0

Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)

Autor:
Ansgar F. Dittmar
9 Minuten Lesezeit

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) vertritt die Interessen der Jugendlichen eines Betriebs, in denen ein Betriebsrat besteht. Die JAV ist kein selbstständiges Organ. Sie wird tätig indem sie beim Betriebsrat Maßnahmen beantragt, die den jugendlichen Arbeitnehmern dienen und kümmert sich im Allgemeinen um die besonderen Belange dieser Arbeitnehmer. Es gibt einige Dinge zu beachten. Das Wichtigste erfährst du hier und auch, wie eine gute Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat gelingt.

Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) berät sich.

JAV ist Pflicht!

Laut Betriebsverfassungsgesetz muss eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt werden, sobald ein Betriebsrat besteht und mindestens fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden, die

  • das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (jugendliche Arbeitnehmer) oder
  • die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.

Nachlesen kannst du das hier: § 60 BetrVG

Die nächste Wahl findet 2024 statt!

Im Oktober und November 2024 finden wieder reguläre JAV-Wahlen statt. Sind die genannten Voraussetzungen in eurem Betrieb erfüllt, dann solltet ihr euch jetzt schon darüber informieren, was die nächsten Schritte sind.

Zusammensetzung

Die JAV soll sich möglichst aus Jugendvertretern der verschiedenen Beschäftigungsarten und Ausbildungsberufe zusammensetzen. Ihre Größe bemisst sich nach der Zahl der Wahlberechtigten im Betrieb. In Betrieben mit 51 bis 150 Mitarbeitern besteht sie zum Beispiel aus 5 Mitgliedern. Die genaue Staffelung findest du in § 62 Abs. 1 BetrVG.

Mitglieder des Betriebsrats können nicht zur JAV gewählt werden.

Betriebsrat und JAV – ein Team!

Eure Jugend- und Auszubildendenvertretung ist dem Betriebsrat in gewisser Weise untergeordnet. Ihr arbeitet eng mit dem Betriebsrat zusammen und beantragt bei ihm z.B. Maßnahmen, die den jugendlichen Arbeitnehmern oder Azubis in eurem Betrieb helfen können.

Ihr nehmt vor allem auch gemäß § 67 Abs. 1 BetrVG an Betriebsratssitzungen teil bzw. seid bei Besprechungen zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber dabei!

Mit dem Betriebsrat gemeinsam könnt ihr also eine Menge erreichen und von einer guten kollegialen Zusammenarbeit profitieren.

Aufgaben der JAV

Als JAV könnt ihr beim Betriebsrat Maßnahmen beantragen, die den jugendlichen Arbeitnehmern oder Azubis in eurem Betrieb helfen. Hier geht es insbesondere um Fragen zur Berufsbildung. Außerdem kontrolliert ihr, ob die geltenden Arbeitsgesetze, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden (Kontrollpflicht, siehe § 70 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG).

Darüber hinaus seid ihr Ansprechpartner für eure Kollegen wenn’s ums Thema Berufsbildung geht. Dazu nehmt ihr als JAV Fragen und Anregungen auf und tragt sie beim Betriebsrat vor.

Dabei solltet ihr stets einen intensiven Kontakt zu den Jugendlichen und Azubis eures Betriebs pflegen, damit ihr eure Aufgaben erfüllen könnt. Hierzu könnt ihr beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat eine Fragebogenaktion durchführen, die jugendlichen und auszubildenden Beschäftigten in ihren Abteilungen aufsuchen oder sie zu JAV-Versammlungen einladen.

Wenn euer Betrieb groß genug ist, könnt ihr auch JAV-Sprechstunden einrichten. So bleibt ihr nah an eurer Zielgruppe und könnt direkt aktuelle Themen für eure JAV-Arbeit ermitteln.

