufhebungsvertrag. Und damit ist klar, dass auch der Betriebsrat die Rechtslage kennen sollte. Denn es tritt nicht nur die Sperrzeit von zwölf Wochen ein: die Gesamtbezugsdauer wird insgesamt um 25 % gemindert. Oder um es deutlich zu sagen: Nach dem Ablauf der Sperrzeit von zwölf Wochen wird das Arbeitslosengeld nicht ein Jahr lang, sondern nur weitere neun Monate ausgezahlt.

Wann entfällt die Sperrzeit?

Die Sperrzeit entfällt, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund hat, um den Aufhebungsvertrag zu schließen.

Das kann beispielsweise die Bescheinigung eines Arztes sein, der dem Arbeitnehmer dringend dazu rät, sein Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen aufzulösen. Aber auch Insolvenz des Arbeitgebers oder Mobbing am Arbeitsplatz können wichtige Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sein.

Ferner werden in den Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (Stand: Februar 2019) weitere wichtige Gründe formuliert, wonach die Verhängung einer Sperrzeit nicht geboten ist. Hierbei ist zu beachten, dass ein wichtiger Grund für den Aufhebungsvertrag nicht schon allein deshalb vorliegt, weil andernfalls eine arbeitgeberseitige Kündigung droht. Ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags liegt nur dann vor, wenn

  • eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist,
  • die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche oder personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte) Gründe gestützt würde,
  • die Arbeitgeberkündigung zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet hat, oder früher wirksam geworden wäre; bei einer einvernehmlichen Freistellung ist das Ende des Arbeitsverhältnisses maßgebend, wenn bis dahin Arbeitsentgelt gezahlt wird,
  • die Kündigungsfrist eingehalten worden wäre und
  • der Arbeitnehmer nicht unkündbar war

oder

  • eine Abfindung von bis zu 0,5 Monatsentgelten pro Beschäftigungsjahr gezahlt wird

Weitere Prüfungen der Rechtmäßigkeit der hypothetischen Kündigung sind durch die Arbeitsagenturen nicht mehr erforderlich.

Doch Vorsicht: Außerhalb der Bandbreite von 0,25 bis 0,5 Monatsentgelten pro Beschäftigungsjahr wird die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Kündigung genau durch die Arbeitsagenturen geprüft!

Wann ist ein Aufhebungsvertrag unwirksam?

Missachtet der Arbeitgeber bei den Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag das Gebot des fairen Verhandelns, ist dieser nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam (BAG, Urt. v. 7.2.2019 – 6 AZR 75/18). Das Gebot wird verletzt, wenn der Arbeitgeber im Zuge der Verhandlungen eine psychische Drucksituation schafft oder ausnutzt, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers erheblich erschwert oder unmöglich macht. Darüber hinaus müssen die vertragsschließenden Personen beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags geschäftsfähig sein. Nach der gesetzlichen Definition in § 104 BGB ist geschäftsunfähig, wer sich „in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet“. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich ein Vertragspartner unter Drogen- oder Alkoholeinfluss befindet oder eine bestimmte Erkrankung, wie Fieber, vorliegt. Des Weiteren sind mündlich geschlossene Aufhebungsverträge nichtig. Der Aufhebungsvertrag ist schriftformbedürftig, so dass er von beiden Vertragsparteien eigenhändig unterzeichnet werden muss. Demzufolge ist auch ein Vertragsschluss per E-Mail, Telefax oder WhatsApp nicht wirksam.

Anfechtung des Aufhebungsvertrags

Der Aufhebungsvertrag kann gem. des § 123 Abs. 1 BGB wegen widerrechtlicher Drohung angefochten werden. Dies sind vor allem Fälle, in denen der Arbeitgeber mit einer Kündigung droht, falls der Arbeitnehmer sich nicht dazu bereit erklärt, den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Diese Drohung ist dann widerrechtlich, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen muss, dass die angedrohte Kündigung einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird und er eine Kündigung deshalb überhaupt nicht in Betracht ziehen darf.

Praxis-Tipp

Der Betriebsrat sollte die Arbeitnehmer über die Gefahren eines Aufhebungsvertrags in Kenntnis setzen. Nach Möglichkeit sollte der betroffene Arbeitnehmer ein Betriebsratsmitglied seines Vertrauens zu solch einem Gespräch mitnehmen.

In Betracht kommen zudem der Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG bzgl. Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Aufhebungsverträgen (vgl. F/K/H/E § 88 RN. 9, 20. Auflage).

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Autor: Ansgar F. Dittmar

Ansgar F. Dittmar ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und berät seit zwei Jahrzehnten in arbeitsrechtlichen, tarifrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Er leitet die Frankfurter Arbeitsrechtsboutique LAW UNIQ Arbeitsrecht und ist bundesweit in allen Facetten des individuellen als auch kollektiven Arbeitsrechts als Anwalt tätig. Als Wirtschaftsmediator bearbeitet Ansgar Dittmar innerbetriebliche Konflikte mit dem Ziel, gemeinsame dauerhafte Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus begleitet und coacht er Verhandlungsteams bei Tarif- und Sozialplanverhandlungen. Betriebsräte schult und berät er betriebsverfassungsrechtlich überdies begleitet er sie im Beschlussverfahren sowie vor der Einigungsstelle. Für die W.A.F. ist er Referent für Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht sowohl in Präsenz-Seminaren als auch in Webinaren tätig. Ferner hat er einen Lehrauftrag für kollektives Arbeitsrecht an der Hochschule Fulda und referiert für die University of Labour in Frankfurt am Main. Er veröffentlicht regelmäßig in arbeitsrechtlichen Fachzeitschriften.
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