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Wann Betriebsvereinbarung, wann Rahmen-Betriebsvereinbarung?

4 Minuten Lesezeit

Grundsätzlich kann der Betriebsrat Betriebsvereinbarungen im Rahmen seiner Mitbestimmung abschließen (vgl. §§ 77 und 88 BetrVG). Darüber hinaus kann der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber aber auch Rahmen-Betriebsvereinbarungen abschließen, um voraussehbare Tatbestände allgemein zu regeln. Rahmen-Betriebsvereinbarungen beinhalten keine abschließende Regelung und lassen Spielräume für die konkrete Gestaltung der Angelegenheit im Einzelfall. Genaueres klären wir in diesem Artikel.

Eine Person schreibt etwas auf ein Blattpapier

Was ist eine Betriebsvereinbarung?

Bei Betriebsvereinbarungen ist zunächst zwischen erzwingbaren und freiwilligen Betriebsvereinbarungen zu unterscheiden:

Erzwingbare Betriebsvereinbarung

Betriebsvereinbarungen können vom Betriebsrat oder vom Arbeitgeber in Angelegenheiten echter Mitbestimmung erzwungen werden (§ 77 BetrVG). Das bedeutet, dass bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber die Einigungsstelle angerufen werden kann und gegebenenfalls per Spruch des Einigungsstellenvorsitzenden entscheidet.

Erzwingbare Betriebsvereinbarungen betreffen beispielsweise Angelegenheiten, wie betriebliche Ordnungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) oder die Einteilung der täglichen Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Aber auch alle übrigen Mitbestimmungsrechte, die erzwingbar sind, können Teil einer solchen Betriebsvereinbarung sein.

Die erzwingbare Mitbestimmung bedeutet nicht nur, dass der Betriebsrat gegen beabsichtigte Maßnahmen des Arbeitgebers einen Unterlassungsanspruch hat. Der Betriebsrat kann hier grundsätzlich auch die Initiative ergreifen, wenn er in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit eine Regelung erreichen will.

Freiwillige Betriebsvereinbarung

Unter freiwilligen Betriebsvereinbarungen versteht man Vereinbarungen, welche mangels Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nur getroffen werden können, wenn beide Parteien sich auf Inhalt, Geltungsbereich und Inkrafttreten einigen.

Daher können z.B. folgende Inhalte – nicht abschließend – geregelt werden:

  • Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes
  • Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist
  • Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung
  • Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb

Wie können Betriebsvereinbarungen enden?

Eine Betriebsvereinbarung kann durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung zum gleichen Thema aufgehoben werden (Ablöseprinzip). Ebenso kann diese unter Einhaltung einer bestimmten Kündigungsfrist gekündigt werden. Befristete Betriebsvereinbarungen enden automatisch nach Ablauf ihrer Frist.

Was bedeutet es, wenn eine Betriebsvereinbarung nachwirkt?

Eine Betriebsvereinbarung wirkt dann nach, wenn sie gekündigt wurde und keine neue Regelung beschlossen wurde. Dies aber auch nur dann, wenn diese Betriebsvereinbarung erzwingbar ist (§ 77 Abs. 6 BetrVG) bzw. dies in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung vertraglich geregelt wurde. Die ehemalige Vereinbarung gilt in diesem Fall weiterhin, soweit sie nicht durch eine andere ersetzt wird. Diesem Problem kann man jedoch ausweichen, indem man vereinbart, dass die Betriebsvereinbarung keine Nachwirkung hat.

Können Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge kollidieren?

Betriebsvereinbarungen sind für Arbeitnehmer normativ und verpflichtend. Eine abweichende Regelung im Arbeitsvertrag ist nur dann wirksam, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger ist (Günstigkeitsprinzip).

Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch einen Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden können, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Unter Arbeitsentgelt fällt dabei jede Form der Vergütung des Arbeitgebers (auch Sachleistungen) wie Weihnachtsgeld, Prämien oder Gewinnbeteiligungen. Von der Sperrwirkung gibt es jedoch eine Ausnahme, nämlich wenn der Tarifvertrag den Abschluss einer ergänzenden Betriebsvereinbarung zulässt (Öffnungsklausel).

Was ist eine Rahmen-Betriebsvereinbarung?

Mittels Rahmen-Betriebsvereinbarung können Betriebsrat und Arbeitgeber allgemeine Bestimmungen für einen Sachverhalt treffen, ohne den konkreten Sachverhalt bereits abschließend zu regeln. Die Rahmenvereinbarung kann insbesondere Leitlinien oder Richtlinien für die zukünftige Behandlung eines Sachverhalts aufstellen. Beispielsweise kann in einer Rahmen-Betriebsvereinbarung festgelegt werden, welche Regelungen im Falle der Anordnung von Kurzarbeit gelten sollen, während die tatsächliche Anordnung der Kurzarbeit, deren Umfang und die von ihr betroffenen Arbeitnehmer in einer gesonderten Betriebsvereinbarung geregelt werden. Eine solche Rahmen-Betriebsvereinbarung schöpft das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats mangels abschließender Regelung noch nicht aus.

Es ist auch möglich, dass mit einer Rahmen-Betriebsvereinbarung eine abschließende Regelung getroffen werden soll, dies allerdings nicht für einen aktuellen, sondern für einen zukünftig zu regelnden Sachverhalt. Verbreitet sind etwa sog. Rahmensozialpläne, mit denen Art und Umfang des wirtschaftlichen Ausgleichs auch für zukünftige Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG abschließend geregelt werden soll.

Rahmen-Betriebsvereinbarungen finden sich darüber hinaus häufig auf der Ebene des Gesamt- oder Konzernbetriebsrats, indem ein Sachverhalt rahmenmäßig geregelt werden soll und die konkrete Ausfüllung dieses Rahmens aber den örtlichen Betriebsräten überlassen wird. Bei Abschluss solcher Regelungen ist allerdings stets die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung der betriebsverfassungsrechtlichen Gremien zu beachten, vgl. § 50 Abs. 2 BetrVG: Liegt eine Angelegenheit in der Regelungskompetenz des Gesamt- oder Konzernbetriebsrats, ist dieser zur umfassenden Regelung des Sachverhalts berechtigt und verpflichtet. Seine Zuständigkeit ist nicht auf eine Rahmenkompetenz beschränkt. Eine einheitliche mitbestimmungspflichtige Angelegenheit kann also nicht aufgespalten werden in Teile, die in die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats fallen, und solche, für die die örtlichen Betriebsräte zuständig sind. Der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat kann seine Regelungskompetenz auch nicht auf die örtlichen Betriebsräte delegieren. Eine Rahmen-Betriebsvereinbarung ist deshalb häufig nicht geeignet, die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte abschließend auszuüben. Daher ist eine Rahmen-Betriebsvereinbarung mangels abschließender Regelung eines aktuell bestehenden Mitbestimmungsrechts grundsätzlich nicht erzwingbar (§ 77 Abs. 6 BetrVG). Es handelt sich deshalb stets um eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG.

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