Mitbestimmung bei Interessenausgleich und Sozialplan
Immer, wenn es um grundlegende Betriebsänderungen geht, ist auch der Betriebsrat gefragt. Denn hier besteht die Möglichkeit von Interessenausgleich und Sozialplan. Beides sind letztendlich Verträge zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
Doch wo liegen die Unterschiede zwischen Interessenausgleich und Sozialplan? Häufig wird beides miteinander verhandelt.
Das ist ein Interessenausgleich
Im Interessenausgleich wird geregelt, ob, wie und wann eine Betriebsänderung durchgeführt wird. Der Arbeitgeber muss den Abschluss eines Interessenausgleichs nur ernsthaft „versuchen“. Der Betriebsrat kann ihn aber nicht gegen den Willen des Arbeitgebers erzwingen.
Das ist der Sozialplan
Im Sozialplan wird dagegen geregelt, wie die wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen oder abgemildert werden, die die Arbeitnehmer infolge der Betriebsänderung erleiden. Es geht also in erster Linie um Abfindungszahlungen. Beim Sozialplan kann der Betriebsrat in der Regel die Einigungsstelle anrufen, deren Entscheidung eine Einigung ersetzt. Der Betriebsrat kann also einen Sozialplan erzwingen.
Deshalb schließen Betriebsräte Interessenausgleiche ab
Doch warum schließt der Betriebsrat überhaupt einen Interessenausgleich ab? Wenn sich der Arbeitgeber in einer wirtschaftlichen Krise befindet, ist er häufig gezwungen, eine größere Anzahl von Mitarbeitern zu kündigen. Das Interesse des Arbeitgebers ist es dann, schnell eine möglichst große Rechtssicherheit zu erlangen. Selbst wenn Arbeitnehmer gegen Kündigungen klagen würden, sollen diese Klagen möglichst wenig Aussicht auf Erfolg haben. Deshalb führt er Verhandlungen über einen Interessenausgleich. Er möchte erreichen, dass der Betriebsrat seine Unterschrift unter einen Interessenausgleich und häufig zugleich unter eine Namensliste mit den zu kündigenden Arbeitnehmern setzt.
Ein Arbeitnehmer, der auf einer vom Betriebsrat abgesegneten Namensliste steht, wird es in einem Kündigungsschutzprozess nämlich schwer haben. Das Arbeitsgericht
muss nun nach § 1 Abs. 5 KSchG von der Vermutung ausgehen, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist und
darf die soziale Auswahl nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit prüfen.
Betriebsräte unterschreiben in der Regel diesen Interessenausgleich aber erst dann, wenn auch ein Sozialplan ausgehandelt wurde. Denn dann erhalten die Kolleginnen und Kollegen Abfindungen.
Die Erzwingbarkeit eines Sozialplans
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, mit seinem Betriebsrat einen Sozialplan abzuschließen, wenn eine Betriebsänderung vorliegt. Ausnahme: Die Betriebsänderung besteht ausschließlich im Personalabbau.
Erreicht der Personalabbau allerdings bestimmte Grenzen, ist er so umfassend, dass der Betriebsrat auch hier einen Sozialplan erzwingen kann. Das ist dann der Fall:
Anzahl der Beschäftigten | Prozent der betroffenen AN | Mindestzahl der betroffenen AN |
weniger als 60 | 20% | 6 AN |
60 bis 249 | 20% | 37 AN |
250 bis 499 | 15% | 60 AN |
über 500 | 10% | 60 AN |
Die Einigungsstelle
Ein Sozialplan kommt entweder durch eine freiwillige Vereinbarung oder durch den Spruch einer Einigungsstelle zu Stande. Sprich: Kann sich der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber nicht auf einen Sozialplan einigen, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Diese kann aber auch nicht völlig frei entscheiden. Sie hat bei ihrer Entscheidung sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen, als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit für das Unternehmen zu achten. Bei Betriebsänderungen, die viele Entlassungen nach sich ziehen, hält die Rechtsprechung Sozialpläne „bis an den Rand der Bestandsgefährdung“ für vertretbar.
Kosten des Verfahrens
Die Kosten des Einigungsstellenverfahrens und die Kosten eines vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalts für das Einigungsstellenverfahren sind vom Arbeitgeber zu tragen.
Nachteilsausgleich
Weicht der Arbeitgeber von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab oder versucht er erst gar nicht, einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, hat das Rechtsfolgen. Arbeitnehmer, die deshalb entlassen werden, können in diesem Fall beim Arbeitsgericht Klage auf Zahlung von Abfindungen (sog. Nachteilsausgleich) erheben.