Rechte der JAV

Habe ich als JAV‘ler auch Rechte? – Na klaro! Als JAV genießt ihr einen besonderen Schutz, um eure Aufgaben tatkräftig erfüllen zu können. Zu den Schutzbestimmungen von JAV-Mitgliedern gehören z.B. das Recht auf Übernahme oder der Anspruch, sich von der Arbeit freistellen zu lassen. Außerdem habt ihr eine Reihe von Rechten, die ihr nutzen solltet, damit ihr eng mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten und die Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer und Azubis erfolgreich vertreten könnt.

Informationsrecht

Als JAV benötigt ihr über die jugendlichen Arbeitnehmer und Azubis eures Betriebs einige Infos. Deshalb muss euch der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend informieren und euch die notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellen (§ 70 Abs. 2 S. 1 BetrVG).

Antragsrecht

Ihr könnt beim Betriebsrat beantragen, dass euer Anliegen auf die Tagesordnung der nächsten Betriebsratssitzung gesetzt wird (§ 67 Abs. 3 S. 1 BetrVG).

Anregungsrecht

Ihr habt die Möglichkeit, Maßnahmen anzuregen, die den jugendlichen Arbeitnehmern und Azubis in eurem Betrieb helfen. Dafür müsst ihr zunächst einen Beschluss fassen. Anschließend könnt ihr beim Betriebsrat die Beratung des jeweiligen Beschlusses in der nächsten Betriebsratssitzung beantragen (§ 70 Abs. 1 Nr. 1, 1a und 4 BetrVG).

Ratgeber
Grund­la­gen für die Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung

In diesem Ratgeber erfahrt ihr, worauf ihr als JAV-Mitglieder achten solltet und welche Möglichkeiten ihr in eurem Amt habt. Jedes JAV-Mitglied erhält hier wertvolle Tipps für den Arbeitsalltag!

Ratgeber Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)

Teilnahmerecht

Ihr dürft aus eurer Mitte ein JAV-Mitglied auswählen, dass euch auf den Sitzungen des Betriebsrats vertritt. Betreffen Tagesordnungspunkte überwiegend die jugendlichen und auszubildenden Arbeitnehmer eures Betriebs, dürfen zur Besprechung dieser Aspekte alle JAV-Mitglieder an der Betriebsratssitzung teilnehmen (§ 67 Abs. 1 BetrVG).

Stimmrecht

Soweit der zu treffende Beschluss überwiegend die jugendlichen Arbeitnehmer und Azubis eures Betriebs betrifft, habt ihr sogar auch ein Stimmrecht (§ 67 Abs. 2 BetrVG).

Aussetzung eines Betriebsratsbeschlusses

Seid ihr der Meinung, dass sich ein Betriebsratsbeschluss negativ auf die Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer und Azubis eures Betriebs auswirkt, dann habt ihr die Möglichkeit, die Aussetzung des Beschlusses für den Zeitraum von einer Woche zu beantragen (§ 66 Abs. 1 BetrVG).

Teilnahme an Besprechungen

Ihr dürft an den Sitzungen von Arbeitgeber und dem Betriebsrat teilnehmen, wenn die in den Sitzungen behandelten Themen überwiegend die jugendlichen und auszubildenden Arbeitnehmer eures Betriebs betreffen (§ 68 BetrVG).

Freistellungsanspruch

Grundsätzlich gilt: Zur Erledigung eurer gesetzlich festgeschriebenen Aufgaben werdet ihr als Mitglieder der JAV von eurer beruflichen Tätigkeit bzw. Ausbildung ohne Minderung eures Arbeitsentgelts freigestellt.

Könnt ihr wegen betriebsbedingten Gründen eure JAV-Aufgaben nicht während der Arbeitszeit erledigen, habt ihr einen Ausgleichsanspruch auf eine entsprechende Arbeitsbefreiung innerhalb eines Monats unter Fortzahlung eurer Arbeitsvergütung.

Wichtig: Für den Fall, dass ihr von eurer Arbeit nicht befreit werden könnt, muss die für die JAV-Arbeit zusätzlich aufgewendete Zeit als Mehrarbeit vergütet werden (§ 65 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 3 BetrVG).

