Mitbestimmung bei Überstunden: Das ist für Sie als BR wichtig
Viele Beschäftigte in Deutschland arbeiten länger, als im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Nach der aktuellen Arbeitszeitbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) leistet jeder Beschäftigte durchschnittlich 3,9 Überstunden pro Woche. Ein Viertel wird ausbezahlt, doch jede fünfte Überstunde wird nicht abgegolten. Daher gehört es zu den vordringlichsten Aufgaben des Betriebsrats, mit Blick auf den Gesundheitsschutz im Rahmen seiner Mitbestimmung Überstunden zu überwachen und gegebenenfalls einzugrenzen.

Begriff der Überstunden und Mehrarbeit
Von Mehrarbeit spricht man, wenn die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit überschritten wird. Diese liegt nach dem Arbeitszeitgesetz bei 48 Stunden pro Woche.
Überstunden werden geleistet, wenn der Arbeitnehmer auf Anordnung oder mit Billigung des Arbeitgebers über die tariflich oder vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus arbeitet.
Sind Überstunden und Mehrarbeit verpflichtend?
Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer nicht mehr arbeiten als im Tarifvertrag oder im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Sie sind also nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten.
Eine Ausnahme davon kann in einer betrieblichen Notsituation bestehen. Oft enthalten auch Arbeitsverträge Klauseln, welche die Mitarbeiter zu Überstunden verpflichten. Solche Klauseln sind aber nicht ohne Weiteres wirksam und daher auch zu kontrollieren.
Tarifverträge enthalten teilweise Bestimmungen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Arbeitnehmer verpflichtet sind, über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Überstunden zu leisten. Soweit keine tariflichen Sonderregelungen bestehen, sind auch Teilzeitbeschäftigte zur Ableistung von Überstunden verpflichtet.
Daneben kann sich die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Überstunden auch aus einer Betriebsvereinbarung ergeben. Denn nach § 77 Abs. 4 BetrVG können Betriebsvereinbarungen unmittelbar gegenseitige Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien begründen. Das gilt nur, wenn auf diese Weise nicht zu Lasten der Arbeitnehmer in deren individualrechtliche Positionen und Ansprüche eingegriffen wird.
Sind Überstunden zu vergüten oder ist Freizeitausgleich zu gewähren?
Sind Überstunden durch den Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet worden, ist zu klären, ob die geleisteten Überstunden sodann auch zu vergüten sind.
Ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden, besteht unproblematisch immer dann, wenn eine entsprechende arbeits- oder tarifvertragliche Regelung besteht. Sofern eine solche Regelung nicht besteht, gilt eine Überstundenvergütung immer dann als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer „Dienste höherer Art“ schuldet und eine deutlich herausgehobene, über der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung liegende Vergütung erhält.
Die Abgeltung von Überstunden muss nicht zwingend durch eine Geldzahlung erfolgen. Es kann auch vereinbart werden, dass ein entsprechender Freizeitausgleich erfolgt. Ein bereits entstandener Anspruch auf Vergütung kann jedoch nicht durch einseitige Freistellung von der Arbeit erfüllt werden, wenn keine Ersetzungsbefugnis vereinbart ist.
Überwachung durch den Betriebsrat
Der Betriebsrat hat mit Blick auf den Gesundheitsschutz beim Thema Überstunden nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen. Dabei ist vor allem an sogenannte Zeitkonten zu denken. Diese helfen Arbeitnehmern dabei, ihre Arbeitszeit im Auge zu behalten und zu erkennen, wenn die Grenze von zumutbarer Mehrarbeit/Überstunden überschritten ist. Dieses soll nun durch den neuen Entwurf zum Arbeitszeitgesetz näher geregelt werden.
Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auch auf die Frage, ob und in welchem Umfang und durch welche Arbeitnehmer Überstunden geleistet werden. Der Betriebsrat muss hierbei immer angehört werden, ohne seine Zustimmung ist die Anordnung von Überstunden nicht statthaft.
Haben die Arbeitsvertragsparteien eine Befugnis der Betriebspartner zur Regelung von Überstunden nicht ausdrücklich geschlossen, kann gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG auch eine Betriebsvereinbarung die Rechtsgrundlage zur Anordnung von Überstunden bilden. Der Betriebsrat verzichtet mit dem Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung nicht in unzulässiger Weise auf sein Mitbestimmungsrecht, wenn in ihr zwar keine Voraussetzungen für die Anordnung von Überstunden im Einzelfall, aber detaillierte Regelungen zu deren Umfang und Verteilung vorgesehen sind.
Die Einhaltung des Mitbestimmungsrechts kann der Betriebsrat durch einen Anspruch auf Unterlassung von mitbestimmungswidrigem Verhalten gemäß § 23 Absatz 3 BetrVG durchsetzen. Sollte keine Regelung bestehen, kann er dem Arbeitgeber untersagen, Überstunden anzuordnen oder entgegenzunehmen, solange keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen ist. Besteht allerdings eine solche und missachtet der Arbeitgeber diese, kann der Betriebsrat die Unterlassung von Verstößen gegen diese Betriebsvereinbarung verlangen.