Studie zur Bezahlung und Chancen von Menschen mit Behinderungen
Die aktuelle Studie zur Bezahlung und Chancen von Menschen mit Behinderungen zeigt klar: Menschen mit Behinderungen stehen in Sachen Bezahlung und Karrierechancen oft schlechter da. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Herausforderungen die Studie aufzeigt und was in Zukunft noch getan werden muss. So bleiben Sie auf dem neuesten Stand und können Ihren Kollegen als Schwerbehindertenvertretung beratend zur Seite stehen!
Teilhabe und Gleichbehandlung
Einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen, bedeutet für (schwer-)behinderte Menschen nicht nur Immaterielles wie Kontakt zu Menschen außerhalb der Familie und eine Stärkung des Selbstbewusstseins, sondern es geht auch ganz einfach um finanzielle Teilhabe. Ein Job mit regelmäßigem Einkommen eröffnet viel bessere Chancen als nur Leistungen nach SGB. Dabei haben (schwer-)behinderte Menschen zwar einige Steuervorteile, aber auch Nachteile bei der Höhe des Einkommens. Das Bundesministerium für Arbeit hat eine Studie veröffentlicht über die Bezahlung in Behindertenwerkstätten und die Chancen, über eine solche Werkstatt im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wir haben uns die Inhalte angesehen und berichten.
Fairness jenseits des Mindestlohns
Am derzeitigen System der Werkstätten ist einer der Hauptkritikpunkte, dass die Bezahlung für die (Schwer-)Behinderten oftmals hinter den Anforderungen des Mindestlohngesetzes zurückbleibt. Ein weiteres Negativmerkmal ist die geringe Vermittlungsquote auf den ersten Arbeitsmarkt für diejenigen, die in den Werkstätten tätig sind. Genau zu diesen Fragen hat das BMAS (Bundesministerium für Arbeit) eine Studie mit dem Namen „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt" anfertigen lassen. Das Ministerium möchte ein nachhaltiges, faires und transparentes Entgeltsystem entwickeln und gleichzeitig dafür sorgen, dass mehr Menschen aus den Werkstätten heraus auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können.
Erkenntnisse aus der Untersuchung
Befragt wurden zahlreiche Beschäftigte (circa 4.250) in den Werkstätten und auch ihre Leitungspersonen (circa 310). Das ermittelte Ergebnis entsprach dabei überwiegend den Erwartungen. Während überwiegend eine große Zufriedenheit mit den Umständen der Arbeit erkennbar war, stuften zwei Drittel der Werkstattbeschäftigten ihr Entgelt als zu niedrig ein. Weitere Ergebnisse: Das durchschnittliche monatliche Entgelt lag in WfbM im Jahr 2021 bei etwa 226 Euro, was nur eine geringfügige Erhöhung gegenüber den Vorjahren darstellt. Ein Großteil der Befragten kritisierte die mangelnde Transparenz des Entgeltsystems und wünschte sich Verbesserungen.
Frauen bilden weiterhin das Schlusslicht
Grundsätzlich sollen Menschen mit einer (Schwer-)Behinderung dieselben Verdienstmöglichkeiten haben wie nichtbehinderte Kollegen. Nur eine Gruppe bleibt hier hinter den anderen zurück. Aus einer Studie der Aktion Mensch aus dem Jahr 2023 zur Situation von Frauen mit Behinderung ergab sich, dass (schwer-)behinderte Frauen durchschnittlich 670 Euro weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Außerdem berichtete die Hälfte der befragten Frauen, schon einmal im Bewerbungsprozess diskriminiert worden zu sein.
Ergebnisse und Kritikpunkte
Die Studie des Arbeitsministeriums untersuchte verschiedene Entgeltsysteme und deren finanzielle Auswirkungen. Im Kern konnte die Studie ermitteln, dass es sich immer um die gleiche Frage dreht, nämlich die gleiche Entgelthöhe für alle Beschäftigten. Das ist ein Thema, mit dem sich unsere Gesellschaft nicht nur im Kontext mit Behinderten schwertut, sondern ganz allgemein. Lösungsansatz ist hier die leistungsabhängige Bezahlung. Dabei muss dann das Augenmerk aber darauf liegen, dass bei einer Reform des Entgeltsystems in den Werkstätten und beim Übergang in eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt nicht weitere Transferleistungen erforderlich werden. Das kann dann am Ende allerdings nur bedeuten, dass bei der Höhe eines Mindestverdienstes Kriterien wie Auskömmlichkeit des Einkommens und eventuelle Mehrkosten für das Leben mit einer Behinderung auf jeden Fall beachtet werden müssen.
Mehr Engagement des Gesetzgebers erforderlich
Damit (schwer-)behinderte Menschen die von der Politik ausgerufene Chancengleichheit auch tatsächlich leben können, sind weitere Ideen des Gesetzgebers gefragt, um den Übergang in eine reguläre Arbeitsstelle zu erleichtern. Die Autoren der Studie betonen, wie wichtig es sei, mehr Transparenz und Gerechtigkeit in ein neues Entgeltsystem zu integrieren und vor allem auf eine leistungsgerechte Bezahlung abzustellen. Insbesondere im Hinblick auf das steigende Alter der vorhandenen Arbeitnehmerschaft und dem drängenden Fachkräftemangel ergibt sich hier ein großes Potential sowohl für Arbeitgeber als auch für (schwer-)behinderte Menschen, die bislang noch nicht in den ersten Arbeitsmarkt integriert sind.
Zusätzliche Benefits für schwerbehinderte Arbeitnehmer
An dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass für (schwer-)behinderte Arbeitnehmer auch bereits jetzt Möglichkeiten existieren, ihre behinderungsbedingten Mehrkosten finanziell zu kompensieren. Dabei geht es um den Behinderten-Pauschbetrag. Einem Menschen mit Behinderung kann wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die ihm unmittelbar infolge der Körperbehinderung erwachsen, auf Antrag ein steuerfreier Pauschbetrag gewährt werden. Die Höhe des Pauschbetrags richtet sich nach dem dauernden Grad der Behinderung (GdB):
Grad der Behinderung mindestens | jährlicher Pauschbetrag |
---|---|
20 | 384 EUR |
30 | 620 EUR |
40 | 860 EUR |
50 | 1.140 EUR |
60 | 1.440 EUR |
70 | 1.780 EUR |
80 | 2.120 EUR |
90 | 2.460 EUR |
100 | 2.840 EUR |
Für Menschen, die ständig so hilflos sind, dass sie für eine Reihe von regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen, gilt der erhöhte Pauschbetrag von 7.400 EUR jährlich (unabhängig vom GdB). Dasselbe gilt für Blinde und Taubblinde. Eine nicht nur vorübergehende Hilflosigkeit ist regelmäßig bei einer Dauer von 6 Monaten gegeben.
Sie als Schwerbehindertenvertretung können hier einen positiven Beitrag leisten, indem Sie die Kollegen darauf aufmerksam machen, nach Möglichkeit die genannten Beträge in Anspruch zu nehmen.