Freigestellt werden müsst ihr als JAV-Mitglieder auch für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Voraussetzung hierfür ist gemäß § 65 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG, dass die in der Schulung vermittelten Kenntnisse zur sachgerechten Ausführung eures JAV-Amtes erforderlich sind.

Was muss ich noch beachten?

Für die Freistellung ist die Zustimmung des Arbeitgebers ferner nicht notwendig. Er muss lediglich vom jeweiligen JAV-Mitglied rechtzeitig über die Niederlegung der arbeitsvertraglichen Pflichten zur Erfüllung der Aufgaben informiert werden. Hat dieses seine Aufgaben erledigt, muss es sich beim Arbeitgeber wieder zurückmelden.

Achtung: Im Gegensatz zu den Mitgliedern des Betriebsrats, die ihren Aufgaben ab einer bestimmten Betriebsgröße „in Vollzeit“ nachgehen, habt ihr als JAV, unabhängig von der Zahl der Wahlberechtigten, keinen Anspruch auf eine solche Vollfreistellung.

Kündigungsschutz

Mitglieder der JAV genießen, ebenso wie Betriebsratsmitglieder, besonderen Kündigungsschutz nach § 15 KSchG. Es ist für den Arbeitgeber also unzulässig, euch zu kündigen. Dies gilt während der Amtszeit, aber auch bis zu ein Jahr danach. Damit soll sichergestellt werden, dass ihr möglichst bedenkenlos für die Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden eintreten könnt.

Dieser absolute Kündigungsschutz besteht in Hinblick auf ordentliche Kündigungen. Arbeitgebern bleibt lediglich der Ausspruch einer außerordentlichen, also fristlosen Kündigung. Aber auch hiergegen besteht ein gewisser Schutz: Die Kündigung ist nur dann wirksam, wenn der Betriebsrat ausdrücklich zustimmt. Dieses Zustimmungserfordernis gilt aber nur während der aktiven Amtszeit, ehemalige JAV-Mitglieder sind also im Jahr nach ihrer Amtszeit etwas schwächer geschützt.

Zudem braucht es für eine außerordentliche Kündigung einen besonderen, wichtigen Grund und der Arbeitgeber muss das Arbeitsverhältnis auch bis spätestens zwei Wochen, nachdem er über die Tatsachen Kenntnis erlangt hat, auf denen dieser Grund beruht, beenden.

Der Kündigungsschutz gilt auch für Wahlbewerber, unabhängig davon, ob sie in die JAV gewählt werden. Sie genießen Schutz vor ordentlichen Kündigungen bis zu sechs Monate nach Bekanntgabe der Wahl.

Ähnliches gilt für Ersatzmitglieder. Sobald diese in die JAV nachrücken, kommt ihnen derselbe Schutz zu wie regulären Mitgliedern. Waren sie tatsächlich in der JAV tätig, kommt noch der nachwirkende, einjährige Kündigungsschutz hinzu.

Anspruch auf Übernahme

Du hast außerdem einen Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit, den du innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung deiner Ausbildung schriftlich bei deinem Arbeitgeber geltend machen kannst (§ 78a Abs. 2 BetrVG, § 37 Abs. 4 und 5 BetrVG). Die dreimonatige Frist beginnt, wenn du deine Abschlussprüfung bestanden hast, also sobald das Prüfungsverfahren zu Ende ist und du über das Ergebnis der Prüfung informiert wurdest.

Will der Arbeitgeber einen Auszubildenden, der Mitglied der JAV ist, nicht übernehmen, muss er dies drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich mitteilen § 78a Abs. 1 BetrVG.

Stellt der Arbeitgeber nach § 78a Abs. 4 BetrVG beim Arbeitsgericht Antrag auf Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis nicht zu begründen ist oder ein bereits begründetes Arbeitsverhältnis aufzulösen ist, so muss er darlegen, dass eine Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung aller Umstände unzumutbar ist.

Wichtig dabei: Hierbei können nicht nur personen- und verhaltensbedingte Gründe, sondern auch betriebliche Gründe, die eine Auflösung rechtfertigen können, eine Rolle spielen.

Es kann einem Arbeitgeber zuzumuten sein, ein Mitglied der JAV, dass seine Berufsausbildung erfolgreich beendet hat, weiterzubeschäftigen, wenn er innerhalb von drei Monaten vor der vertraglich vereinbarten Beendigung des Ausbildungsverhältnisses einen frei werdenden Arbeitsplatz anderweitig besetzt, ohne dass dies aus dringenden betrieblichen Erfordernissen notwendig gewesen wäre (vgl. BAG, Beschl. v. 12.11.1997 – 7 ABR 73/96).

Neu in der JAV?

Du bist neu in die JAV gewählt worden? Informiere dich jetzt, über alles Wichtige, was du gerade zu Beginn wissen musst, um richtig loslegen zu können:

Kosten der JAV

Als Vertreter der Jugendlichen und Auszubildenden erledigt ihr eure Aufgaben ehrenamtlich und unentgeltlich. Hierfür benötigt ihr allerdings Arbeitsmittel, die Kosten verursachen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, euch alle notwendigen Arbeitsmittel für eure JAV-Arbeit zur Verfügung zu stellen und die Kosten für diese zu übernehmen (§ 65 BetrVG i.V.m. § 40 BetrVG).

Die Übernahme der Kosten beinhaltet neben den sachlichen Kosten auch die persönlichen Kosten der einzelnen Mitglieder.

Ausgaben im Rahmen der JAV können z.B. anfallen durch:

  • die Zurverfügungstellung von Büro- und Sitzungsräumen,
  • Büroeinrichtung (Papier, Stifte, Mobiliar etc.),
  • Gesetzesbücher, Kommentierungen und Arbeitshilfen,
  • PC oder Laptop mit Drucker und freiem Internetzugang,
  • Telefon mit einem Anrufbeantworter oder ein Diensthandy,
  • einen Briefkasten je Ausbildungsbereich und
  • Seminarbesuche.

Im Hinblick auf die Sachmittel gilt der Überlassungsanspruch. D.h. der Arbeitgeber stellt euch die benötigten Mittel zur Benutzung bereit, allerdings bleiben sie stets in seinem Besitz.

Wichtig: Voraussetzung für die Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber ist, dass die Arbeitsmittel zur sachgerechten Erledigung eurer Aufgaben erforderlich sind.

Ob dies zutrifft, ist aus der Sicht eines vernünftigen Dritten zu beurteilen.

Artikel teilen

Autor: Ansgar F. Dittmar

Ansgar F. Dittmar ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und berät seit zwei Jahrzehnten in arbeitsrechtlichen, tarifrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Er leitet die Frankfurter Arbeitsrechtsboutique LAW UNIQ Arbeitsrecht und ist bundesweit in allen Facetten des individuellen als auch kollektiven Arbeitsrechts als Anwalt tätig. Als Wirtschaftsmediator bearbeitet Ansgar Dittmar innerbetriebliche Konflikte mit dem Ziel, gemeinsame dauerhafte Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus begleitet und coacht er Verhandlungsteams bei Tarif- und Sozialplanverhandlungen. Betriebsräte schult und berät er betriebsverfassungsrechtlich überdies begleitet er sie im Beschlussverfahren sowie vor der Einigungsstelle. Für die W.A.F. ist er Referent für Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht sowohl in Präsenz-Seminaren als auch in Webinaren tätig. Ferner hat er einen Lehrauftrag für kollektives Arbeitsrecht an der Hochschule Fulda und referiert für die University of Labour in Frankfurt am Main. Er veröffentlicht regelmäßig in arbeitsrechtlichen Fachzeitschriften.
mehr

War der Artikel hilfreich?

4,3
34 Bewertungen

Interessante
Seminare

Das könnte Sie interessieren
Weitere Artikel zum Thema